Schweitzer Fachinformationen
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Schweinehalter wider Willen
Eine einfache Lektion
Ich habe durch die Schweinehaltung viel über mich selbst gelernt und nur sehr wenig über die Tiere in meiner Obhut. In den Jahren, als Butch und Roxi zur Familie gehörten, entdeckte ich, dass meine Geduld beinahe grenzenlos auf die Probe gestellt werden konnte. Außerdem stellte ich fest, dass Dinge, die ich für wichtig gehalten hatte, wie etwa Blumenbeete oder der Zaun um den Garten, eigentlich keine Rolle spielten. Als Vater von vier kleinen Kindern waren mir harte Arbeit und Verantwortung nicht fremd. Aber obwohl ich schon reichlich Windeln gewechselt hatte - auf so viel Dreck jeden Tag war ich nicht vorbereitet gewesen. Unser Schweinepaar stellte meine Frau Emma und mich auf eine harte Probe, was uns nur noch mehr zusammenschweißte - nicht ein einziges Mal ließen wir uns entmutigen.
Und trotz aller Herausforderungen, Fluchtversuche und Zerstörung lernte ich etwas über die Liebe.
Das Leben vor den Schweinen
Rückblickend kann ich nur mir selbst die Schuld geben. Wir leben in West Sussex auf dem Land, in einem Backsteinhaus am Waldrand. Es gibt einen Garten, wo unsere Kinder immer gerne gespielt haben, und Nachbarn zu beiden Seiten. Eine Zeit lang habe ich hinten im Garten Hühner in einem Gehege gehalten. Der Bereich war von einem Lattenzaun umgeben, der um einen kleinen Apfelbaum herumging und an der vorderen Ecke des Schuppens befestigt war. Es war das reinste Geflügelparadies. Meine sechsköpfige Schar hatte reichlich Platz zum Picken und Kratzen, und immer wenn ich den Weg zu ihnen hinunterschlenderte, kamen sie alle ans Tor gerannt, um mich zu begrüßen.
Als bis auf ein Huhn alle bei einem Fuchsangriff ums Leben kamen, begann ich mich zu fragen, welches Tier einen erneuten Besuch verhindern könnte. Mir schwebte etwas vor, das ein klares Signal aussandte, wie ein Krokodil, ein Becken voller Piranhas oder ein wütender Bulle. Mein Vorschlag, ein Schwein zu nehmen, war eigentlich nicht ernst gemeint, obwohl ich schon gehört hatte, dass sie Füchsen oft Angst einjagten. Für Emma war es Grund genug, ein wenig im Internet zu recherchieren. Als sie auf eine Schweineart stieß, die vermutlich in eine Handtasche passte, war die Sache abgemacht.
»Das sind keine normalen Schweine«, erklärte sie mir. »Es sind Minischweine.«
Fairerweise muss ich Emma zugestehen, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht hatte. Allerdings beschränkten sich diese damals darauf, sich durch unzählige unwiderstehliche Fotos von unglaublich kleinen Schweinen in Babyschuhen zu klicken, statt harte Fakten darüber zu sammeln, was diese Schweine vom gewöhnlichen Hausschwein unterschied. Sie verließ sich auf das Wort von ein paar Züchtern, die sich auf Minischweine spezialisiert hatten und behaupteten, ihre winzigen Schweine würden nur dreißig Zentimeter hoch, etwa so groß wie ein Terrier. Sie wären klug, kinderfreundlich, leicht zu erziehen und würden ohne Probleme mit uns im Haus leben.
Emma erzählte mir noch viel mehr über sie, aber ich hatte schon aufgehört, ihr zuzuhören, als sie ihren Trumpf aus dem Ärmel zog und mir versicherte, dass ich sie kaum bemerken würde. Da war meine gesamte Familie bereits infiziert. Ein normales Ferkel kostet etwa 30 Pfund. Für ein acht Wochen altes Minischwein muss man zwischen 500 und 1000 Pfund hinblättern. Trotz dieser Summe hielt Emma es für eine gute Investition. »Daran werden sich die Kinder immer erinnern«, sagte sie. Rückblickend hatte sie nicht unrecht. Ich glaube nur nicht, dass die Erfahrung ihr Leben so geprägt hat, wie ihre Mutter es gehofft hatte.
Butch und Roxi
Die Neuankömmlinge trafen in einem Katzenkorb ein. Vielleicht, um mich weichzuklopfen, plädierte Emma für Namen, die ich einmal für zwei unserer Kinder vorgeschlagen hatte, was damals jedoch sofort abgelehnt worden war. Wie die Züchter versprochen hatten, waren die beiden tatsächlich nicht größer als kleine Kätzchen. Angesichts dieser perfekten kleinen Schweine, die in einer hohen Stimmlage quiekten, kam mir sofort der Gedanke nachzusehen, wo in ihren Bäuchen das Fach für die Batterien war. Sie wirkten einfach zu gut, um echt zu sein. Während ihres ersten Wochenendes bei uns zog das Geschwisterpärchen wirkungsvoll die Aufmerksamkeit und Zuneigung der Kinder auf sich. Da ich zu Hause arbeitete und im Arbeitszimmer vorne im Haus Bücher schrieb, nutzte ich die Gelegenheit, um mich an den Schreibtisch zu stehlen.
Dann wurde es Montag. Die Kinder waren in der Schule, wo meine Frau sie auf dem Weg ins Büro abgesetzt hatte, und mir fiel die Aufgabe zu, mich um Butch und Roxi zu kümmern.
