Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Donald Duck ist eine interessante Person.
Also, ich sage Person, weil er wie ein Mensch ist. Wie ihr alle wisst, ist er eigentlich eine Ente. Aber er und alle anderen in Entenhausen sind wie Menschen. Das ist in meinen Augen auch das Besondere an ihnen. Sie haben, wie man ja sagt, Ecken und Kanten, sind aber liebenswerte Charaktere.
Donald zum Beispiel bezahlt nie seine Schulden und muss deshalb häufig die Flucht ergreifen, weil seine Gläubiger auf der Matte stehen. Er würde am liebsten andauernd in der Hängematte im Garten liegen, wird aber von seinem Onkel Dagobert, dem reichsten Mann der Welt, eigentlich natürlich der reichsten Ente der Welt, ständig in verrückte Abenteuer verwickelt. Donald ist auch manchmal jähzornig. Aber gleichzeitig ist er als Erziehungsberechtigter wie ein liebevoller Vater für seine drei kleinen Neffen (Tick, Trick und Track), er zeigt oft Mitgefühl und ist sogar ein Held, wenn er das Kostüm des Superhelden überstreift und als Phantomias (unterstützt vom genialen Erfinder Daniel Düsentrieb) Schurken jagt. Aber davon weiß niemand. Oder fast niemand.
Die Schurken sind in Entenhausen gar nicht so böse, zumindest meistens nicht. Also, die Panzerknacker, Kater Karlo, mit denen kann man oft auch Mitleid haben. Das Schwarze Phantom ist schon schwieriger, aber selbst der, also Plattnase, ist gar nicht unbedingt dieser böse Zerstörer, der er vielleicht gerne sein will. Ich finde das spannend. Also, ja, vielschichtig, ambivalent. Die Leute sind nicht nur so oder so, sie haben mehrere Seiten, und deshalb sind sie für uns . also, für uns Leser, interessant. Und . lebensnah. Nichts ist nur schwarz oder weiß.
Tobias hebt den Blick.
»Super«, sagt Herr Stenger.
Sofie nickt.
»Ja, und dann kommen eben die einzelnen Figuren«, sagt Tobias. »Also, das hatte ich euch ja gestern schon vorgetragen.«
»Ganz hervorragend«, sagt Herr Stenger. »Top.«
Tobias lächelt. Weil Herr Stenger sich ein klein wenig auch selbst lobt. Oder vermutlich sogar mehr als ein klein wenig. Mit einigen Sachen hat Herr Stenger ihm geholfen. Lebensnah, Facetten, vielschichtig, ambivalent, Ecken und Kanten . nichts ist nur schwarz oder weiß .
Glaubt doch kein Mensch, dass Toby diese Worte kennt. Trotzdem, die sind gut und eigentlich genau das, was Toby sagen wollte. Er kannte nur die Worte nicht, jetzt kennt er sie, dank Herrn Stenger. Und es macht Spaß, mit ihm über Entenhausen zu reden.
»Was ist?«, fragt Herr Stenger.
»Hm?«
»Du lächelst«, sagt Herr Stenger.
»Echt?«
»Ja.«
»Nichts.«
»Klar ist was, das merke ich«, sagt Herr Stenger.
»Ich dachte nur gerade, dass es lustig ist«, sagt Tobias.
»Und was ist lustig, mein Lieber?«
»Dass Sie auch so ein Fan sind, von den Lustigen Taschenbüchern.«
»Ah, okay.«
»Ich finde die auch gut«, sagt Sofie.
»Ja, aber nicht so gut wie dein Vater.«
»Na ja, das wäre auch schwer«, sagt Sofie, wirft ihrem Vater einen Blick zu, den Tobias auch gerne mal von ihr zugeworfen bekommen würde, nämlich einen, der unheimlich viel . na ja . da ist viel Liebe in dem Blick.
Liebe ist nicht zu steigern, deshalb kannst du das »viel« streichen, das ist in diesem Fall ein Füllwort, würde Herr Stenger vermutlich sagen, wenn er Tobys Gedanken lesen könnte. Herr Stenger hat Ahnung von Sprache. Aber Gedanken lesen kann er nicht. Oder? Bei Sofies Vater kann man nie wissen.
»Er kommt aus dem Grinsen nicht raus«, sagt Herr Stenger lächelnd.
Das stimmt. Irgendwie hat er einen Lauf. Seitdem Sofie ihn vor zwei Wochen in der Pause angesprochen und gefragt hat, ob er wegen des Referats vielleicht mal zu ihnen kommen wolle. Tobias hat gedacht, er spinnt. Hat gedacht, er würde das nur träumen.
Ja klar, hat er entgegnet.
Ihr Vater habe nämlich eine riesige Sammlung von diesen Büchern.
Aha. Was?
Von diesen Comics, diesen Taschenbüchern, über die er das Referat halten wolle.
Aha. Was? Echt? Wie gesagt, er hat gedacht, er spinnt.
Und dann hat er tatsächlich bei Sofie und ihren Eltern auf der Terrasse in der Frühlingssonne gesessen und mit Sofies Vater und Sofie an seinem Referat über Entenhausen gearbeitet und war immer wieder abgelenkt und hatte den Impuls, sich zu kneifen, für den Fall, es wäre ein schräger Traum. Sofie. Sie kannten sich ja vorher kaum, und dass er sie die ganze Zeit heimlich angesehen hat, seitdem das Schuljahr begonnen hat, kann sie nicht gewusst haben. Unmöglich. Er hat aufgepasst.
