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Für eine gute Wette gab es keinen besseren Ort als einen Ball, pflegte Diana zu sagen.
Oder würde sie zu sagen pflegen. Vom heutigen Abend an, nachdem sie eine solche Wette abgeschlossen hatte.
Es war Juli, und die Londoner Saison neigte sich dem Ende zu. Es war Dianas sechste und die dritte seit dem Tod ihres Ehemanns, Viscount Templeton. Sie befand sich in einem überfüllten Ballsaal im Hause von Lord und Lady Rocheford, deren Einladung zum Ende jeder Saison unter den feinen Herrschaften zu den beliebtesten gehörte, aus Gründen, die Diana in diesem Moment entfallen waren, als sie sich zwischen eng aneinandergepressten Leibern und Unmengen an Kerzen um sie herum wiederfand.
Um ehrlich zu sein, empfand Diana den gesamten Abend als ziemlich langweilig. Mittlerweile ging es ihr immer häufiger so, was ein wenig beunruhigend war. Als sie debütiert hatte, war sie so darauf versessen gewesen, ihrer Tante und ihrem Onkel zu entfliehen, und hatte sich in den sozialen Strudel von London geworfen, direkt nachdem sie sich bei Hofe der Königin vorgestellt hatte. Daran hatte auch ihre Ehe mit Templeton nichts geändert. Sein Tod vor zweieinhalb Jahren jedoch hatte sie natürlich ausgebremst, doch nachdem ihre Trauerzeit vorüber gewesen war, hatte sie sich sofort wieder in die Gesellschaft und den ewigen Kreis aus Bällen und Dinnerpartys, venezianischen Frühstücken und Abenden im Theater, Hauskonzerten und Ausflügen in die Vauxhall Gardens integriert.
Doch in letzter Zeit hatte sie das Gefühl, dass etwas . fehlte. Dabei hatte sie alles, wovon sie jemals geträumt hatte: einen wohlhabenden Ehemann mit Adelstitel, der schon bald abgedankt und eine wohlhabende Witwe mit Adelstitel hinterlassen hatte. Dazu ein Londoner Stadthaus mit Bediensteten, die ihr jeden Wunsch von den Lippen ablasen, und mehr Malutensilien, als sie sich je hätte vorstellen können, gute Freunde, die ihr die Tage versüßten, und ein paar attraktive Gentlemen, mit denen sie abends flirtete.
Und dennoch war sie an jenem Abend, während sie eifrig mit ihren Freunden plauderte und ihre Freundin Emily dabei beobachtete, wie sie mit dem skandalträchtigen Lord Julian Belfry übers Parkett wirbelte, ein wenig . unzufrieden.
Deshalb kam es ihr ganz gelegen, dass der Marquess of Willingham genau in diesem Moment beschloss, den Mund zu öffnen - eine Entscheidung, die so häufig für viele Männer ein Fehler war -, und ihr gegenüber folgende Warnung aussprach: »Es ist ein Fehler, Lord Belfry mit Lady Emily zu verkuppeln. Ich kenne keinen Mann, der für die Ehe weniger geeignet wäre. Wissen Sie denn nichts über seinen Ruf?«
Langsam drehte sich Diana zu ihm um und hob eine Augenbraue. »Mhm, ja«, bestätigte sie und lächelte Willingham zuckersüß an. »Aber ich finde, er ist nicht schlechter als Ihrer, Mylord.«
Willingham setzte das einseitige Grinsen auf, das so typisch für ihn war und sie in den Wahnsinn trieb. Er war wirklich äußerst attraktiv mit seinen blauen Augen, den hohen Wangenknochen und dem markanten Kiefer. Und dieses Grinsen machte sein Gesicht nur noch schöner. »Touché. Aber ich habe auch nicht vor, zu heiraten. Also bleibe ich bei meiner Meinung.«
»Das sagen Sie jetzt«, erwiderte Diana mit einer gewissen Skepsis. »Aber muss ich Sie daran erinnern, dass Sie ein Marquess sind? Irgendwann werden Sie einen Erben zeugen müssen.«
Willingham zuckte mit den Schultern. »Ich habe einen Cousin, der ganz sicher nichts dagegen hat zu erben. Er hat eine äußerst fruchtbare Frau, wenn ich mich recht entsinne.«
Ungeduldig schüttelte Diana den Kopf. »Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Natürlich werden Sie irgendwann heiraten.« Ihr war bewusst, dass ihre Freunde angefangen hatten, der Unterhaltung zu folgen. Sie spürte, wie sie ihre Aufmerksamkeit auf sie und Willingham richteten, obwohl sie den Blick nicht von seinem Gesicht abwandte. Die besagten Freunde waren ihre engsten: Dianas Freundin Violet, zusammen mit ihrem Ehemann Lord James Audley, Dianas Bruder Penvale und Lady Fitzwilliam Bridewell, eine neue Freundin von Violet - und bis vor Kurzem Willinghams Geliebte.
Erneut zuckte Willingham mit den Schultern, eine Geste, die Diana so sehr aufregte, dass sie ihr Publikum umgehend wieder vergaß. »Wenn Sie meinen«, sagte er. »Bisher ist mir noch keine Debütantin über den Weg gelaufen, die ich nicht unerträglich gefunden hätte. Bitte entschuldigen Sie also, wenn ich nicht voll und ganz überzeugt bin.«
»Sie kannten mich, als ich eine Debütantin war«, presste Diana hervor.
