Schweitzer Fachinformationen
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13. bis 20. September:
Letzte Vorbereitungen in Wien und erste Tage in Kapstadt
Gerade eben noch haben wir an der Alten Donau gefrühstückt, unser Equipment auf einer leuchtend gelben Decke ausgebreitet und Packlisten verglichen. Gerade eben noch haben wir uns von unseren Freunden und Familien verabschiedet, die uns einen ganzen wunderschönen Nachmittag und Abend lang gezeigt haben, warum es sich lohnen wird, diesen langen Heimweg anzutreten. Gerade eben noch habe ich einen Luftsprung gemacht, als mein Onkel zum ersten Mal nach Jahren überraschend in Wien aufgetaucht ist, nur um uns zu verabschieden. Gerade eben noch haben wir den großen gelben Bus, unser gemütliches Zuhause der vergangenen zwei Monate, abgemeldet und untergestellt.
Und schon sitzen wir eingeklemmt zwischen Fahrradkartons und unseren Gepäckbündeln in einem Uber vom Flughafen hinein in die Stadt - nach Kapstadt, direkt zum Arbeitsort meiner Schwester Timna. In gewisser Weise fühlt es sich an, wie nach Hause zu kommen. Ich war zuletzt vor eineinhalb Jahren für drei Monate hier und realisiere erst jetzt, wie vertraut sich alles anfühlt. Die Menschen, die einen überschwänglich grüßen, die markanten, alles überragenden Bergsilhouetten von Tafelberg, Lion's Head und Signal Hill, der Wind, auch Kapdoktor genannt, der wild durch Straßen fegt, das Nebeneinander von aufpolierten Autos und Wellblechhütten und mit welch selbstverständlicher Leichtigkeit ich mich in der Stadt orientiere. Durch Johanna, die all das zum ersten Mal erlebt, darf ich noch einmal mitstaunen, mit verwundert sein über die zahlreichen Gesichter dieser Stadt. Wir sind jetzt zu zweit unterwegs, manches wird dadurch anders sein als damals, vieles um einiges leichter.
Natürlich absolvieren wir das Pflichtprogramm, klettern auf den Tafelberg, um uns einen Überblick zu verschaffen, spazieren zur Waterfront, dem touristischen Hafengebiet, bestaunen die knallbunten Häuser von Bo Kaap, dem muslimischen Viertel, und schlendern durch die Company Gardens mit ihren großen alten Bäumen, unter denen wir während einer Free Walking Tour eine Auffrischung in Apartheid und Stadtgeschichte bekommen. Ein Albino-Eichhörnchen beobachtet uns von links, eine schwarze Katze von rechts - sie scheinen das alles auch nicht so recht zu verstehen.
Und dann verbringen wir auch Zeit an diesen anderen Orten - jenen Orten, zu denen man erst kommt, wenn man länger da war, tiefer eingesunken ist in diese Stadt und ihren Alltag. Wir jäten einen Vormittag Unkraut auf der kleinen City Farm, die mich schon bei meinem vergangenen Besuch liebevoll aufgenommen hat, wagen uns in einen kleinen "hole-in-the-wall"-Greißler in Woodstock, der nicht mehr ist als das buchstäbliche Loch in der Wand. Im Hinterzimmer erklärt uns die Köchin bei einem Menü aus Mealie Pap, einer sättigenden Masse aus Maismehl, Rindereintopf und spinatähnlichen Kassavablättern, persönlich die einhändige Esstechnik. Nachmittags schauen wir Timna beim Unterrichten und Flaschenwerfen zu. Sie bildet die zukünftigen Barkeeper*innen für Kapstadts höchst lebendige Barszene aus und schärft ihre Skills als wandelndes Cocktail-Lexikon und ihre Kreativität beim Kreieren neuer Getränke zweimal die Woche in einer der pulsierenden Downtown-Bars. Abends treffen wir Freunde in einem mosambikanischen Restaurant, plaudern, lachen und essen gegrillte Calamariköpfe bei Kerzenschein, weil schon wieder "loadshedding" ist. Bis zu viermal täglich gibt es diese geplanten Stromausfälle in der ganzen Stadt, da das desolate Stromnetz immer mehr an seine Grenzen stößt. Besonders lustig ist loadshedding, wenn man gerade mit dem Lift fährt oder im Supermarkt steht und es eine Minute lang stockfinster um einen herum wird, weil der Generator zu spät angeworfen wurde. Wenn es dann um zwölf Uhr mittags noch einen Knall macht, den unsereins nur von Lawinensprengungen kennt, und jemand seelenruhig verkündet "Ah, that's only the noon gun!" - das sei also nur die Mittagskanone -, dann weiß man, dass man in Kapstadt ist.
