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Aus den bisherigen Erfahrungen mit der Verbraucherinsolvenzregelung hat der Gesetzgeber festgestellt, dass die Fallzahlen seit der Einführung zum 01.01.1999 weit hinter den Erwartungen und Prognosen zurückgeblieben sind. Mitverantwortlich dafür, dass die Erwartungen sich nicht erfüllt haben, sind die Verfahrenskosten. Das Problem ist hier schnell ausgemacht. Den bereits überschuldeten Haushalten können bei der meist geringen Kapitaldecke bzw. Einkommenssituation Verfahrenskosten von 1.500 EUR und mehr nicht in einer Summe abverlangt werden. Dazu kommt, dass die Einkommen zumeist schon mit Pfändungen belastet sind und somit das verfügbare Einkommen noch erheblich verringern. Schuldner haben in der Regel eben keine Sparbücher mit hohen Rücklagen.
Der Ehepartner muss nicht für die Schulden seines Ehepartners aufkommen. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt für die Verfahrenskosten. Ob der unverschuldete Ehepartner nur für die Begleichung der Verfahrenskosten herangezogen wird, hängt davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Schulden des Ehepartners entstanden sind. Man kann sich hier quasi an zwei Punkten orientieren:
Sind die Schulden des Ehepartners vor der Eheschließung entstanden, braucht der andere Ehegatte die Verfahrenskosten nicht zu tragen.
Sind die Schulden während der Ehe entstanden, wird der unverschuldete Ehegatte, sofern dieser über eigenes Einkommen verfügt, zur Begleichung herangezogen.
Der Grund für die Heranziehung findet sich in der auch wirtschaftlichen Beziehung der Ehegatten zueinander. Dies gilt nicht nur für die positiven Einkünfte, sondern auch für die Schulden, die während der Ehe entstanden sind.
Petra und Peter Petersen sind seit Jahren verheiratet. Während Peter Petersen als Angestellter abhängig beschäftigt ist, versuchte sich Petra Petersen mit einem Restaurant selbstständig zu machen. Ihr Restaurant lief anfangs sehr gut, die Investitionskredite konnten regelmäßig bedient werden. Dann kam die Pandemie und damit das Aus im Juni 2020. Im Jahr 2021 leitet Frau Petersen ein Verbraucherinsolvenzverfahren ein. Bevor eine Stundung der Verfahrenskosten ausgesprochen wird, prüft das Insolvenzgericht zuerst, ob die Verfahrenskosten von Peter Petersen bestritten werden müssen.
Der Gesetzgeber hat mit seiner Änderung der Insolvenzordnung zum 01.12.2001 versucht, das Problem zu lösen. Dem bedürftigen Schuldner soll im Weg einer Stundung der Verfahrenskosten die Durchführung des gerichtlichen Teils des Verbraucherinsolvenzverfahrens ermöglicht werden. Der Begriff Stundung deutet darauf hin, dass die Verfahrenskosten nicht erlassen, sondern zu einem späteren Zeitpunkt beglichen werden müssen. Wann die Rückzahlung zu erfolgen hat, hängt dabei im Wesentlichen vom Einkommen ab. Aber zunächst zu den Stundungsvoraussetzungen.
Um in den Genuss einer Stundung kommen zu können, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
Der Stundungsbedürftige muss eine natürliche Person sein (siehe Seite 13).
Es muss ein Antrag auf Restschuldbefreiung vorliegen.
Es muss ein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten vorliegen.
Es darf kein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegen.
Das vorhandene Einkommen bzw. Vermögen darf nicht zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichen.
Versagungsgründe nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO liegen vor, wenn der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach einem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c StGB rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist.
Bei den Straftaten nach den §§ 283 bis 283c StGB handelt es sich um:
Bankrott
besonders schwerer Fall des Bankrotts
Verletzung der Buchführungspflicht
Gläubigerbegünstigung
Grundsätzlich soll nur der Antragsteller eine Stundung erhalten, der auch bedürftig ist. Bedürftig ist derjenige, dessen Vermögen oder auch Einkommen nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Geht man von der Begründung zum Gesetzesentwurf aus, handelt es sich hierbei um die Fälle, die entsprechend der Regelung des § 26 Abs. 1 InsO mangels Masse abgewiesen werden würden - sprich, die Fälle, bei denen der Schuldner die Verfahrenskosten nicht tragen kann.