Den einen oder anderen Spruch hat er bekommen, als bekannt wurde, dass er bei Sofie Stenger sein wird, wegen seines Referats, aber die Sprüche blieben harmlos, stumpf, Tobias hat gemerkt, dass die anderen ihn eher beneiden. Wenn man jemanden beneidet, kann man ihm schlecht Sprüche reindrücken. Das funktioniert nicht, zumindest nicht so, wie es sollte.
Patrick, sein vielleicht bester Freund, der ihn wegen seiner Begeisterung für Comics, für Lustige Taschenbücher die ganze Zeit belächelt hat und ihm dieses angeblich idiotische Referat ausreden wollte, hat allen Ernstes gefragt, ob er sich ein paar Bände ausleihen könnte, vermutlich, um selbst noch schnell einen Treffer bei Sofie zu landen. Verrückt.
Genau. Jetzt sitzt er wieder hier. Neben Sofie und ihrem Vater gegenüber, auf der Terrasse, im flauschig warmen Abendsonnenlicht. Donald Duck sei Dank.
»Limonade?«, fragt Sofies Mutter, die aus dem Schatten des Hauses auf die Terrasse hinausgetreten ist, und sie schenkt allen ein, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Danke, Mama«, sagt Sofie.
Sofies Mutter ist nett, auch wenn sie meistens angestrengt aussieht. Als wäre da etwas, das sie belastet. Tobias kann sich nicht vorstellen, was das sein könnte. Und so gut kennt er Sofie eigentlich noch nicht, als dass er sie danach fragen könnte. Eigentlich kennt er Sofie gar nicht. Und ihren Vater auch nicht. Während ihm das durch den Kopf geht, verkrampft er ein wenig, setzt sich aufrecht.
Was wäre, wenn Sofies Vater gleich sagen würde, dass Tobias gehen muss? Dass das Ganze eine schlechte Idee war, dass er anderes zu tun hat und dass man sich ja gar nicht kenne. Irgendwas in der Art wird er gleich sagen. Obwohl Herr Stenger ja diese LTB-Sammlung wirklich hat, Hunderte von Comics, unten im Hobbykeller, in dem auch die Tischtennisplatte steht.
Vor einigen Tagen hat Toby gefühlt stundenlang geschmökert, während Sofie mit einer Freundin Tischtennis gespielt hat. Die beiden haben sich über ihn amüsiert, aber nicht böswillig, eher wohlwollend. Durch das ebenerdige Fenster konnte er den grünen Rasen des Gartens und den blauen Himmel sehen, und einige Streifen Sonnenlicht fielen in den Raum, genau in die Ecke auf das kleine Sofa, auf dem er es sich gemütlich gemacht hatte, um zu lesen. Das Lachen der Mädchen und das Klackern der Ballwechsel waren weit weg. Er hat sich gefragt, wie lange er brauchen würde, um all diese Comics zu Ende zu lesen. Vielleicht ein ganzes Leben lang.
Ihm schießt der Gedanke durch den Kopf, was danach sein wird. Nach dem Referat. Schon übermorgen wird er es halten. Und dann? Welchen Grund kann er dann noch anführen, bei Sofie vorbeizuschauen? Dass er gerne in den Comics blättern wolle? Aber das wäre nicht ganz ehrlich, eigentlich würde er vor allem gerne wiederkommen, um Sofie zu treffen.
Sofies Mutter schenkt Limonade nach, und der Gedanke ist eingerastet, lässt sich nicht wegschieben.
»Das wird was«, sagt Sofie.
»Dein Referat, das wird gut«, sagt sie.
»Hm.« Übermorgen schon, denkt er. Wahrscheinlich wird er sich andauernd verhaspeln. Er nickt, leert sein Glas, weiß nicht, wohin mit seinen Armen, seinen Beinen, sie schlackern hin und her.
Nach einer Weile muss Sofie zum Sport. Aufbruch. Sofies Eltern lächeln, während er seine Stoffjacke überstreift, die eigentlich zu warm ist, der Frühling fühlt sich schon nach Sommer an.
»Bis bald«, sagt Sofies Mutter.
Tobias nickt.
Sofies Vater lächelt.
Dann sind sie draußen, Sofie radelt winkend davon, und Tobias ist schon ein paar Schritte die Straße entlanggelaufen, als ihm Herr Stenger hinterherkommt.
»Tobias, warte kurz.«
Tobias wendet sich ihm zu.
»Gutes Gelingen für übermorgen, das wird gut«, sagt er. Fast dieselben Worte wie die seiner Tochter, Sofie. »Morgen sind wir unterwegs. Aber du hast es heute super vorgetragen.«
»Eine Bitte, sag Sofie in der Schule nichts davon, dass wir morgen unterwegs sind. Sie weiß es nämlich noch nicht. Überraschung.«
Tobias nickt, perplex.
»Okay?«, sagt Herr Stenger.
»Ja, klar«, sagt Tobias.
»Super, bis bald«, sagt Herr Stenger.
Dann ist er weg, und während Tobias nach Hause läuft, fragt er sich, was Herr Stenger gemeint haben könnte. Irgendeine Überraschung, für Sofie. Klingt gut. Er hätte auch gerne einen Vater, der ihn überrascht....
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.