Schweitzer Fachinformationen
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Aschermittwoch
Sandra lehnte sich in den Sitz zurück. Draußen vor dem Fenster des ICE raste die Schwärze der Nacht vorbei, die nur ab und zu von schwachen Lichtblitzen unterbrochen wurde - kleine, verträumte Bahnhöfe, an denen der Zug nicht anhielt.
Die schmale, bleiche Sichel des zunehmenden Mondes versuchte, durch die tief hängenden, grauen Schneewolken zu spähen, aber nur ein schwacher Lichtschimmer ließ ahnen, wo er seine stille Bahn zog. Bald würde der Mond verblassen und in die Tiefe des langsam heller werdenden Horizontes versinken, wenn der Tag anbrach.
Sandra fuhr nach Düsseldorf zum Flughafen, um ihren lang ersehnten und wohlverdienten Urlaub zu nehmen. Drei Wochen voll Sonne, Sand und Meer erwarteten sie auf den Kapverdischen Inseln, die sie sich dafür ausgesucht hatte. Sie hoffte, dieses kleine, unberührte Paradies - wie es in den bunten Urlaubsmagazinen und Reiseprospekten angepriesen wurde - auch so vorzufinden, um einmal vom Stress des Alltags und auch etwas von David, ihrem »So-gut-wie«-Verlobten, Abstand zu nehmen, und sich über ihre weitere Zukunft endlich einmal klare Gedanken zu machen, um diese dann auch nach ihrer Rückkehr in die Tat umzusetzen. In die Tat? Sandra runzelte etwas ihre Stirn und schloss die Augen. Sollte sie sich jetzt darüber Gedanken machen? Nein! Sie setzte sich wieder gerade in den Sitz, der schon einige Spuren des häufigen Gebrauchs trug, zog ihren kurzen Rock energisch über die Knie und verwarf ihre Gedanken - nein - jetzt nicht darüber nachdenken ? zuerst kommt einmal der Urlaub und dann werden wir sehen!
Im Zug war es kühl, um nicht zu sagen etwas kalt, und ihr blassrosa Chanelkostüm mit den hübschen Fransen an der kurz geschnittenen Jacke und an den Ärmeln kam ihr jetzt fast zu sommerlich vor. Sie fröstelte ein wenig und es war gut, dass sie noch an eine langärmelige Bluse gedacht hatte!
Warum nur hatte sie auf dieses Kostüm bestanden! Sie fuhr doch nicht zu einer Tagung, eine lange Hose mit bequemen Schuhen wäre wirklich besser gewesen. Zumal sie den warmen Mantel bei David gelassen hatte, der sie zum Bahnhof gebracht hatte.
Aber was sollte sie mit einem Wintermantel auf den Kapverdischen Inseln - bei fünfundzwanzig bis dreißig Grad!
Ihr hatte der Karneval nicht viel ausgemacht, wohl aber einigen Mitreisenden, die zusammengekauert oder schräg lang gestreckt in ihren Sitzen lagen und schliefen. Sandra musste lächeln, als sie das nicht zu überhörende Schnarchen von der Sitzbank hinter ihr vernahm.
Sie holte sich die Illustrierte, die sie sich noch schnell am Bahnhof gekauft hatte, aus ihrer Tasche und blätterte etwas lustlos in den mit Werbung voll bedruckten Seiten, mit spärlichen Artikeln über Frau, Mann und Welt, las ein bisschen, aber es interessierte sie nicht ein Artikel wirklich. Nichts, was sie ansprach, vieles war zu allgemein und oberflächlich, nichts, wofür sie sich im Augenblick wirklich interessieren konnte. Für Kreuzworträtsel fehlte ihr im Augenblick die Lust und »Sudoku« liebte sie nicht besonders. Sie wollte nur weg aus dem grauen Deutschland, weg vom matschigen und schon schmutzigen Schnee an den Straßenrändern und den am Morgen noch gefrorenen Straßen. In drei Wochen, wenn sie dann wieder aus dem Urlaub zurückkäme, so hoffte sie, würde das Wetter bestimmt etwas besser sein.
