Schweitzer Fachinformationen
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Seit dem tragischen Tod ihrer Schwester ist im Leben von Beth nichts mehr so, wie es war. Sie vermisst ihre engste Vertraute schmerzlich, und ihre Eltern sind seither so ängstlich, dass sie Beth auf Schritt und Tritt bewachen. Doch eines Nachts schleicht sie sich heimlich zu einer Party. Dort trifft sie Chase, einen attraktiven und charmanten jungen Mann, der gerade erst in die Stadt gezogen ist. Sofort knistert es zwischen den beiden, und Beth schwebt im siebten Himmel. Bis sie erfährt, dass Chase ein düsteres Geheimnis hütet, das mit dem Tod ihrer Schwester eng verwoben ist ...
»Hallo, mein Kerlchen.« Ich lache, während Morgan, der Hund der Nachbarn, quer über die Wiese zu mir rennt und an meiner kakifarbenen Hose hochspringt.
»Morgan, komm her«, ruft Mrs Rennick außer sich. »Tut mir leid, Lizzie«, sagt sie und eilt herbei, um den großen schwarzen Mischling von mir wegzuzerren. Allerdings mit eher mäßigem Erfolg. Sie ist sehr klein und Morgan sehr groß, der Unterschied zwischen ihnen also nur marginal.
»Kein Problem, Mrs R. Ich liebe Morgan«, sage ich, hocke mich zu ihm und kraule ihn hinter den Ohren. Er japst glücklich und schlabbert mir quer durchs Gesicht. »Und es ist jetzt Beth«, erinnere ich sie. Ich bin siebzehn, und Lizzie ist ein Name, den ich gern weit, weit hinter mir lassen würde. Leider scheine ich mit diesem Wunsch jedoch ziemlich allein zu sein.
»Ach, stimmt. Beth also, bestärke ihn doch nicht auch noch«, schimpft sie und zerrt an seinem Halsband.
Ich kraule ihn noch ein paar Mal hinterm Ohr, bevor ich ihn freigebe.
»Deine Mutter bekommt sicher einen Anfall«, kommentiert Mrs R.
Ich schaue an mir hinunter, Hundehaare hängen an meiner weißen Bluse, auf der bereits Schokoladenspritzer von der Arbeit sind. »Ich muss mich sowieso umziehen.«
»Sag ihr bitte trotzdem, dass es mir leidtut.« Sie zerrt Morgan weg. »Ich passe nächstes Mal besser auf.«
»Bitte nicht«, sage ich. »Ich freue mich über jede Sekunde mit Morgan. Das ist die Strafe wert. Außerdem spricht jetzt ja gar nichts mehr gegen ein Haustier.« Ich schiebe das Kinn vor. Den Grund für die haustierfreie Zone gibt es bereits seit drei Jahren nicht mehr, selbst wenn meine Eltern das ungern zugeben.
Mrs R verstummt für einen Moment. Ich kann nicht sagen, ob sie sich ein paar Worte über meine Kaltherzigkeit verkneift - oder über die Strenge meiner Mutter. Aber ich bin zu feige nachzuhaken.
»Deine Mutter wird schon ihre Gründe haben«, sagt sie schließlich und winkt dann zum Abschied noch mal kurz. Sie will sich lieber nicht einmischen. Gute Entscheidung. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich es auch so machen.
Morgan und Mrs R verschwinden in ihrer Garage. Ich drehe mich um und betrachte unser Haus. Wie gern wäre ich jetzt woanders.
Ich werfe einen Blick auf mein Handy. Keine neuen Nachrichten von meiner besten Freundin Scarlett. Wir haben heute Morgen überlegt, ob wir nach meiner Schicht im Ice Cream Shoppe noch was unternehmen. Am Montag geht die Schule wieder los. Für Scarlett geht ein spaßiger Sommer zu Ende. Ich hingegen bin der Freiheit einen Schritt näher gekommen.
Ich lasse den Kopf kreisen, um die Anspannung zu lösen, die mich beim Anblick des Hauses sofort befällt. Ich atme langsam aus und befehle dann meinen Füßen, sich weiterzubewegen.
