Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Grammy, du glaubst nicht, was heute passiert ist«. Sally warf die Tür hinter sich ins Schloss, schleuderte ihren Rucksack in die Ecke und begrüßte ihre Großmutter liebevoll. Diese saß, wie immer um diese Tageszeit, mit einer Tasse Tee am Küchentisch und löste Kreuzworträtsel. Sie sah überrascht auf und wechselte ihre Brille, um Sally besser erkennen zu können.
»Jason Baker hat mich soeben auf eine Party eingeladen. Heute Abend. Ist das zu fassen?«, platzte es aus Sally heraus.
»Baker? Ist das nicht der .«
»Ja, genau, der. Der Quarterback der Safford High.« Sally setzte sich zu ihr an den Tisch und goss sich ebenfalls eine Tasse Tee ein. Die alte Dame musterte sie dabei eingehend, so wie sie es stets tat, wenn sie versuchte, die Gefühle ihrer Enkelin zu ergründen. Sally lächelte. Sie liebte ihre Großmutter und schätzte es, wie viel Mühe sie sich gab, sie zu verstehen. Seit dem tragischen Autounfall vor ein paar Jahren, bei dem ihre Eltern ums Leben gekommen waren, hatte Grammy sie bei sich aufgenommen. Ihr Großvater war schon recht früh verstorben, weshalb sie allein lebte. Damit war in dem kleinen Haus ausreichend Platz vorhanden und Sally hatte sogar ihr eigenes Zimmer bekommen. Aber es war nicht immer leicht gewesen - für beide nicht. Besonders finanziell hatten sie zu kämpfen, da Grammy lediglich eine kleine Rente bezog. Und seit ihre körperlichen Beschwerden prägnanter geworden waren und sie eine Pflegekraft hatten engagieren müssen, blieb kaum etwas übrig. Sally jobbte am Wochenende im Diner um die Ecke und besserte damit ihr Taschengeld auf. Außerdem konnte sie so ein wenig Geld für die Universität zurücklegen, denn leider hatte sie bisher keinen der begehrten Stipendienplätze erhalten.
»Und? Wirst du hingehen?«, fragte Grammy, nestelte beiläufig an ihrer Brille herum und nippte dann an ihrem Tee.
»Um ehrlich zu sein, ich bin nicht sicher. Ich meine, es ist Jason Baker .«, antwortete Sally wahrheitsgemäß.
Grammy zog die Augenbrauen hoch. »Ja und? Du bist Sally Pearson«, kam postwendend die bereits erwartete Antwort.
Sally betrachtete die alte Dame liebevoll und nickte. Grammy hielt so große Stücke auf sie. Aber von der Highschool hatte sie einfach keine Ahnung. Jason war der begehrteste Junge der Schule, Klassenbester und Quarterback der Bulldogs. Sally hingegen war die gesamte Schulzeit das gewesen, was man als Außenseiterin bezeichnete. Sie hatte neben der Schule, dem Streben nach guten Noten und dem Job im Diner keine Zeit für Freundschaften gehabt. Zeitweise hatte sie sich damit einsam gefühlt. Nachdem sie jedoch im Laufe der Zeit diverse Streitereien und Rivalitäten innerhalb und zwischen den Cliquen mitbekommen hatte, war sie froh, diesen nicht ausgesetzt zu sein. Stattdessen verbrachte sie ihre Zeit lieber mit der Investition in ihre Zukunft. Ständig steckte sie die Nase in ihre Bücher oder widmete sich ihrem Hobby - dem Schreiben. Am liebsten versank sie in ihren selbst erschaffenen Fantasiewelten und dachte sich neue Abenteuer aus, die sie zu Papier brachte. Schon lange träumte sie davon, mit einer ihrer Geschichten den Durchbruch zu schaffen. Sie wollte Lesungen vor Hunderten von Menschen halten, die gebannt an ihren Lippen hingen und sie mit tosendem Applaus feierten. Hiervon angetrieben, hatte sie ihre fertigen Manuskripte bei unterschiedlichen Verlagen eingereicht - stets in der Hoffnung, einen Vertrag zu erhalten. Bisher jedoch ohne Erfolg. Eine Absage folgte der nächsten, was Sally maßlos frustrierte. Deshalb hatte sie sich einen Plan B zurechtgelegt: Wenn es mit dem Schreiben nicht klappte, wollte sie Human- oder Rechtsmedizin studieren. Da die Anforderungen hierfür hoch waren, war sie stets fleißig gewesen. Dies hatte ihr zu hervorragenden Schulnoten verholfen, aber beliebter hatte sie das nicht gemacht.
Jason Baker hatte sie in all den Jahren auf der Safford High keines Blickes gewürdigt. Dies hatte sie nicht gestört, denn er war gar nicht ihr Typ: zu attraktiv - wie aus einem Werbekatalog entsprungen. Solche Männer, das wusste Sally, hielten sich gerne alle Optionen offen, statt sich fest an eine Person zu binden. Aber als er heute vor ihr gestanden hatte, waren ihre Knie weich geworden und ihr Magen hatte sich vor Freude zusammengezogen.
»Sally?« Grammys Blick ruhte auf ihr. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie mit ihren Gedanken abgeschweift war.
