Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Mein Leben läuft nicht nach Plan. Das ist nichts Neues für mich. Viele Tage sind so, seitdem meine kleine Schwester Amber es sich im Epizentrum ihrer Pubertät gemütlich gemacht hat und ich durch den Tod meiner Eltern zum Familienoberhaupt eines liebenswerten, aber chaotischen Haufens aus fünf Schwestern geworden bin. Es ist verdammt schwer, unser Nesthäkchen davon abzuhalten, sich durch irgendwelche waghalsigen Aktionen umzubringen.
Eher unwillig verlasse ich den Platz unter der Patchworkdecke in meinem Bett, wo ein warmes Rechteck aus Sonnenlicht zum Verweilen einlädt, und schlurfe über den Dielenboden zum Bad. Ich spüre die Astlöcher unter meinen Füßen und die Erinnerungen, die jede Holzfaser dieses Hauses in sich trägt. Die an gestern Abend würde ich hingegen sehr gern mit einer heißen Dusche wegspülen.
Ich werfe einen Blick auf mein Handy und seufze resigniert. Sieht so aus, als könnte ich direkt alles wegspülen, was mich und Peter jemals verbunden hat. Wir haben uns einige Male getroffen, und obwohl er gutmütig ist und einiges aushält, hat er nach gestern Abend wohl genug. Ich kann ihm nicht einmal böse sein. Amber hat ihm allen Ernstes nach einem heftigen Zusammenstoß die Radmuttern seines Wagens abgeschraubt, weil sie ihn nicht in unserem Haus haben wollte.
Unter der Dusche lasse ich das heiße Wasser meine verspannten Muskeln lockern und versuche, nicht traurig zu sein, dass mit Peter der vermutlich letzte annehmbare Anwärter auf eine Beziehung von meiner kleinen Schwester in die Flucht geschlagen wurde. Es klappt beängstigend leicht.
Peter und mich hat nie mehr verbunden als Freundschaft, die sich in der kurzen Zeit entwickelt hat, seitdem er hier lebt und arbeitet. Schmetterlinge im Bauch oder ein heißes Flirren, das meine Magengegend durchzieht, hatte ich bei ihm nie, obwohl ich als bekennende Leseratte genau diese alles verzehrende Liebe suche, der so viele Bücher gewidmet sind. Im Grunde sollte ich meiner kleinen, chaotischen, schrecklichen Schwester dankbar sein, dass sie Peter vertrieben hat. Ich wäre eh nicht glücklich mit ihm geworden.
Nachdem die Dusche beschlossen hat, dass sie nur noch kaltes Wasser ausspucken wird, trockne ich mich ab und schlüpfe in eine khakifarbene Shorts und ein gestreiftes Tanktop, das meiner Figur schmeichelt. Meine langen braunen Haare trocken zu bekommen würde ein halbes Jahrhundert lang dauern, und generell verträgt sich meine Naturkrause nicht mit dem Fön. Deswegen schlinge ich sie einfach zu einem feuchten Knoten an meinem Hinterkopf zusammen und laufe dann die breite Naturholztreppe hinunter, die aus den gleichen Bohlen gefertigt ist wie die Trägerbalken und die Wände des riesigen Blockhauses von Pinewood Meadows.
Ich mag es, dass ich jedes einzelne Knarren der Stufen im Voraus kenne. Das war sehr nützlich, als Mom und Dad noch lebten und nicht mitbekommen sollten, wenn ich die Sperrstunde mal wieder ausgedehnt hatte. Meistens, weil meine Schwester Fiona, nach mir die zweitälteste, nicht genug von der Party bekam, auf die ich sie begleitet hatte, und ich es nicht geschafft habe, sie aus dem Arm irgendeines Typen zu zerren.
Am Fuß der Treppe öffnet sich das lichtdurchflutete Erdgeschoss mit einem kleinen Gästebad, dem Büro, der großen Eingangshalle, Küche und Wohnbereich. Die Räume gehen alle ineinander über, und man kann vom Büro am einen Ende des Hauses bis zur Terrasse und dem dahinter angrenzenden See auf der anderen Seite sehen.
Ich gieße mir den letzten Rest Kaffee, den meine Schwestern übriggelassen haben, in einen Warmhaltebecher und sehe die Post durch, die vermutlich Hazel auf die freistehende Kücheninsel geworfen hat. Schon wieder ein Brief von der Immobilienfirma Harris & Sons aus New York. Ich stopfe ihn eilig zu den anderen, die in meinem Büro zwischen meine Bücher gequetscht sind. Dann schnappe ich mir Dads alte Sonnenbrille vom Küchentresen.
Vor dem Haus begrüßt mich das sanfte Wellenschlagen des Sees. Ich verharre sekundenlang. Dabei bin ich bereits spät dran und müsste dringend losradeln, um rechtzeitig zum Schichtbeginn im Lakeshore Diner, unserem familieneigenen, leicht kränkelnden Restaurant, zu sein. Aber es ist schon fast ein Ritual, dass ich immer einmal innehalte, wenn ich vor unsere Haustür trete. Der Tod unserer Eltern hat uns allen schmerzhaft vor Augen geführt, dass man das, was man liebt, von einem Tag auf den anderen verlieren kann und das Leben besser genießen sollte, solange man dazu in der Lage ist.
Obwohl ich schon mein ganzes Leben hier verbracht habe, haut mich das türkisfarbene Wasser des Lake Tahoe, das gegen einen perfekt weißen, feinpudrigen Sandstrand stößt, jedes Mal wieder um. Ich atme den Geruch der Pinien tief ein, die so dicht an unserem Haus stehen, dass Pinewood Meadows wirkt, als wäre es natürlich gewachsen und nicht nachträglich erbaut worden. Etwas weiter nördlich ragt der Gebirgszug der Sierra Nevada mit seinen selbst im Sommer schneebedeckten Gipfeln auf wie ein stummer Beschützer dieses Paradieses und schickt eine kühle Brise über die Ausläufer bis zum See hinunter.
