Schweitzer Fachinformationen
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Auf Augenhöhe mit unseren Pferden
Jedes Pferd ist anders. Es gibt keine Schablone, die für alle gültig ist. Es gibt Pferde, die richtig schlecht gelaunt auf Schnee reagieren, andere werden sauer, wenn man vor ihnen ein anderes Tier streichelt. Denn wie wir Menschen, merken auch sie sofort, ob sie die Nummer eins sind.
Sehr persönlich erzählt Isabell Werth von fünfzehn ihrer wichtigsten Pferde. Von Bella Rose, ihrem Herzenspferd, Gigolo, mit dem sie die ersten unglaublichen Erfolge erzielte, Amaretto und Satchmo, von denen sie so viel lernte und Joshua, der sie vom ersten Moment an elektrisierte. Sie beschreibt, wie Pferde und Reiterin einander prägen und aneinander wachsen, verweist auf die zahlreichen Charaktereigenschaften und Abenteuer, die diese mit sich bringen, sowie die Wege der Problembewältigung.
Das neue Buch der erfolgreichsten Reiterin der Welt – für alle, die Pferde lieben.
Isabell Werth, geboren 1969, ist die erfolgreichste Reiterin der Welt. Allein bei Olympischen Spielen hat sie sieben Goldmedaillen gewonnen, und ihre Karriere ist noch nicht zu Ende. Sie ist weltbekannt im Reitsport, im Dressurreiten orientieren sich auch etablierte Konkurrenten an ihr, für Hobbyreiter ist sie ein Idol. Niemand hat es geschafft, den Reitsport so lange zu prägen wie sie – ihr Aufstieg begann Ende der 1980er-Jahre. Gemeinsam mit Evi Simeoni verfasste sie den Bestseller „Vier Beine tragen meine Seele“.
Evi Simeoni, 1958 in Stuttgart geboren, ist Journalistin und Schriftstellerin. Mehr als 40 Jahre war sie Sportreporterin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Für ihre journalistische Arbeit wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Theodor-Wolff-Preis. Zuletzt erschien von ihr bei Piper „Höllenjahre. Die Briefe meines Onkels aus dem Krieg. 1939-1945“.
zum Star geboren
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Als Via Bellani, das erste Fohlen von Bella Rose, noch ganz klein war, brachten wir Mutter und Kind tagsüber immer auf die Weide, die direkt vor unserem Wohnzimmerfenster liegt. Wenn ich zu Hause war, konnte ich Mutter und Sohn nach Herzenslust beobachten. Und das tat ich ausgiebig. Was für eine Freude das war! Nicht, dass ich dabei eine neue Bella Rose kennengelernt hätte. Im Gegenteil: Sie hat das Muttersein genau mit derselben Grazie und Souveränität gemeistert wie zuvor ihre Aufgaben im Leistungssport. Aber alles, was ich sah, wirkte vollkommen stimmig. In ihrer aktiven Zeit war sie für mich das perfekte Dressurpferd gewesen. Nun war sie die perfekte Mutter. Es erfreute mich, dieses wunderbare Pferd, meine Bella Rose, in ihrer neuen Rolle zu sehen. Ich sah: Sie war angekommen. Sie war - und ist - ein glückliches Pferd. Wie stolz sie auf ihr Fohlen war! Auf diesen kleinen rötlichen Hengst mit seinen weißen Abzeichen, wie Bella sie selbst hat. Sie passen auch optisch großartig zusammen. Das Bild hat sich gerundet. Kaum war ihre Karriere vorbei, wurde sie Mama. Als hätte alles genau so sein sollen.
