Schweitzer Fachinformationen
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Omi stand jeden Morgen vier Minuten nach sieben auf. Da konnte man die Uhr nach stellen. Ich hörte sie immer in der Küche rumwerkeln und stand dann auch auf. Sie machte Kaffee und ich bekam auch eine Tasse. Ich hatte erst kurz vor den Ferien angefangen, Bohnenkaffee zu trinken, und genoss den Schwindel, den das Getränk jeden Morgen aufs Neue verursachte. Besonders, wenn Omi 34 Minuten nach sieben losradelte und ich mir eine Semper aus der Hausbar holte und mit Kaffee und Zigarette auf der Wiese saß.
Gegen halb neun begann ich dann, Holz zu hacken. Ich hatte nämlich beschlossen, dass ich dringend mehr Muskeln brauchte. Manchmal ging ich in den Wald zum Pilze suchen, oder ich pflückte Erdbeeren.
Nach einer Woche waren die Kippen leider alle und ich musste mich um Nachschub kümmern. Im Landwarenhaus konnte ich nicht fragen, denn da arbeitete ja Omi. Im Bär wollte ich nicht fragen, denn die wussten da alle, wie alt ich war. Da hatte ich keine Chance.
Irgendwann fiel mir der Spasti ein, den ich schon ein paar Mal im Wald getroffen hatte. Er hatte sich einen Hochstand gebaut. Wir hatten nie ein Wort geredet, sondern uns nur heimlich beobachtet. Vielleicht wusste der was, der kam ja schließlich von hier.
Sein Hochstand war leer, ich brauchte eine Weile, bis ich sein Sicherungssystem geknackt hatte und drin war. Teppich auf dem Boden, ein Schaukelstuhl und ein großer Stapel S&T-Zeitungen. Mit Filzstift hatte er die Sachen markiert, die ihn interessierten. Als ich das oberste Heft gerade fertig hatte, hörte ich die Leiter quietschen. Als sein hässlicher, hochroter Kopf durch die Luke kam, schrien wir beide auf.
"Du dreckscher Schlüppa! Vabiss dich! Dis hier is meine Bude!", kreischte er.
"Ich komme in Frieden!", brüllte ich zurück.
"Es gibt geen Frieden mit Invasoren!"
"Ich bin unbewaffnet. Und außerdem hast du meine Höhle zerstört! Nicht ich deine"
"Das war der Förster. Bestimmt!", antwortete er. Und wurde wieder rot dabei.
"Ich brauch deine Hilfe!"
"Ich buddel deine bleede Höhle nich wieda aus!"
"Scheiß auf die Höhle. Ich brauch Zigaretten. Du bist von hier, also weißt du bestimmt, wo ich welche kaufen kann."
Er dachte nach. Lange. Ich konnte sehen, wie es in seinem Kopf ratterte.
"Dis is niii eenfach. Die einzische Lösung ist meene Schwesda. Aba, da weeß man nie, ob die och midmachd. Dis musst du sie selba fragen", verkündete er.
"Danke! Na los, dann frag ich die!"
Ich streckte ihm meine Hand entgegen und er schlug ein.
"Wie heißt du eigentlich?"
"Isch bin der Muschler Maddhias!"
"Ich bin Mikis!"
Wir liefen durch Hohentanne und schwiegen. Ich versuchte ein paar Mal, ein Gespräch in Gang zu setzen, aber nach einer knappen Antwort war wieder Ruhe. Typischer Bauerntölpel.
Ich versuchte es mit Fußball und fragte "Für wat biste denn eigentlich? Karl-Marx-Stadt oder Dynamo?"
"Fußball is Scheiße!", war alles, was er sagte.
Dann waren wir da, er öffnete die Haustür und brüllte: "Marion, biste daheeme?"
"Is was, Bleedbagge?", brüllte es zurück.
"Besuch!"
Marion trug eine Kittelschürze. In ihren blonden Haaren waren Lockenwickler. Das sah total bescheuert aus, aber irgendwie auch scharf. Sie musterte mich. "Du bist der bekloppte Bärlina, drüben aus Voigtsberg, oder? Was willstn hier?"
"Äh, ja, also. Ich hab ein Problem. Mir sind die Kippen ausgegangen. Und ich kann keine kaufen. Deshalb wollte ich dich um Hilfe bitten!"
"Du hast doch noch nich mal Haare am Sack, wieso roochst du denn dann schon?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Dobbelta Darif!"
"Was?"
"Na, dobbelta Darif! Kriegst eene Schachdel und zahlst zwee. Is hier so."
Das waren ja beschissene Sitten.
"Und wenn ich zwei nehme? Zahle ich eine Extra?"
"Biste zu bleede zum Zählen? Wenn de zwee nimmst zahlste vier. Is ja wohl ganz logisch!"
Ich holte meinen Geldbeutel raus und gab ihr 13 Mark.
"Dann nehm ich 2 Schachtel Semper und noch zwei Packungen Streichhölzer dazu."
"Een Päggel Streichhölzeln kriegste, da ist och dobbelta Darif druff! Setz dich uff die Hollywoodschaugel. Ich muss mir erscht ma die Loggenwickla rausmachen bevor wir zum Konsum gehen gönnen."
Matthias setze sich neben mich.
"Das ist ganz schöne Abzocke!", sagte ich.
Er schüttelte den Kopf. "Du hast escht Glügg gehabt. Bei mir nimmt die imma dreifachen Darif!"
Am Ende der ersten Woche bei Omi kam Post. Von Kai und vom dicken Wenzel.
