Schweitzer Fachinformationen
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Lass es sie nie merken, wenn du ins Schwitzen kommst.
Nicole Grant, ehemalige Dating-Guru und Partnervermittlerin der Reichen und Schönen, wusste: Es war ein schlechtes Zeichen, wenn die Philosophie, nach der man lebte, aus einer Deo-Werbung stammte. In der Welt der Sinnsprüche war dieser nicht im entferntesten so hochtrabend wie Nichts ist so erfolgreich wie Erfolg oder ganz so motivierend wie Wenn es dir beim ersten Mal nicht gelingt, versuch es wieder, und noch einmal. Doch als sie im Torbogen von Bitsy Baynards Esszimmer in Palm Beach stand und sich angestrengt untersagte, sich die schwitzigen Hände an den Seiten ihres Vintage-Valentino-Cocktailkleids abzuwischen, war dieser Spruch so ungefähr alles, woran sie sich klammern konnte.
Niemand in diesem Raum wusste oder würde jemals wissen, dass sie einen Großteil ihres restlichen Bargelds für einen Haarschnitt mit Färben ausgegeben hatte oder dass sie ihr Make-up umsonst bei Saks Fifth Avenue bekommen hatte, nachdem sie dort am Kosmetikschalter einen Aufstand gemacht und die Fluggesellschaft verwünscht hatte, die angeblich ihren Kosmetikkoffer nicht mit nach Palm Beach geflogen hatte.
Sie richtete sich auf und machte sich durch das feierlich dekorierte Esszimmer auf den Weg zu ihrem Platz. Dabei dankte sie dem Himmel für Gene, die es ihr auch mit 46 Jahren noch erlaubten, wie jemand auszusehen, die das Sagen hatte, mit einem grazilen Hals und ihren berühmten Wangenknochen. Die lebenslange Angewohnheit zu joggen und eine kürzliche, wenngleich unwillkommene Phase harter körperlicher Arbeit hatten ihren einst so flotten Metabolismus davon abgehalten, ins Stottern zu geraten.
Bitsys Tisch war für 20 Personen gedeckt. Wie versprochen, hatte sie ihre Gästeliste aus der erschreckend kleinen Anzahl von Palm-Beach-Bewohnern zusammengestellt, die kein Geld an Nicoles Bruder verloren hatten. Malcolm Dyer war vor Kurzem in ein Sicherheitsgefängnis für kriminell Unersättliche eingezogen.
Bitsy hatte ihr versichert, dass keiner der Gäste auf Malcolms Schneeballsystem zu sprechen kommen würde, das Nicole ebenso in den finanziellen Ruin getrieben hatte wie Hunderte anderer Opfer. Aber als sie ihre Plätze einnahmen, spürte Nicole ihre Blicke auf sich wie die von Autofahrern, die an einem Autowrack nicht vorüberfahren können, ohne abzubremsen und es anzustarren.
Nicole hob das Kinn und trotzte den Blicken. Jeder von ihnen war ein potenzieller Kunde oder eine künftige Referenz. Sie lächelte Bitsy dankbar an, als sie sah, welcher Platz ihr zugeteilt worden war. Es war der neben Helen Maryn, einer Geschiedenen, deren erster Mann sie für eine bekannte Jockette verlassen hatte und deren zweiter in ein tibetisches Kloster geflohen war, um sich zu finden. Es war eine solch verzehrende Suche nach sich selbst gewesen, dass er drei Jahre später immer noch damit beschäftigt gewesen war, als Helen ihn schließlich aufgespürt hatte, um sich von ihm scheiden zu lassen.
Helen Maryns Gesicht war rund und rosa und erinnerte auf unglückliche Weise an Miss Piggy. Doch während sie mit körperlichen Attributen dürftig ausgestattet schien, waren ihre Vermögenswerte ansehnlich.
«Sie sind also so was wie die Partnervermittlung für Millionäre?», fragte Helen, als der erste Gang abgeräumt war.
«Ja», entgegnete Nicole mit freundlichem Lächeln. «Aber ohne das Vulgäre und ohne Angestellte mit verrücktem Haarschnitt.» Und ohne das Geld oder den Ruhm. Beides hatte ihr Bruder ihr gestohlen.
«Nicole hat Bertrand und mich zusammengebracht», fiel Bitsy hilfsbereit ein und strahlte ihren Ehemann an, der sich als eine mehr als lohnende Investition erwiesen hatte. «Sie hat viele prominente Ehen vermittelt. Und sie ist sehr diskret.»
Nicole warf Bitsy ein warmes und dankbares Lächeln zu. Die Partie von Bitsy und Bertrand war einer von Nicoles befriedigendsten Erfolgen. Von den Hunderten reicher und berühmter Kunden, für die sie Partner gefunden hatte, war Bitsy die Einzige, die Nicole nicht die Nase vor der Tür zugeschlagen hatte, als öffentlich bekannt wurde, in welchem Verhältnis sie zu Malcolm Dyer stand.
Eine Linie feiner Schweißperlen bildete sich über Nicoles Oberlippe, und sie musste sich erneut in Erinnerung rufen, dass sie an Malcolms Verbrechen keine Schuld trug. Sie war nicht die Aufpasserin ihres erwachsenen Bruders. Diese Aufgabe hatte jetzt die Landesregierung übernommen.
Sie lächelte weiter, während die Forelle à la russe serviert wurde, und zwang sich, das Essen zu genießen. In ihrer unmittelbaren Zukunft rechnete sie nicht mit Mahlzeiten, die von einem an Cordon bleu ausgebildeten Spitzenkoch zubereitet worden waren. Es kam nicht in Frage, sich das hier verderben zu lassen.