Das Gericht wird demnach prüfen, ob das sogenannte Schuldnervermögen zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichend sein wird. Aus dem Blickwinkel, die Verwaltung nur so wenig wie möglich zu belasten, wird vorrangig das Schuldnervermögen zur Kostendeckung herangezogen. Dies gilt auch für die pfändbaren Beträge des Einkommens nach Eröffnung des Verfahrens.
Nicht selten haben sich auch karitative Einrichtungen bereit erklärt, die Verfahrenskosten im Rahmen eines Darlehens zu übernehmen. Liegt ein solcher Fall vor, haben andere Dritte die Verfahrenskosten übernommen oder würden diese übernehmen, tritt die Stundung immer in den Hintergrund. Sie scheidet prinzipiell aus.
Darlehen, die zur Finanzierung der Verfahrenskosten dienen sollen, sind von der Restschuldbefreiung selbstverständlich nicht erfasst. Man nennt solche Darlehen auch Förderdarlehen zur Verfahrenseröffnung.
Liegen die Voraussetzungen für eine Stundung vor, werden die im Zusammenhang mit dem Verfahren entstehenden Kosten gestundet. Hierzu gehören insbesondere folgende Kosten:
Gerichtskosten für das Verfahren (nach Gerichtskostengesetz)
Vergütungen und Auslagen des Treuhänders und Insolvenzverwalters
Vergütungen an Sachverständige
Die Stundung umfasst dabei bereits entstandene sowie die zukünftigen Kosten. Entsprechend werden Auslagenvorschüsse nach § 68 GKG ebenfalls nicht erhoben.
Werden die Verfahrenskosten gestundet, kann das Gericht dem Antragsteller einen Rechtsanwalt beiordnen, wenn es von der Sache her notwendig ist. Dies wird in der Regel immer dann der Fall sein, wenn die Sach- oder Rechtslage schwierig ist. Gemeint sind hier insbesondere Sachverhalte, bei denen der Antragsteller gegen Versagungsgründe der Restschuldbefreiung (§ 290 InsO) oder den Vorwurf des Verstoßes gegen die Obliegenheitsverpflichtungen (§ 296 InsO) kämpft.
Hat das Gericht einen Rechtsanwalt beigeordnet, werden die Kosten für diesen Rechtsanwalt ebenfalls gestundet.
Grundsätzlich gilt die Stundung an dem Zeitpunkt, ab dem sie ausgesprochen worden ist. Dies wäre aber für den Antragsteller eine sehr unbefriedigende Lösung, da die Gerichte natürlich eine gewisse Prüfungs- und Bearbeitungszeit beanspruchen können und müssen. Damit der Antragsteller rechtzeitig von der Stundung profitieren und das Verfahren ohne größere Verzögerung seinen Fortgang nehmen kann, gilt die Stundung einstweilig ab Antragstellung. Wird die Stundung später versagt, müssen die bereits gestundeten Kosten an die jeweiligen Stellen gezahlt werden. Sollte die Bundes- oder Landeskasse bereits eingetreten sein, sind die nicht gestundeten Beträge entsprechend an sie abzuführen.
Über die Stundung der Verfahrenskosten wird für jeden Verfahrensabschnitt eine gesonderte Anspruchsprüfung durchgeführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers gilt dies für den gerichtlichen Einigungsversuch, für das Insolvenz- und für das Restschuldbefreiungsverfahren. Liegen die Voraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vor, kann die Stundung ganz oder für den geprüften Verfahrensabschnitt versagt werden.
Wie bereits beschrieben, müssen die gestundeten Beträge an die entsprechenden Kassen zurückgezahlt werden. Die Stundung endet grundsätzlich mit der Erteilung der Restschuldbefreiung, im Prinzip nach Ablauf der Wohlverhaltensphase. Liegt kein weiterer Antrag vor, werden die gestundeten Beträge in einer Summe fällig. Nun hat der Gesetzgeber schon erkannt, dass die Leistungsfähigkeit eines Schuldners nach der...
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