Schweitzer Fachinformationen
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Mitten im Südatlantik, etwa auf halber Strecke zwischen dem afrikanischen und dem südamerikanischen Kontinent liegt die kleine Insel St. Helena. Diese Insel hat einen ganz besonderen und berühmten Einwohner namens Jonathan. Bei Jonathan handelt es sich um den, zum Zeitpunkt der Produktion dieses Buches, ältesten Landbewohner der Welt - er ist eine etwa 190 Jahre alte Riesenschildkröte. Jonathan ist damit nicht nur ein Rekordhalter und ein wahrer Überlebenskünstler, er ist wohl auch der letzte verbleibende Zeuge, der den Übergang in das industrielle Zeitalter Mitte des 19. Jahrhunderts noch erlebt hat. Jonathan war also bereits am Leben, als das Talentmanagement im Sinne der Gewinnung qualifizierter Fachkräfte mit der Entstehung von modernen Fabriken und Unternehmen erstmals an Bedeutung gewann, und er lebt auch heute noch, in einem neuen Zeitalter, in dem das globale Talentmanagement ermöglicht durch eine umfassende Vernetzung und Digitalisierung die nächsten 10 Jahre nochmals an Dynamik und damit einhergehender Disruption bestehender Arbeits- und Zusammenarbeitsmodelle zunehmen wird.
Abbildung 1: Die Entwicklung des Talentmanagements
Der Eintritt in das industrielle Zeitalter um die 1830er Jahre herum und die damit verbundene Entstehung von vielen industriellen Unternehmen, die großen Bedarf an qualifiziertem (Fach-)Personal hatten, markiert auch die erste Phase des Talentmanagements, das Talentmanagement 1.0. Die Frühphase der industriellen Revolution war dadurch gekennzeichnet, dass Mitarbeiter:innen in den Fabriken für die Arbeitgeber leicht ersetzbar waren. Entsprechend gab es keine geregelten Arbeitszeiten, die Arbeit war beschwerlich, und die Löhne reichten zumeist gerade mal für Essen und Unterkunft. Erst über die Jahre hinweg taten sich immer mehr Arbeiter:innen in Gewerkschaften zusammen und kämpften als Gemeinschaft für geregelte Arbeitszeiten, mehr Mitspracherechte und höhere Löhne. Erste Personalabteilungen wurden in dieser Talentmanagementphase zwar in einigen Unternehmen bereits aufgebaut, deren hauptsächliche Aufgaben lagen jedoch zunächst hauptsächlich in der Verwaltung des Personals, der Einsatzplanung und der Organisation der Vergütung (Grosskopf 2018). Nach den beiden Weltkriegen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewannen jedoch auch die Themen Rekrutierung und Personalauswahl zunehmend an Bedeutung. Deutschland erholte sich von den desaströsen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs und erlebte ab den 1950er Jahre ein Wirtschaftswunder. Um den zunehmenden Personalbedarf, der in der Folge bei den Unternehmen entstand, decken zu können, richteten Talentmanager:innen ihren Fokus auch über die Grenzen Deutschlands hinaus und rekrutierten Gastarbeiter aus dem Ausland.
Als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs, die Unternehmen in der westlichen Welt vermehrt in die Entwicklung neuer Technologien investierten, veränderten sich die Tätigkeiten vieler Arbeitnehmer:innen und somit zunehmend auch das Talentmanagement. Durch die neuen Technologien konnten mehr und mehr Tätigkeiten automatisiert werden, wodurch weniger Talente in der Produktion, dafür mehr Talente in Verwaltungs-, Organisations- und Planungstätigkeiten benötigt wurden. Statt Produktionsmitarbeiter:innen wurden entsprechend vermehrt Wissensarbeiter:innen gesucht. Insbesondere Fortschritte in der Computertechnologie und die Kommerzialisierung der ersten Personal Computer (PC) ab Mitte der 1970er Jahre führten dazu, dass sich auch die Kompetenzen und Fähigkeiten, die Arbeitgeber in Talenten suchten, deutlich veränderten. Die Tätigkeiten und somit auch die Anforderungen an Arbeitnehmer:innen wurden komplexer und spezifischer, wodurch Talente auch nicht mehr ohne weiteres durch beliebige andere Talente ersetzt werden konnten. Die Ausbildungen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen der Talente gewannen zunehmend an Bedeutung, wodurch eine neue Ära des Talentmanagements begann - das Talentmanagement 2.0. Neben der anforderungsorientierten Rekrutierung und Personalauswahl rückten in dieser Ära besonders die Themen der Talentbindung und Talententwicklung zunehmend in den Fokus.
