Schweitzer Fachinformationen
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In der sportwissenschaftlichen Literatur wurden zum Thema Technik und Koordination unzählige wissenschaftliche Publikation und Bücher mit unzähligen unterschiedlichen Theorien und Methoden publiziert, die mehrfach bestätigt und auch widerlegt wurden. So findet man zum Thema Kontrolle und Steuerung von Bewegungen Informationsverarbeitungsansätze, Optimierungsmodelle, Frequenzcodierungsmodelle und systemdynamische Modelle und zum motorischen Lernen Stufentheorien, hierarchische Lerntheorien, Schematheorien und systemdynamische Lerntheorien (Birklbauer, 2006).
Diese unterschiedlichen Theorien vorzustellen, erscheint in diesem Kontext nicht sinnvoll, da das Buch ja sehr praxisorientiert sein soll. Deshalb wird hier auch nur auf die einschlägige Literatur verwiesen (Birklbauer, 2006).
Um den Zusammenhang, aber auch den Unterschied zwischen den Begriffen Koordination und Technik genauer zu definieren, eignet sich am besten Abb. 2.1. Koordination wird in diesem Zusammenhang als generelle, koordinative Basisfähigkeit verstanden (z. B. eine gute Beinkoordination) und Technik als spezifische, fertigkeitsbezogene Fähigkeit (z. B. eine bestimmte Wurftechnik im Handball).
Jede Bewegung, bis hin zum gezielten handballspezifischen Techniktraining, kann demnach als Verschiebung der Pole zwischen Generalität und Spezifität gesehen werden. Das heißt, es könnte im Training sinnvoll sein, ein eher fähigkeitsorientiertes Koordinationstraining (z. B. Beinkoordinationsübungen an der Koordinationsleiter), ein fertigkeitsorientiertes Koordinationstraining (z. B. Beinkoordinationsübungen mit Ball), ein fertigkeitsbezogenes (monotones) Techniktraining (z. B. ein Sprungwurftraining von einer bestimmten Position) oder ein fähigkeitsorientiertes (variables) Techniktraining (z. B. unterschiedliche Wurftechniken, von unterschiedlichen Positionen, mit unterschiedlichen Passrichtungen) durchzuführen.
Je nach Zielsetzung kann es demnach sinnvoll sein, zwischen den Polen Generalität und Spezifität zu variieren.
Abb. 2.1: Koordination und Technik zwischen den Polen Generalität und Spezifität (modifiziert nach Neumaier, 1999 und Rostock & Zimmermann, 1997)
Für eine etwas detaillierte Auseinandersetzung mit dem Thema Koordination und Bewegungssteuerung empfehlen sich aus der Vielzahl an unterschiedlichen Modellen die sehr anschaulichen und praxisorientierten koordinativen Anforderungskategorien nach Neumaier (1999). Der Autor definiert die koordinativen Anforderungen hinsichtlich der Informationsverarbeitung (Verarbeitung der Informationen aus den sensorischen Rückmeldungen) und den Druckbedingungen (Zielstellung der Bewegungsaufgabe).
Abb. 2.2: Koordinative Anforderungskategorien (modifiziert nach Neumaier, 1999)
Die Informationsanforderungen definieren in diesem Modell die sensorische Rückmeldung des Menschen, das heißt, von den Sensoren zum Gehirn. Diese sensorischen Rückmeldungen werden im Gehirn verarbeitet und dienen der optimalen Steuerung von Bewegungen, sind aber natürlich auch für das Erlernen neuer Bewegungen essenziell. In unserem Alltag (Arbeit und Freizeit) spielt in diesem Zusammenhang das Sehen (optische Sensorik) und Hören (akustische Sensorik) eine wichtige Rolle.
Für die Bewegungssteuerung hat vor allem das Gleichgewichtssystem eine wichtige Basisfunktion. Es ist uns oftmals nicht mehr bewusst, aber das motorische Gleichgewicht ist die Voraussetzung für den Großteil unserer Bewegungen (Stehen, Gehen, Laufen, .). Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch die Kooperation (also das Zusammenarbeiten) der einzelnen Sensoren. Mit einem einfachen Experiment (Stehen auf einem Bein mit offenen oder geschlossenen Augen) kann man überprüfen, dass erst die Kombination mit dem optischen System (Sehen) die Gleichgewichtsfähigkeit optimiert.
Als kinästhetische Sensoren werden die Sensoren der Körperoberfläche bezeichnet, die für den Tastsinn, das Druck-, Schmerz- und Temperaturempfinden wichtig sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Dichte dieser Sensoren sehr unterschiedlich ist. So ist in den Fingerkuppen die Dichte von Sensoren für den Tastsinn und das Druckempfinden besonders hoch, da über diese sensorische Rückmeldung die Feinmotorik der Finger gesteuert wird.
