Schweitzer Fachinformationen
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1 DIE TAXIZEIT
- Du glaubst nich, wen ich gestern in meinem Taxi hatte, protzt »Juice« Terry Lawson. Seinen muskulösen Körper hat er in einen neongrünen Trainingsanzug gehüllt. Der stürmische Wind peitscht durch seine üppigen Korkenzieherlocken und rüttelt an den Wänden der Plexiglasabsperrung, die sich von der Eingangshalle des Flughafens bis zu einer Reihe wartender Taxis schlängelt. Als Terry den Mund zu einem Gähnen aufreißt und sich dabei streckt, rutschen die Ärmel hoch und geben den Blick auf die Goldkettchen an seinen Handgelenken und die Tattoos auf seinen Unterarmen frei. Eines zeigt eine Harfe, die wie ein Eierschneider aussieht. Darüber der Schriftzug HIBERNIAN FC und darunter die Zahl 1875. Das zweite ist ein feuerspuckender Drache. Mit einem lüsternen Zwinkern fordert er: LET THE JUICE LOOSE.
Terrys Kumpel Doughheid, ein dürrer, asthmatisch aussehender Kerl, wirft ihm einen leeren Blick zu. Er steckt sich eine Kippe an und fragt sich, wie viel davon er wegziehen kann, bevor ihn die Lawine neu angekommener Passagiere erreicht, die gerade mit überladenen Gepäckwagen die Rampe herunter auf ihn zurollt.
-Diesen Pisser ausm Fernsehen, klärt Terry ihn auf und kratzt sich durch das Polyester den Schritt.
-Wen meinstn?, murmelt Doughheid und versucht das Gewicht der gestapelten Koffer einer asiatischen Großfamilie abzuschätzen. In Gedanken spornt er den etwas zerstreut wirkenden Passagier hinter ihnen an, sie zu überholen, um nicht so viel schweres Gepäck ins Taxi laden zu müssen. Soll doch Terry sich damit rumschlagen. Der Mann trägt einen langen Kaschmirmantel offen über einem dunklen Anzug, ein weißes Hemd mit Krawatte und eine Brille mit schwarzem Rahmen. Am bemerkenswertesten aber ist der Irokesenschnitt auf seinem Kopf.
Frohlockend beobachtet Doughheid, wie der Kerl einen Zahn zulegt und die anderen überholt. Doch dann hält er plötzlich an, um auf die Uhr zu sehen, während die asiatische Familie an ihm vorbeizieht, und ehe Doughheid weiß, wie ihm geschieht, fallen sie auch schon über ihn her. - Bitte, bitte, schnell, bitte, bitte, quengelt der Patriarch auf ihn ein. Zu allem Überfluss prasselt jetzt auch noch ein Regenguss gegen das Plexiglas.
Terry sieht zu, wie sein Freund sich mit den Koffern abmüht. - Dieser Komiker von Kanal 4. Der Typ, ders mit dieser Kleinen getrieben hat, wie heißt sie noch mal, die mit der Hammerfigur.
Er malt eine Sanduhr in die Luft, weicht einen Schritt zurück und drückt sich zum Schutz vor dem Regen gegen die Absperrung.
Während Doughheid sich keuchend mit den Koffern abmüht, wird Terry auf den Mann mit der Brille, dem langen Mantel und der unpassenden Frisur aufmerksam, der hektisch auf die Tastatur seines Handys eintippt. Terry kennt ihn von irgendwoher, vielleicht gehört er zu einer Band, doch dann fällt ihm auf, dass der Typ älter ist, als sein alberner Hahnenkamm vermuten lässt. Wie aus dem Nichts taucht ein kleinlauter Begleiter auf - kurz geschorenes blondes Haar über einem abgespannten Gesicht - und katzbuckelt sich an ihn heran. - Tut mir echt leid, Ron. Der bestellte Wagen hat eine Panne .
-Geh mir aus den Augen!, blafft ihn der Business-Punk (denn das sieht Terry in ihm) mit amerikanischem Akzent an. - Ich nehme ein Taxi! Lass mein Gepäck einfach ins Hotel bringen!
Hinter seinen rosa gefärbten Brillengläsern bemüht sich der Business-Punk nicht einmal um Blickkontakt, bevor er sich auf die Rückbank von Terrys Taxi schiebt und die Tür hinter sich zuknallt. Sein beschämter Begleiter bleibt schweigend zurück.
Terry steigt ein und startet den Wagen. - Gehtsen hin, Chef?
-Wie bitte? Der Business-Punk starrt über seine lichtempfindlichen Gläser hinweg in einen undurchdringlichen Lockendschungel.
Terry dreht sich zu ihm herum. - Wohin. Soll. Ich. Sie. Fahren.
Der Business-Punk ist sich durchaus bewusst, dass Goldlöckchen da vorne mit ihm spricht wie mit einem Kleinkind. Dieser dämliche Mortimer. Kann sich um nichts vernünftig kümmern. Ihm hab ich diese Scheiße zu verdanken. Seine Hände verkrampfen sich um den Sicherheitsgurt, und er muss trocken schlucken. - Ins Balmoral Hotel.
Das Hotel Amore! Gute Wahl, mein Freund, erwidert Terry, dessen Hirn sofort sämtliche Bräute abruft, die er im Balmoral gefickt hat, wofür sich jedes Jahr zwei besonders gute Gelegenheiten bieten: Das Edinburgh International Festival im August und die Zeit um Hogmanay herum sind durch nichts zu toppen, wenn es darum geht, seine übliche Diät aus Prollmuschis und abgestumpften Pornostars ein wenig aufzumotzen. - Also, was machste so beruflich?
