Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Triphylien ist eine gebirgige Landschaft im Nordwesten der Peloponnes, durchzogen vom Alpheios und seinen Nebenbächen. Sie hatte eine wechselvolle, jedoch schwer durchschaubare Geschichte im Spannungsfeld der Nachbarn Sparta und Elis. 402 erklärten die Lakedaimonier den Eleiern den Krieg, weil diese sie nahezu zwei Jahrzehnte vorher von den Olympischen Spielen ausgeschlossen hatten. Das war der Anlass; Grund war, dass die Lakedaimonier ihre Hegemonie gegenüber den als (eigen)mächtig erachteten Eleiern festigen wollten. Nach zweijährigen Kämpfen gelang dies, und die Lakedaimonier beanspruchten das Gebiet südlich des Alpheios für sich. Hier lagen der Ort Skillus und in seiner Nähe das großflächige Landgut, das die Spartaner um das Jahr 390 «dem Mann ohne Heimat» schenkten oder liehen. Es befand sich ungefähr 20 Stadien vom Zeusheiligtum in Olympia entfernt am Weg, der von Sparta dorthin führt, vielleicht in der Nähe des heutigen Dorfes Makrisia in der weiten Tallandschaft, die sich um das Städtchen Krestena erstreckt.
Der neue Besitzer, Xenophon, liebte dieses Stück Land und beschrieb es selbst als Idylle. Prunkstück war ein heiliger Bezirk (Temenos) mit Altar und Tempel. Xenophon ließ ihn nach dem Vorbild des Artemision von Ephesos in kleinem Maßstab aus Beutegeldern errichten, die ihm als einem ihrer Feldherren die Zehntausend anvertraut hatten, um damit den Göttern nach geglückter Rettung zu danken. Mit dem Bau war entweder 388 oder 384 begonnen worden. Xenophon nämlich hatte das Geld, als er 394 Asien verließ, dem Tempelwärter der Artemis in Ephesos anvertraut, einem Priester namens Megabyzos, da er sich selbst - nach eigenen Worten - auf einem gefährlichen Kriegszug befand. Zur Feier der Spiele in Olympia reiste dieser Megabyzos in den achtziger Jahren (eben 388 oder 384)[1] nach Olympia, besuchte Xenophon auf seinem Weg und übergab ihm die zurückgelassenen Gelder.
Karte 1: Skillus, Xenophons Wohnort im Exil.
Xenophon pflegte sein Gut und je vertrauter er mit seinen neuen Pflichten wurde, desto mehr Raum nahmen auch seine schriftstellerischen Ambitionen ein, die frühen Einflüssen entsprangen. Aufgewachsen in einer geschichtsträchtigen Zeit, hatte er den Peloponnesischen Krieg zunächst als Kind und Jugendlicher und dann die entscheidenden Jahre als junger Mann «mit wachem Sinn und gespannter Aufmerksamkeit» miterlebt. Er hatte in seiner Jugend die Historien Herodots gelesen und die Forschungen des Thukydides, der nach dem Krieg aus der Verbannung zurückgekehrt war, verfolgt. Er wusste, dass seit Kyros dem Großen, über den er noch eine umfangreiche Monographie schreiben sollte, persische Geschichte auch griechische war. Sein Marsch bis Babylon und der siebenjährige Aufenthalt in Asien hatten sein Wissen vielfältig erweitert. So tief war noch kein griechisches Heer ins Perserreich eingedrungen. Erst Alexander der Große würde 70 Jahre später wieder Euphrat und Tigris erreichen.
Zurückgekehrt nach Griechenland erfuhr Xenophon vom Tod des Thukydides, seines historiographischen Vorbildes. Er hielt das nachgelassene Werk in Händen, ein Fragment, das mit dem Sommer 411 und den damaligen Ereignissen an der kleinasiatischen Küste vorzeitig endete. So beschloss er, das Werk im Stil seines Vorgängers bis zum Ende des Krieges im Jahre 404 fortzusetzen. Wann genau er das tat, bleibt unklar. Es setzt den Tod des Thukydides voraus, der in die neunziger Jahre fällt. Zu vermuten ist, dass Xenophon erst in Skillus damit begann. Nach dem Ende seines militärischen Lebens verfügte er nun über die Muße, sich dem zu widmen, was ihm wohl schon lange vorschwebte. Er begann über das zu schreiben, was er gut zu kennen glaubte: seine eigene Zeit. Er war Zeuge des Arginusen-Prozesses geworden, hatte Triumph und Sturz des Alkibiades erlebt, während des Belagerung Athens durch die Spartaner gehungert und im innerathenischen Bürgerkrieg gekämpft. Das war der Stoff, aus dem er die ersten beiden Bücher seiner Hellenika formte. So führt er zunächst das abgebrochene Werk des Thukydides nahtlos weiter. Ohne Absatz, Einführung oder auch nur seinen Namen zu nennen, stellt er sich ganz in den Dienst seines Vorgängers und übernimmt auch dessen chronologisches Gerüst, die nach Sommer und Winter getrennte Jahreszählung. Xenophon berichtet nur über die wichtigsten Vorgänge, enthält sich persönlicher Kommentare oder Ratschläge und fügt wie sein Vorgänger Reden ein, um Hintergründe zu erhellen und die Motive der Handelnden zu beleuchten. Er benutzt vielerlei Quellen, seine Stärke aber ist das autobiographische Erzählen, das sich bei Herodot nirgends und bei Thukydides nur an wenigen Stellen findet.
