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Perikles wuchs auf in einer Zeit, in der die Auseinandersetzung zu eskalieren begann, die sein Jahrhundert prägte: der Kampf zwischen Persern und Griechen, zwischen Barbaren und Hellenen. In Perikles' Kindheit und Jugend fallen die Schlacht von Marathon (490), die Kämpfe an den Thermopylen und bei Salamis (480). Der Biograf, der ihn früh genug geboren werden läßt, kann Perikles sogar am Sieg der Landtruppen bei Plataiai (479) beteiligen.
Allein, über den jungen Alkmeoniden wissen wir nichts. Der erste Mann der Menschheitsgeschichte, aus dessen Kindheit und Jugend Näheres bekannt ist, der Redner Demosthenes, wurde erst hundert Jahre später geboren.[77] Die moderne Forschung füllte die biografische Lücke mit Vermutungen, die in etwa den Wahrscheinlichkeitsgrad besitzen, der den Prognosen des «Hundertjährigen Kalenders» zukommt. Angeblich verfügte der junge Alkmeonide über Begabung, Wissbegier und Charakterstärke, liebte Kunst und Bildung, nur das Turnen war ihm zuwider: «Der Traum der Mutter hatte prophetische Bedeutung gehabt; denn der junge Perikles stach in der Tat hervor. Durch seine außergewöhnliche Geisteskraft und Charakterstärke zeichnete er sich bald schon unter seinen Altersgenossen aus . Perikles' außergewöhnlicher Verstand gab sich mit dem üblichen Bildungsangebot nicht zufrieden. Bereits als junger Mann legte er eine intellektuelle Begabung und Wissbegier an den Tag, die ihn zu den führenden Geistern seiner Zeit hintrieb. Seine Jugend und jungen Mannesjahre verbrachte er in der Gesellschaft zweier, die sein Denken und seine Entwicklung stark beeinflussten: Damon, ein Athener, und Anaxagoras von Klazomenai», weiß Kagan[78], und Schachermeyr ergänzt: «Für Gymnastik dürfte [der junge Perikles] nicht sehr viel übrig gehabt haben, jedenfalls scheint er in späteren Jahren ähnlich wie Euripides an athletischem Ehrgeiz wenig Gefallen gefunden zu haben. Seine Interessen gehörten der Kunst, und darüber hinaus kündigte sich an, daß er dereinst zu einem Intellektuellen werden würde.»[79] Die Beschreibungen, die Kagan, Schachermeyr und mit ihnen eine Reihe anderer Fachgelehrter geben, treffen wohl auch auf andere junge Adlige der athenischen Gesellschaft zu, und wenn sie nicht viel Informatives enthalten, so doch auch nicht all zuviel Falsches. Exemplarisch zeigt sich aber schon hier, woraus die meisten Perikles-Monografien bestehen: aus einer Anhäufung von Gemeinplätzen.
Prominente Schüler mussten von prominenten Lehrern unterrichtet werden, und so reiht die Überlieferung neben Damon und Anaxagoras auch noch den Philosophen Zenon von Elea unter die Erzieher des Perikles ein.[80] Zenon, der Aristoteles als Erfinder der Dialektik galt[81], verfasste eine Sammlung von Paradoxa - am bekanntesten das Paradoxon vom ruhenden Pfeil bzw. von Achill und der Schildkröte -, mit denen er die Lehre des Parmenides, dass es «keine Vielheit, kein Werden und Vergehen und keine Bewegung gebe», zu stützen versuchte. Damon trat als Politiker und Musiktheoretiker hervor. Er beschäftigte sich mit den Einflüssen der Musik auf die Erziehung; Genaues scheint aber schon der römischen Antike nicht mehr bekannt gewesen zu sein.[82] Plutarch jedenfalls nennt ihn im Zusammenhang mit der musikalischen Ausbildung des Perikles einen «vollkommenen Sophisten», dem die Musik nur als Tarnung diente. Von Anaxagoras, dem großen Naturphilosophen aus Ionien, wird die Rede sein, wo er in nähere Beziehung zu Perikles tritt.
Zu dessen Erzieher hat ihn, und ebenso Damon und Zenon, allein Plutarch gemacht, der mit Kombinationsgabe, Phantasie und großzügiger Auslegung seiner Quelle Platon den Mangel an Überlieferung über den frühen Perikles wettzumachen suchte.[83] Der Biograf aus Chaironeia konnte Konzessionen an sein Lesepublikum machen, ohne um seinen schriftstellerischen Ruf bangen zu müssen. Warum allerdings ein Teil der modernen Forschung seine Legenden nacherzählt, ist unklar. Ein Blick auf die Biografien der angeblichen Lehrer verrät, dass Damon und Anaxagoras zum späteren Freundeskreis des Perikles gehörten, aber sicherlich nicht seine Erzieher sein konnten. Selbst wenn in Rechnung gestellt wird, dass die erhaltenen Lebensdaten relativ ungenau sind, waren die zitierten Philosophen nicht älter als Perikles, Damon und Zenon vermutlich sogar jünger. Letzterer kam um die Mitte des Jahrhunderts nach Athen, Anaxagoras Ende der siebziger Jahre, Damon verkehrte mit Perikles vielleicht nicht vor 440.
Der junge Perikles wurde erzogen wie andere junge athenische Adlige seiner Zeit auch. Antike Biografen tendieren lediglich dazu, ihren Helden eine Jugend zuzuschreiben, die spätere Größe ahnen lässt. Wichtiger als der (vermeintliche) Lehrer Zenon wurden für die Karriere des Perikles die Rolle, die die Alkmeoniden in den beginnenden Auseinandersetzungen mit den Persern spielten, und der militärische Erfolg seines Vaters Xanthippos.
