Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Ein stilvoll gekleideter junger Mann mit hoher Stirn und sanftem Augenaufschlag steigt ein, zeigt höflich seine Bordkarte und macht sich auf den Weg zu einem der größten emotionalen Abenteuer seines Lebens: ein Besuch im Kongo. Vincent Kompany, Sohn eines kongolesischen Vaters und einer belgischen Mutter, ist Anfang 20 und ganz entspannt. Neugierig. Ernsthaft. Unerschütterlich. Er wird zum ersten Mal in seinem Leben den Boden seiner Vorfahren väterlicherseits betreten. Es ist Anfang Juni 2006, und er hat Urlaub. Schläft er während des langen Fluges? Blättert er in einem Bradt-Reiseführer? Liest er ein Buch über die Geschichte des Heimatlandes seines Vaters? In dem Fall würde ihm das Lachen schnell vergehen: Ein jahrzehntelanger Teufelskreis aus Krieg, Korruption, Gesetzlosigkeit und schlechter Regierungsführung gipfelt dort in bitterer Armut. Doch wenn Kompany etwas auszeichnet, dann ist es sein unerschütterlicher Sinn für Gerechtigkeit, gepaart mit grenzenlosem Ehrgeiz: nicht rumschwafeln, machen. "Es gibt Probleme, und für sie werden sich Lösungen finden. Man muss sie nur finden wollen, das ist meine Philosophie", sagt er in einem Video von Sponsor Nike.
Ist das das Land, aus dem sein Vater und seine Familie stammen? Welches Gefühl überwiegt bei dem jungen Mann angesichts der Rolle seines Heimatlandes Belgien in der Geschichte des Kongo? Doch da öffnen sich schon die Türen. Er schnallt sich ab, nimmt sein Handgepäck und schreitet die Treppe zum Rollfeld hinunter.
Jeder, der schon einmal in der Nähe des Äquators war, kennt die feuchte, schwüle Hitze, die einem dort ins Gesicht schlägt. Auch Kompany spürt sie sofort. Er riecht sie. Er hört sie auch. Und er mag sie. "Ich liebe die Atmosphäre im Kongo", sagt er später auf dem WWS-Kanal Kongo. "Es ist ein lautes Land. Alle singen, reden und sind überzeugt, dass sie etwas zu sagen haben. Und die Leute machen weiter, und ich bin da keine Ausnahme." Er hat ein neues Universum betreten, in dem die Sinne schwelgen. Hier gelten andere Gesetze. Das Klima zwingt einen dazu, einen anderen Lebensrhythmus anzunehmen und sich weniger Sorgen zu machen. Wer Angst vor einer Eidechse, einer Ameisenkolonie, Moskitos oder Mückenschwärmen hat, bleibt besser zu Hause. Und wer mit dem Kopf durch die Wand will und afrikanischen Realitäten wie anderem Zeitgefühl, der Bedeutung der Familie oder dem Respekt vor "Palaver" und Älteren nicht genügend Aufmerksamkeit schenkt, wird zwangsläufig scheitern. Und man sollte sich unbedingt davor hüten, Fetischeure oder Heiler als Gauner und Quacksalber abzutun. Nein, diese Fehler wird er nicht machen. Aber er wird immer wieder überrascht, gelegentlich sogar schockiert sein.
Er ist nicht in ein Flugzeug gestiegen, um Verwandte zu besuchen und in kakifarbenen Tropenanzügen herumzustapfen oder im Virunga-Nationalpark nach den seltenen Berggorillas zu suchen, sondern unternimmt eine Studienreise im Auftrag der SOS-Kinderdörfer. Zuerst in Bukavu, einer Grenzstadt an den Hügeln nahe Ruanda, die für ihre überwältigende Naturschönheit bekannt ist. In der rauen, schwülen Hauptstadt Kinshasa, ganz am anderen Ende des Landes gelegen, liegt die letzte Station seines Kurzbesuchs. SOS-Kinderdörfer, die Organisation, deren Botschafter er wird, nimmt seit über 60 Jahren Waisen und andere Schutzbefohlene in der ganzen Welt auf: vernachlässigte, missbrauchte oder verlassene Kinder. "Meine Arbeit für sie ist so wichtig wie der Fußball, und das wurde mir klar, als ich das erste Mal hierherkam", gestand er später dem belgischen Fernsehsender VTM.
Während seines Besuchs im Kongo nutzt Kompany seinen Status als allseits bekannter Fußballspieler, um in politischen und wirtschaftlichen Kreisen für "Goodwill" zu sorgen, unter anderem für die Errichtung eines SOS-Kinderdorfs in Kinshasa. In Bukavu spricht er den Kindern und ihren Betreuern Mut zu und will mit eigenen Augen erleben, wie ein solches Kinderdorf aussieht. Er wird sich drei Tage lang im Kongo aufhalten.
