Kapitel 2: Rhetorik
In diesem Kapitel möchte ich Ihnen die zehn wichtigsten Regeln der Rhetorik vorstellen. Übungen dazu: Schauen Sie sich diese Regeln recht sorgfältig an, führen Sie die Übung der Autosuggestion durch und schreiben Sie sich die Regeln und die nachfolgenden Merksätze möglicherweise schon jetzt als einen "Spickzettel" auf. So haben Sie eine Checkliste, die Sie durchgehen können, wenn Sie sich auf eine Ansprache vorbereiten müssen.
Die zehn wichtigsten Regeln der Rhetorik:
1. Die Welt vertraut dem Namen.
2. Werden Sie Meister in der Kunst, andere zu loben.
3. Reden lernt man nur durch Reden.
4. Haben Sie keine Angst vor Lampenfieber.
- Schreiben Sie die folgenden Autosuggestionen auf und lernen Sie sie auswendig:
- "lch bin fest entschlossen, eine einflussreiche Persönlichkeit zu sein!"
- Ich sehe mein schönes grobes Ziel ganz deutlich vor mir und bin bereit, es durch konsequente geplante Arbeit zu erreichen.
- Ich werde nicht wankelmütig sein, denn ich kenne die großen Vorteile, die sich aus meiner zielbewussten Entwicklung ergeben."
- "Jeden Tag führe ich meine Übungen durch und schon fühle ich, wie mein Auftreten und Sprechen immer freier, immer mutiger und immer selbstsicherer werden!"
5. Üben Sie jeden Tag.
6. Schwerpunkte erfolgreicher Rhetorik:
- Der erste Eindruck entsteht durch das körperliche Verhalten.
- Ihre Augen sind der kürzeste Weg zu Ihren Mitmenschen.
- Ihr Stimme zeigt, wessen Geistes Kind Sie sind.
- Erst dann entscheidet der Inhalt, das Fachwissen.
7. Alles lebt aus der Beobachtung.
8. Struktur einer Rede:
- Wir beginnen mit einem Gedanken, zu dem jeder "ja" sagen kann.
- Machen Sie Ihr Interesse für den anderen deutlich.
- Nicht die Menge der Worte entscheidet, sondern wie wirksam wir sprechen.
- Im Mittelpunkt der Rede immer nur drei Punkte nennen.
- Beginnen Sie mit dem schwächsten Punkt und enden Sie mit dem Wichtigsten.
- Der Schlusssatz ist immer eine zum Handeln auffordernde positive Formulierung.
9. Das Geheimnis des Erfolgs ist das Geheimnis der inneren Ruhe.
10. Ich trainiere, bis ich meine Meisterschaft erreicht habe.
Was ist Rhetorik?
Der Begriff "Rhetorik" hat keine einheitliche Bedeutung. Zum einen beschreibt er das auf Erfolg, Effektivität und Überzeugung gerichtete, praktische Kommunikationsverhalten von Menschen, zum anderen versteht man darunter die Wissenschaft vom wirksamen Reden, das Menschen von einer Ansicht überzeugt oder zu einer Handlung bewegt. Laut Aristoteles gibt es drei Säulen der Rhetorik: das Ethos, den Logos und das Pathos. Als Ethos bezeichnet man die Glaubwürdigkeit des Redners.
Um dem Publikum ein bestimmtes Thema nahezubringen, muss er zunächst die Zuhörer von seiner Vertrauenswürdigkeit überzeugen, um mit seinen Argumenten zu ihnen durchzudringen. Der Logos beschreibt die Überzeugung durch tragfähige, rationale Argumente. Diese stützen sich auf Beweise, Daten und Fakten. Das Pathos hingegen appelliert an die Emotionen der Zuhörer und soll Sympathie für die vorgestellte Position bei ihnen erzeugen. Häufig ist das Pathos die wichtigste Säule der Rhetorik und kann sogar die rationalen Argumente an Überzeugungskraft übertreffen. Gute Rhetorikkenntnisse bewirken eine Steigerung der Kommunikationsfähigkeit, die Lösung von Problemen, die Überzeugung der angesprochenen Menschen und das Durchschauen von Argumentations- und Manipulationstechniken.
Die Geschichte der Rhetorik
Bereits in der griechischen und römischen Antike beschäftigten sich die Menschen damit, wie eine Rede aufgebaut wird, welche Wirkungsmittel eingesetzt werden können und wie sich ein erfolgreicher Redner auszeichnet. Damals spielte Rhetorik bereits eine wichtige Rolle, denn sämtliche Gerichtsprozesse fanden ohne Anwälte statt. Die Beteiligten, die ihre Streitigkeiten über beispielsweise Grundstücksfragen oder politische Positionen klären wollten, mussten eine große Gruppe von Bürgern, die als Geschworene fungierten, von ihrem Recht überzeugen. Dafür waren rednerische Fähigkeiten besonders relevant. Gute Redner konnten sich hohe Positionen durch ihre Fähigkeiten verschaffen, so beeinflusste beispielsweise der römische Diktator Gaius Julius Caesar durch seine Redekunst erheblich die Wahl zum Volkstribun durch den Senat.