Die zwei Stunden Fahrtzeit waren schnell vergangen, als sie den Aufruf über den Lautsprecher hörte:
»Nächste Haltestelle ? Düsseldorf Flughafen!«
Der Zug hielt etwas abrupt im Bahnhof. Sandra nahm ihren Koffer und die kleine Reisetasche, stieg aus und lief mit den anderen Passagieren die Treppe hinauf zum Shuttle, das den Bahnhof mit dem Flughafen verband. Rasselnd setzte sich die kleine Hochbahn in Bewegung und schüttelte bei jeder kleinen Kurve die Passagiere durch. Der Flughafen kam ihr am frühen Morgen verschlafen und grau vor. Das etwas trostlose Wetter trübte die Sicht. Die dunklen Gebäude mit noch wenig erhellten Fenstern und die schwarz glänzenden Asphaltstraßen trugen auch nicht gerade zur Erheiterung bei. Bei der Haltestelle B stieg sie aus und befand sich mitten in der großen Abflughalle. Sie hatte noch Zeit bis zum Einchecken und setzte sich deshalb an die Theke des runden Bistros, das sich zentral in der Mitte der Halle befand und gerade jetzt geöffnet wurde.
Sandra war durch die lange Fahrt nun doch etwas übermüdet, da auch ihr Schlaf in dieser Nacht kurz gewesen war, und bestellte sich einen Pott Kaffee und ein Croissant. Es war frisch gebacken, noch warm, und der Kaffee war heiß und erstaunlich gut. Der Kaffee machte sie wieder etwas munter und so hatte sie genügend Zeit, die Menschen zu beobachten, die durch die Halle hasteten, die Kofferkulis vor sich herschiebend oder nachziehend, nach Schaltern und Mitreisenden suchend.
Schräg gegenüber von ihr lag ein junger Mann schlafend auf einer Bank und hielt vorsorglich die Bänder seines Seesacks um die Hand geschlungen, damit er ihm nicht gestohlen werde.
An einem Schalter drängten sich ein paar türkische Familien mit ihren Kindern, die zum Teil noch im Kinderwagen saßen und die Mütter mit ihren Quengeleien auf Trab hielten.
Die Frauen trugen durchweg lange, bis zum Boden reichende Mäntel und bunte Kopftücher. Sie hatten viel Gepäck dabei, das nicht nur in Koffern, sondern auch in einfachen Kartons verpackt war, die mit dicken Kordeln verschnürt waren.
»Bestimmt fliegen sie zu einem Heimaturlaub in die Türkei«, dachte Sandra und trank langsam ihren Kaffee aus. Sie zahlte fünf Euro für ihr Frühstück und ging zum TUI-Schalter um einzuchecken. Sie hatte einen Flug mit der »TUI-fly« gewählt und im Reisebüro hatte man ihr ein Hotel mit Halbpension für drei Wochen ausgesucht und gebucht.
Der Flieger startete pünktlich um acht Uhr fünfzehn zum Flug nach Sal in ihren lang ersehnten und verdienten Urlaub.
Da das Flugzeug nur wenig besetzt war, bot ihr die Stewardess, nachdem Sandra gefragt hatte, im hinteren Teil des Fliegers eine ganze Sitzreihe für sie allein an. Wunderbar! So konnte sie ihre Beine hochlegen und noch etwas Schlaf nachholen. Aber ein freundlicher Steward holte sie schon bald wieder sanft aus ihrem Schlummer zurück und servierte ihr ein kleines Frühstück.
