Schweitzer Fachinformationen
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Ich stieg aufs Gas, bis die Reifen im Schlamm durchdrehten, und betete zu den Göttern der Mordermittlung. Bitte gebt mir den nötigen Durchblick, damit ich selbstbewusst auftrete und mich im neuen Job nicht gleich blamiere.
Die Götter schwiegen, dafür dröhnte die Stimme meines Chefs aus der Freisprechanlage. »Haben Sie die Infos mitbekommen? Leiche in einer Höhle . riecht nach Mandeln . Buch über Philosophie .«
Ich starrte das Handy an, als ob ich dadurch besser hören könnte. Offenbar hatte Richard noch nicht gemerkt, dass der Empfang schlecht war, sonst hätte er seinen Monolog vermutlich unterbrochen. Hatte er tatsächlich »Philosophie« gesagt? Bei den Todesfällen, mit denen wir uns beschäftigten, waren normalerweise Chaos und Alkohol im Spiel, Philosophie hatte da eher nichts zu suchen.
Wieder ein paar von Richards Wortfetzen: »Kratzer im Gesicht .« Dann brach die Verbindung endgültig ab.
Ich wich einem Felsbrocken aus und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. Sie stieg langsam zwischen halbverfallenen Feldmauern aus losen Steinen an, dahinter lagen Weiden mit mürrisch dreinschauenden Schafen, die wie weiße Tupfer aus dem Grün stachen. Es nieselte, was bedeutete, dass man jede Spurensicherung vergessen konnte. Zu meiner Linken gingen die Wiesen in Wald über; ich bemerkte einen trostlosen Parkplatz mit ein paar Polizeifahrzeugen, und mein Navi verkündete prompt, dass ich mein Ziel erreicht hatte.
Ich fuhr auf den Parkplatz und nahm mir einen Augenblick Zeit, um mich zusammenzureißen. Natürlich war der Tod eines Mannes kein Grund zum Jubeln, aber wenigstens waren die Umstände originell und ich zufällig in der Nähe. Ich war jetzt Inspector und der Lage gewachsen. Meine Mission Neustart in Derbyshire konnte beginnen. Ich holte zur Stärkung tief Luft, stieg aus dem Auto und betrat einen Fußweg, der zu beiden Seiten mit blauweißem Polizeiband abgegrenzt war.
Der Pfad stieg an und endete am Fuße eines stillgelegten Steinbruchs. Ich stapfte durch altes Laub und vor allem Matsch, was mein Hinken verstärkte. Die nasse Erde blieb so hartnäckig an meinem Schuhwerk kleben, als hätte sie es auf mich abgesehen. Höchste Zeit, mein Fitnessprogramm in Gang zu bringen. Derzeit beschränkte ich mich darauf, im New Scientist Artikel über die Vorzüge regelmäßiger Bewegung zu lesen. Leider wurde man mit Mitte dreißig überflüssige Pfunde auf diese Weise nicht los.
Durch die Bäume sah ich direkt auf einen schroffen Steinhang, rosig leuchtend im Abendlicht. An seinem Fuß spannte sich Polizeiband zwischen Felsbrocken und verkrüppelten Eichen, die so gut wie niemals Sonne abbekamen, und grenzte einen Bereich ab. Dicht an der Absperrung stand ein niedriges Polizeizelt. Dort nahm ich mir einen Ganzkörperschutzanzug, dazu Gesichtsmaske, Überschuhe und Handschuhe.
Der diensthabende Sergeant trug einen Bart und wirkte ein bisschen zu groß für seine Uniform.
»Sergeant Pearson«, sagte er. »Ben. Keine Spuren zertrampelt. Alles unter Kontrolle.«
Ich hatte ihn noch nicht persönlich kennengelernt, aber sein Name sagte mir etwas. Laut Gerüchten, die auf der Wache kursierten (verlassen konnte man sich auf so etwas nicht, das gebe ich zu), hatte er unzählige Tätowierungen. Zu sehen war nichts, aber angeblich war sein Rumpf vollständig tätowiert und Gegenstand großer Bewunderung - so viel zum Tratsch der Polizeikräfte in Derbyshire.
»DI Meg Dalton«, stellte ich mich vor und ließ meinen Blick kurz über den abgegrenzten Bereich schweifen. Da war niemand, der aussah, als wäre er tot.
Ben zeigte auf die steile Felswand. »In einer ehemals bewohnten Höhle.«
An dieser Wand zog sich eine enge Treppe hoch; die Stufen waren durch Jahre der Abnutzung blank und ausgetreten. An ihrem Ende, in einer Höhe von etwa fünfzehn Fuß, führte eine halbrunde Öffnung in den Fels, gerade hoch und breit genug für eine Person.
»Da oben ist eine Behausung, mitten im Fels? Mit einer Leiche?«
»Bingo«, sagte Ben.
»Ziemlich gruselig.«
Bens Augenbrauen schoben sich zu einem schnellen Runzeln zusammen. »Ach, dann haben Sie also davon gehört .?« Sein Blick wanderte hinauf zum dunklen Höhleneingang.
»Wovon gehört?«
»Tut mir leid, ich hatte Sie falsch verstanden. Vergessen Sie's, es ist nicht wichtig.«
Ich seufzte. »Also, was ist mit dem Toten?«
»Laut Pathologe liegt der Todeszeitpunkt erst ein paar Stunden zurück. Die Spurensicherung war bereits oben.« Er deutete mit dem Kopf auf einen Mann in weißem Overall, der am Fuß der Felswand Erbrochenes in Augenschein nahm.
