Schweitzer Fachinformationen
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Das war der glücklichste Morgen meines Lebens.
»Annie-Doo, du siehst aus wie ein Model . nein, warte, noch besser, wie ein Supermodel«, verkündete meine kleine Schwester Freddie, während meine beste Freundin Adzo den Lipliner auftrug. Adzo hat mir mal erzählt, dass ihr Name in Ghana »an einem Montag geboren« bedeutet. Freddie nannte mich Annie-Doo, seit sie sprechen konnte - also quasi sofort nach ihrer Geburt, wie unsere Mutter immer wieder betonte. Ganz im Gegensatz zu mir, ihre große Enttäuschung, die die ersten drei Jahre ihres Lebens nachdenklich und still gewesen sei, weshalb meine Mutter beinahe eine Angststörung entwickelt hätte. Auch das brachte sie permanent zur Sprache.
Freddie neigte den Kopf zur Seite und begutachtete Adzos Arbeit. Es war ziemlich praktisch, eine beste Freundin zu haben, die zwar Theoretische Physikerin war, aber auch bestens mit einem Lipliner umgehen konnte. Nicht, dass ich nervös gewesen wäre oder so, aber ich hätte mein Gesicht niemandem sonst anvertraut.
»Du siehst umwerfend aus«, fuhr Freddie fort. »Wie sagt man noch mal zu der großen Chefin, der, die über allem steht?«
»Majestätisch?«, schlug Adzo vor.
»Ja! Besonders mit dem Blumenkranz im Haar!«
Meine dreizehnjährige Schwester macht einfach die besten Komplimente.
»Komm mal her«, murmelte ich grinsend und zog sie an ihrem schmalen Handgelenk zu mir.
Wir hatten die Nacht in der Suite dieses schicken Hotels in Mayfair verbracht - ein Geschenk meiner Schwiegereltern in spe für meine beiden Girls und mich. Freddie, Adzo und ich hatten es uns gemütlich gemacht, hatten in unseren flauschigen Bademänteln getratscht, gekichert, albern herumgetanzt, Fotos und Videos für diverse Social-Media-Kanäle gemacht. Es war ein perfekter Junggesellinnenabschied gewesen, und ich habe nur zweimal geweint. Nun war ich schon ziemlich aufgeregt, gleich zu heiraten, sollte ich aber auf dem Weg zur Kirche in ein tiefes Loch fallen und sterben, hätte ich zuvor die schönsten vierundzwanzig Stunden meines Lebens verbracht. Es war einfach zauberhaft gewesen.
Adzo richtete meine brünetten Locken, die mir auf den Rücken fielen - auch das Hairstyling würde ich sonst niemandem anvertrauen -, und ich senkte meine Stimme, um Freddie zu sagen: »Du kannst weiterhin so oft bei uns übernachten, wie du willst. Daran ändert sich nichts, okay?« Ich rieb meine Nase an ihrem Nacken und betrachtete unser Spiegelbild in dem riesigen Spiegel. »Alexander mag dich sehr.«
»Auch am Samstagabend?«, fragte sie.
»Bärchen, ich glaube nicht, dass du die Samstagabende noch lange mit deiner verstaubten alten Schwester verbringen werden willst.«
»Das werde ich.«
Ich rümpfte die Nase, was sie zum Kichern brachte. »Das werden wir ja noch sehen.«
Adzo trat zurück, musterte mich kurz und trank den letzten Schluck ihres Sekts mit Orangensaft - was darauf hindeutete, dass sie mit ihrem Werk zufrieden war. Sie sah umwerfend aus, ihre hohen Wangenknochen waren noch stärker betont als sonst. Sie hatte den Highlighter so aufgetragen, dass das reflektierte Licht sie wie von innen leuchten ließ. Ihre dunklen Augen waren im Cat-Eyes-Look geschminkt, und ihre Rastazöpfe hatte sie in dicken Strängen auf dem Kopf verschlungen. Zum Glück führte nicht sie mich zum Altar, denn sie hätte mir sicher die Show gestohlen.
Noch bevor ich sie überhaupt fragen konnte, ob sie meine Brautjungfer werden wollte, hatte sie abgelehnt. »Das ist nicht so meine Welt«, hatte sie gesagt, nachdem ich ihr meinen Verlobungsring gezeigt hatte. »Frag mich erst gar nicht, okay?« Ich habe gekichert und zugestimmt. Typisch Adzo. Sie macht nie das, was alle anderen machen. Darin ist ihr Freddie übrigens ähnlich, sie tanzen beide nach ihrer eigenen Pfeife.
»Sag mal, Freddie-Frou, gehst du jetzt eigentlich in die achte oder in die neunte Klasse?«
Adzo hatte schnell begriffen, dass man sich in unserer Familie nie mit dem richtigen Vornamen anredete. Jeder hieß irgendwas mit Doo oder Frou, war ein Bärchen, Käfer oder Piggy Poo. Freddie antwortete, dass sie in die Neunte komme.
»Sie ist dreizehn, aber im Kopf ist sie fünfundzwanzig«, neckte ich sie. Freddie hieß eigentlich Frederica, aber als sie vom Gender Pay Gap erfahren hatte, hatte sie beschlossen, einen Namen zu tragen, »bei dem man im Lebenslauf nicht erkennen kann, ob ich eine Frau oder ein Mann bin, damit sie mich nicht diskriminieren können«. Sie ist klug. Sehr viel klüger als ich.
Freddie entspannte sich auf meinem Schoß, und ich atmete ihren Duft ein: Wassermelonen-Bodylotion und eine leichte Haarspray-Note in ihrer offenen Ombré-Mähne. Ich hatte ein Vermögen ausgegeben, um meinen Ansatz dunkler und die Längen bis zu den Spitzen heller färben zu lassen, ihr Haar war von Natur aus so .
