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Einsamkeit - da ist man allein und fühlt sich schlecht. Grob zusammengefasst mag das stimmen, bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass Einsamkeit viele Facetten hat. Selbstverständlich können Sie direkt zu den hinteren Praxiskapiteln wechseln, dennoch möchte ich Sie einladen, sich zunächst rein sachlich mit der Thematik zu befassen - denn jede Information über Einsamkeit und darüber, wie sie entsteht und sich auf Körper und Geist auswirkt, wird Sie dem Kern Ihres persönlichen Anliegens näherbringen.
In der Psychologie wird Einsamkeit als das wahrgenommene Missverhältnis zwischen den gewünschten Beziehungen und den tatsächlich vorhandenen Beziehungen bezeichnet. Es ist im Prinzip die Feststellung, dass man sich gerne jemandem anvertrauen möchte, aber niemanden zum Reden hat. Dabei handelt es ich um ein subjektives Gefühl, das häufig mit traurigen bis hin zu depressiven Gefühlen verbunden ist und sich darin nachhaltig vom Gefühl des Alleinseins unterscheidet.
Alleinsein beschreibt dagegen den objektiven Zustand, keine Menschen um sich herum zu haben. Dieser Zustand kann zum einen bewusst gesucht werden und zum anderen mit positiven Gefühlen verbunden sein. Viele Menschen genießen das Alleinsein, ohne sich einsam zu fühlen, und nicht wenigen reicht ein einziger guter Freund aus.
Einsamkeit hat verschiedene Facetten. Wenn Ihnen ein liebevoller Partner oder eine beste Freundin fehlt, spricht man beispielsweise von emotionaler Einsamkeit. Dieses Gefühl kann sich auch dann einstellen, wenn Sie ein großes Netzwerk an Freunden und Bekannten haben und dennoch eine emotionale Lücke spüren: Trotz der vielen Leute scheint da niemand zu sein, dem Sie sich anvertrauen können oder dem Sie sich wirklich nah fühlen.
Soziale Einsamkeit wiederum steht für das Fehlen eines tragfähigen Freundes- und Bekanntenkreises. Diese Form der Einsamkeit kann man auch dann erleben, wenn man in einer festen Partnerschaft lebt.
Für Abraham Maslow, Mitbegründer der humanistischen Psychologie, steht das Streben nach "Alleinzeiten" als Teil der Selbstverwirklichung an der Spitze der Pyramide menschlicher Bedürfnisse. Sind alle anderen, grundsätzlicheren Bedürfnisse - z. B. Nahrung, Einkommen und Freundschaft - zuvor gestillt worden, ist man weniger abhängig von äußeren Faktoren. Nach Maslow ist dann der Wunsch nach Zugehörigkeit erfüllt und das Bedürfnis, allein zu sein, entsprechend höher.
Man ist also nicht zwangsläufig einsam, wenn man allein ist - selbst dann nicht, wenn man diesen Zustand oft und gerne sucht. Ich selbst habe ab und an gerne Zeit für mich, um innezuhalten, mich zu erholen und konzentriert auf etwas einzulassen. So kann ich Aufgaben in meinem Rhythmus erledigen und mich dem sozialen Druck einer Gruppe entziehen. Studien zeigen, dass Alleinsein heilsam sein kann, insbesondere wenn wir uns in die Natur zurückziehen.
Alleinzeiten können sogar der Schlüssel für funktionierende Beziehungen sein, da sie es ermöglichen, negative Gedanken und Glaubenssätze in Ruhe zu überprüfen und so zu verändern, dass ein unbefangenes, positives Interagieren mit anderen Menschen möglich wird.
Der US-amerikanische Professor für Psychologie, Kenneth Rubin, hat untersucht, unter welchen Bedingungen die Zeit, die man allein verbringt, als nützlich und lohnend empfunden wird:
Sie sind freiwillig allein.
Wenn Sie möchten, können Sie sich jederzeit einer sozialen Gruppe anschließen.
Sie können Gefühle wie beispielsweise Angst oder Ärger erfolgreich kontrollieren.
Sie wissen, wie Sie positive und unterstützende Beziehungen mit Ihnen nahestehenden Personen initiieren und aufrechterhalten können.
Ist dies nicht der Fall, erhöht sich das Risiko der Einsamkeit, da Sie sich ohnmächtig und dem Alleinsein ausgeliefert fühlen. Sobald das Gefühl entsteht, die Kontrolle zu verlieren und keinen Einfluss auf die eigene Situation nehmen zu können, verstärkt sich der Eindruck von Ausgrenzung, Ablehnung und Trauer. Diese Gefühle sind weniger bedrohend, wenn Sie sich trotz des Alleinseins einer größeren Gruppe zugehörig fühlen.
EINSAM UNTER MENSCHEN
John Cacioppo, der kürzlich verstorbene, bekannte Einsamkeitsforscher, hat mit seinen Kollegen an den Universitäten von Ohio und Chicago viel über den Ursprung und die Auswirkungen von Einsamkeit herausgefunden. Die Ergebnisse seiner Arbeiten zeigen, dass Einsamkeit nicht automatisch aus dem Alleinsein entsteht. Jedoch kann das Alleinsein eine Spätfolge von Einsamkeit sein und diese verstärken.
