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Ein Bienenleben ist kein Honigschlecken. Es verläuft nach genau vorgegebenen, äußerst erfolgreichen Regeln innerhalb einer Hierarchie, die das Überleben des Bien, wie der Gesamtorganismus Bienenvolk bezeichnet wird, über eine unvorstellbar lange Zeit gewährleistet haben. Die älteste nachgewiesene Honigbiene soll bereits vor 40 Millionen Jahren existiert haben; einige Forscher halten ihre Existenz auf dieser Erde sogar für doppelt so alt. Honigbienen, von denen es weltweit mehrere unterschiedliche Arten gibt, sind nicht einfach nur Honigmacher, sondern staatenbildende, höchst soziale und ungemein interessante Wesen, deren einziges Ziel es ist, unbeirrbar dem Wohlergehen des Bienenkollektivs zu dienen.
In Mitteleuropa haben ImkerInnen die westliche Honigbiene, Apis mellifera, heimisch gemacht. Ihre Lebenszeit ist nur kurz, durchschnittlich endet ein Bienenleben nach vier bis fünf Wochen, die Königin ausgenommen. Länger leben nur die Winterbienen, die das während der Winterruhe stark verkleinerte Volk im Frühjahr noch so lange versorgen müssen, bis der Nachwuchs in seine unterschiedlichen Aufgaben hineingewachsen ist. Zur Bienenhochsaison, im frühen Sommer, umfasst ein Bienenstaat immerhin bis zu 50.000 Bienen gegenüber 10.000 bis 20.000 im Winter. Er besteht aus einer Königin, vielen Arbeiterinnen und relativ wenig Drohnen, deren einziger Lebenssinn darin besteht, die Königin zu begatten, während die Arbeiterinnen vom ersten Tag des Schlüpfens an nach einem bewährten System die unterschiedlichsten Aufgaben zu erfüllen haben. Wie diese Aufgabenteilung funktioniert und wie eine Biene darüber informiert wird, was sie wann und wie lange zu tun hat, ist und bleibt vielfach rätselhaft. Selbst für erfahrene ImkerInnen, die wissen, was sie erwartet, ist der Blick in das normalerweise in völliger Dunkelheit ablaufende Wirrwarr eines Bienenstocks, dem eine eigenartige, deutlich spürbare Energie entströmt, immer wieder ein eindrucksvolles Erlebnis. Bienenforschern auf der ganzen Welt ist es zwar gelungen, anhand von unzähligen Experimenten der Honigbiene und ihrem Volk, dem Bien, zumindest einige Geheimnisse zu entlocken. Wie Bienen aber den Überblick bewahren und miteinander kommunizieren, wird in letzter Konsequenz wohl für immer ihr ureigenstes Geheimnis bleiben, auch wenn wir uns noch so sehr um die Entschlüsselung ihres Verhaltens bemühen. Fest steht, dass vieles über Duft, Hormone und Vibrationsreize, ja sogar Elektrizität gesteuert wird. Am erstaunlichsten ist aber wohl ihre eindeutig demokratische Lebensweise, denn Entscheidungen trifft nicht die Königin, sondern nach Diskussion die Mehrheit im Bienenstock, und das sind die Arbeiterinnen. Faszinierend ist unter anderem auch das höchst soziale Verhalten der Bienen beim Auffinden ergiebiger Futterquellen, die sie über den berühmten "Schwänzeltanz" im Stock vermelden und dabei Richtung, Entfernung und Ergiebigkeit des Fundes dokumentieren.
© Gerda Walton
Viele fleißige Bienen auf ihren Waben
Bienen haben Erfolg, weil sie für ein gemeinsames Ziel arbeiten.
Bei den Arbeiterinnen ist ein Giftstachel zwar ausgebildet, er besitzt jedoch Widerhaken, die in der Haut des Gestochenen stecken bleiben. Die Biene wird durch den Verlust des Stachels tödlich verletzt. Sie benützt ihn folglich nur, wenn sie sich selbst oder ihren Bienenstock in Gefahr sieht. Wespen können hingegen mehrmals zustechen, aber nur wenige Arten sind aggressiv. Ihr Stachel besitzt keine Widerhaken.