»Danke, dass du meine makellose Brautjungfer bist«, flüsterte ich. »Du bist die Beste.«
»Nein, du bist die Beste«, flüsterte sie zurück. Plötzlich rümpfte sie angewidert die Nase. »Hast du ein Tic Tac? Du hast Mundgeruch.«
Ich schrie auf und wollte sie in den Schwitzkasten nehmen, aber ich war nicht schnell genug, sie hatte sich bereits mit diebischer Freude aus meinem Griff befreit.
»Vorsicht, der Lipgloss!«, rief Adzo und stürzte herbei, um sich zwischen uns zu stellen. »Ich habe noch nie jemanden so perfekt geschminkt!« Freddie hüpfte auf die andere Seite des Zimmers, und da ich auf mein Kleid achten musste, konnte ich nur in übertriebener Zeitlupe die Verfolgung aufnehmen. Aber sie hatte Glück, denn wir wurden unterbrochen. Unser Dad kam gerade zur Tür rein - wir hatten eine Schlüsselkarte für ihn an der Rezeption hinterlegt. Wir froren alle in unseren Bewegungen ein, und uns wurde schlagartig bewusst, dass die Zeit des Herumblödelns nun vorbei war und der Hochzeitstag eine ernsthaftere Angelegenheit sein sollte als das, was wir gerade veranstalteten.
»Daddy!« Freddie tappte auf ihn zu. »Wir hatten einen supertollen Abend mit Tee und Sandwiches und Scones und Kuchen! Und dann noch Pizza im Bett!«
Er trug seinen marineblauen Lieblingsanzug und eine dicke rote Krawatte mit einem dazu passenden gemusterten Einstecktuch; seine hochgewachsene, norwegische Statur kam in dem maßgeschneiderten Anzug besonders gut zur Geltung. Im Knopfloch seines Jacketts steckte, passend zu meinem Hochzeitsstrauß, eine kleine Callablüte. Er legte seinen Arm um Freddie, holte tief Luft und strahlte mich an.
»Da wären wir also an deinem Hochzeitstag, Froogle«, sagte er zur Begrüßung und betrachtete mich in meinem Kleid.
Ich grinste zurück. In seinen Augen glitzerten nun Tränen, sodass mir auch sofort welche kamen und mich verstummen ließen. Verdammte Hochzeiten. Man denkt, es wird ganz easy, »Ich bin ganz lässig, nicht wie die anderen Bräute«, und dann - bäm!, trifft es dich. Und du bist genauso rührselig und emotional wie die nächstbeste Lady in Weiß.
»Du siehst wunderschön aus«, sagte er. »Wunderwunderschön.«
Freddie zog an seinem Arm und ließ ihre Hand in seine gleiten. »Ich finde, sie sieht majestätisch aus.«
»Wie die Königin der Welt!« Dad lächelte, und Adzo wedelte mit einem Taschentuch vor meinem Gesicht, in Erwartung dessen, was noch kommen würde.
»Tupfen, nicht wischen«, wies sie mich streng an. »Tupfe sanft, sonst verschmierst du alles.«
Ich atmete tief ein. Mein Hochzeitstag.
Ich hatte ein Designerkleid an, Dad würde mich zum Altar führen, und in weniger als einer Stunde würde ich Alexanders Nachnamen annehmen.
Hätte man mich vor Beginn der Hochzeitsplanung gefragt, wie traditionell ich es auf einer Skala von eins bis zehn haben wollte, hätte ich zwei oder drei gesagt. Adzo und ich hatten endlos darüber diskutiert, wie man es anstellt, eine starke, unabhängige Frau zu sein und sich gleichzeitig an jemanden zu binden. So vieles von dem, was von einer Braut erwartet wird, ist in der Vorstellung verwurzelt, dass sie jemandes Eigentum sei (etwa, dass sie »weggegeben« wurde), und dass sie wertvoll sei, weil rein und unberührt (daher das jungfräulich-weiße Kleid). In einer unserer Mittagspausen hatte Adzo mich mal gefragt, ob Alexander sich vorstellen könnte, dass wir unsere Nachnamen miteinander verbinden, oder ob er sogar meinen annehmen würde. Und ich hatte mir vorgenommen, ihn darauf anzusprechen. Aber als sich die Hochzeitsplanung dann konkretisierte, fand ich die uralten Traditionen einer konventionellen Hochzeit irgendwie tröstlich und fügte mich fast all seinen Vorstellungen. Ich wollte das ganze Ritual, mit allem, was dazugehört: die Spannung vor dem Gang zum Altar und die Geschichten, die man danach erzählen konnte.
Mein einziges feministisches Bekenntnis nach außen sollte darin bestehen, beim Abendessen eine Rede zu halten. Bei der Hochzeit meiner Freundin Jo hatte sie sich das Mikro geschnappt und gesagt: »Guten Abend. Danke, dass ihr heute gekommen seid. Mein großartiger Vater, mein wunderbarer Trauzeuge und mein gut aussehender frischgebackener Ehemann werden ihre Reden gleich halten .«, woraufhin alle losbrüllten und jubelten. »Aber ich werde zuerst etwas sagen, denn das geht nur über meine Leiche, dass ein Haufen Männer für mich spricht .«, der Saal brüllte und jubelte noch lauter.
Ich fand sie wahnsinnig lustig.
Mum war schockiert, dass die Braut das Wort ergriff, aber ich wollte es ihr gleichtun.
»Also dann, Mrs Mackenzie, sind Sie bereit?«, fragte Dad und senkte sogleich den Kopf. »Verflixt!...
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