Seufzend reiße ich mich schließlich los und zerre mein Rad aus der Garage. Grace und Hazel brauchen unseren alten Buick später, um Besorgungen zu machen, und einen weiteren Wagen können wir uns nicht leisten. Mit der niedrigsten Übersetzung kämpfe ich mich die steile Schotterzufahrt hinauf, die von der Halfmoon Bay und unserem Zuhause zur Hauptstraße führt.
Als ich die Straße erreiche, geht es noch rund eine Meile sanft bergauf, bevor ich am Upper Eagle Point ankomme. Der höchste Punkt, an dem der Berg zu beiden Seiten steil abfällt und einen atemberaubenden Ausblick über die Bay, den Lake Tahoe und den westlich liegenden Cascade Lake bietet.
Auf dem Weg bergab treibt mir der Fahrtwind die Tränen in die Augen, aber in meinem Magen braut sich ein Juchzen zusammen und schlüpft mir über die Lippen, als ich mich in eine scharfe Kurve lege und das kleine Städtchen Cooper Springs vor mir erscheint. Häuser und Natur bilden hier eine Einheit. Ich mag die hellblau, rot und gelb gestrichenen kleinen Holzhäuser entlang der Hauptstraße genauso wie die naturbelassenen Blockhütten am Ortsrand. Kiefern, Pinien und jede Menge Grünflächen erstrecken sich zwischen den Gebäuden und lockern das Stadtbild auf. Cooper Springs mag auf Außenstehende verschlafen wirken. Ich aber liebe den Kleinstadtcharme, den die rissige Mainstreet mit ihren kleinen Läden, dem Eiscafé und dem Lakeshore Diner am Ende der Straße versprüht. Unser Diner. Er ist mein ganzer Stolz und gleichzeitig auch eine große Verantwortung. Nach dem Tod unserer Eltern hätte ich nie gedacht, dass wir der Herausforderung gewachsen sein könnten, ihn ganz allein zu führen. Aber zusammen mit meinen Schwestern habe ich alles gegeben, um den Laden am Laufen zu halten, und ich freue mich, dass er langsam, aber stetig, ein klein wenig mehr abwirft.
Ich parke mein Rad neben dem Eingang und gehe hinein. Der Geruch von frisch aufgebrühtem Kaffee, Pancakes mit Ahornsirup und das Stimmengewirr des Gastraums empfangen mich. An der rechten Wand befinden sich die alten Sitznischen, die noch immer mit den roten Polstern aus den Anfängen des Diners bezogen sind. Den Rest des Gastraums haben wir letztes Jahr neu gestaltet - hell und freundlich. Die Möbel haben wir in einer Nacht voll Musik und Lachen weiß lackiert, die Wände in einem hellen, warmen Grau gestrichen, auf dem jetzt Bilderrahmen im Shabby Look hängen. Fotografien des Lake Tahoe, die Grace geschossen hat, und Zeichnungen von Hazel sind darin eingerahmt. Mit ihrer sprühenden Kreativität gleichen die Zwillinge meinen vollkommenen Mangel an künstlerischem Talent aus. Zahlen sind da schon eher meins. Wir ergänzen uns perfekt, wenn es um den Diner geht.
Das Herzstück unseres Restaurants ist wie früher schon der breite Massivholztresen, dem wir ebenfalls ein Makeover verpasst haben und der nun nicht mehr den Raum mit seinem dunklen Holz dominiert, sondern sich perfekt in das Ambiente einfügt. Darüber haben wir auf der gesamten Länge des Tresens eine Tafel angebracht, auf der Hazel unsere Speisen, Getränke und die dazugehörigen Preise mit verspielten Kreidestrichen festgehalten hat. Je nach Jahreszeit umrahmen diese Karte Blumenranken, Schneelandschaften, bunte Herbstbäume oder frische Frühlingsbilder. Das dafür benötigte Arsenal an verschiedenen Kreidefarben bewahrt Hazel in einem riesigen Pappkarton im Schuppen hinter dem Diner auf.
Auf die Toilettentür hat sie ein Blütenmeer aus schwerer Lackfarbe gemalt. Antike Cowboyutensilien vereinen sich mit modernen Shabby-Chic-Elementen zu einem gemütlichen Ambiente. Und dann ist da natürlich noch Bob, ein ausgestopfter Elchkopf, der mittig über einer der Nischen thront und den Fiona zu einem Ganzjahresmistelzweig auserkoren hat.
Der Gastraum ist gut gefüllt. Wie fast jeden Tag sitzt Sam Hunter mit grimmiger Miene an einem Einzeltisch am Fenster und reagiert nicht darauf, dass ich ihm zunicke. Molly, die Besitzerin des Bed & Breakfast, das am Rande von Cooper Springs liegt, und ihre Freundinnen Ella und Betty haben sich wie jeden Montagmorgen zum Frühstücken getroffen und tauschen eifrig den neuesten Klatsch und Tratsch aus. Ich begrüße sie mit einer Umarmung, unterhalte mich kurz mit ihnen über die derzeit angesagten Junggesellen Ü60 und bringe dann meine Jacke und Tasche hinter den Tresen. Zu guter Letzt schlinge ich eine schmale Schürze um meine Hüften, in der ich später Block, Stift und Portemonnaie aufbewahren kann. Das Logo des Diners prangt auf der linken unteren Ecke der schwarzen Schürze, unserer einzigen...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.