Wer gern beobachtet, was in seinem Garten kreucht und fleucht, der wundert sich immer wieder darüber. Kaum hat sich eine ergiebige Futterquelle im Garten eröffnet, hat sie eine Biene auch schon entdeckt und im Stock gemeldet. So etwas wie Futterneid kennt das Bienenvolk nicht. Ähnlich wie der Mensch Gefühle im Tanz auszudrücken vermag, informieren die fündig gewordenen Kundschafterinnen die Sammelbienen ihres Stocks durch den Schwänzeltanz über ihre Entdeckung. Über den Rundtanz werden Futterquellen in naher Umgebung kommuniziert. Mit Sicherheit kann man davon ausgehen, dass bald darauf eine ganze "Bienenfrauschaft" zur Ernte anrückt. Je nachdem, ob durch die Kundschafterinnen nektar- oder pollenreiche Blüten entdeckt wurden, werden spezielle Nektar- oder Pollensammlerinnen ausgeschickt, die schon bald schwer mit "Pollenhöschen" beladen oder mit gefüllter Honigblase in den Stock zurückkehren, und das bis zu 15-mal am Tag. Bedenkt man, dass die Außengrenzen der Sammeltätigkeit bis zu 3 km vom Bienenstock entfernt sein können, so ist das verblüffend. Die durchschnittliche Fluggeschwindigkeit beträgt bis zu 25 km/h. Für den Flug zur Nahrungsquelle, den ortskundige Bienen rasch zurücklegen, können Neulinge aber trotz Tanz und Orientierungshilfen, wie z. B. Duftstoffen (wie sie auch bei der Ankunft am Bienenstock zur Identifizierung benötigt werden), länger benötigen als bereits erfahrene Sammlerinnen. Als Sammelbiene auszufliegen ist der letzte "Job" im Leben einer Honigbiene, sie arbeitet sich buchstäblich zu Tode.
Eine ergiebige Futterquelle wird immer von mehreren Bienen zugleich abgeerntet
Bienen hinterlassen nach einem Blütenbesuch eine ca. 20 Minuten anhaltende Duftmarke, die mehrere Insektenarten davon abhält, die "abgeerntete" Blüte gleich wieder anzufliegen. Man kann das gut beobachten. Fand keine Befruchtung statt, wird durch die Pflanze möglichst rasch Bienennahrung nachproduziert. Oft werden Blüten mehrfach bestäubt, da nicht jeder Bienenbesuch den zur Befruchtung führenden, genetisch richtigen Pollen liefert. Manche Pflanzen, z. B. Lungenkraut, Rosen oder Rosskastanie, machen den Bienen die Erkennung, ob noch Pollen produziert wird, raffiniert einfach, indem sie nach der erfolgten Befruchtung ihre Blütenfarbe wechseln. Danach ist die Blüte allenfalls noch für Nektarsammlerinnen interessant. Bei Rosen ziehen sich die wie kleine Strahlen aus der Blüte herausragenden Staubgefäße nach der Befruchtung zu einem unansehnlichen Bällchen zusammen und vermelden so, dass die Tankstelle geschlossen hat.
Nach der Befruchtung zieht sich die Rosenblüte zu einem unansehnlichen Bällchen zusammen
Eine Sammelbiene verlässt den Stock, um die Zurückgebliebenen mit energiereicher Nahrung zu versorgen, benötigt selbst aber auch Treibstoff. In der Regel entfernt sie sich nicht weiter als 1-2 km von ihrem Stock, sodass gewährleistet ist, dass die Energieausbeute den Eigenverbrauch übertrifft. Ein gesundes Bienenvolk vermag an einem einzigen Arbeitstag mehrere Millionen Blüten zu besuchen. Nur zum Vergleich: Ein üppig blühender Kirschbaum trägt rund 1 Million Blüten. Für eine Füllung ihrer Honigblase muss die Biene, je nach Ergiebigkeit, bis zu 100 Blüten anfliegen. Für 1 kg Honig müssen 3 kg Nektar gesammelt werden, das entspricht rund 60.000 Füllungen, für deren Zustandekommen 6 Millionen Blütenbesuche nötig sind. Bei Pollen sind die Zahlen ähnlich.
© Erhard Kontur
Bienen und Schwebfliegen beim Efeublüten-Besuch
Der Imkerbrauch, zu gewissen Zeiten mit den Bienenstöcken kurzfristig zu besonders ergiebigen Trachten zu übersiedeln, ist fraglos alt und wird auch heute noch zur Gewinnung spezieller Honigsorten, wie Wald-, Almrosen-, Heide- oder Kastanienhonig, praktiziert. Diese Wanderimker gehen sehr gedankenvoll und umweltgerecht mit ihren Bienenvölkern um. Mittlerweile hat sich die Bestäubungstätigkeit der Honigbiene jedoch weltweit zu einem lukrativen Wirtschaftszweig entwickelt. In praktisch allen Ländern dieser Erde, in denen die Obstproduktion zu einem beinharten Business geworden ist und Baum um Baum auf bis zum Horizont reichenden Plantagen ein monotones Dasein fristet, werden alljährlich Tausende gestresste Bienenvölker nach einem genauen Blühzeitplan per Lkw von einer Großplantage zur nächsten transportiert, damit die Bestäubung und somit die Obsternte gewährleistet ist. Grotesk mutet die Tatsache an, dass es sich bei diesen Plantagen zumeist um extreme Monokulturen handelt, in denen jede Begleitpflanze, also alles, was da eventuell sonst noch blühen und die "Bestäubungsmaschine" Biene von der Arbeit ablenken könnte, radikal weggespritzt wird. Die Bienen sollen gefälligst dort arbeiten, wofür ihr Besitzer bezahlt wird, einen jahreszeitlichen Ablauf im Bienenstock gibt...
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