Trotz Stromausfällen und Kanonenfeuer fühlt sich unser Leben in dem kleinen Ein-Zimmer-Apartment nach unserem Sommer im Camper an wie Fünf-Sterne Urlaub. Wir freuen uns über die warme Dusche, schlafen aus und planen beim Frühstück unsere ersten Reiseetappen.
Nach fünf viel zu kurzen Tagen ist es plötzlich so weit: Die Räder stehen vor uns, aus dem Karton geholt, wieder zusammengebaut, voll bepackt. Nur: Wie kommen wir damit jetzt durch die Tür, in den telefonzellengroßen Aufzug und hinunter auf die Straße? Mit viel Tetris-Geschick haben wir es schließlich geschafft und der Ausruf der lustigen Portierin "Oooh, so THAT was in those boxes! BIKES!! Sheeeesh!" hallt noch nach, während wir unsere Freedom-Machines besteigen und uns für eine letzte Umarmung auf den Weg zu Timna und dann steil bergauf in Richtung Stadtgrenze machen.
Die Pedale rotieren, die Nase in den Wind - wir sind endlich unterwegs!
DIE UNGLAUBLICHE GEFAHR EINER RADREISE
Oft wurden wir gefragt: "Ist so eine lange Radreise nicht furchtbar gefährlich?"
Wir wissen, dass es Leute gibt, die dem Thema Gefahr in den Geschichten über ihre Reisen sehr viel Raum geben. In manchen Erzählungen jagen einander Superlative wie "der schlimmste Tag meines Lebens" oder "die gefährlichste Situation der ganzen Reise".
Klar, es gibt viele Punkte, die man in einem seitenlangen haarsträubenden Gefahrenkapitel zusammentragen könnte. Wir haben uns aber dafür entschieden, all diese Dinge beim Namen zu nennen und ihnen pragmatisch und lösungsorientiert zu begegnen. Und wenn man einmal die feinen Unterschiede zwischen einer Herausforderung, einem Problem und einer Bedrohung erkannt hat, dann zerbröselt diese abstrakte große Gefahr meist in ihre eigentlichen Bestandteile. Dann muss man sich nicht mehr so viel fürchten und hat mehr Zeit, sich zu freuen und zu staunen.
Nicht nur einmal haben wir uns - oder einander - in aufwühlenden Situationen beruhigt und gesagt: "Wir sind hier und es ist anders, als wir es kennen. Aber es ist, wie es ist. Was können wir jetzt tun?" Auf viele Menschen wirkt diese Einstellung hartgesotten oder tough, aber wir denken, dass sie in Wirklichkeit von Weichheit und Flexibilität lebt. Besonders der Versuch, unsere Umwelt nicht andauernd nach mitteleuropäischen Kriterien und Maßstäben zu bewerten, und ein gewisses Maß an Offenheit und Lernbereitschaft haben uns beim Eintauchen in neue, oftmals befremdliche Lebenswelten geholfen. Denn ein Abenteuer ist so viel mehr als seine Gefahren - es eröffnet ein geradezu schillerndes Spektrum von Themen: Natürlich wird es in den Kapiteln dieses Buches um wilden Verkehr und wilde Tiere, Wetterextreme, Kriminalität, körperliche und mentale Belastungsgrenzen, Trinkwasser- und Lebensmittellogistik, Grenzübertritte und Korruption, Kleidervorschriften, Pannen und Verletzungen gehen. Aber auch um Begegnungen in unterschiedlichen Kulturen, Beobachtungen am Wegesrand, banale Freuden und beiläufige Gedanken.
21. bis 25. September:
Ans Kap der Guten Hoffnung und zum südlichsten Punkt des Kontinents
Jetzt ist es schon wieder passiert: "Where are you going?"
Inzwischen verdrängt diese Frage den sonst üblichen Smalltalk-Auftakt "Where are you from?" auf Platz zwei. Es ist ja genau genommen auch die viel interessantere und relevantere Frage. Also erklären wir, und wir erklären immer wieder, ohne müde zu werden. Denn wo dir so viel echte Begeisterung und Bewunderung entgegenschlagen, da erklärst du gerne.
Wir sind jetzt schon seit knapp einer Woche unterwegs, haben uns die bestens zu beradelnde Küste östlich von Kapstadt erarbeitet und uns dann vom südlichsten Zipfel des afrikanischen Kontinents geradewegs gen Norden geschmissen.
Die ersten Tage waren geprägt von Küstennebel, Meeresgischt, dem Duft des dem lokalen Vegetationsgemischs namens Fynbos in der Sonne und der kalten, unermüdlichen Brandung des Atlantiks. Die schlägt mal hier an die felsige Küste und spült dann nur ein paar Kilometer weiter imposant brechende Wellen an ewig lange Sandstrände. Ohne dieses Meer wäre das Kap der Guten Hoffnung kein Kap, die kleine Robbenkolonie vor den Toren Kapstadts säße auf ihren riesigen rundgeschliffenen Felseninseln auf dem...
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