Von diesem Moment an tat sich zwischen Fantasie und Realität der Schweinehaltung ein Abgrund auf. Ich saß vor dem Computer und versuchte zu schreiben, um damit Geld zu verdienen, und die beiden machten mich wahnsinnig. Emma, die sich um das Wohl der Schweinchen sorgte, hatte beschlossen, ihre kleine Kiste in mein Büro zu stellen, damit ich auf sie aufpassen konnte. In gewisser Weise tat ich das auch, weil ich wesentlich mehr Zeit damit verbrachte, mich ständig nach ihnen umzudrehen, als auf den Bildschirm zu blicken.
Entgegen der allgemeinen Annahme sind Schweine hygienische Geschöpfe. Sie legen ihre Toilette so weit wie möglich von ihrem Schlafplatz entfernt an. In unserem Haus hieß das, dass sie trotz des Katzenklos, das Emma in meinem Arbeitszimmer aufgestellt hatte, ins Wohnzimmer trotteten und sich dort hinter den Fernseher in der Ecke hockten. Was die Geräusche anging, so waren sie nicht so schlimm, das Schnüffeln und Grunzen war bei der Arbeit sogar eher beruhigend. Erst als das Telefon klingelte, kippte die Stimmung. Vielleicht hatte es etwas mit der Frequenz des Klingeltons zu tun, oder vielleicht mögen Schweine auch einfach nur solche Melodien. Was auch immer der Grund war, Butch und Roxi begannen jedenfalls auf der Stelle, laut zu quieken. Es ist schwer genug, professionell zu klingen, wenn man zu Hause arbeitet, doch jetzt hörte es sich an, als arbeitete ich mitten auf einem Bauernhof.
Massig tierische Ablenkung
Natürlich weiß jeder, dass es anstrengend ist, ein junges Tier großzuziehen. Hunde müssen lernen, dass man der Boss ist, während Katzen eine Weile brauchen, um herauszufinden, wie sie einen am besten zu ihrem Vorteil manipulieren können. Schweine sind im Grunde wie Kleinkinder. Sie können lieb und voller Fragen sein und dann ohne jeden Grund einen Wutanfall bekommen, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie es sich vorstellen. Im Gegensatz zu kleinen Kindern jedoch wachsen sie aus diesem Verhalten nicht heraus, wie ich feststellen konnte. Mit der Zeit wird es immer ausgeprägter und passt einfach nicht mehr in eine häusliche Umgebung. Außerdem müssen strenge Regeln und Verordnungen eingehalten werden, die das Ministerium für Umwelt, Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Angelegenheiten festgelegt hat. Wenn ich zum Beispiel den Schweinen Futter aus der Küche vorsetzte, riskierte ich einen Verstoß gegen verschiedene Biosicherheitsgesetze. Das konnte eine saftige Strafe nach sich ziehen, aber das wussten unsere kleinen Nutztiere zum Glück nicht. Auch unser Jüngster hatte davon keine Ahnung, als er mit einem Keks in der Hand und zwei kleinen Schweinen auf den Fersen, die ihm wie tiefergelegte Schakale folgten, herumlief. Letztlich muss man nur einmal erleben, wie ein Minischwein einen Nervenzusammenbruch erleidet, weil man sein Sandwich nicht mit ihm teilen will, um zu erkennen, dass das Leben für alle leichter wäre, wenn sie sich draußen aufhielten.
Butch und Roxi wohnten nur ganz kurz mit uns zusammen im Haus. Als der Reiz des Neuen sich langsam abnutzte, wurde ziemlich schnell deutlich, dass das Haus als Umgebung für Schweine, egal welcher Rasse, nicht geeignet ist. Sie müssen in der Erde wühlen, um Wurzeln und vergrabene Schätze herauszuholen, und nicht ihre Schnauzen in das Weinregal stecken oder sich vor den Fernseher fläzen, um die Lottozahlen zu gucken. Überraschenderweise konnte ich Emma und die Kinder schnell davon überzeugen. Auch sie hatten erkannt, dass diese spezielle Schweinezüchtung keine Zentralheizung und keinen Teppich unter den Hufen brauchte. Und außerdem sehnten die beiden sich wohl ebenso sehr nach ein bisschen Ruhe wie ich. Um sicherzugehen, dass sie es sich nicht anders überlegten, adoptierte ich ein paar ehemalige Batteriehennen für meinen einsamen überlebenden Vogel und spielte dann die Fuchs-Schutzkarte aus.
Und so verwandelte ich mit meiner freigelassenen Hühnerschar, die sich auf dem Griff meines Werkzeugkastens niedergelassen hatte, eine Seite des Schuppens in ein gemütliches Schlafplätzchen für Butch und Roxi. Der Zaun wirkte stabil genug, fand ich, nachdem ich probeweise daran gerüttelt hatte, und es gab mehr als genug Platz, damit alle friedlich zusammenleben könnten.
Die zunehmende Präsenz der Schweine
Nachdem der Revierkampf zwischen Hühnern und Schweinen sich gelegt hatte, sah man im hellen Tageslicht ganz deutlich, dass Butch und Roxi nicht mehr ganz so mini waren. Roxi entwickelte sich am schnellsten. Es gab sogar eine Zeit, als ich den Eindruck hatte, dass sie jedes Mal, wenn ich ihnen zum Frühstück und zum Mittagessen ihre geliebten Kastanien servierte, ein Stück gewachsen war. Allerdings sorgten beide auch selbst dafür, dass sie zunahmen, indem sie gierig alle Eicheln, die von der Eiche fielen, verschlangen, samt dem Laub, das im Herbst herunterkam.
Während Roxi etwa so groß war wie unser verstorbener deutscher Schäferhund, kompensierte Butch die fehlende...
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