Schweitzer Fachinformationen
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TEIL I
Die wahre Vielfalt der Lebensformen auf der Erde ist der Wissenschaft bis heute weitgehend unbekannt. Die Arten aber, die ausreichend erforscht sind, insbesondere Wirbeltiere und Blütenpflanzen, nehmen zahlenmäßig in zunehmendem Tempo ab - und schuld daran ist fast ausschließlich der Mensch.
Verschiedene Pilze. Franciscus van Sterbeeck, 1675.
1.
Vor 65 Millionen Jahren krachte ein Asteroid von zwölf Kilometern Durchmesser mit einer Geschwindigkeit von zwanzig Kilometern pro Sekunde in den Erdboden nahe der heutigen Ortschaft Chicxulub auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Er grub einen zehn Kilometer tiefen Krater mit einem Durchmesser von 180 Kilometern und schüttelte den Planeten kräftig durch. Es folgten Vulkanausbrüche, Erdbeben, saurer Regen und ein gigantischer Tsunami rund um die Welt. Rußwolken hingen am Himmel, verdeckten die Sonne und verhinderten damit die Photosynthese. Es blieb so lange dunkel, dass der Großteil der Pflanzenwelt ausstarb. Im tödlichen Dämmerlicht sanken die Temperaturen in ungeahnte Tiefen, auf dem Planeten herrschte ein vulkanischer Winter. Siebzig Prozent aller Arten verschwanden, darunter auch die letzten Dinosaurier. Bakterien, Pilze und Aasfliegen konnten den Nahrungsüberfluss nutzen und profitierten eine Zeitlang von den vielen abgestorbenen Pflanzen und Tierleichen; schon bald aber ging es auch für sie bergab.
Es war das Ende des Mesozoikums, des Zeitalters der Reptilien, und der Anfang des Känozoikums, des Zeitalters der Säugetiere. Höhepunkt und potenzielles Endprodukt des Känozoikums sind wir.
Geologen gliedern das Känozoikum in sieben Epochen, die sich durch die jeweilige Verbindung charakteristischer Umwelten mit den darin lebenden Pflanzen- und Tierarten definieren. Die älteste dieser Epochen war das Paläozän, ein Zeitabschnitt von zehn Millionen Jahren, in dem die Vielfalt des Lebens nach dem Massenaussterben am Ende des Mesozoikums einen neuen Aufschwung nahm. Es folgten Eozän, Oligozän, Miozän und Pliozän. Die sechste Epoche war dann das Pleistozän, in dessen Verlauf sich die Kontinentalgletscher ausdehnten und wieder zurückzogen.
Die letzte von den Geologen ausdrücklich anerkannte Epoche, in der wir noch immer leben, ist das Holozän. Es begann vor 11.700 Jahren, als die letzten Kontinentalgletscher sich allmählich zurückzogen, brachte milderes Klima und eine kurzzeitige Artenvielfalt, die in der Geschichte des Lebens womöglich einen absoluten Höhepunkt darstellt.
Zu Beginn des Holozäns hatte sich auch der Mensch in einem Großteil der bewohnbaren Gebiete auf der Erde ausgebreitet. Alle drei Organisationsebenen des Lebens sahen sich nun einer neuen Bedrohung mit dem Zerstörungspotenzial des Chicxulub-Einschlags gegenüber. Bis heute sind diese Organisationsebenen zunächst die Ökosysteme, etwa Korallenriffe, Flüsse und Wälder; dann die Arten, also Korallen, Fische und Eichen als lebendige Teile der Ökosysteme; und schließlich die Gene, die die Merkmale jeder einzelnen Art festlegen.
Denkt man in geologischen Maßstäben, dann sind Aussterbewellen gar keine besondere Seltenheit. In der gesamten Geschichte des Lebens traten sie in allen erdenklichen Ausmaßen immer wieder auf. Wirklich apokalyptisch ging es freilich nur etwa alle hundert Millionen Jahre zu. Fünf solche Massenaussterben lassen sich dokumentieren, das jüngste davon war Chicxulub. Die Erde brauchte nach diesen Ereignissen jeweils etwa zehn Millionen Jahre, um sich davon zu erholen. Die vom Menschen verursachte Aussterbewelle nennt man häufig das sechste Massenaussterben.