Im Flur begrüßt mich schon Taylor Swifts Bad Blood. Moms Playlist ist 2015 in Endlosschleife. Sam Smith, Pharrell und One Direction, als sie noch zu fünft waren. Ich ziehe meine hässlichen schwarzen Arbeitsschuhe aus und werfe meine Handtasche auf die Bank.
»Lizzie, bist du das?«
Würde es sie umbringen, mich einmal Beth zu nennen?
Ich beiße die Zähne zusammen. »Ja, Mom.«
»Räumst du bitte deinen Platz im Flur auf? Dort wird es allmählich unordentlich.«
Ich schaue auf meinen Teil der Bank. So unordentlich ist es nun auch wieder nicht. Ein paar Jacken hängen an den Haken, ein Stapel Bücher von Sarah J. Maas, die ich gerade zum achtzigsten Mal lese, liegt dort, außerdem Pfefferminzbonbons, eine Flasche Bodyspray, die Scarlett mir vom letzten Sale bei Victoria's Secret mitgebracht hat, und ein paar Sachen für die Schule.
Einen Seufzer unterdrückend, sortiere ich alles oben auf die Maas-Bücher und gehe dann in die Küche.
»Hast du aufgeräumt?«, fragt Mom, ohne von den Möhren aufzusehen, die sie gerade schneidet.
»Ja.« Das Essen wirkt unappetitlich. Dann wiederum wirkt alles unappetitlich, wenn ich von der Arbeit komme.
»Sicher?«
Ich fülle ein Glas mit Wasser. »Ja, Mom. Ich habe aufgeräumt.«
Offenbar gelte ich als unglaubwürdig, denn Mom legt das Messer weg und verschwindet im Flur. Zwei Sekunden später höre ich: »Lizzie, hattest du nicht gesagt, du hast aufgeräumt?«
Ich stelle laut das Glas hin und folge ihr. »Hab ich ja auch«, sage ich und zeige auf den ordentlichen Stapel.
»Und was ist damit?«
Ich folge ihrem ausgestreckten Zeigefinger zu einer Tasche, die an einem Haken hängt, der nicht zu meinen gehört. »Was ist denn damit?«
»Deine Tasche hängt an Rachels Haken«, sagt sie. »Du weißt, wie blöd sie das fand.«
»Und?«
»Häng sie weg.«
»Warum?«
»Warum?« Ihr Gesicht ist plötzlich verkniffen, die Augen schmal. »Warum? Das weißt du ganz genau. Häng sie sofort da weg.«
»Ich . ach, weißt du was, okay.« Ich greife an ihr vorbei und lasse die Tasche auf meinen Teil der Bank fallen. »Da, bist du jetzt zufrieden?«
Mom presst die Lippen aufeinander. Sie unterdrückt einen beleidigenden Kommentar, aber die Wut leuchtet klar und deutlich in ihren Augen.
»Du solltest es besser wissen«, sagt sie, bevor sie auf dem Absatz kehrtmacht. »Und bürste dir die Hundehaare ab. Haustiere sind hier nicht erlaubt.«
Zornige Bemerkungen drängen in meinen Mund, schnüren mir den Hals zu, füllen mir den Kopf. Ich muss die Zähne so heftig zusammenbeißen, dass mein Kiefer schmerzt. Würde ich das nicht tun, kämen die Worte alle heraus. Die schlimmen. Die mich dastehen lassen würden, als wäre ich gefühllos, egoistisch und eifersüchtig.
Und vielleicht bin ich das ja alles. Vielleicht. Aber ich lebe immerhin noch, sollte das nicht auch was wert sein?
Gott, ich kann es nicht erwarten, mit der Schule fertig zu sein. Hier ausziehen zu können. Ich kann es nicht erwarten, endlich aus diesem beschissenen, blöden, verdammten Gefängnis herauszukommen.
