Schweitzer Fachinformationen
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Menschen mit komplexen, vielschichtigen Gesundheits-bedürfnissen zu versorgen ist alltägliche pflegerische Aufgabe und Praxis. Dazu ist es notwendig, die Einflussfaktoren, Komorbiditäten und Versorgungsangebote zum Management der Komplexizität zu verstehen. Das Praxisbuch zum Komplexizitätsmanagement
|22|In diesem Beitrag werden die Ziele des Kapitels, Standards, Definitionen von komplexer Pflege und Versorgung und das beteiligte Expertenteam vorgestellt. Sie lernen Expert*innen kennen, die auf der Grundlage eigener Erfahrungen agieren und wissen, wie komplexe Bedürfnisse das Leben beeinflussen - auch in finanzieller Hinsicht.
Nach der Lektüre dieses Kapitels werden Sie in der Lage sein, komplexe Versorgung zu definieren und mit Ihrer eigenen Praxis zu vergleichen, die systembedingten Probleme von Menschen mit komplexen Bedürfnissen zu identifizieren und zu benennen und die grundlegenden Vorteile zu erläutern, die Betroffene erfahren können. Sie werden erkennen, wie wichtig es ist, auf diese Patient*innengruppe einzugehen, um die notwendigen evidenzbasierten Entscheidungen treffen zu können - je nach Erfordernis auch unter Einbezug von der Familie und dem Freundeskreis.
Der Begriff "komplexe Pflege" wird im Bereich der Gesundheitsversorgung immer häufiger verwendet. Da das Konzept der komplexen Versorgung und Langzeit-Krankheiten sich jedoch überschneiden, müssen wir anders vorgehen. Man spricht von komplexer Versorgung, wenn multiple Krankheiten oder soziale Verhältnisse nach einem gemeinsamen Ansatz verlangen, der auf Fallmanagement-Aktivitäten basiert. Das Gesundheitsministerium definiert eine Langzeit-Krankheit wie folgt: "Eine Krankheit, die aktuell noch nicht geheilt werden kann, jedoch mithilfe von Medikamenten und/oder anderen Behandlungen/Therapien kontrolliert wird" (Department of Health, 2012, S. 4); bei komplexer Versorgung geht es um die Interaktionen zwischen der Situation des Individuums, dessen gesundheitlichen Bedürfnissen und den Systemen, die sie unterstützen. Eine Person mit nur einer Krankheit kann dennoch komplexe Bedürfnisse haben, da die Situation selbst die Ursache der komplexen Probleme sein kann. Von einer Pflegeperson wird erwartet, dass sie diese komplexen Probleme wahrnimmt und sich für ihre Patient*innen engagiert, unabhängig davon, welches Problem deren Situation beeinflusst. Pflegende sind verpflichtet, eine qualitativ hochwertige Versorgung durchzuführen und Interventionen anzubieten, die auf die Bedürfnisse und Präferenzen der Patient*innen abgestimmt sind.
Da die Definition und der Fokus der komplexen Versorgung sich vom akuten Setting hin zum (ambulanten) Gemeinde-Setting verlagert, geht es weniger um die Medikalisierung, sondern eher um die Person und darum, wie sich ihre Situation auf ihr Leben auswirkt. Die Schwierigkeiten in diesem Bereich entstehen hauptsächlich dadurch, dass der Gesundheitszustand und die Situation der Betroffenen sich gegenseitig bedingen: Dies kann ihre Fähigkeit betreffen, mit den gesundheitlichen und sozialen Versorgungssystemen oder mit den finanziellen, durch ihren |23|Gesundheitszustand bedingten Belastungen umzugehen. Früher war in der Literatur zum Thema Hüftfrakturen zu lesen, dass angesichts der Komplexität des Falls verschiedene Gesundheitsfachberufe erforderlich sind. Heute ist es eher die Situation der Patient*innen, welche die Ursache für komplexe Probleme ist und nicht die medizinische Diagnose. Die Situationen, die zu komplexen Schwierigkeiten und Hemmnissen bei dieser koordinierten Versorgung führen, bestehen immer noch, obwohl wir wissen, dass die Koordination der Versorgung und eine Unterstützung für den Übergang unverzichtbar ist.
Dieses Kapitel widmet sich den Problemen im Zusammenhang mit Definitionen, Statistiken, Kosten und Richtlinien. Es zeigt auf, wie komplexe Schwierigkeiten in der Literatur beschrieben werden und wie die Erfahrungen in der Realität aussehen. Beschäftigen wir uns mit Ihren Vorstellungen von komplexer Versorgung.