Natürlich hatte ich nie einen Zweifel daran, dass Bella eine großartige Mutter sein würde. Obwohl Bedenken ganz normal gewesen wären. Viele Pferde, die aus dem Sport verabschiedet worden sind, brauchen mindestens ein Jahr, um sich im neuen Leben zu akklimatisieren. Aber ich habe gesagt: An diesem Pferd ist kein einziges Haar falsch. Natürlich wird sie ihr Fohlen annehmen und ganz in ihrer Mutterrolle aufgehen. Und so kam es. Mal abgesehen davon, dass sie bereits beim allerersten Versuch tragend wurde. Pünktlich zum Ende ihrer Karriere hatte sie eine deutliche Rosse entwickelt - das leicht erkennbare Zeichen, dass sie sich nun für Hengste interessierte. In all den Jahren zuvor war das ganz anders gewesen, die Rosse verlief fast unmerklich. Es war, als hätte sie genau gewusst, dass ihre Laufbahn im Viereck nun bald vorbei sein würde und es losging mit dem Kinderkriegen. Ihr Kopf schaltete um - und ihr Körper auch. Das war total verrückt. Man macht Pläne mit seinen Pferden. Doch diese Stute hat immer auch ihren eigenen Plan.
Ihre Trächtigkeit verlief völlig problemlos. Und selbst mit dem Geburtstermin nahm sie Rücksicht auf mich. Der errechnete Termin fiel eigentlich genau auf das Weltcupturnier in s'Hertogenbosch, bei dem ich mit Quantaz am Start war. Natürlich hatte ich in ihrer Box eine Kamera installiert und einen Geburtenwächter, ein Gerät, das bei den ersten Anzeichen Alarm gibt. Und so konnte ich vom Turnier aus das Geschehen ständig mitverfolgen. Aber es tat sich noch nichts. Es schien, als hätte sie gewartet, bis ich wieder da war.
Nach einem schönen Tag auf der Wiese ging es los. Abends um neun, also wieder sehr rücksichtsvoll. Die Fruchtblase ging auf, plötzlich schaute ein Beinchen heraus, und ich habe die Tierärztin gerufen, außerdem meinen Vater, der unbedingt schauen musste, ob alles richtig war. Ich wurde ganz nervös - aber die Geburt verlief wie im Bilderbuch. Sie hatte alle richtigen Instinkte, leckte das Fohlen ab und hatte sofort gute Milch. Am nächsten Tag war Bellas Fohlen natürlich gleich die Attraktion auf dem Hof. Alle kamen, um es zu begutachten. Es war schnell an Menschen gewöhnt, wurde zahm wie ein Kätzchen und auch ein richtig selbstbewusster Frechdachs angesichts der allgemeinen Aufmerksamkeit. Es war von Anfang an sehr groß und statiös, das heißt, dieses junge Pferd stellt richtig etwas dar, was für ein Erstlingsfohlen nicht selbstverständlich ist.
Bella Rose hat mit neunzehn Jahren ein neues Leben angefangen, und ich schaue nun hauptsächlich zu. Natürlich denke ich, wenn sie ganz gelassen auf der Wiese grast, auch immer wieder an unsere frühen Jahre zurück. An den Beginn unserer langen und intensiven Beziehung, die besonders emotionsgeladen war, sehr eng und symbiotisch. Wir sind zusammen durch Höhen und Tiefen gegangen, mein Herzenspferd und ich. Unsere Anfänge waren sensationell. Doch dann mussten wir zusammen eine vierjährige Leidenszeit durchstehen. Ich habe wohl kein anderes Pferd so oft geführt, um festzustellen, ob es gesundheitlich in Ordnung ist. Schließlich wurde sie wieder ganz gesund, und wir holten zusammen Europameistertitel, Weltmeistertitel und gewannen Olympiagold und -silber.
Wenn ich Bella beschreiben soll, fällt mir zuerst der Begriff Würde ein. Dieses Pferd strahlte von Anfang an eine große Würde aus, eine Überlegenheit in ihrem ganzen Wesen. Schon wie sie dasteht, bis heute, so majestätisch. Sie ist charismatisch wie eh und je. Eine Lady. Es gibt Menschen, und ebenfalls Pferde, die bemerkst du kaum, und du fragst hinterher: War der oder die eigentlich da? Andere haben eine besonders starke Aura, sie kommen rein und füllen den Raum. Genau so ist Bella Rose. Wo sie auch auftritt - sofort fahren alle Köpfe herum. Jeder schaut sie an. Und übrigens sind zudem auffallend viele Hengste verrückt nach ihr. Sie ist der geborene Star. Und das mit natürlicher Selbstverständlichkeit.