»Von wem stammt das?«
»Von einem Hund, hat wohl was Schlechtes gefressen.«
»Der Hund?«
»So hat man die Leiche entdeckt. Einem Typen ist der Hund weggelaufen, er hat überall nach ihm gesucht und irgendwann von dort oben was gehört«, Ben deutete mit dem Daumen zur Felsöffnung. »Er ist hinauf, hat die Leiche gesehen und seinen Hund wiedergefunden, der dabei war, etwas aufzulecken.«
»Ich hoffe, der Hund hat sich nicht an der Leiche zu schaffen gemacht.«
»Ein Labrador, der hätte sicher nichts dagegen gehabt. Aber es handelte sich um die Plastikverpackung von einem Kuchen oder so was. Sieht so aus, als wäre der vergiftet gewesen.«
»Ist der Hund okay? Wo steckt sein Besitzer? Hat jemand seine Aussage aufgenommen?«
»Alles schon erledigt. Die sind zum Tierarzt, aber dem Hund schien es wieder ganz gut zu gehen. Er hat nur ein paar Krumen gefressen, meinte der Besitzer.«
»Interessanter Fundort für eine Leiche«, sagte ich. »Mich haben Höhlenbehausungen immer schon fasziniert.«
Ben trat an die Steilwand und berührte den Fels. »In dieser Gegend gibt es unzählige Höhlen, natürlich waren die wenigsten jemals bewohnt.« Er zögerte, als sei er nicht sicher, ob er mich mit seinen Erzählungen noch länger aufhalten sollte, schließlich wartete ein Leichenfund auf mich.
»Ich mach mich besser auf den Weg«, sagte ich, obwohl ich eigentlich nicht scharf darauf war, mit meinem verwachsenen Fuß die Stufen hochzuhumpeln. Außerdem hatte das schwarze Loch im Fels etwas Beunruhigendes. »Was wollten Sie eben eigentlich noch sagen? Nachdem ich das Wort gruselig in den Mund genommen habe?«
Ben lachte, aber seine Augen blieben ernst. »Ach, machen Sie sich keine Gedanken. Ich bin hier in der Gegend aufgewachsen. Nichts als ein Gerücht, völlig unbedeutend.«
»Und was sagt dieses Gerücht?«
»Etwas Blödsinniges, angeblich spukt es in der Höhle.«
Ich lachte ebenfalls, er sollte bloß nicht auf die Idee kommen, dass mich das irgendwie verunsicherte. »Na, dieser Mann wird wohl kaum das Opfer eines Gespensts geworden sein.« Vor meinem geistigen Auge huschten bleiche Gestalten aus der Tiefe heran und begrapschten den Leichnam mit ihren langen Fingern. Ich verbannte sie sofort aus meinen Gedanken.
»Man sagte mir, der Tote rieche nach Mandeln. Bittermandeln?«
»Ja, ganz leicht. Eigentlich verbreitet eine Leiche diesen Mandelgeruch erst, wenn man den Magen öffnet.« Ben warf sich in Pose - Beine breit, die Brust vorgereckt - und redete sich warm. Ich hoffte, er würde es mit seinem belehrenden Gehabe nicht übertreiben. Dabei war ich nicht einmal mehr blond - ich hatte mein Haar braun gefärbt, damit wirkt man gleich intelligenter, und zwar im Farbton meiner Mutter, wegen der Glaubwürdigkeit. Aber dass ich klein war, daran konnte ich nichts ändern, und an meinem Hinken, das sofort Beschützerinstinkt auslöste, auch nicht.
»Stimmt, danke, ich weiß«, sagte ich ein wenig kurz angebunden. »Und, hat der Tote auch einen Namen?«
Ben warf einen Blick ins Protokoll. »Peter Hugo Hamilton.«
»Und er war bereits tot, als man ihn fand?«
»Ja, genau. Obwohl ich schon Leute gesehen habe, die toter waren.«
»Gib es das denn? Eine Steigerung von Totsein?«
Ben verschränkte die Arme. »Ohne Maden ist man noch nicht sehr tot.«
»Na, dann wollen wir mal sehen.« Ich ging zur Treppe und stieg sie langsam hoch. Nach wenigen Stufen zwickte es im Knöchel. Ich hielt an und warf einen Blick in die Tiefe. Ben streckte ungeschickt die Arme aus, als wollte er die Hände auf meinen Hintern legen und mich stützen, und darauf war ich nun gar nicht scharf. Ich stieg die Stufen so weit hinauf, bis ich in die Höhle spähen konnte. Ein schwacher Lichtstrahl fiel auf die hintere Wand, ansonsten war alles dunkel. Ich wartete ab, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, nahm die letzte Stufe und stieg hinein.
Modriger Geruch drang mir in die Nase. In der Höhle war es kühl und still, die Decke beängstigend niedrig. Ein kleiner Raum, allerdings verschmolzen die Wände mit dem Dunkel, und es war durchaus möglich, dass von hier aus Gänge tiefer in den Fels führten. Beim Dämmerlicht aus der winzigen Fensteröffnung und dem schmalen Eingang konnte man nicht viel erkennen. Ich griff nach meiner Taschenlampe und leuchtete umher. Eine völlig irrationale Vorstellung überfiel mich - vielleicht würde mich unerwartet etwas aus der Dunkelheit anspringen oder der Leichnam sich auf mich stürzen. Ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, es war von kaltem Schweiß bedeckt. Zum Teufel, jetzt stell dich nicht so an und mach deinen Job, redete ich mir zu.
Der Tote lag an der hinteren Höhlenwand, sein Körper lang ausgestreckt und starr. Eine Hand war an den Magen gepresst, die andere umklammerte den Hals. Ich leuchtete mit der Taschenlampe in sein Gesicht. Aus...
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