«Und sie macht in einer neuen Fernsehsendung auf Lifetime mit», fuhr Bitsy fort. «Darin werden Häuser wieder schick gemacht. Nicole und ihre Kostars haben Bella Flora renoviert, ein wunderschönes Haus im mediterranen Stil, das ihnen oben an der Küste von Florida gehört. Und jetzt kümmern sie sich um ein Gebäude in South Beach in Miami.» Sie wandte sich an Nicole. «Wie heißt die Sendung, Nikki?»
«Alles Neu.» Genau das erhoffte sie sich auch selbst insgeheim von der Serie. «Die Pilotsendung wird am 1. Juli ausgestrahlt», fügte Nicole hinzu. Sie sah keine Notwendigkeit auszuführen, dass die Mitwirkung in dieser Serie für sie bedeutete, einen weiteren Sommer vor einer erbarmungslosen Kameralinse Knochenarbeit leisten zu müssen. Oder dass sie und Madeline Singer und Avery Lawford diesmal in einem Haus schuften würden, das ihnen nicht gehörte und von dem sie bislang noch nicht einmal ein Foto gesehen hatten.
Nicole griff nach ihrem Weinglas. «Wenn die Pilotsendung gut läuft, werden die Episoden aus Miami nächstes Frühjahr landesweit gezeigt.» Falls nicht, wäre Schwitzen vor Zuschauern ihr geringstes Problem.
Von der gegenüberliegenden Tischseite aus folgte eine Frau mit Adleraugen ihrem Gespräch. Sie beugte sich vor und verzog das Gesicht zu etwas, das ein Lächeln hätte werden können, wenn die plastische Chirurgie ihr die geringste Kontrolle über ihre Gesichtsmuskulatur gelassen hätte. «Es muss für Sie im Moment unmöglich sein, neue Kunden zu finden», sagte sie. «Ich meine, Ihre Firma existiert doch gar nicht mehr, oder?» Sie sprach in einem Ton, den man gemeinhin mit einer gehobenen Augenbraue unterstrich, doch diese Akzentsetzung war ihr nicht mehr möglich. Ihre beiden Brauen wölbten sich in einem ewig überraschten Ausdruck nach oben.
«Ich bin Heart, Incorporated», sagte Nicole und hob eine Augenbraue, nur um zu zeigen, dass sie es konnte. «Ich habe die Büros in New York und L.A. geschlossen, aber das waren nur Adressen. Ich biete noch immer dieselben Dienstleistungen und lege die höchsten Maßstäbe an, um einen Kunden abzusichern.» Sie riss raffiniert beide Augen ein Stück weiter auf, nur um die Frau neidisch zu machen. «Und ich garantiere noch immer für die besten Ergebnisse.»
Immerhin hatte sie eine junge Frau angemessenen Reifegrads für den griechischen Lebensmittelmagnaten Darios T. gefunden. Für andere Kunden hatte sie Arbeitslisten erstellt, auf denen von der gewünschten Beinlänge bis zur Hirnkapazität alles aufgeführt war. Über die Jahre hatte sie gelernt, dass eine Ehe auf vielerlei basieren kann, solange das Verhältnis von Risiko und Gewinn für beide Parteien gleich vorteilhaft erscheint.
Nicole hielt das Gespräch mit Helen Maryn beim Dessert und auch später im großen Salon in Gang, einem wunderbaren Raum mit bodentiefen Fenstern an der Längsseite, die auf den in schönster Perfektion getrimmten Garten des Anwesens hinausblickten. Doch auch ohne das stümperhafte Schmunzeln der Frau mit dem gefrorenen Gesicht wusste sie, dass sie sie verloren hatte.
«Ich würde mich freuen, Sie morgen zu treffen, bevor ich nach Miami fahre», sagte Nicole trotzdem, wobei sie sorgsam darauf achtete, dass ihre Verzweiflung sich nicht in ihrer Stimme zu erkennen gab. «Wir könnten uns zu einem späten Mittagessen treffen und besprechen, wonach Sie suchen.» Auch wenn sie ihre Notfall-Kreditkarte benutzen müsste, um für das Essen zu bezahlen, würde es sich lohnen. Sie könnte einen Vorschuss einstreichen und eine prominente Kundin landen. Sie brauchte nur eine einzige, auf der sie aufbauen konnte.
Helens Augen glitten zur Seite. Die Frau mit dem gefrorenen Gesicht nickte und hob eine halbe Lippe.
Ohne mit dem Lächeln aufzuhören, zog Nicole eine Visitenkarte aus ihrer Abendtasche und reichte sie Helen. Den restlichen Abend tat sie so, als hätte sie weder Sorgen noch Schulden auf dieser Welt und als wären ihre Tage als Partnervermittlerin nicht gezählt.
«Sie ist wieder vom Haken gesprungen, oder?», fragte Bitsy, als sie die Massivholztür hinter dem letzten Gast geschlossen hatte.
Nicole nickte und brachte ein unbekümmertes Schulterzucken zustande. «Ich weiß den Abend trotzdem zu schätzen. Und das Essen war wunderbar.» Sie umarmte Bitsy. «Ich werde dir deine Mühen nicht vergessen.»
In der vornehmen Gästesuite stieg Nicole aus dem grauen Seidenkleid und hängte es sorgfältig auf einen gepolsterten Bügel. In dem vergoldeten Bad voller Spiegel drehte sie sich die Haare auf und befestigte sie mit einem Clip. Sie begutachtete den Bademantel, der an der Tür hing, und öffnete die Flasche mit dem teuren Badeschaum, die neben der löwenfüßigen Wanne stand. Sie drehte den Wasserhahn auf, und als die Wanne voll war, ließ sie sich in das dampfend heiße Wasser sinken und seufzte angesichts seiner geschmeidigen...
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