»Ach ja?«, fragte Willingham mit solch einer gespielten Überraschung, dass Diana bei jedem anderen in Gelächter ausgebrochen wäre. »Oh, ich glaube, Sie haben recht.«
Natürlich entging ihr nicht, dass er es versäumt hatte, sich zu entschuldigen.
Diana atmete tief durch und versuchte, ihre Nerven zu beruhigen. Willingham schaffte es, sie auf die Palme zu bringen, ohne dass er sich überhaupt Mühe geben musste. Und so war es nicht überraschend, dass die folgenden Worte aus ihrem Mund kamen, bevor sie richtig darüber nachdenken konnte. »Ich wette, dass Sie innerhalb eines Jahres heiraten werden. Ich würde in null Komma nichts eine Braut für Sie finden.«
Willingham lachte laut auf. »Das Geld wäre mir sicher, Lady Templeton.«
»Dann nehmen Sie die Wette also an?«, drängte Diana. »Und ich darf die potenziellen Kandidatinnen aussuchen?«
»Warum nicht?«, fragte Willingham mit der völlig unangebrachten Selbstsicherheit, die für sein Geschlecht so typisch war. »Ich glaube, ich werde der Versuchung widerstehen können. Worum wollen wir wetten?«
Diana dachte kurz nach. Wenn sie sich schon darauf einließ, sollte sie in die Vollen gehen. »Einhundert Pfund.« Während sie sprach, sah sie Willingham direkt in die Augen, denn sie wollte seine Reaktion auf die exorbitante Summe sehen. Doch er hielt nur für den Bruchteil einer Sekunde inne.
»Abgemacht«, erwiderte er schnell und streckte ihr die Hand entgegen. »Wollen wir uns darauf die Hand geben?«
Wenn man bedachte, dass sie diesem Mann gerade eine Summe geboten hatte, die etliche Jahresgehälter ihrer Bediensteten gedeckt hätte, war es absurd, dass sie ausgerechnet jetzt zögerte. Doch sie war es nicht gewohnt, einem Mann auf Augenhöhe die Hand zu schütteln. Sie war es gewohnt, dass sie sich galant über ihre Hand beugten, in dem Versuch, einen Blick auf ihr Dekolleté zu erhaschen. Doch dann streckte sie ebenfalls die Hand aus und schüttelte seine kräftig. Sein Händedruck war stark und überraschend beruhigend, was kein Adjektiv war, das sie Willingham zugeschrieben hätte.
Nun war es also abgemacht: Willingham würde innerhalb eines Jahres heiraten, ansonsten würde Diana ihm einhundert Pfund zahlen müssen. Diana musste zugeben, dass diese Wette nicht unbedingt zu ihren wohlüberlegten Entscheidungen gehörte. Nun, da sie ihn vor ihren Freunden herausgefordert hatte, konnte sie nur schlecht zugeben, dass sie es als höchst unwahrscheinlich erachtete, dass Willingham in den nächsten zwölf Monaten tatsächlich heiraten würde. Aber es würde bestimmt für einige Lacher sorgen, wenn sie Willingham ein Jahr lang auf jedem Event ihre Bekanntschaften vorstellen würde. Allein das war den Verlust von einhundert Pfund wert.
Vielleicht hätte die Sache keine großen Wellen geschlagen - wäre sie nicht weniger als eine Stunde später Willinghams Großmutter begegnet.
Die verwitwete Marchioness of Willingham war in der feinen Gesellschaft so etwas wie eine Legende. Sie war schon seit Jahrzehnten Witwe und lebte das ganze Jahr über in London, wurde gleichermaßen verehrt und gefürchtet. Ihre scharfe Zunge hatte schon mehr als einen Ruf ruiniert, und irgendwie beherrschte sie es, immer das auszusprechen, was sie dachte, ohne auch nur ein Fünkchen ihrer gesellschaftlichen Macht zu verlieren.
Auch Diana verehrte sie natürlich, doch in diesem Moment war sie nicht unbedingt erfreut, sie zu sehen. Diana war gerade von einem Ausflug in den Rückzugsraum mit Violet und Emily zurückgekehrt. Violet war verschwunden, um nach ihrem Ehemann zu suchen, und Emily hatte einem rotwangigen, stotternden Jüngling, der gerade sein Studium in Oxford abgeschlossen hatte und ganz offensichtlich zu Tode verängstigt war, weil er drauf und dran war, mit einer der schönsten Damen der feinen Gesellschaft zu tanzen, einen Tanz versprochen. Diana warf einen Blick auf ihre eigene Tanzkarte und stellte fest, dass sie diesen Tanz Audley versprochen hatte. Doch so entschlossen, wie Violet dreingeblickt hatte, als sie sich auf die Suche nach ihm gemacht hatte, war Diana ziemlich sicher, dass er nicht zum Tanz erscheinen würde.
Stattdessen ging sie durch den Ballsaal, blieb hin und wieder stehen, um sich mit einer Bekannten zu unterhalten und Gentlemen kokette Blicke zuzuwerfen. Henry Cavendish, der zweite Sohn eines Earls und ein ehrloser Lebemann, war ihr ins Auge gestochen und kam nun auf sie zu. Ein vielversprechendes Lächeln umspielte seine...
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