Schweitzer Fachinformationen
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Als Rouven vom Klo zurückkam, hatte er sich völlig verändert. Er wirkte auf einmal viel straffer, seine ausholenden Schritte hatten wesentlich mehr Sicherheit und er schien, vor Energie zu bersten.
"So, jetzt erobern wir Schweden", sagte er und hielt uns eine Flasche Jägermeister hin. "Auf geht's, das Nordland will willkommen geheißen werden!"
Ich nahm einen Schluck und bereute es sofort. Bier war okay auf See, aber mit Fusel hatte ich meine Probleme.
"Memme! Das war ja nix. Da sperren die dich ja gleich ein, Alter. Trink wie ein Mann!"
Ich nahm einen zweiten Schluck und der Brechreiz verschwand. Was war mit Rouven passiert? Hatte ihm der Bordsteward irgendwie auf dem Klo Kraft eingeblasen, oder was? Da bemerkte ich den weißen Staub unter seiner Nase. Mann, dieses Arschloch! Hätte ja mal was sagen können!
Bea schüttelte sich, als sie Rouven die Flasche reichte. "Boah, bin ich froh, dass ich nicht mehr mit dir zusammen bin. Das würde ich echt nicht mehr vertragen, schon zum Mittag Schnaps zu saufen!"
Rouven nahm einen großen Hieb, lachte und sagte: "Will dich ja nicht erinnern, wer damit angefangen hatte. Außerdem ist das alles 'ne Trainingsfrage."
Jetzt konnte ich den Hafen schon sehen und irgendwie wurde mir komisch. Bisher war alles nur ein absurdes Spiel gewesen. Der Brief, die Fahrt, die Wellen, doch so langsam nahm die Sache einen ganz anderen Charakter an. Nur noch ein paar Minuten und ich würde Franka gegenüberstehen. Ich nahm noch einen Schluck und flüsterte Rouven ins Ohr: "Du blödes Kumpelschwein, vielleicht hättest du mal fragen können, ob noch jemand was will, anstatt dich allein aufs Klo zu verdrücken. Vielleicht sind hier Leute, die ein bisschen mehr Gelassenheit vertragen könnten als du."
"Hätt' nicht gereicht! Außerdem war das Zeug gar nicht öko, oder ist das nicht mehr wichtig?"
Arschnase!
Wir schnappten unsere Sachen. Das Schiff würde gleich anlegen. Wir waren die Einzigen, die den Fußgängerausgang benutzten, die anderen Passagiere saßen schon in ihren Karren im Autodeck und spielten nervös mit ihren Zündschlüsseln rum. Ich kannte das zur Genüge von den vielen Skandinavientrips. Dann öffnete sich die Schleuse und wir konnten von Bord.
Wir liefen durch eine endlose, verglaste Röhre, an deren Ende ich mehrere Bullen sah, die warteten. War ja klar! Ich und der Zoll, wir verstanden uns blind. Komischerweise interessierten die sich aber gar nicht für uns, und wir betraten unbelästigt festen, schwedischen Boden.
Rouven fiel auf die Knie und küsste die Erde. "Ah, du heimeliger Norden", sagte er feierlich.
Ich schaute mich suchend um. Der Platz war menschenleer.
Bea blickte mich fragend an. "Und nun?"
"Keine Ahnung. Franka wird wohl wie immer zu spät kommen. Manche Sachen ändern sich eben nie", sagte ich schulterzuckend und stellte meinen Rucksack ab.
"Franka ist nie zu spät gekommen. Im Gegenteil, die war immer überpünktlich", entgegnete Bea.
Wir setzten uns auf unsere Taschen und warteten. Was sollten wir auch anderes tun? Aber die Sonne schien und Bier hatten wir noch genug, von mir aus konnte sich Franka ruhig Zeit lassen. Von wegen überpünktlich. Bea sollte ihre Erinnerungen mal überprüfen, ich hatte Franka nie pünktlich erlebt. Nie. Selbst im Bett kam sie zu spät. Rouven wurde ungeduldig und fing an, durch die Gegend zu laufen. Erst lief er immer um uns herum, und nachdem Bea ihn angeschnauzt hatte, er solle aufhören, sie kirre zu machen, zog er größere Kreise. Bis er schließlich aus unserem Blickfeld verschwunden war.
"Man, dieser Typ macht mich fertig. Der ist ja schlimmer als ein Aufziehkasper. Früher war er doch echt gelassener", sagte ich zu Bea.
"Na ja, so richtig entspannt war er ja wohl nie. Aber stimmt, zumindest konnte er fünf Minuten lang stillsitzen. Das kann er wohl heute nicht mehr."
Rouven tauchte wieder auf und strahlte glücklich vor sich hin. Er hatte irgendwo Fischbuletten und Smörrebröd aufgetrieben. "Mann, Leute, echt skandinavisches Picknick, direkt am Wasser. Dankt eurem Retter Rouven."
Ich schlug begeistert zu, aber Bea maulte: "Bäh, wie kann man nur solchen Scheiß fressen. Das sind doch bloß zusammengefegte Abfälle mit Sägemehl. Ihr seid voll eklig."
"Quatsch, das ist feinstes Filet. Die haben das gar nicht nötig, Abfälle zu nehmen. Die haben hier genug Fisch. Aber auch nicht schade, wenn du nichts willst. Dann bleibt mehr für uns. Was, Kirk, du alte Flasche?"
Ich bot Bea meine Käsesandwiches an, die ich noch im Rucksack hatte. Das war zwar auch nicht ihr Kaliber, aber sie nahm sie. Wir aßen, tranken ein paar Bier und irgendwann fing es an zu dämmern.
