Schweitzer Fachinformationen
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Hana goss sich eine Tasse traditionellen arabischen Kaffee mit Kardamom-Aroma auf und stellte Joghurt und frisches Obst zum Frühstück bereit. Während sie aß, verfolgte sie besorgt die israelischen Nachrichten auf ihrem Computer. Daud hatte ihr versichert, dass er weder in Israel noch im Westjordanland sein würde, aber sie machte sich trotzdem Sorgen. Sie nahm ihr Tagebuch zur Hand und las noch einmal ihre Gebete aus der letzten Nacht.
Nach dem Frühstück ging sie die Nachrichten ihrer Verwandten in Israel auf den sozialen Netzwerken durch und las das Neueste über ihre vielen Cousins, Nichten und Neffen. Hana hatte keinen öffentlichen Facebook-Account und schickte nur private Nachrichten. Ihre beiden Lieblingscousinen, die Schwestern Fabia und Farah, fragten inzwischen nicht mehr täglich nach ihrem Befinden als verheiratete Frau, aber Hana wusste, dass sie nach wie vor auf jede pikante Neuigkeit lauerten, die sie weitergeben konnte. Sie schickte ihnen Fotos von einem Abendessen mit Shish Taouk, einem Gericht mit marinierten Hähnchenspießen, das sie am Abend vor seiner Abreise für Daud zubereitet hatte.
Hana zog einen hellbraunen Rock und eine weiße Bluse an und bürstete ihr langes schwarzes Haar. Die Kleiderordnung bei Collins, Lowenstein und Capella war eine Stufe über Business Casual, und sie nahm häufig an Firmenbesprechungen teil, bei denen es besser war, eher overdressed als underdressed zu sein. Leon wartete erwartungsvoll an der Haustür.
»Fertig für die Schule?«, fragte Hana den Hund, der mit seinem wuchtigen Schwanz auf den Boden schlug.
Es war nicht nötig, Leon an die Leine zu nehmen. Der Hund lief direkt zu Hanas Auto und wartete darauf, dass sie die Tür öffnete. Als Hana den Schalthebel von Parken auf Drive umlegte, schleckte er ihr die Hand.
»Ja, ich mag dich auch«, sagte Hana und kraulte den Hund hinter dem rechten Ohr, seiner Lieblingsstelle.
Als sie an der Hundebetreuung ankamen, hakte sie die Leine ein. Leon lief in ihrem Tempo mit ihr über den Parkplatz, aber als sie drinnen waren, zog er kräftig in Richtung des Bereichs, in dem seine vierbeinigen Freunde warteten.
»Ich übernehme ihn«, sagte der Mitarbeiter. Er kannte Leon, seit er ein Welpe gewesen war, und hatte mitverfolgt, wie er zu einem ausgewachsenen Rüden herangewachsen war. »Rusty ist heute krank, also werden es nur Leon, Butch und Oscar sein - die übliche Truppe.«
»Ich muss für heute Abend wohl den Verspätungszuschlag zahlen«, sagte Hana. »Ich habe um sechs Uhr eine Telefonkonferenz.«
»Schicken Sie uns eine Mail, wenn es später wird, dann füttern wir ihn schon mal.«
Bevor sie den Parkplatz des Zwingers verließ, warf Hana einen Blick auf die App auf ihrem Handy, mit der sie Leon aus der Ferne beobachten konnte. Er spielte bereits mit Oscar, einem schwarzen Labrador, Tauziehen mit einem dicken Baumwollseil.
Den größten Teil des Vormittags arbeitete Hana an einer Buyout-Vereinbarung zwischen einem israelischen Softwareunternehmen und einer amerikanischen Private-Equity-Gesellschaft. Ein großer Teil ihrer Arbeit bestand darin, juristische Dokumente ins Hebräische oder Englische zu übersetzen, ohne die Bedeutung oder die Intention der Parteien zu verändern. Sie hatte gerade einen längeren Abschnitt fertiggestellt und machte eine Pause, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und sang leise einen Ausschnitt aus dem neuen Lied von letzter Nacht, als Janet in der Tür erschien.
»Könntest du ein bisschen lauter singen?«, fragte ihre Assistentin mit ihrem Nordstaatenakzent. »Ich möchte dich gern mit dem Handy aufnehmen, dann verkaufe ich es und wir werden beide steinreich.«
»Es ist auf Arabisch.«
»Das macht das Ganze noch geheimnisvoller.«
Janet arbeitete seit über fünfzehn Jahren in der Kanzlei und hatte Hana unter ihre Fittiche genommen, als die junge arabische Anwältin nach Atlanta gekommen war.
»Hast du deine Sprachnachrichten abgehört?«
»Noch nicht.«
»Jakob Brodsky hat angerufen.«
Jakob war ein junger jüdischer Anwalt, der Collins, Lowenstein und Capella in einem Fall im Zusammenhang mit einem Terroranschlag in Jerusalem unterstützt hatte. Der Fall Neumann. Gloria Neumann, eine amerikanische Staatsbürgerin, war bei dem Anschlag ums Leben gekommen. Während ihrer Arbeit an dem Fall hatte Hana Daud kennengelernt. Sie hatte ihn zunächst als Privatdetektiv angeheuert, der sie bei ihren Recherchen vor Ort unterstützen sollte.
»Hast du die Nachricht angehört?«, fragte Hana.
»Ich war neugierig. Er sagte, es gäbe einen Fall, über den er mit dir sprechen wolle. Keine Details.«
Hanas Herz setzte einen Schlag aus. Der Fall Neumann war ein Erfolg gewesen, aber Jakob Brodsky und sie waren in Jerusalem von Terroristen als Geiseln genommen worden und beinahe ums Leben gekommen.