Viele Autoren sind der Meinung, die Erde habe sich bereits so verändert, dass man das Holozän für beendet erklären und stattdessen eine neue geologische Epoche ansetzen sollte. Als Bezeichnung dafür wird vorzugsweise ein Begriff verwendet, den der Wasserbiologe Eugene F. Stoermer Anfang der 1980er Jahre prägte und der Atmosphärenchemiker Paul J. Crutzen im Jahr 2000 popularisierte: das Anthropozän, das Zeitalter des Menschen.
Hinter der Definition des Anthropozäns als eigener Epoche steht eine robuste Logik. Verdeutlichen lässt diese sich mit einem Gedankenexperiment. Nehmen wir an, Geologen würden in ferner Zukunft die verkrusteten Ablagerungen auf der Erde aufgraben und bis an die Schichten vorstoßen, die den letzten tausend Jahren unserer Zeit entsprechen. Dort würden sie scharf umgrenzte Schichten von chemisch verändertem Boden vorfinden. Sie würden die physikalischen und chemischen Anzeichen schneller Klimawechsel erkennen. Sie würden große Mengen fossiler Spuren von gezüchteten Pflanzen- und Tierarten aufdecken, die plötzlich und weltweit einen Großteil der prähumanen Fauna und Flora ersetzt hatten. Und sie würden Bruchstücke von Maschinen ausgraben und ein ganzes Museum tödlicher Waffen.
«Das Anthropozän», so würden die zukünftigen Geologen vielleicht schließen, «kombinierte leider schnellen technischen Fortschritt mit den schlechtesten Seiten der menschlichen Natur. Wie furchtbar war diese Zeit für die Menschen und die übrigen Formen des Lebens.»
Saum eines europäischen Waldes. Alfred Edmund Brehm, 1883-1884.
2.
Die Biosphäre ist die Gesamtheit aller Organismen auf der Erde zu einem gegebenen Zeitpunkt; also alle Pflanzen, Tiere, Algen, Pilze und Bakterien, die leben, während Sie diesen Satz lesen.
Die Obergrenze der Biosphäre bilden die Bakterien, die von Stürmen in Höhen von zehntausend Metern und mehr aufgewirbelt werden. Sie stellen zwanzig Prozent der mikroskopisch kleinen Partikel, die sich in diesen Höhen finden (der Rest sind inaktive Staubpartikel). Von einigen dieser Bakterienarten nimmt man an, dass sie Materie recyceln und per Photosynthese reproduzieren sowie tote organische Materie vernichten. Kann man diese fliegende Schicht als Ökosystem bezeichnen? Die Forschung ist sich darüber bis heute nicht einig.
Die Untergrenze des Lebens verläuft am unteren Ende der von Wissenschaftlern so genannten tiefen Biosphäre. In über drei Kilometern Tiefe unter der Erdoberfläche oder dem Meeresboden überleben Bakterien und Nematoden (Fadenwürmer) die starke Hitze, die das Magma abstrahlt. Die ganz wenigen fest angesiedelten Arten, die Forscher in diesen höllenheißen Schichten identifizieren konnten, leben von der Energie und von Materie, die sie dem Gestein abgewinnen.
Im Vergleich zur großen Masse des Planeten insgesamt ist die Biosphäre hauchdünn und von ihrem Gewicht her vernachlässigbar. Sie liegt wie eine Membran auf der Erdoberfläche auf und lässt sich ohne technische Hilfe eines Raumfahrzeugs außerhalb der Erdatmosphäre nicht beobachten.
Indem wir uns als Beherrscher der Biosphäre und ihre größte Meisterleistung ansehen, halten wir uns für berechtigt, mit dem übrigen Leben ganz nach unserem Gutdünken umzuspringen. Hier auf Erden ist unser Name Macht. Gottes spöttische Herausforderungen an Hiob schüchtern uns nicht länger ein (Hiob 38,16-19 und 25):
Bist du zu den Quellen des Meeres gekommen, hast du des Urgrunds Tiefe durchwandert?
Haben dir sich die Tore des Todes geöffnet, hast du der Finsternis Tore geschaut?
Hast du der Erde Breiten überblickt? Sag es, wenn du das alles weißt.
Wo ist der Weg zur Wohnstatt des Lichts? Die Finsternis, wo hat sie ihren Ort?
Wer grub der Regenflut eine Rinne, einen Weg für das Donnergewölk .?
Nun, in der Tat haben wir das alles inzwischen mehr oder weniger geleistet. Forscher tauchen heute auf den Grund des Marianengrabens und beobachten dort, an der tiefsten ...
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