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Knapp nach der Uraufführung 1956 hatte Marcel Prawy bei seinem Dirigentenfreund Franz Allers brieflich angefragt, »wie gut« diese My Fair Lady wirklich sei. Die Antwort steht seit Jahrzehnten fest. Für viele ist es das stimmungs- und wirkungsvollste Broadway-Musical überhaupt, dank fester Verwurzelung in europäischer Theatertradition, seiner guten Übertragbarkeit und dankbaren Rollen wegen auch Liebkind der Bühnen in der Alten Welt. Was Kiss me, Kate für die Volksoper bedeutet hatte, das war My Fair Lady für das Theater an der Wien: eine Initialzündung für die Pflege des Genres. 1963 war das Stück hier als Gastspiel vom Theater des Westens, mit Karin Hübner und Paul Hubschmid in den Hauptrollen, gezeigt worden. Obwohl die Berliner Eindeutschung weniger Anklang fand, überzeugte das Stück auch die öffentlichen Stellen - zwei Jahre später war das Theater an der Wien eine Musicalbühne unter der Intendanz von Rolf Kutschera. Er selbst inszenierte 1969 eine Eigenproduktion mit Gabriele Jacoby (Eliza), Josef Meinrad (Higgins) und Hugo Gottschlich (Doolittle) in der Wiener Fassung von Gerhard Bronner. 1971 folgte eine bejubelte Wiederaufnahme.
Zurück an die Wiener Volksoper: Mit Karl Dönch begann hier im September 1973 eine neue Ära. Der international angesehene Sänger erwies sich als willensstarker Langzeitdirektor, der Meilensteine in der Opern- und Operettenpflege setzte, das Musical zunächst jedoch an den Rand drängte. Nach Karussell (1972) fand fast sieben Jahre keine Musicalpremiere am Haus statt; sogar die Dauerbrenner Kiss me, Kate und West Side Story wurden nicht mehr gezeigt (bis sie, beide 1982, neu produziert wurden). Somit überließ Dönch das Feld dem Theater an der Wien, wo Kutschera zahlreiche Erfolge einfuhr, allen voran Gigi mit Johannes Heesters (1974).
Dönchs Spielleiter Robert Herzl erinnerte sich: »Die Wiedergeburt des Musicals an der Volksoper ist untrennbar mit dem Namen Dagmar Koller verbunden. Helmut Zilk und Robert Jungbluth ruhten nicht, dem amtierenden Direktor ein großes >Koller-Musical< einzureden. Und was lag näher, als endlich My Fair Lady an der Volksoper zu produzieren? Dönch und Jungbluth reisten persönlich nach Zürich, um sich von dem enormen Erfolg zu überzeugen, den die dortige Produktion mit einer wienerischen Besetzung hatte - Kollers Partner als Professor Higgins war kein anderer als Helmuth Lohner - und ebneten die Lady-Pfade für die Volksoper.«
Musik von Frederick Loewe
Liedtexte und Buch von Alan Jay Lerner nach George Bernard Shaws Pygmalion und dem Film von Gabriel Pascal
Deutsche Fassung von Robert Gilbert, bearbeitet von Hugo Wiener, Alexander Steinbrecher und Heinz Marecek
New Yorker Premiere am 15. März 1956
Doppelpremiere an der Volksoper am 5. und 12. November 1979
Die Erstaufführung des Welterfolges an der Währinger Straße wurde für die Saison 1979/80 fixiert. Der Weg zum späteren »Lieblingsmusical« (das noch immer in der, wenn auch mehrfach neu einstudierten, Originalproduktion zu sehen ist!) verlief nicht ohne Schwierigkeiten. Der vorgesehene Regisseur Edwin Zbonek traute der Koller die Hauptrolle nicht zu. So engagierte man Heinz Marecek für die Inszenierung sowie Rolf Langenfass für Bühnenbild und Kostüme. Probleme gab es auch beim Text: Gerhard Bronner weigerte sich, seine Übertragung zur Verfügung zu stellen - aus Abneigung gegen die Koller (»Ich find's blöd, dass a Kärntnerin a Wienerin spielt«, äußerte er im profil) und gegen den »unmusikalischen« Regisseur Heinz Marecek. Der Kabarettautor Hugo Wiener (Dialoge) und der langjährige Kapellmeister am Burgtheater, Alexander Steinbrecher (Liedtexte), schufen eine ebenfalls sehr gute Version.