»Was für ein Sachverhalt?«, fragte sie zögernd.
»Wie gesagt, er hat keine Details genannt.«
»Okay«, seufzte Hana. »Ich rufe ihn besser an. Es wird schwer sein, mich auf etwas anderes zu konzentrieren, solange ich nicht weiß, was er will.«
Hana blickte einen Moment lang auf das Foto von Sadie Neumann, Gloria Neumanns Tochter, bevor sie Jakob anrief.
»Kanzlei Jakob Brodsky«, meldete sich Jakobs Stimme, die seine Wurzeln in Long Island verriet. »Was kann ich für Sie tun?«
»Ich bin's, Hana. Hat dein Telefon meine Nummer nicht erkannt?«
»Natürlich, aber es hätte auch Leon Lowenstein sein können.«
Der Seniorpartner hatte seinerzeit versucht, Jakobs Beteiligung am Fall Neumann so gering wie möglich zu halten, aber im Laufe der Zeit hatte er zähneknirschend Anerkennung für Jakobs Beharrlichkeit und Mut entwickelt.
»Wann hat dich Leon Lowenstein das letzte Mal direkt angerufen?«, fragte Hana zurück.
»Ein paar Wochen, nachdem meine Gewinnbeteiligung für den Fall Neumann auf meinem Konto gelandet war. Er bat mich um eine Spende für den Kauf eines Krankenwagens für das Äquivalent des Roten Kreuzes in Israel.«
»Ah, das ist Magen David Adom. Es bedeutet >Roter Schild Davids<.«
»Ja, aber Magen David Adom klingt seriöser, wenn du es sagst, als wenn Mr Lowenstein es tut.«
Hana lächelte. Leon Lowensteins Hebräischkenntnisse beschränkten sich auf ein paar Wörter und Redewendungen, die er in der Synagoge und während seiner lebenslangen Zugehörigkeit zur jüdischen Gemeinde von Atlanta durch Osmose aufgesogen hatte. Er hatte Israel nur einmal besucht und den Großteil der Zeit an der Mittelmeerküste verbracht.
»Worüber wolltest du mit mir sprechen?«
»Interessierst du dich für Archäologie?«
»Ich habe als Jugendliche viele Ausgrabungsstätten besucht und sogar eine Woche lang freiwillig an einer Ausgrabung teilgenommen.«
»Das reicht mir schon. Ich schicke dir einen Zeitungsartikel. Wenn du ihn gelesen hast, möchte ich dir einen neuen Mandanten vorstellen. Einen gewissen Vladimir Ivanov.«
»Ich bin sehr beschäftigt.«
»Lies erst mal den Artikel.«
Fünf Minuten später erhielt Hana eine E-Mail von Jakob mit der Betreffzeile »Seltener archäologischer Fund«. Die Nachricht enthielt einen Link zu einem Artikel in der israelischen Presse über die Entdeckung eines dreitausend Jahre alten winzigen Keramikkopfes, der ursprünglich zu der kompletten Figur eines unbekannten Königs gehört hatte. Das kleine Keramikfundstück war nahe der modernen Stadt Metulla an der israelisch-libanesischen Grenze entdeckt worden, in der Nähe des alten Dorfes Abel-Bet-Maacha, das in der Bibel im Ersten Buch der Könige erwähnt wird. Das Artefakt aus der Eisenzeit war nur fünf Zentimeter groß, wies aber exquisit gearbeitete Gesichtszüge auf, die durch eine braune und hellbraune Farbgebung noch betont wurden und die fast so lebensecht waren, wie sie gewesen sein mussten, als sie von einem sehr begabten Künstler geschaffen wurden. Der Berichterstatter stellte die Hypothese auf, dass der Kopf zur Figur eines israelitischen, aramäischen oder phönizischen Herrschers gehören könnte. Der außergewöhnliche Fund war sofort im Israel-Museum in Jerusalem ausgestellt worden. Ein Mann namens Vladimir Ivanov wurde nicht erwähnt.
Verblüfft schloss Hana die E-Mail und begann mit der Arbeit an einem Projekt für Mr Collins. Dreißig Minuten später summte ihr Handy. Es war eine Textnachricht von Jakob, dem Beharrlichen.
Hast du den Artikel gelesen?
Sie tippte eine Antwort.
Ja.
Jakobs Antwort kam umgehend.
Was wäre, wenn der König eine Königin hatte? Kannst du dich mit mir und Ivanov zum Mittagessen treffen? Ich habe Heißhunger auf ein Curry.
Hana lächelte. Sie hatte Jakob einmal in ein indisches Restaurant eingeladen, welches inzwischen zu einem seiner Lieblingslokale geworden war.
12:30 Uhr?
Als Antwort erschien ein Daumen-hoch-Icon.
Daud aß eine Garnele, während er auf eine Antwort auf seine Nachricht wartete. Kolisnyk und seine Verlobte saßen an einem Vierertisch auf der anderen Seite des Restaurants. Die hufeisenförmige Theke, die in den Raum ragte, machte es Daud schwer, sie im Blick zu behalten, aber da es nur einen Ausgang gab, konnten sie das Lokal jedoch nicht unbemerkt verlassen. Er kaute gedankenverloren vor sich hin. Die Tatsache, dass er nicht sofort eine ablehnende Antwort von Charlie erhalten hatte, ließ ihn vermuten, dass sein Vorschlag zumindest diskutiert wurde und er hoffentlich grünes Licht bekam. Sein Handy blieb stumm. Er beendete seine Mahlzeit und der Kellner kam mit der Dessertkarte in der Hand auf ihn zu. Dauds Handy leuchtete auf - eine...
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