»Ich denke nicht, dass ich gehen werde. Joe hat mich heute Nachmittag für die Schicht im Diner eingeteilt und anschließend hatte ich mir vorgenommen, an meiner neuen Geschichte weiterzuschreiben. Es ergibt auch einfach keinen Sinn. Was sollte Jason Baker von mir wollen?«
Mit diesen Worten stand Sally auf, lief in den Flur und holte ihren Rucksack, um in ihr Zimmer zu gehen.
»Sally Pearson!« Grammy drehte sich auf ihrem Stuhl um und griff nach ihrem Gehstock, der ans Tischbein neben ihr gelehnt war. Mahnend hob sie ihn in die Höhe, bevor sie sich darauf abstützte und schwerfällig aufstand. »Diese Einstellung hast du weder von mir noch von deinen Eltern vermittelt bekommen. Warum sollte sich dieser Junge denn nicht für dich interessieren? Du bist hübsch, klug, zielstrebig und hast das Herz am rechten Fleck. Was würde sich ein Mann mehr wünschen?«
Sally lächelte schief. Wenn Grammy wüsste, wie die Welt heutzutage war, sie käme wohl nicht mehr darin zurecht.
»Und«, fuhr Grammy fort, die ihre Standpauke noch nicht beendet hatte, »auch wenn ich nicht mehr, wie sagt ihr so schön >auf dem neusten Stand< bin, eins weiß ich gewiss. Diese Welt hat mehr zu bieten als Arbeit, Sally. Versteh mich nicht falsch. Ich bin unglaublich stolz, wie ehrgeizig und zielstrebig du bist. Und deine Eltern wären es auch. Aber das Leben hat so viele Facetten. Nimm dir doch ab und zu mal ein wenig Zeit, ein Teenager zu sein. Schau mich an. Ich kann das alles nicht mehr. Aber ich habe mein Leben gelebt und deine Eltern bis zu ihrem frühen Tod auch.«
»Da hast du wohl recht, das haben sie. Und uns keinen Penny hinterlassen. Vielleicht hätte größerer Ehrgeiz und dafür weniger Leben nicht geschadet. Dann hätten meine Eltern sicher mehr aus sich machen können und für uns wäre es nicht so schwer gewesen. Ich möchte jedenfalls nicht so enden und ein Leben lang jeden Penny umdrehen müssen. Ich werde etwas erreichen und jemand werden.«
»Bist du denn nicht schon jemand?« Grammys Blick wurde traurig. Sofort bekam Sally Gewissensbisse. Warum wurde sie immer so aufbrausend, wenn es um ihre Eltern ging? Grammy konnte schließlich am wenigsten dafür und hatte genauso hart gekämpft, um in den letzten Jahren über die Runden zu kommen. Aber nach der unendlichen Trauer über den Tod ihrer Eltern hatte sich bei Sally ein Gefühl von Wut und Unverständnis eingestellt. Sie waren einfache, normale Leute gewesen. Ihr Vater arbeitete als Müllmann und ihre Mutter an der Kasse eines Supermarktes. Als solche hatte sie nie viel verdient und sich auch selten etwas leisten können. Was aber nicht daran lag, dass sie nicht klug genug gewesen wären. Im Gegenteil, sie waren mit einem einfachen Leben zufrieden und lebten lieber, als sich - nach ihrer eigenen Aussage zufolge - in einem gut bezahlten Job »zu Tode« zu schuften. Und wo hatte sie das hingebracht? Schon als kleines Mädchen hatte Sally viele ihrer Schulkameraden beneidet, die tolle Urlaube mit ihrer Familie gemacht hatten und sich neue Klamotten von teuren Marken hatten leisten können. Sie selbst hatte nicht selten Secondhand-Sachen getragen und war hierfür nur müde belächelt worden. Schon damals war sie zur Außenseiterin geworden - dabei hatte sie doch nur dazugehören wollen.
»Tut mir leid, Grammy, das hab' ich doch nicht so gemeint. Weißt du was, vielleicht hast du recht und ich schau nachher mal bei dieser Party vorbei.«
Grammys Gesicht erhellte sich. Zufrieden nickte sie, setzte sich wieder auf ihren Stuhl und nippte an ihrem Tee.
Sally stand noch eine Weile da und beobachtete sie. Wieder einmal wurde ihr schmerzlich bewusst, wie schnell ihre Großmutter in den letzten Jahren gealtert war. Sie wirkte so gebrechlich.
Grammy schien die Blicke auf sich zu spüren.
»Sag mal, hast du nicht was zu tun?«, fragte sie und wandte sich noch einmal zu Sally um. Ein neckisches Grinsen lag auf ihrem Gesicht.
»Wieso? Ins Diner muss ich erst in einer Stunde und .«
»Als ich jung war, hat es ewig gedauert, sich für eine Party vorzubereiten. Die Haare, das passende Kleid finden .«
Sally riss den Mund auf. Mist. Daran hatte sie gar nicht gedacht. Sie schnappte sich ihr Handy und zog den Zettel mit der Nummer, den Jason ihr heute zugesteckt hatte, aus der Hosentasche. Schnell verfasste sie eine kurze WhatsApp-Nachricht.
»Hallo, Jason. Ich bin heute Abend dabei.«
Sofort wurden die Häkchen blau. Jason hatte ihre Nachricht gelesen. Prompt folgte seine Antwort.
»Prima. Ich hol dich um acht Uhr ab. Schickst du mir noch deine Adresse?«
Sallys Herz schlug bis zum Hals. Sie teilte ihren Standort und verschwand dann in ihr...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.