Die Koller erhielt von der Kronen Zeitung Vorschusslorbeeren als »Fairest Lady« (die Schlagzeile der Premierenkritik lautete dementsprechend: »Sie ist die >fairste< Lady .«). In einem Interview mit diesem Blatt (4. November 1979) berichtete sie von ihren Erfahrungen beim Umstudieren der Eliza vom Berliner in den Wiener Dialekt (»Die Berliner Göre ist viel frecher, flinker als das Wiener Gegenstück«) und ihren Auseinandersetzungen mit dem Regisseur. »Entsetzt war sie allerdings jedes Mal«, so die Krone, »wenn Marecek ihr wieder ein Stück Text gestrichen hatte, weil es ihm zu wenig wienerisch klang.«
»Mein Gott, jetzt hat sie's!«: Peter Minich, Dagmar Koller und Hans Laurer (Pickering)
Ob aus ensemblepolitischen Gründen oder um bei Künstlerabsagen gewappnet zu sein - jedenfalls wurde Lady als Doppelpremiere mit zwei unterschiedlichen Besetzungen herausgebracht. Am 5. November 1979 hob sich unter enormem Aufsehen der Vorhang zur »ersten Premiere«, die Chronisten fieberten: »Selten [hatte man] jedenfalls so viel Prominenz am Währinger Gürtel erlebt. Da gab's eine glitzernde Wagenauffahrt, Restkarten nur mit den allerbesten Beziehungen und im Haus ein Publikum, das echtes Staatsopernformat hatte.« Unterrichtsminister Fred Sinowatz, Landeshauptmann Andreas Maurer, Vizebürgermeisterin Gertrude Fröhlich-Sandner und selbstverständlich Dagmar Kollers Ehemann, der damalige Kulturstadtrat Helmut Zilk, die Theaterdirektoren Rolf Kutschera, Achim Benning, Franz Stoß und Ernst Haeusserman sowie Prominenz aus Kultur und Wirtschaft wurden, wie man es damals schon ausdrückte, »gesichtet«. Sogar »Bühnenlegende Oscar [sic!] Werner entpuppte sich absolut als Fan des Musicals und dieser Aufführung .«
Doch es wurde nicht nur über Society-Belange, sondern auch inhaltlich über diese »Premiere I« berichtet. Teilweise monierten die Medien, dass während des USA-Gastspiels der Staatsoper die Volksoper in Wien einzig eine Musicalproduktion anzubieten hatte. In dieses Horn stieß auch Franz Endler (Die Presse), dessen Ton gegenüber den nicht lange vergangenen Prawy-Tagen schärfer und bösartiger geworden war. Die Grundsatzfrage, ob man an der »subventionierten« Volksoper überhaupt Musical »in pragmatisiertem Zustand« spielen sollte, tauchte wieder auf. Der enorme Publikumserfolg des Abends schien für Endler kein Argument dafür zu sein. Am anderen Ende des Spektrums stand Karl Löbls euphorische Kritik im Kurier: »Diese Aufführung ist, um das gleich vorwegzunehmen, die beste, welche man vom Musical My Fair Lady bisher in Berlin und Zürich, München und Wien sehen konnte. Sie hat Eigenart, sie besitzt ein bisserl von jener Wehmut, die bei uns in Wien eine so subtile Beimischung ist zum Spaß, sie ist komisch und auch melancholisch und vor allem [.] so herrlich professionell gearbeitet!« Dank der Textfassung, dem Dirigenten (Franz Bauer-Theussl »mit Animo«), dem Bühnenbild, der Regie und dem Team auf der Bühne »entstand etwas sehr Schönes: Unterhaltungstheater mit literarischer, Musical mit schauspielerischer Qualität. Auch dort, wo die Handlung turbulent wird, läßt Marecek keine billigen Drücker, keine lärmende Lustigkeit zu. Und die Dialoge haben Schliff sowie den richtigen Tonfall.« Während Franz Endler bemängelte, dass Peter Minich »sich seiner Umgebung angepaßt« hatte und wie ein »sehr angenehmer Schauspieler, der gut bei Stimme ist«, wirkt, erkannte Löbl, dass dies gerade den richtigen Ton darstellte: »Peter Minich habe ich seit vielen Jahren nicht mehr so leger, so vergnügt erlebt wie als Higgins. Er kann in dieser Rolle auf die tenorale Allüre verzichten, er muß seine schauspielerischen Fähigkeiten einsetzen - und die hat Marecek offenbar koordiniert und gehegt.«
Premiere 2: Heinz Ehrenfreund (Freddy) und Helga Papouschek (Eliza) in Ascot
Nicht zuletzt sei es gelungen, »aus Burgtheatermimen Musicaltypen zu formen, die zu den wesentlichen Pluspunkten des Abends zu zählen sind« (Arbeiter-Zeitung). Heinrich Schweiger (Doolittle), Fred Liewehr (Pickering) und Susi Nicoletti (Mrs. Higgins) werden fast unisono gerühmt. Weiters: »Ein ganzer Mensch: Lotte Tobisch in der wortkargen, aber wichtigen Rolle der Mrs. Pearce« (Volksstimme). »Auf der Sängerseite besticht der junge Franz Waechter als Freddy durch eine untadelig richtig sitzende und geführte Stimme mit unverkennbarem väterlichen Timbre und Manieren« (Arbeiter-Zeitung).
»Marcel Prawy war der Traktor«
Heinz Marecek erzählt
Das Musical an der Volksoper hat zutiefst in mein Leben eingegriffen. Begonnen hat alles mit West Side Story 1968. Ich kam ziemlich frisch vom Reinhardt Seminar, und mein geliebter Mentor Otto Schenk sagte zu mir: »Heinzi, der Prawy...
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