Rhetoriklehrer wie Platon, Korax und Isokrates gaben Interessierten Unterricht darin, wie sie ihre Position besonders effektiv vertreten konnten, oder haben sogar ganze Reden für sie verfasst. Berühmte Rhetoriker aus dem fünften und vierten Jahrhundert vor Christus sind Protagoras, Gorgias und Aristoteles. Zu diesem Zeitpunkt wurde sich allmählich mit Beweismitteln, Indizien, Schlussfolgerung, Überredung und dem richtigen Zeitpunkt eines Arguments befasst. In der römischen Antike, dem Mittelalter und der Neuzeit beschäftigten sich Rhetoriker nicht nur mit gerichtlichen Streitigkeiten, sondern mit der Recherche, Argumentation, Diskussion und Präsentation in sämtlichen Lebensbereichen.
Während der frühen Neuzeit im 16. bis 18. Jahrhundert basierten Literatur und Poesie auf der Rhetorik. Von einer breiten Strömung in der Gesellschaft, unter anderem dem berühmten Dichter Johann Wolfgang von Goethe und dem Philosophen Immanuel Kant, wurde die Redekunst zu diesem Zeitpunkt dahin gehend kritisiert, dass Worte von Herzen kommen und nicht auf strategischer Manipulation beruhen sollten.
Im 20. Jahrhundert hingegen erlebte die Rhetorik einen neuen Aufschwung, als das mobilisierende Potenzial politischer Reden entdeckt wurde. Im Lauf der Jahrhunderte blieb gleich, dass das monologische Reden vor Publikum als Rhetorik begriffen wird. Heutzutage wird sich eher im Rahmen anderer Fächer mit der Rhetorik beschäftigt, da diese Elemente der Sprachwissenschaft, Philosophie und Psychologie verbinden. Die Rhetorik ist nunmehr ein elementarer Bestandteil der Gesellschaft, da es wichtiger denn je ist, zu überzeugen, auf andere einzuwirken und erfolgreich zu diskutieren, sowohl im privaten als auch im beruflichen oder öffentlichen Leben. Dennoch sind nur wenige Menschen dazu in der Lage, selbstsicher frei zu sprechen, bewusst Wörter einzusetzen und klare Sätze zu strukturieren sowie ihre Sprechweise, Mimik, Gestik und Körperhaltung kontrolliert zu nutzen.
Die Redegattungen
Es gibt nach Aristoteles drei klassische Redegattungen: die Gerichtsrede, die politische Rede und die Lobrede. Die Gerichtsrede hat Vergangenes zum Gegenstand, richtet sich an ein Gericht und entspricht dem Plädoyer der Anklage beziehungsweise der Verteidigung. Die Argumentation soll das Gericht von der eigenen Position überzeugen, indem die Argumente der Gegenseite widerlegt oder abgeschwächt werden. Den Schwerpunkt bildet die Beweisführung. Im Zuge der politischen Rede wird ein politisches Problem analysiert, bei dem der Redner seine Ansicht zu einer Thematik der Zukunft darstellt. Dabei steht die Erläuterung von Informationen im Rahmen einer Abwägung von Schaden und Nutzen im Vordergrund. Im Zusammenhang mit der Lobrede wird der Fokus auf die Gegenwart gesetzt und eine Person oder Sache gelobt oder getadelt. Diese Art der Rede dient dem Genuss des Publikums.
Kritisiert wird an dieser Einteilung, dass die Abgrenzung der Redegattungen nicht exakt feststellbar ist, da die Grenzen fließend sind.
Der Aufbau der Redeformen
Alle Redeformen sind laut Quintilian nach demselben viergliedrigen Schema aufgebaut, setzen jedoch unterschiedliche Schwerpunkte innerhalb der Redeteile. Im ersten Teil, dem sogenannten exordium, beginnt der Redner mit der Einleitung.
Er versucht, die Aufmerksamkeit, das Interesse und das Wohlwollen des Publikums zu erlangen. Anschließend folgt die narratio, während der der Redner die Ausgangsereignisse erläutert oder, im Fall einer Gerichtsrede, den Sachverhalt schildert. Dies ist die Basis der Argumentation. Weiterhin sollen die Zuhörer von der Glaubwürdigkeit des Erzählers überzeugt werden. Anschließend folgt die argumentatio. Dies ist der Hauptteil der Rede, die Beweisführung, während der der Redner seine Argumente nennt und die der Gegenseite widerlegt oder entkräftet. Nach Aristoteles kann die Beweisführung durch die Verwendung von Beispielen, also induktiv, oder durch logische Schlussfolgerungen, also deduktiv, erfolgen. Zum Schluss kommt die peroratio. Die wesentlichen Thesen, Argumente und Aspekte der Rede werden zusammengefasst und es wird an die Emotionen des Publikums appelliert. Der fließende Übergang zwischen den einzelnen Redeteilen, damit die Rede nicht zu abgehackt wirkt, wird von Quintilian als transitus bezeichnet und ist eine besondere Herausforderung.
Die Redeziele
Eine Rede verfolgt nicht immer das gleiche Ziel. Die klassischen Redeziele sind das Belehren und Beweisen (docere et probare), das Gewinnen und Erfreuen (conciliare et delectare) und das Bewegen oder...