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Gewisse Erinnerungen habe ich so klar vor Augen, dass ich sie malen könnte. Dazu gehört das Bild von unserer ersten Begegnung, eines der absoluten Highlights meines Lebens mit Pferden. Ich sehe mich in Bochum bei der Züchterfamilie Strunk auf die Stallgasse laufen, es ist wieder das Jahr 2007, Bella ist wieder drei Jahre alt. Ich wende meinen Blick nach rechts in Richtung Reithalle und sehe Bella an der Longe traben. Und schon bin ich wie elektrisiert. Zupp - sträubten sich meine Haare. Bella Rose war wie ein Traumbild, das sich in der Wirklichkeit materialisiert hatte. Ein Stück Vollkommenheit. Ich wusste genau: Das ist mein Pferd. Diese gelassene Eleganz, diese langen Beine, dieser überlegene Bewegungsablauf, diese Ausstrahlung - wow! Und zudem ein bunter Fuchs - ich liebe bunte Füchse.
Ich dachte noch, hoffentlich, hoffentlich habe ich nicht bereits alle Qualitäten gesehen, und es gibt gleich Schwächen im Schritt oder Galopp. Aber dann ging sie in den Galopp. Diese Beine! Ein weiterer Wow-Effekt. Meine damalige Pferdepflegerin Anna, die mich zu den Züchtern begleitete, hat das hinterher so schön beschrieben. Sie sagte, ich habe dich angesehen und sah das Funkeln in deinen Augen. Da wusste ich, was los war. Anna war mit Matthias Bouten befreundet, der zu der Zeit für die Strunks arbeitete. Sie hatte mich überhaupt erst auf Bella Rose aufmerksam gemacht. Nun versuchte ich, meine Begeisterung zu verbergen, weil ich Sorge hatte, der Preis könnte sonst derart hochgehen, dass ich sie nicht bekäme.
Natürlich wussten die Strunks, eine erfahrene Züchterfamilie, sowieso, was für ein tolles Pferd Bella Rose war. Wilhelm Strunk nannte einen fairen Preis für ein bislang kaum angerittenes Pferd dieser Qualität. Ich ging also raus, setzte mich in mein Auto und rief Madeleine an. Allein am Zittern in meiner Stimme merkte sie, wie es um mich stand. Ich sagte ihr: Dieses Pferd muss unbedingt unseres werden. Und sie fragte trocken: Hast du schon gekauft? Das ist so ihr Humor. Ich sagte Nein, ich muss dich doch erst fragen. Dann ging alles ganz schnell. Wir warteten noch die tierärztliche Untersuchung ab. Anschließend war alles klar.
Ein paar Jahre später war ich in die Fernseh-Talkshow von Bettina Böttinger eingeladen, zusammen mit dem Starpianisten Igor Levit. Was witzig war: Er hörte mich von meiner ersten Begegnung mit Bella erzählen und sagte, genau so sei es auch mit ihm und seinem Flügel gewesen, den er in einem Geschäft habe stehen sehen. Das konnte ich gar nicht glauben, schließlich ist ein Flügel kein lebendiges Wesen. Aber wenig später dachte ich, da kann man mal sehen, was Passion bedeutet - Igor brennt für sein Instrument wie ich für Bella. Und was mir überdies gefallen hat: Offenbar sieht er als Künstler auch in mir mehr die Künstlerin als die Sportlerin.
Als Bella Rose zu uns kam - das war wie Weihnachten. Ich hatte noch gar nicht draufgesessen, das habe ich dann ein paar Stunden später nachgeholt. Für das Gefühl, das ich hatte, als ich das erste Mal in ihrem Sattel saß, fehlen mir bis heute die Worte. Ich war fast ein bisschen beklommen. Alle Erwartungen wurden übertroffen. Ein Pferd mit einer solchen Bewegungsfreiheit und Elastizität hatte ich noch nie geritten. Wie...
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