Schon bald lagen unter der jetzt aufreißenden Wolkendecke die noch schneebedeckten, schroffen Gebirge und Berge der Pyrenäen in gleißendem Weiß und tiefblauen Schatten. Sie sah durch das kleine Fenster, auf dem sich außen kleine Eiskristalle gebildet hatten, unter sich die karge Landschaft Spaniens zwischen den einzelnen, weißen Wolken hindurch langsam vorbeiziehen. Nach einiger Zeit kam schon die Küste in Sicht und sie flogen über den wolkenlosen Atlantik in Richtung Kanarische Inseln.
Sandra holte sich ihr kleines Büchlein »Langenscheidts Portugiesischer Sprachführer« heraus und versuchte, sich einige Wörter und Redewendungen einzuprägen. Durch ihre guten Spanischkenntnisse konnte sie ziemlich viel davon verstehen.
Aber die Aussprache! Das waren ja die reinsten Zungenbrecher! Ob sie wohl damit zurechtkam? Aber es machte ihr Spaß, die Redewendungen der portugiesischen Sprache zu studieren, um damit die lange Flugzeit etwas zu verkürzen. Aber ihr blieb ja immer noch ihr ausgezeichnetes Englisch und auch vielleicht ihr gutes Spanisch. Die würden ihr hoffentlich über die drei Wochen, die vor ihr lagen, weiterhelfen, dachte sie.
Die sechs Stunden Flugzeit vergingen dann doch schnell für sie, da sie mit dem Studieren einzelner Wörter viel Zeit verbrachte. Wenigstens »bitte« und »danke« wollte sie sich vielleicht einprägen. Und natürlich auch »Bom Dia« - Guten Tag!
Nach einem Mittagessen, es gab Hühnchen oder Pasta ? wie üblich bei TUI - verschiedene Getränke und in einem Pappbecher Kaffee, gab der Kapitän schon bald bekannt, dass sie bereits im Sinkflug seien und in zwanzig Minuten auf Sal, der Insel mit dem internationalen Flughafen, landen würden.
Das Flugzeug stieß durch die dichter werdenden, grauen Wolken und dann tauchte direkt unter ihr zwischen kleinen, weißen Wölkchen die Insel Sal auf.
Sandra sah hinab auf eine braune, fast baumlose Landschaft, durch die sich eine breite Straße wie eine Schlange wand.
Sie sah die Wellen mit weißen Schaumkronen gegen die schroffen, rotbraunen Vulkanfelsen branden, die sich mit kleinen, hellgelben Sandstränden abwechselten.
Der Flieger umrundete in einem großen Bogen die Insel, die immer näher kam, und unter ihr, auf der Südspitze der Insel, lag der Ort Santa Maria, das Touristenzentrum der Insel Sal mit bunten Häusern, großen Hotels, mit verzweigten Straßen und engen Gassen. Nach einem langen Sandstrand sah sie flüchtig in einer Bucht eine lang gezogene Ansiedlung mit weißen Häusern liegen.
Der Flieger flog immer tiefer über die braune, mit tiefen, rissigen Furchen durchzogene Vulkanerde mit einer spärlichen Begrünung, wenigen Pflanzen, ein paar niedrigen Sträuchern und vom Wind gebeugten, halb verdorrten Akazien.
Auf der rechten Seite tauchten schnell die Flughafengebäude auf. Die Landebahn kam in Sicht und Sandra konnte die Landung auf dem kleinen Bildschirm verfolgen.
Das Flugzeug setzte etwas unsanft mit einigen holprigen Hüpfern auf und rollte über das ganze Flugfeld, um dann in einer weit gezogenen Kehre wieder zurück zum Terminal zu fahren, und rollte dann langsam aus.
Endlich!
Ihr Urlaub konnte beginnen!
Wie hatte sie sich gefreut, als es ihr endlich geglückt war, David davon zu überzeugen, dass sie unbedingt einmal Urlaub brauchte. Einmal weg vom Verlag ? und wenn es auch ohne David wäre. Und so war es auch gekommen. Sie flog allein - und er...
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