Ab den frühen 1990er Jahren eroberte eine neue Technologie die Welt - das Internet. Es vernetzte Menschen weltweit, und der Megatrend Globalisierung erhielt einen deutlichen Schub. In der Folge wurde auch das Talentmanagement vernetzter und globaler. Mithilfe des Internets konnten nicht nur Talente auf der ganzen Welt gesucht werden, auch das gesamte Bewerber:innen- und Mitarbeiter:innenmanagement veränderte sich durch eine zunehmende Kommunikation über digitale Kanäle, wie E-Mails, oder durch die neuen Möglichkeiten, neue Talente über Onlinestellenbörsen anzusprechen oder mittels internetbasierter Auswahltests auszusuchen. Die Arbeitswelt insgesamt und die Arbeit von Talentmanager:innen im Besonderen wurden also flexibler, und die Ära des Talentmanagements 3.0 wurde eingeläutet. Mit zunehmender Flexibilität und zunehmender Erreichbarkeit über das Internet sowie über Mobiltelefone rückte allerdings auch erstmals die Frage in den Vordergrund, wie eine gesunde Balance zwischen Berufsleben und Privatleben erreicht werden kann.
Mit dem Aufkommen von sozialen Medien und Smartphones sowie weiteren mobilen Endgeräten ab Mitte der 2000er Jahre bekamen die Flexibilitäts-, Digitalisierungs- und Globalisierungstrends einen erneuten Schub. Besonders für das Talentmanagement eröffneten sich dadurch neue Möglichkeiten. Informationen über Talente waren nun nicht mehr nur auf die Bewerbungsunterlagen beschränkt. Öffentlich einsehbare Daten auf sozialen Netzwerken konnten von nun ab von Talentmanager:innen genutzt werden, um auch selbst aktiv Talente für die Organisation zu identifizieren und diese selbst anzusprechen. Hinzu kam auch, dass es nun immer einfacher wurde, nach passenden Talenten weltweit zu suchen und diese auch durch Internettechnologien »aus der Ferne« ins eigene Unternehmen einzubinden. Auf der anderen Seite können nun auch Talente die sozialen Medien nutzen, um sich erstmals auch selbst als potenzielle Arbeitnehmer:innen zu präsentieren. Vernetzte Smartphones und mobile Endgeräte erlauben nun noch mehr Flexibilität für viele Arbeitnehmer:innen, da viele Tätigkeiten (vor allem Wissensarbeiten) unabhängig von Zeit und Ort erledigt werden können. Die ständige Erreichbarkeit, die damit einhergeht, ist jedoch nicht nur Segen, sondern oftmals auch Fluch für die Talente. Das gesundheitsfördernde »Abschalten«, also die Vermeidung von arbeitsrelevanten Themen während der privaten Zeit, ist nun nicht mehr generell gegeben, sondern muss aktiv gemanagt werden. Durch die Möglichkeit der flexiblen Arbeit ist auch der Talentpool für viele Organisationen längst nicht mehr nur lokal begrenzt, sondern kann global ausgedehnt werden. In dieser vierten Ära des Talentmanagements führen zunehmende Digitalisierung, mobiles Arbeiten, hohe Flexibilität und der zunehmende Austausch mit Talenten, die auf der ganzen Welt verstreut sind, dazu, dass dem Talentmanagement in vielen Firmen eine wachsende strategische Bedeutung zukommt.
Längst sind die wertvollsten Unternehmen nicht mehr die Produktionsunternehmen oder die Banken, die im 20. Jahrhundert die Wirtschaft bestimmt haben. Seit Ende der 2010er Jahre dominieren Unternehmen wie Google, Facebook (mittlerweile Meta)1, Amazon, Apple oder Tencent, die ihr Geld mit digitalen Geschäftsmodellen verdienen, den Markt. Statt physischer Produkte bieten diese Unternehmen ihren Kund:innen digitale, oftmals individuell zugeschnittene Lösungen an, die die Kund:innen dann erreichen, wann und wo sie gebraucht werden. Ausschlaggebend für den Erfolg dieser Geschäftsmodelle sind dabei nicht mehr Kompetenzen im Bereich der Produktion, sondern wissensintensive und soziale Kompetenzen und Fähigkeiten, die für die Entwicklung, Verbesserung und Vermarktung dieser Lösungen benötigt werden. Kurz gesagt, statt Produktionsstätten sind heute Talente die strategisch entscheidenden Erfolgsfaktoren für Unternehmen. Die zunehmende Vernetzung, exponentiell steigende Datenbestände und rasante Entwicklungen neuer digitaler Technologien eröffnen nun noch mehr Möglichkeiten für das Talentmanagement, die besten Talente weltweit zu finden, sie für die Organisation zu gewinnen und auch langfristig an die Organisation zu binden. Diese Ära des Talentmanagements 5.0, in der wir uns nun befinden, wird dabei durch drei wesentliche Trends in der Arbeitswelt geprägt - Digitalisierung, Dezentralisierung und Demokratisierung.
DIGITALISIERUNG, DEZENTRALISIERUNG UND DEMOKRATISIERUNG. Die Covid-19-Pandemie...
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