Ronald Checker, seines Zeichens nicht nur einflussreicher Baumagnat, sondern dank der Reality-TV-Serie The Prodigal - Der verlorene Sohn auch bekannter Fernsehstar, ist es nicht gewohnt, unerkannt zu bleiben. Als Spross einer reichen Familie aus Atlanta ist der Harvard-Absolvent in die Fußstapfen seines Vaters getreten und ins Immobiliengeschäft eingestiegen. Ron Checker und sein Erzeuger standen sich nie sonderlich nahe - ein Umstand, der es ihm erleichterte, rücksichtslos die umfangreichen Kontakte des Alten zu nutzen, um möglichst viel Geld zu scheffeln. So überflügelte der Sohn den Vater, und als es ihm im sonnigen Süden der USA zu eng wurde, machte er sich auf, die weite Welt zu erobern. Ron beschloss, den großen Sendern eine TV-Show anzudrehen, in der er selbst als eine jugendlich punkige Südstaaten-Version von Donald Trump auftrat, der ja mit The Apprentice sehr erfolgreich war. Ein befreundeter Designer hatte die Idee mit dem Irokesenschnitt, und einer der Marketingfritzen beim Sender prägte den Slogan »Wer wagt, gewinnt«. Bereits in der dritten Staffel angelangt, ist The Prodigal längst eine weltweit vermarktete Show, und Checker ist sich sicher, dass sie auch im britischen Fernsehen läuft. Obwohl es ihm ein wenig unangenehm ist, fragt er den Fahrer: - Haben Sie schon mal The Prodigal gesehen?
-Nich live, aber kennen tu ich die natürlich, antwortet Terry und nickt. - Diese »Smack My Bitch Up«-Nummer war ja nich jedermanns Sache, aber es gibt Tussis, die stehen auf so n Zeug. Die harte Nummer, verstehste? Nich, dass ich Sexist wär oder so was. Ich richte mich da ganz nach den Damen. Deren Wunsch is mir Befehl. Genauso, wies sich fürn Gentleman gehört. Stimmts oder hab ich recht?
Checker hat Schwierigkeiten, diesen Taxifahrer zu verstehen. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als bestätigend zu grunzen. - Hmm.
-Biste verheiratet, mein Freund?
Derart aufdringliche Distanzlosigkeiten von einem Fremden, zumal von diesem vulgären schottischen Taxifahrer, ist Checker nicht gewohnt. Eben im Begriff, mit einem barschen »Kümmern Sie sich gefälligst um Ihren eigenen Dreck« zu antworten, erinnert er sich im letzten Moment daran, wie sehr ihn sein PR-Team nach dem Fiasko von Nairn bekniet hat, künftig ein wenig mehr auf die Menschen einzugehen und sie für sich zu gewinnen. Eine Charme-Offensive, die dringend nötig war, nachdem er bei einer Immobilienerschließung eine kleine Bucht sowie ein paar denkmalgeschützte Häuschen plattgemacht und einige seltene Enten von ihren Brutplätzen verscheucht hatte. Statt sich über den Golfplatz, die Wohnanlagen und die dadurch entstehenden Dienstleistungsjobs zu freuen, hatten sich die Einheimischen von dem Projekt eher wenig begeistert gezeigt.
Mühsam trotzt Checker seinem gekränkten Ego ein schmallippiges Lächeln ab und lässt sich dann zu einer Antwort herab: Geschieden, dreimal.
Mit einiger Verbitterung denkt er dabei erst an Sapphire, seine dritte Frau, dann - und diesmal verspürt er einen kurzen, stechenden Schmerz - an Margot, die erste Mrs. Checker. Er versucht sich an Monica zu erinnern, die diesen Titel in der Zeit zwischen den beiden anderen trug, kann sich aber kaum ihr Gesicht ins Gedächtnis rufen, was ihn erst erheitert, dann bestürzt. Vor seinem inneren Auge blitzen bloß das grinsende Gesicht eines Anwalts und eine fette achtstellige Summe auf. Für einen Mann, der noch keine vierzig ist, sind drei kaputte Ehen eine besorgniserregende Statistik.
-Autsch! Mein Beileid!, bekundet Terry sein Mitgefühl. - Weiber aufzureißen unds ihnen ordentlich zu besorgen hat mir noch nie Probleme gemacht, verkündet er triumphierend. - Mein treuer Kamerad hier, wie um sich zu vergewissern, greift er sich in den Schritt, - hatte noch nich viele freie Tage, das kannste mir glauben! Einer muss es ja machen. Stimmts oder hab ich recht? Während Terrys Grinsen breiter wird, registriert Checker zum eigenen Erstaunen, dass er den harten Sitz in seinem Rücken nach all den Luxusflugzeugen und Limousinen, in denen er sonst immer herumkutschiert wird, als echte Wohltat empfindet. - Aber sich an die Bräute zu binden, na ja . du weißt ja, wie so was ausgeht! Das Schlimmste, waste tun kannst, is dich zu verlieben. Du verarschst dich selber damit, dasste den Rest deines Lebens nur noch diese eine Tussi vögeln willst. Aber so sind wir nich gestrickt, mein...
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