Für die Steuerung von Bewegungen sind aber vor allem die propriozeptiven Sensoren essenziell, da sie Rückmeldungen über die Stellungen der Gelenke, Muskeln und Sehnen geben. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch sogenannte monosynaptische Reflexe, das heißt, dass auf Reize nicht über das Gehirn reagiert wird, sondern direkt über das Rückenmark über einen unbewussten Reflex.
So haben wir in unseren Muskeln neben den Muskelfasern und dem Bindegewebe auch Muskelspindeln, die die Dehnung des Muskels messen können. Wird ein Muskel schnell und stark gedehnt, wird über die Muskelspindeln ein sensorisches Signal an das Rückenmark gesendet, das dann direkt (über einen unbewussten Reflex) die entsprechenden Muskeln aktiviert (damit der Muskel nicht zerreißt).
Dieser sogenannte Muskeldehnungsreflex wird im Sport aber auch für sehr viele schnelle Bewegungen ausgenutzt, das heißt, überall dort, wo ein Muskel zuerst gedehnt wird (bei jeder Ausholbewegung) und anschließend schnell aktiviert wird (in der Beschleunigungsphase). Dieser Reflex wirkt aber nur bei einer schnellen Muskeldehnung, das heißt, beim langsamen Dehnen eines Muskels löst man den Muskeldehnungsreflex nicht aus, und kann den Muskel deshalb weit dehnen. Beim wippenden Dehnen ist das nicht möglich, da hier der Muskeldehnungsreflex wirkt.
Spezielle Trainingsformen für die optimale Nutzung der propriozeptiven Sensoren wären das sogenannte propriozeptive Training oder das Training zur Verbesserung der aktiven motorischen Kontrolle isolierter Gelenke (siehe Kap. 2.3).
Die Druckbedingungen in den koordinativen Anforderungskategorien werden nach Neumaier (1999) in Präzisions-, Zeit-, Komplexitäts-, Situations- und Belastungsdruck unterteilt.
Präzisionsdruck definiert die Fähigkeit, Bewegungen möglichst genau durchzuführen, das heißt, die Bewegung selbst (Verlaufsgenauigkeit), oftmals hintereinander (Wiederholungsgenauigkeit) bzw. mit einem optimalen Ergebnis (Ergebnisgenauigkeit).
Zeitdruck ist die Fähigkeit, Bewegungen möglichst schnell durchzuführen, in Bezug auf den Bewegungsbeginn (Reaktionsschnelligkeit, etwa das schnelle Reagieren auf einen Reiz) und die Bewegungsdurchführung (Aktionsschnelligkeit, also eine Bewegung in möglichst kurzer Dauer und/oder mit einer möglichst hohen Endgeschwindigkeit durchzuführen).
Als Komplexitätsdruck wird die Fähigkeit verstanden, Teilbewegungen gleichzeitig (Simultankoordination) oder hintereinander (Sukzessivkoordination) durchzuführen. In diesem Zusammenhang spielt auch die Muskelauswahl eine wichtige Rolle, das heißt, welche Muskelgruppen (feinmotorisch/großmotorisch, links/rechts, Rumpf/Arme/Beine, .) an der Bewegung beteiligt sind.
Der Situationsdruck beschreibt die Anforderung hinsichtlich der Situationsvariabilität (mit immer veränderten Situationen konfrontiert zu werden) bzw. der Situationskomplexität (viele unterschiedliche Situationen gleichzeitig).
Der Belastungsdruck ist die Anforderung, mit physischer (Kraftanforderungen, Ermüdung, .) und/oder psychischer (Stress, Angst, .) Beanspruchung umzugehen.
Unterschiedliche sportliche Bewegungen haben sehr unterschiedliche Anforderungen im Bereich der Informationsanforderungen und Druckbedingungen, aber auch innerhalb einer Sportart kann es sinnvoll sein, diese Anforderungen unterschiedlich zu gewichten.
So wird im Handball beim Erlernen der Wurfbewegung das Hauptaugenmerk eher auf die Verlaufsgenauigkeit gelegt (also auf die Ausführung des Wurfs) und weniger auf die Ergebnisgenauigkeit (ein Tor zu erzielen).
Wenn möglich, sollten auch alle anderen Druckbedingungen reduziert werden (einfache Situationen, wenig komplex, nicht unter Zeitdruck, ohne Vorbelastung und ohne Erfolgsdruck). Im Hochleistungsbereich wird es hingegen auch im Training sinnvoll sein, die Druckbedingungen möglichst zu maximieren, um sich bestmöglich auf den Wettkampf vorzubereiten.
Das koordinative Anforderungsprofil für die Sportart Handball kann wie folgt definiert werden:
Informationsanforderungen: Hohe Anforderungen in den optischen (o: für den Überblick am Spielfeld) und den propriozeptiven (p: für die Bewegungssteuerung), mittlere Anforderungen in den...
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