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Hier soll keine verallgemeinernde, abstrakte Definition von Religion geleistet oder auch nur versucht werden. Es geht vielmehr darum, zu beschreiben, wenn auch in knapper Form und ohne Vertiefung, welche Bedeutung Religion für Menschen hat, welche Funktionen Religionen für Menschen erfüllen können und welchen Bedürfnissen sie entsprechen. Die hier im Einzelnen genannten Funktionen und Wirkungen treffen allerdings nicht auf alle Religionen gleichermaßen zu und auf manche gar nicht.
Religionen liefern eine Erklärung für die Fülle der Welt, die Menschen erleben und von der sie zunehmend immer mehr wissen. Das betrifft nicht in erster Linie die Fülle der Artefakte, die Menschen im Lauf der kulturellen Entwicklung in der Geschichte hervorgebracht haben und die sich auf menschliche Absichten und Ziele zurückführen lassen. Sondern es geht ebenso um die Fülle aller Erscheinungsformen und Prozesse, die sie vorfinden bzw. entdecken und von denen sie wissen, dass sie selbst nicht ihre Urheber sind. Auch wenn sie feststellen, dass sie mit vielen Phänomenen in dieser Welt in wechselseitiger Beziehung stehen, auf diese einwirken oder sich in Abhängigkeit davon befinden.
Religion stiftet Sinn und gibt Bedeutung, wo die Welt als Ansammlung einer ungeheuren Vielfalt von chaotischen, oft als widersprüchlich und zusammenhanglos empfundenen und vor allem zufälligen Einzelheiten erscheint. Als Bruchstückhaftes, an seinen Grenzen Unbekanntes muss jeder Mensch auch seine eigene Existenz erleben: Sowohl Geburt wie Tod bleiben ein Rätsel. Dass wir geboren wurden, mussten uns andere erzählen, wir konnten nicht bewusst dabei sein. Dass wir sterben werden, müssen wir aus der Erfahrung herleiten.
Die meisten gehen wohl kaum davon aus, dass sie ein Werk ihrer Eltern sind, auch wenn sie nicht ohne diese in der Welt wären. Aus diesem Grund kann sich das Bedürfnis, eine Erklärung für alles, was existiert, zu finden, auch auf die eigene Existenz beziehen.
Religion hilft, Gefühle der Einsamkeit, der Verlorenheit in einer Welt der gigantischen, entgrenzten Räume und Zeiten zu überwinden. Sie gibt Antworten auf die Fragen: "Woher?" und "Wohin?" Ein alter deutscher Spruch, dessen ursprünglicher Autor nicht mehr zu ermitteln ist und der sich in zahllosen Abwandlungen durch die Literatur zieht, lautet:
Ich kam, weiß nicht, woher
Ich bin und weiß nicht, wer
Ich leb, weiß nicht, wie lang
Ich sterb und weiß nicht, wann
Ich fahr, weiß nicht, wohin.
Mich wundert, dass ich so fröhlich bin.
So fröhlich ist nicht jeder, mancher eher ratlos. Jenseits der eigenen Begrenztheit öffnet sich ein grenzenloser Raum, der, selbst wenn wir ihn mit noch so viel Wissen füllen, weithin unbekannt bleiben wird.
Insofern schafft Religion Ordnung und Struktur. Sie gliedert das Unüberschaubare, gibt Gestalt und schafft Bezugspunkte, zu denen man sich ins Verhältnis setzen kann.
Die Religion kann ein Entwurf für "das Ganze", das Allumfassende darstellen, in dem alles und jedes aufgehoben ist. Wenn auch die Wissenschaft und die Philosophie Anstrengungen unternehmen, eine rationale Formel oder Erklärung des "Ganzen" zu konstruieren oder wenigstens hypothetisch zu entwerfen, so müssen wir doch davon ausgehen, dass uns Menschen die alles umfassende Erkenntnis unzugänglich bleiben wird. Das gilt ebenfalls in dem Rahmen der uns heute absehbaren Entwicklungsmöglichkeiten unseres Wissens, nämlich auf Grund unserer Begrenztheit, die sich angesichts der Ausmaße des Kosmos und der Äonen seiner Entwicklung räumlich und zeitlich offenbart. Sie wird uns aber zugleich immer deutlicher als Beschränktheit unserer Wahrnehmungs- und Erkenntnismöglichkeiten und durch die Einsicht in unsere Winzigkeit als Menschheit, erst recht als Individuen.
Religion befindet sich nicht in Konkurrenz zum Wissen, sie kann auch nicht prinzipiell durch das Wissen überholt werden. Sicher macht neuerworbenes Wissen bestimmte Glaubensinhalte obsolet. Gerade das sollte ein Antrieb sein, Religion zu überdenken und neu zu entwerfen. Aber Wissen kann nicht alle Religion schlechthin ersetzen. Religion ist nicht Wissen, das sich dadurch beweist, dass es funktional ist, dass es hilft, Realität praktisch zu bewältigen und sich bestimmter Weltausschnitte zu bemächtigen, etwa durch technologische Errungenschaften. Religion ist Deutung jenseits von handhabbarem Wissen - dies ist ihr ureigenes Terrain, ihr Wesen.