"Er benimmt sich nicht wie ein Star, obwohl er das schon ist", sagt Barbara François, Vorsitzende der SOS-Kinderdörfer Belgien. "Die Leute kennen ihn. Bei Treffen auf ministerialer Ebene zum Beispiel werden wir sofort vorgelassen, was normalerweise unmöglich ist. Für gewöhnlich braucht es Tage, um einen Termin zu vereinbaren, und auf den Termin selbst muss man normalerweise ein paar Stunden warten. Bei Vincent dauerte es knapp 15 Minuten. In diesen Gesprächen hat er mich damit beeindruckt, wie entschieden er immer wieder nachgefragt hat. Mit dem Umweltminister sprach Vincent auf Augenhöhe, nicht wie ein Fußballer, der überhaupt keine Ahnung hat. Man konnte sehen, dass er schon reif war und etwas zu sagen hatte, und dass man ihm zuhörte. Natürlich bringt er auch die Gabe mit, zu führen."
Er kehrt 2007 zurück, diesmal mit den belgischen Medien im Schlepptau, darunter die Zeitung Het Laatste Nieuws und die beiden größten kommerziellen belgischen Fernsehsender VTM und RTL-TVi. SOS-Kinderdorf hofft, dass die mediale Aufmerksamkeit Sponsoren und Spenden für das noch zu errichtende Hauptstadt-Kinderdorf anlockt. Diese Unterstützung ist dringend nötig: Der Bau des Dorfes wird rund zwei Mio. Euro kosten, der des medizinischen Zentrums etwa 200.000 Euro. Nach Kompanys Aussage steuert er 20.000 Euro für Letzteres bei.
An jenem Junitag im Jahr 2007 fliegt Vincent Kompany nach Kigali, der Hauptstadt Ruandas, und reist dann nach Westen ins nahe gelegene Bukavu weiter. Vincent ist auf alles gefasst: auf das Elend und auf die Schönheit. Er wird beides zu sehen bekommen. Die Reise von Kigali nach Bukavu, am südwestlichen Ufer des Kivusees, lässt ihn sofort in das reale Afrika eintauchen, in dem der so genannte article 15, eine beliebte Phrase im Kongo, oftmals der allerletzte Hoffnungsschimmer ist: Sie besagt, dass von staatlicher Hilfe keine Hilfe zu erwarten ist, sodass man selbst die Initiative ergreifen und sich durchwurschteln muss. Als die Gruppe an der ruandischen Grenze zum Kongo ankommt, ist es fünf nach sechs Uhr abends. Der Grenzübergang ist seit fünf Minuten geschlossen. Ein Begleiter aus Kompanys Eskorte geht auf einen kongolesischen Grenzbeamten zu, spricht ihn freundlich an, steckt ihm diskret etwas Geld zu, und die Gruppe darf passieren. Am nächsten Tag kehren sie noch einmal zurück, um ihre Pässe doch noch abstempeln zu lassen. Diesmal hält der Begleiter einen 20-Dollar-Schein in der Hand. "Um das Prozedere zu beschleunigen."
Im Kinderdorf von Bukavu herrscht große Aufregung über den Besuch des belgischen Fußballspielers. Viele Kinder haben ihre Eltern durch politisch-ökonomische Gewalt verloren. Sie essen und schlafen dort und gehen tagsüber zur Schule. Vincent betritt ein hölzernes Kindergartenzimmer; die Kleinen stimmen ein Lied an. Auf einer Bank im hinteren Teil des Raumes reckt ein Junge einen Finger in die Luft. "Wie schaffe ich es nach Belgien?", fragt der Knirps. "Es ist viel besser, wenn du alle Chancen nutzt, die du hier bekommst", antwortet Kompany. "Versuch lieber, einen guten Abschluss zu machen, mit dem du später Geld verdienen kannst, damit ihr alle nach und nach euer Land wieder aufbauen könnt." Die Antwort ist typisch für ihn: Er plädiert für Bildung als Hebel für mehr Selbstständigkeit und Verantwortung. Als es Zeit für einen Tanz auf dem Spielplatz ist, bei dem der Lehrer die Trommel schlägt, steht Kompany zwischen den Kindern und klatscht mit. Wenig später, am Tisch, hilft er einem Kleinkind beim Essen, als hätte er nie etwas anderes getan: Bohnen, Reis und saka-saka - Maniokblätter. Der Vincent zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht Vater geworden.
Natürlich bleibt auch Zeit, um Fußball zu spielen. Tore gibt es nicht, aber das tut der Freude der kleinen Fußballer und ihres Gastes keinen Abbruch. Er geht mit den Kindern auch schaukeln, drückt eines an seine Brust, scherzt mit ihnen.
In der Ferne, umgeben von grünen Hügeln und Bergen, schimmert der wundersame Kivusee. Auf dem smaragdgrünen Wasser glitzert es unglaublich, ein Phänomen, das von den Sonnenreflexionen herrührt. Die Schönheit der Natur ist eine wohltuende Abwechslung für die in ständiger Armut lebenden Menschen.
Am Vorabend seines ersten Kongobesuchs charakterisiert Vincent sein Herkunftsland in Het Laatste Nieuws wie folgt: "Wenn ich nur den Namen Kongo höre, tut es mir in der Seele weh. Es tut einfach weh, zu sehen, dass ein solches Land jahrelang sein ganzes Potenzial vergeudet hat. Es ist eines der rohstoffreichsten Länder der Welt, und wir gehen heute dorthin, um Kindern zu helfen, die dem Tod geweiht sind. Wie kann es sein, dass Kinshasa eine der schmutzigsten und am schlechtesten organisierten Städte der Welt ist? Wie kann...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.