Dieser erste Teil der später Hellenika (Griechische Geschichte) genannten Bücher, mit dem seine schriftstellerische Tätigkeit ihren Anfang nimmt, folgt bis zum zweiten Buch genau dem thukydideischen Werkplan, dem zufolge der Krieg «drei mal neun» Jahre, vom Frühjahr 431 bis zum Frühjahr 404, dauerte. Mit der Imitatio des Thukydides dokumentiert Xenophon die Einheit des Werkes, es ist aber auch die Arbeit eines jungen Historikers, der noch nicht zu seinem Stil gefunden hat. Der Glaube an die Götter trennt ihn später scharf von dem Agnostiker Thukydides, verbindet ihn aber mit dessen Vorgänger Herodot.
Wieweit Xenophons Arbeit an diesem Werkstück seiner Hellenika bereits gediehen war, als sie von einem unerwarteten Ereignis unterbrochen wurde, wissen wir nicht. Was Xenophon aus seiner Beschaulichkeit in Skillus riss, war eine Art Reisetagebuch: Der erste Bericht über den Zug der Zehntausend war veröffentlicht worden, geschrieben von einem, der dabei war, dem Feldherrn Sophainetos, gebürtig aus Stymphalos auf der nordöstlichen Peloponnes. Mit ihm war auch schon ein Titel geboren: Anabasis Kyrou, der «Feldzug des Kyros». Nur vier Fragmente haben sich daraus erhalten, so dass sich die Wirkung des Werkes nicht ermessen lässt. Für Xenophon war es aber auf jeden Fall ein Weckruf. Er reagierte. Vielleicht sah er sich nicht ausreichend gewürdigt. Xenophon äußert sich nicht dazu. Er erwähnt Sophainetos mehrmals rein sachlich, irgendwelche Animositäten sind daraus nicht abzuleiten. Lange Jahre nach seinem Abschluss war der Marsch der Zehntausend offenkundig immer noch Gesprächsthema, alte Vorwürfe gegen Xenophon waren nicht vergessen. So hatten die Söldner ihm wie anderen Feldherren unterstellt, die Beutegelder nicht korrekt abgerechnet und in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Schon der Bau des Tempels auf seinem Land aus solchen Geldern sollte diese Behauptungen entkräften. Auch seine Anabasis dient diesem Vorhaben. Sie wird zwar die Schilderung eines großen Abenteuers, aber sie ist auch eine doppelte Rechtfertigung: das erste Buch, die eigentliche Anabasis, vor Athen, und die Bücher drei bis sieben, die Katabasis, vor den Söldnern, die den Marsch überlebten.
Als Xenophon an diesem autobiographischen Werk schrieb, waren wohl bereits zwei Jahrzehnte seit dem Ereignis vergangen. In Griechenland hatte schon die 100. Olympiade begonnen, die Zeit zwischen 380 und 376. Xenophon selbst erzählt zu Beginn des fünften Buches der Anabasis, dass seine beiden Söhne anlässlich des jährlichen Festes für die Artemis in Skillus an einer Jagd teilnahmen, die vor allem für Jugendliche ausgerichtet worden war. Sie müssen damals also schon mindestens 14 Jahre alt gewesen sein. Nach Skillus kamen beide als kleine Kinder zusammen mit der Mutter, sind also wohl nach Xenophons Rückkehr aus Asien geboren, d.h., als terminus post quem für die Abfassung bietet sich - cum grano salis - das Jahr 380 an.
Um glaubhafter zu wirken, spricht Xenophon wie später Caesar in der dritten Person von sich und erfindet zusätzlich einen Verfasser, dem er den Bericht zuschreibt. Dem Werk fehlt das sonst übliche Vorwort, in dem der Autor sich und seine Ziele vorstellt. Es erschien anonym und beginnt medias in res am persischen Königshof. Der Name des angeblichen Verfassers ist nur in den Hellenika überliefert, von den Zeitgenossen kannte ihn niemand: «Wie nun Kyros sein Heer sammelte, mit diesem gegen seinen Bruder zog, wie die Schlacht geschlagen und Kyros getötet wurde, und wie schließlich die Griechen sich ans Meer retteten, das hat Themistogenes aus Syrakus aufgeschrieben.»
Der Satz ist offenkundig eingeschoben, denn er unterbricht den laufenden Text. Das erhärtet die Vermutung, dass Xenophon ursprünglich die Ereignisse des Kyroszuges im Rahmen seiner...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.