[Anm. d. Hrsg.: In Kapitel 11 zum Care und Case Management wird auf die Komplexität in der Versorgung noch einmal detailliert eingegangen. An dieser Stelle lässt sich aber bereits festhalten, dass in einer Zeit der Schwächung von Patient*innen ein Höchstmaß an Kommunikationsfähigkeit abverlangt wird, weil sie an unterschiedlichen Orten (z.?B. in der Klinik, mit der Krankenkasse, in der Hausarztpraxis) mit vielen unterschiedlichen Menschen sprechen müssen, Anträge ausfüllen sollen und in unterschiedlichen Gemengelagen leicht untergehen können. Komplexität entsteht also nicht durch den Patienten oder der Patientin, vielmehr wegen dem Umfeld.]
Übung 1-1: Kritisches Denken
Langzeit-Krankheiten sind klar definiert, aber die Definition der komplexen Versorgung ist weniger bekannt.
Woran denken Sie zuerst, wenn Sie den Begriff "komplexe Versorgung" hören?
Wie könnte eine Definition aussehen? Entwickeln Sie selbst eine Definition, bevor Sie dieses Kapitel weiterlesen.
Fallen Ihnen vor dem Hintergrund Ihrer klinischen Erfahrung Patient*innen ein, deren Versorgung als komplex bezeichnet werden könnte?
Da Sie bei dieser Übung selbst nachdenken sollen, fehlt die Antwort am Ende dieses Kapitels.
Pflegende arbeiten schon immer im Team. Als wir uns dazu entschieden haben, dieses Buch zu schreiben, haben wir auch beschlossen, im Team zu arbeiten. Wir wollten, dass die richtigen Geschichten erzählt werden und dass die wichtigsten Personen einen Einfluss darauf haben, worüber wir schreiben. In diesem Buch finden Sie immer wieder Kommentare und Geschichten von unseren Expert*innen aus eigener |24|Erfahrung. Dies sind Menschen mit Langzeit-Krankheiten oder komplexen Erkrankungen, die uns freundlicherweise bei dem Buch unterstützt haben und Sie bei den entsprechenden Themen an ihren Gedanken teilhaben lassen. Der NMC fordert, dass die Expert*innen aus eigener Erfahrung in die Ausbildung von Pflegestudent*innen und Pflegeauszubildenden integriert werden (Nursing and Midwifery Council, 2018).
Neben realen Erfahrungen unserer Expert*innen aus eigener Erfahrung, die wir nachstehend vorstellen, enthält das Buch Fallstudien mit fiktionalen Personen, mit deren Hilfe wir bestimmte Probleme aufzeigen wollen.
Unsere Expert*innen aus eigener Erfahrung
Diese Menschen haben sich die Zeit genommen, dieses Buch zu lesen, zu kommentieren und mit uns zusammenzuarbeiten. Dies sind ihre Geschichten. Einige haben es vorgezogen, ein Pseudonym zu benutzen.
Rosemary und Harry mit Hermione und Eddie
Harry hat Haemophilie. Diese erbliche Blutkrankheit macht aus Familien oft Expert*innen im Umgang mit den Blutungen. Er hat eine kleine Schwester namens Hermione und lebt bei seiner Mutter und seinem Vater. Seine Mutter Rosemary arbeitet Teilzeit und sein Vater Eddie Vollzeit. Sie werden von ihren Familien unterstützt und arbeiten mit einem pädiatrischen Team aus Spezialist*innen zusammen. Es gibt keine Fotos von Harry und Hermione, um deren Identität zu schützen.
Bettie
Bettie ist eine Pflegeperson im Ruhestand, die ihre Ausbildung Ende der 1980er Jahre in Birmingham absolviert hat. Sie hat klinische Erfahrung in ITUs (Intensivpflege), im OP-Bereich sowie in der Allgemeinmedizin und hat als Pflegeperson pharmazeutische Unternehmen beraten. Wegen gesundheitlicher Probleme ging sie in den Ruhestand. Sie ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder, die jetzt ihr eigenes Leben führen. Sie hat viele Hobbys im künstlerischen Bereich, reist gerne, fährt leidenschaftlich gerne Ski und begeistert sich für das Theater. Sie sagt, man kann eine junge Frau aus der Pflege entfernen, aber niemals die Pflege aus der jungen Frau!
|25|John
John hat verschiedene Langzeit-Erkrankungen, die eine ständige, gewissenhafte Behandlung erfordern. Dazu zählen eine Schilddrüsenunterfunktion, eine ischämische Herzerkrankung, eine Nierenerkrankung (Stadium 3), ME/CFS und Fibromyalgie. Infolge dieser Krankheiten, die seine Energie stark einschränken, benutzt er einen Elektrorollstuhl.
Colette
Colette ist eine Mutter von zwei erwachsenen Kindern und Großmutter eines Mädchens; sie wurde Witwe nach 40 Jahren Ehe. Sie hat eine Krankheit,...
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