Wie schon gesagt, entwirft sie ein ganzheitliches Bild, wo unser Wissen bruchstückhaft ist, bzw. eine Gestalt, die Lücken und Leerstellen unseres Wissens schließt. Das heißt, sie wird dort wirksam, wo unser Wissen endet (sei es auch nur vermeintliches oder vorläufiges). Sie gibt Antworten, wo die rationale Wissenschaft, wie etwa die Naturwissenschaften, dies niemals kann - sie beantwortet die Sinnfrage.
Sie sollte aber nicht in Widerspruch treten zu unserem Wissen, sie sollte uns nicht abverlangen, etwas zu glauben, das unser Wissen überholt hat, sei es nun die Schaffung der ersten Menschen aus dem Nichts durch einen Schöpfer Gottvater, dem sein Werk mehr oder minder gut gelungen ist, die Inkarnation dieses Gottes in einer bestimmten historischen Persönlichkeit - und nur in dieser! -, die Auferstehung des Fleisches, d. h. unserer irdisch-körperhaften Individualität zu einem Weiterleben in Himmel oder Hölle.
Im Rahmen der Metaphysik freilich kann es religiöse wie auch philosophische Entwürfe für "das Ganze" geben, von dem nicht in der rationalen Sprache der Naturwissenschaften oder in abstrakten Formeln gesprochen wird, sondern in der Sprache subjektiver Überzeugungen, oft auch von Offenbarung und Vision. Religion entwirft dann ein Bild vom "Ganzen", das seine Glaubwürdigkeit nicht aus seinem wissenschaftlichen, sondern aus seinem bekenntnishaften oder visionären Charakter gewinnt. Dieses Bild befriedigt das menschliche Bedürfnis, Vorstellungen zur Gestalt zu ordnen, zu fügen oder aufzurunden. Offenbar ist Gestalterfassung eine der Voraussetzungen für das Erlebnis des Begreifens, des Verstehens und damit der Geborgenheit in dieser Welt.
Religionen gewinnen Anziehungskraft aus den Versprechungen, die sie Menschen machen. Menschen sind Urheber dieser Verheißungen, die sie als Propheten, als Religionsstifter formulieren und die von ihren Nachfolgern, ihren Kommentatoren und Interpreten noch erweitert, ausgeschmückt werden. Sie treten als Vermittler göttlicher Offenbarungen auf und geben Hoffnung, wo Ängste und Verlassenheitsgefühle Menschen bedrohen.
Die Erkenntnis der Endlichkeit, der Vergänglichkeit, der Sterblichkeit aller Menschen löst bei vielen Verzweiflung aus, sowohl was den eigenen Tod als unvorstellbaren Sturz ins Nichts betrifft als auch den Verlust vertrauter Mitmenschen, geliebter Lebensgefährten, möglicherweise von Kindern, in deren Zukunft man Hoffnungen über den eigenen Tod hinaus gesetzt hat.
Die Verheißung eines Weiterlebens nach dem Tod in einem Jenseits, erst recht in einem Paradies, in immerwährender Seligkeit, gibt Menschen Zuversicht. Die Aussicht, dann mit den geliebten Menschen vereint zu sein und von allem irdischen Kummer erlöst, ist tröstlich. Selbst eine Religion wie die buddhistische, die nicht die Erwartung eines paradiesischen Jenseits eröffnet, verheißt Erlösung. Die Kette der Wiedergeburten ist zu sprengen. Durch Erleuchtung, Askese, Entsagung kann man dem in jedem Fall leiderfüllten Leben im Diesseits entkommen und in das Nirwana eingehen.
Religionen versprechen eine höhere Instanz der Gerechtigkeit. Die Beobachtung, dass Menschen, die ein rechtschaffenes Leben führen, sich an Gebote halten, ihren Mitmenschen helfen und bemüht sind, sich wenig zu Schulden kommen zu lassen, dafür möglicherweise keinerlei irdische Belohnung erfahren, vielleicht sogar in tiefstes Elend geraten, während andererseits rücksichtslose Egoisten bis hin zu Massenmördern sich skrupellos eines ungestörten Wohllebens erfreuen können, lässt den Wunsch aufkommen, wenigstens nach dem Tode möge eine göttliche Gerechtigkeit für Entschädigung sorgen. Sie sollte die Guten für ihre Bemühungen belohnen und die Entrechteten, Verachteten und Vernichteten von allem Kummer und allen Entbehrungen und allem Schrecken erlösen. Hingegen sollten diejenigen, die schuldig geworden sind, gerichtet werden und eine Strafe erhalten, die der Schwere ihrer Schuld angemessen erscheint. Auch diese überirdische nachholende Gerechtigkeit versprechen Religionen.
Religionen verheißen Transzendenz als ein Überschreiten von Räumlichkeit und Zeitlichkeit und damit von Begrenzungen, die unseren Alltagsradius beschränken. Das sprengt die Bedingtheiten, denen man sich quälend unterworfen fühlt, und eröffnet die Möglichkeit, den Bereich der konkret erlebten Gegebenheiten zu verlassen, in ein Jenseits. Dieses entzieht sich einerseits jeglicher Beschreibung, kann auch als "Nichts" bezeichnet werden, wie etwa das buddhistische Nirwana. Andererseits werden Beschreibungen dessen, was das Jenseits verheißt, mit sehr irdischen Wunschbildern ausgeschmückt. Als Paradies ist es...
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