Kai schrieb:
Hey Miggis,
haste schon 'ne scharfe Sachsentorte kennengelernt? Dynamo-Ursel oder Kuhstall-Karla? Pass bloß uff, dass die deinen Pimmel nicht abbeißen, wie Mei Ling im Pornoheft.
Hier ist voll langweilig. Keiner da, kein Fußball. Aber ich hab wenigstens Westfernsehen. Du musst ja Ostferienprogramm schauen. Bei Pinocchio war gestern wieder ordentlich Trubel. Der ist mit der bekloppten Katze in den Teich gefallen. Leider ist der Holzkasper aber nicht ersoffen.
Muss jetzt los, meine Schwester hat Geburtstag. Macht 'ne Party im Garten. Werd mir ordentlich einen reinkippen, wenn die anderen alle breit sind. Merkt ja dann keiner mehr. Und vielleicht tanzt Madeleine wieder eng mit mir.
Tschüss, Dein Kai
PS: BFC verrecke, in der Scheißhausecke!
Wenzel schrieb:
Tach, Kamerad. Hoffe, dir gehts gut. Ich bin in der Hölle gefangen. Knäckebrot zum Frühstück und Abendbrot und zum Mittag gibts nur Suppe. Einer aus meinem Zimmer hat schon angefangen, Gras und Brennnesseln zu fressen, weil er es vor Hunger nicht aushält. Ich hab noch zwei Döbelner Salami in der Schmutzwäsche versteckt, aber komm nicht dazu, die heimlich zu essen. Und wenn die anderen das mitkriegen, sind die innerhalb von drei Sekunden aufgefressen. Heute Abend ist Disko. Aber mit den fetten Weibern will ich nicht tanzen. Und hab eh keine Kraft. Zum Einschlafen läuft jeden Abend Kalif Storch im Lagerfunk. Wenn ich wieder richtig essen kann, werde ich als erstes einen Storch erschießen.
PS: Wenn ich das hier nicht überlebe, kannst du im nächsten Schuljahr neben Manuela sitzen.
Stimmt. Der dicke Wenzel musste ja zur Abnehmkur fahren. Weil er sonst wehrdienstuntauglich werden würde, hatte der Arzt gesagt. Die arme Sau. Ich wollte mir nicht vorstellen, wie das wäre, in einem Zwangslager mit lauter Fettis, die Hunger hatten. Ich schrieb gleich zurück.
Tach, Wenzel,
das tut mir echt leid. Hoffe, du hältst das durch und niemand frisst dich nachts auf. Kalif Storch finde ich auch voll Scheiße, ich komm mit auf die Jagd! Neben Manuela will ich nicht sitzen, also bleib am Leben. Ich drück die Daumen, dass du die Döbelner genießen kannst!
Hallo Gai,
ich soll Dich schön grüßen. Von Kuhstall-Karla. Die würde Dich gerne kennenlernen, um Dir ihre Euter um die Ohren zu hauen. Dynamo-Ursel ist leider mit Jugendtourist in Bulgarien.
Vielleicht fällt der Holzkasper ja auch mal ins Feuer. Im Ostfernsehen kommt nur Mist, aber ab nächste Woche läuft Spuk unterm Riesenrad. Da freu ich mich drauf. Ich sitz gerade im Garten und trink ein Freiberger Hell. Omi hat gesagt: "Eins am Tag ist gut fürs Wachstum!"
Na ja, ist schon das Zweite. Aber ich hab ja auch zwei Beine, die gleichmäßig wachsen müssen.
Tschüssi, Mikis
Am Wochenende bin ich dann mit Omi nach Siebenlehn ins Schwimmbad gefahren. Es war total voll. Am Eisstand hab ich den Muschler Kasper getroffen. Mit seiner Schwester. Im Bikini sah die erstmal richtig scharf aus. Sie pustete mir Rauch ins Gesicht und sagte: "Deine Gibben schmeggen nach Gardoffelgraut. Beim näschsten Mal koofst du mal was besseres. Du bleeda Dreggs-Balina!"
"Isch gloob meene Schwesta hat sich in dich vagnaltt" flüsterte Matthias mir ins Ohr.
Aha? Das kam mir nicht so vor.
Das Wasser war eiskalt, ich war nach zehn Sekunden wieder draußen. Omi schwamm 30 Bahnen, bevor sie sich beschwerte, dass man in der kalten Brühe ja erfrieren würde.
Zum Aufwärmen gingen wir ins Goldene Ross. Rouladen und Rotwein. Ich war ganz schön angeballert und bin zu Hause auf dem Sofa bei Da liegt Musike drin eingepennt.
pfffff- die Kuhstall-Kuh kann dir ihre Euter um die Ohren hauen. Ich bin Berliner, ich brauch das nicht.
Ich hab eine Woche Stubenarrest. Wegen der Party am Samstag. Erst war alles toll, ich hab Spaß gehabt. Aber dann hab ich meine Mutter mit Madeleine verwechselt.
Also nicht was du denkst, sondern, ich hab sie gefragt, ob sie mir einen Apfelkorn mitbringt. Voll eine geklatscht gekriegt von ihr.
Jetzt muss ich schnell raus, die Alte ist ja auf Arbeit. Hab meinem Schwager versprochen, ihm beim Aufräumen zu helfen.
Schütz dich vor den Saxen!
Kai
PS: Pinocchio ist (leider) noch am Leben, und auf Spuk unterm Riesenrad freu ich mich auch.
Am Dienstagmorgen, nachdem Omi zur Arbeit gefahren war und ich...
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