Anhaltende Einsamkeit kann selbst kontaktfreudige Personen treffen. Teil einer Paarbeziehung oder Clique zu sein bedeutet nicht zwangsläufig, dass man sich zugehörig und gut aufgehoben fühlt. Zwar gelten Verheiratete statistisch gesehen als weniger einsam, aber auch ein Ehegelübde bietet keine Garantie gegen Einsamkeit (mehr dazu im Kapitel "Eine Partnerschaft schützt nicht vor Einsamkeit" ab Seite 125). Fehlen Aufmerksamkeit und Wertschätzung, kann eine Beziehung das Gefühl der inneren Verlassenheit mehr schüren, als wenn man ohne Partner wäre.
Zeit, die man nur mit sich verbringt, ist eine Voraussetzung für ein erfülltes Leben. Alleinzeiten lassen unsere Persönlichkeit reifen, weil sie es uns ermöglichen, über uns nachzudenken und Bilanz zu ziehen. Mit uns selbst konfrontiert, werden wir automatisch achtsamer. Im Alltagstrott befinden wir uns meist unter einem sehr hohen Reizniveau, was dazu führt, dass unsere Aufmerksamkeit ständig beansprucht wird. Wir verpassen dadurch viele Eindrücke - Eindrücke, die uns guttäten, uns ausruhen ließen, uns ins Gleichgewicht brächten.
Bewusstes Alleinsein senkt die permanente Reizüberflutung; wir können uns dadurch auf das Wesentliche konzentrieren. Dabei mögen zwar auch negative Erinnerungen und Gedanken hochkommen, aber die haben meist einen kathartischen Effekt. Nicht wenige haben in Momenten der Einsamkeit bedeutende Einsichten. Lebenszusammenhänge werden klar, und die neu gewonnenen Erkenntnisse schaffen Abstand, die uns zu Lösungen und neuen Ideen führen. Alleinzeiten haben viel Potenzial und können uns mehr Zufriedenheit und inneren Frieden schenken.
Sich hin und wieder einsam und von aller Welt verlassen zu fühlen, ist normal. Jeder erlebt regelmäßig vorübergehende Phasen von Einsamkeit - meistens gehen diese Hand in Hand mit schwierigen Übergangsphasen. Ich habe das zum ersten Mal erlebt, als ich nach dem Abitur als Au-pair nach Frankreich ging. Statt Savoir-vivre war in den ersten Monaten allerdings eher Katzenjammer angesagt. Ähnliches habe ich bei Berufswechseln, Umzügen oder Trennungen erlebt.
Doch irgendwann ebbt der Schmerz automatisch ab, und nach einer Phase des Rückzugs wagt man sich vorsichtig wieder hinaus in die Welt. Das gilt sogar für schwerwiegende Umbrüche wie den Tod eines nahestehenden, geliebten Menschen. Machen Sie sich also in einem ersten Schritt bewusst, dass Einsamkeit kein unwiderruflicher Dauerzustand sein muss. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, Ihr Leben in die Hand zu nehmen und etwas zu verändern.
Kurzfristige Phasen von Einsamkeit sind vollkommen normal und kein Grund zur Sorge. Wenn jedoch das Gefühl der Einsamkeit und Isolation zunimmt und langfristig anhält, sollten Sie auf bestimmte Symptome achten und ggf. Maßnahmen ergreifen, um mit chronischer Einsamkeit umzugehen.
Chronische Einsamkeit bedeutet, sich über einen längeren Zeitraum von anderen isoliert zu fühlen. Man empfindet sich als nicht zugehörig und hat das Gefühl, niemanden wirklich zu kennen. Man kann sich niemandem anvertrauen und hat niemanden, dem man besonders nahesteht. Beziehungen zu anderen erlebt man als eher oberflächlich; gleichzeitig ist man jedoch nicht fähig, eine enge Bindung zu anderen herzustellen. Hinzu kommen oftmals tief verwurzelte Gefühle von Unzulänglichkeit sowie ein niedriges Selbstwertgefühl bis hin zu Selbsthass.
Die Anzeichen für chronische Einsamkeit unterscheiden sich je nach Person und Situation. Sollten einige oder alle der folgenden Symptome über einen längeren Zeitraum hinweg auf Sie zutreffen, haben Sie es möglicherweise mit chronischer Einsamkeit zu tun:
Sie haben keine engen oder besten Freunde. Sie haben niemanden, dem Sie sich anvertrauen können. Zwar kennen Sie einige Leute, aber das sind eher Bekannte.
Sie fühlen sich unfähig, sich auf einer tieferen, intimeren Ebene mit anderen zu verbinden. Die Beziehung zu Freunden und Familie ist oberflächlich. Sie fühlen sich weder mit den anderen verbunden, noch ist das...
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