"Äh, hat sich einer von euch schon mal 'ne Platte gemacht, wo wir pennen, wenn Franka nicht kommt?", fragte Rouven.
"Sie kommt. Sei nicht immer so pessimistisch, Rouven."
"Ich frag' ja nur, weil so langsam wird mir doch komisch. Wisst ihr noch, als wir uns das Ferienhaus auf dem Darß gemietet hatten? Ich mein, da ist sie ja auch einfach mit dem Schlüssel verschwunden und erst nach drei Tagen wiedergekommen."
Die Erinnerung an diesen Urlaub hatte ich vollkommen gestrichen, jetzt kam sie mit der Gewalt eines gezielten Leberhakens zurück. Wir hatten irgendwann die Scheibe eingeschlagen und waren durchs Fenster ein- und ausgegangen, bis Franka zurückkam. Sie hatte nie ein Wort darüber verloren, wo sie gewesen war. Genauso wenig, warum sie überhaupt verschwunden war. Es war unser letzter gemeinsamer Urlaub gewesen.
"Na, ihr könnt machen, was ihr wollt, ich checke mal, ob's hier eine Jugendherberge oder so was gibt. Jedenfalls penn' ich nicht hier im Freien!"
"Ja, krieg das mal raus. Ich bin langsam auch ziemlich platt und würde gern in einem Bett schlafen", sagte Bea.
Als Rouven weg war, fragte ich sie: "Weißt du eigentlich, wo Franka damals war, auf'm Darß?"
"Na, wahrscheinlich hat sie sich irgendwo ordentlich durchbumsen lassen. Das hat sie doch ständig gemacht."
Der nächste Leberhaken traf mich. Mein Magen krampfte sich zusammen und ließ die Fischbuletten durcheinander tanzen. Ich holte mir mit zitternden Händen den Jägermeister aus Rouvens Gepäck, nahm einen langen Schluck und war dann fähig, Bea anzufahren: "Wie bitte?"
"Was, wie bitte? Tu doch nicht so, als wenn du das nicht wusstest. Du hast es nicht gebracht, mit dir hatte sie keinen Spaß im Bett, und deshalb hat sie sich den Kick woanders geholt. Aber ich dachte, ihr hattet das so vereinbart. Du hattest doch auch deine Affären."
"Ich hatte nie eine Affäre!"
"Klar hattest du. Zum Beispiel mit der rothaarigen Bedienung von Kerstins Braustübchen."
"Niemals! Die hat mich mal im Hinterzimmer auf der Couch pennen lassen, als ich nach diesem beschissenen Mayhem-Konzert auf der Insel in Treptow total dicht war und vom Barhocker gekippt bin. Das war alles. Und was soll der Scheiß, dass Franka keinen Spaß hatte? Mir hat sie immer was von multiplen Orgasmen erzählt."
Bea sah mich skeptisch an. "Du weißt wirklich nichts davon? Mann, ich glaub, wir haben zwei völlig verschiedene Frankas gekannt. Dann wusstest du auch nicht, dass sie 'ne verkappte Lesbe war?"
Nee, das wusste ich auch nicht. Aber wie Bea gerade gesagt hatte, redeten wir offensichtlich von zwei völlig verschiedenen Personen. Die Franka, die ich gekannt hatte, war im Bett ein Vulkan, bestand auf Monogamie und fand Lesben völlig verbogen im Kopf. Konnte es sein, dass sie zwei Mal existierte? Oder war sie einfach so durchtrieben gewesen, dass sie uns völlig verschiedene Personen vorspielen konnte?
Bea strich mir sanft übers Gesicht. "Tut mir leid. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mein Maul gehalten. Geht's dir sehr schlecht?"
"Geht so. Ist schon so lange her und reißt doch lauter Wunden auf. Warum hast du denn früher nie was gesagt?"
"Was sollte ich denn sagen? Bei Franka kam das immer so rüber, als wenn das für euch beide völlig korrekt ist. Ich fand's zwar komisch, aber das war ja euer Ding."
Bevor ich eine Antwort gefunden hatte, kam Rouven zurück. "Okay Läuse, hab' ein Dreibettzimmer klar gemacht. Bezahlbar und sauber."
"Ich will nicht mit euch in einem Zimmer schlafen!", protestierte Bea.
"Dann schlaf auf dem Gang. Das war das einzige, was noch zu haben war. Ansonsten ist hier alles ausgebucht."
"Ja, aber was machen wir mit Franka, falls die jetzt noch kommt?"
Rouven grinste und holte ein Stück weiße Kreide aus der Tasche. "Reiseleiter Rouven besorgt nicht nur Heim und Nahrung, sondern hat auch den Rest im Griff." Dann schrieb er Franka - sind im Wandererheim. K.+ R.+ B. auf den Boden und half Bea hoch. "Auf geht's, unterwegs ist eine billige Pizzeria, da können wir Abendbrot essen."
Respekt, während Bea und ich in der Vergangenheit gekramt hatten, hatte Rouven ganze Arbeit geleistet.
"Tja, da staunt ihr. Früher habt ihr mich mit eurem Perfektionismus immer voll erschlagen. Da hab ich lieber gar nichts gemacht, als mir von euch blöd kommen zu lassen. Dabei bin ich ein viel besserer Pfadfinder als ihr."
Die Pizza schmeckte hervorragend. Und wir waren so ausgehungert, dass sich jeder noch eine zweite bestellte.
"Mann, da haben wir ja Glück, dass Franka uns nicht nach...
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