Ich ziehe an meiner Bluse. Ein Knopf platzt ab und prallt auf die Fliesen. Ich fluche leise. Jetzt muss ich Mom anflehen, das doofe Ding heute noch wieder anzunähen, weil ich nur eine Arbeitsbluse habe. Ach, scheiß drauf. Was soll's? Wen kümmert es schon, ob ich eine saubere Bluse anhabe? Dann müssen die Gäste im Eiscafé halt einfach wegschauen, wenn ihnen die paar Schokoflecken und Hundehaare zu eklig sind.
Ich schmeiße die Bluse auf die Bank und die Hose gleich dazu. Dann schlendere ich in Unterwäsche in die Küche.
Mom macht ein angewidertes Geräusch.
Als ich den Fuß auf die unterste Treppenstufe setze, fällt mein Blick auf einen Stapel weißer Umschläge auf der Arbeitsfläche. Die Schrift kommt mir bekannt vor.
»Was ist das?«, frage ich beunruhigt.
»Deine Collegebewerbungen«, antwortet sie emotionslos.
Horror erfasst mich. Mein Bauch zieht sich beim Blick auf die Umschläge zusammen, beim Blick auf die Handschrift, auf den Absender. Wie kommen die hierher? Ich flitze rüber und gehe sie durch. USC, University of Miami, San Diego State, Bethune-Cookman University.
Der Damm, der meine Gefühle im Zaum hält und den ich vorhin kaum aufrechterhalten konnte, bricht.
Ich schlage mit der Hand darauf. »Woher hast du die?«, will ich wissen. »Ich habe sie doch in den Briefkasten gesteckt.«
»Und ich habe sie wieder herausgeholt«, sagt Mom, den Blick noch immer auf die Möhren vor sich gerichtet.
»Warum? Warum solltest du so was tun?« Ich spüre Tränen, die immer kommen, wenn ich wütend werde.
»Wozu willst du dich dort bewerben? Du wirst ja doch auf keins dieser Colleges gehen.« Sie greift zu einer Zwiebel.
Ich lege meine Hand auf ihren Arm. »Was meinst du damit, dass ich auf keins dieser Colleges gehen werde?«
Sie schiebt meine Hand weg und schaut mir kalt und hochmütig in die Augen. »Wir zahlen für deine Ausbildung, also gehst du an die Schule, die wir für dich aussuchen - Darling College. Du brauchst keine weiteren Bewerbungen zu schreiben, wir haben deine für Darling schon ausgefüllt und eingereicht. Wir erwarten die Zulassung im Oktober.«
Darling ist ein Internetcollege, bei dem man sich praktisch seinen Abschluss kauft. Es ist kein echtes College. Ein Abschluss von Darling ist nichts wert, niemand nimmt ihn ernst. Als sie im Sommer gesagt haben, sie wollen, dass ich dort studiere, hab ich das für einen Scherz gehalten.
Mir bleibt der Mund offen stehen. »Darling? Das ist nicht mal ein richtiges College. Das ist .«
Sie wedelt mit dem Messer in der Luft. »Ende der Diskussion, Elizabeth.«
»Aber .«
»Ende der Diskussion, Elizabeth«, wiederholt sie. »Wir wollen nur dein Bestes.«
Ich kann sie nur groß anschauen. »Mich zu zwingen, hierzubleiben, ist mein Bestes? Ein Abschluss von der Darling ist nicht mal das Papier wert, auf den er gedruckt wird!«
»Du brauchst keinen Abschluss«, sagt Mom. »Du arbeitest für deinen Dad, und wenn er in den Ruhestand geht, übernimmst du sein Eisenwarengeschäft.«
Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter. O mein Gott. Sie werden mich für immer hierbehalten. Sie werden mich nie, nie gehen lassen.
Mein Traum von Freiheit erlischt wie eine Kerze nach einem Windstoß.
Worte kommen mir über die Lippen. Ich will sie eigentlich nicht sagen, aber der Damm ist gebrochen.
»Sie ist tot, Mom. Sie ist schon seit drei Jahren tot. Dass sie nicht aus der Schule kommt, liegt...
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