Im Jahre 500 hatte an der kleinasiatischen Küste ein Aufstand der dort siedelnden ionischen Griechen gegen die persische Vorherrschaft begonnen. Die Rebellion hatte viele Ursachen, nur kaum die panhellenischen, die eine nationale Historiografie später unterstellte. Milet und andere ionische Gemeinden plagten wirtschaftliche Sorgen. Die Eroberung Ägyptens durch Kambyses (525) und der Vorstoß des Dareios gegen die Skythen hatten den Handel mit dem Osten und den Ländern des Schwarzen Meeres beeinträchtigt. 510 war die unteritalische Stadt Sybaris zerstört worden, in die Milet einen Großteil seiner für den Westen bestimmten Exporte lieferte.[84]
Im Mutterland wurde die Revolte der Brüder und Schwestern mit wenig Begeisterung registriert. Als der Tyrann von Milet, Aristagoras, militärische Hilfe erbat, sagten lediglich Athen und Eretreia zwanzig bzw. fünf Trieren zu. Athen befürchtete eine Rückkehr des Tyrannen Hippias (eines Sohnes des Peisistratos), der beim persischen Satrapen von Kleinasien Unterschlupf gefunden hatte. Zudem hegte es Hoffnungen, die Inseln Lemnos und Imbros unter seinen Einfluß bringen zu können. Bereits im Sommer 499 kehrte das attische Geschwader aber von Ephesos aus zurück, die ionische Revolte brach 495 (494) zusammen.
Die Athener empfanden die Niederlage der Ionier nicht als Katastrophe. Lediglich die Aufführung des Dramas «Die Einnahme von Milet» rührte die Zuschauer zu Tränen, allerdings nicht zu vielen. Der Dichter Phrynichos wurde zu einer Geldstrafe von 1000 Drachmen verurteilt, sein Stück abgesetzt.[85] Perserfeindschaft war noch keine Staatsideologie, Medismos (Perserfreundschaft) noch kein Verbrechen. Im Streit der adligen Familien Attikas um die Macht wechselten die Koalitionen, der Großkönig aber blieb ein potenzieller Verbündeter. Die Alkmeoniden hatten 511/0 die Vertreibung des Tyrannen Hippias betrieben, später paktierten sie wieder mit den gestürzten Peisistratiden[86], die Perser waren einmal Gegner, einmal Freund. Miltiades, der Sieger von Marathon, und das Haus der Philaiden gewannen mit den Persern Macht auf der thrakischen Chersones[87], gegen sie in Athen. Als der Perserkönig Dareios I. 490 zum Krieg rüstete, um in Athen und Eretreia, den Städten, die die ionischen Aufständischen unterstützt hatten, eine Tyrannis von seinen Gnaden einzurichten, konnte er auf Mithilfe attischer (und eretreischer) Adliger hoffen. Die Peisistratiden drängten ihn geradezu zur Invasion, die Alkmeoniden setzten ihr zumindest keinen Widerstand entgegen.
Das Unternehmen scheiterte bekanntlich in der Ebene von Marathon, da es ungenügend vorbereitet war, vor allem aber, weil die erwartete Unterstützung durch attische Perserfreunde ausblieb. Der von Miltiades durchgesetzte Beschluss der Ekklesía, sich nicht in der Stadt zu verteidigen, sondern den Persern entgegenzuziehen und die Entscheidung in einer offenen Feldschlacht zu suchen[88], durchkreuzte die Pläne einer fünften Kolonne, Athen den Invasoren in die Hände zu spielen. Zu dieser hatten neben den Tyrannenfreunden, die sich die Rückkehr des Hippias erhofften, offenbar auch die Alkmeoniden gezählt. In Athen hielt sich ein gutes halbes Jahrhundert das Gerücht, diese hätten nicht nur mit den Persern sympathisiert, sondern auch konspiriert. In den Zeiten des späteren Propagandakrieges mit Persien entwickelte sich ein solcher Vorwurf zur scharfen Waffe gegen Perikles, auch wenn er als Kind kaum an der «Verschwörung» seiner Verwandten beteiligt gewesen sein konnte. Herodot referierte die Vorwürfe mit aller Vorsicht und Skepsis: «Es kommt mir wunderlich vor und ich kann den Bericht nicht glauben, daß die Alkmeoniden wirklich mit den Persern jene Verabredung getroffen und als Zeichen den Schild emporgehoben haben sollen, daß sie also den Wunsch gehabt haben sollen, Athen unter das Joch der Barbaren und des Hippias zu bringen. Denn sie sind ohne Zweifel ebenso große oder noch größere Tyrannenhasser [als Kallias] . Aber vielleicht haben sie aus Groll gegen das Volk ihre Vaterstadt verraten? Doch es gab keine angesehenere und geachtetere Familie in Athen als sie. Daher kann sie auch das nicht bewogen haben, das Schildzeichen zu geben. Daß wirklich ein Schild emporgehoben worden ist, läßt sich nicht ableugnen; denn es ist Wahrheit. Aber wer es getan hat, darüber kann ich nur das erzählen, was ich schon gesagt habe.»[89]
Mehr als Herodot weiß auch die moderne Forschung nicht über die «Schilderhebung» von 490. Zu zweifeln ist jedoch daran, dass die...
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