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Vergebens habe ich mich heute nach den Herausgebern des Föbus umgethan, oder wie wir sie in Berlin scherzweise nannten,[27] nach den Föbusrittern. Adam Müller,[28] der vor einigen Tagen Hofrath geworden ist, und dafür schon unter uns beiden nach dem Zerbino der Hofrath heißt,[29] war nicht zu Hause; an ihm ist mir weniger gelegen, als an Heinrich von Kleist, der zwar auch etwas toll, aber doch nicht feig und augendienerisch, wie jener, sondern vielmehr ein sehr guthmütiger, lieber Mann, von nicht geringem Talent, das nur durch Müllers tolle Leitung leiden muß. Die Novelle von der Marquise,[30] die in der Zeitung ihre Schwangerschaft bekannt macht, und den unbekannten Vater auffordert sich einzufinden ist in der That sehr gut geschrieben, und mit großer Schicklichkeit; nur nicht, wie ich schon früher sagte, nicht mit der Bildung eines Dichters, sondern mit der eines Weltmanns. Diesen habe ich auf seinem Zimmer, das wieder den Dichter herauskehrte, denn es sah sehr übel und schlecht ausgestattet aus, wohl eine halbe Stunde vergebens erwartet.
Nachmittags haben wir die Bildergallerie im Fluge besehn. Der Erklärer[31] war von der Art, daß ich das Ende kaum erwarten konnte. Jezt können wir hingehen, wann wir wollen, und nach unserer Auswahl mit Muße jedes betrachten. Der Maler Meier aus Rathenau,[32] ein braver, geistreicher junger Mann, der an seiner Kunst fast zu Grunde geht, weil er sich bewußt ist, mit dem redlichsten Eifer und reichsten Sinn es zu nichts rechtem bringen zu können, eben weil es mit der Mahlerei zu unserer Zeit längst vorbei ist, kopirt oben recht fleißig, und wird uns, da er Harschers Universitätsfreund ist, und diesen sehr liebt, in der Folge von vielem Nuzen sein. Auch zwei Herren von Gerlach[33] fanden wir oben, die wir schon in Berlin gekannt, zulezt sprach ich noch unverhoft Jonas Veit[34] aus Berlin, der mir unter anderen sagte, daß seine Mutter[35] hier ist, während Friedrich Schlegel sich in Wien festzusezen sucht. Am Abend gingen wir mit Meier und den Gerlachs in das Linksche Bad, das nahe bei der Stadt ist, wo wir das Theater besuchten.[36] Etwas schrecklicheres habe ich nie gesehen, leichter hat man noch nie ein Publikum abgefunden. Die Schauspieler sezten sich dem Soufleur so nahe, daß ihnen die Beine fast in sein Soufleurloch hineinhingen. Ein Ballet, der Kaiser von China, sezte mich in wahres Erstarren, und ließ mich meinen ganzen Vorrat von Fluchworten in oft wiederholter Folge rein verbrauchen. Die Chinesinnen haben die kleinste Füße von der Welt: hier aber deutete mans durch den Gegensaz an, die rasendsten Füße waren zu sehen, und besonders eine Tänzerin war da, die schien auf Schenkeln zu tanzen. Ich seze mich diesem Leidwesen nie wieder aus. Wir aßen noch draußen etwas, ich ärgerte einen Doktor, der mitaß, kam nach Hause, schrieb dieses, und finde am besten, dem Schlafe mich zu überliefern, der mich zugleich in die Arme der süßesten, liebevollsten Träume wirft, die er mir immer gewährt, wenn meine Seele mit dem Andenken holdseliger Liebesgestalt erfüllt ist.
Abb. 1 Das Johanneum in Dresden, von 1747 bis 1855 Sitz der Gemäldegalerie
Gestern eilte ich sehr, Madam Schlegel zu besuchen, deren Hiersein ich den Tag vorher durch ihren Sohn Jonas Veit auf der Gallerie erfahren hatte. Sie war nicht zu Hause, aber auf der Gallerie, wo ich sie zufällig traf, und eine Reihe Gemälde mit ihr besah. Daß diese gute Dame häßlich ist, hatte ich früher oftmals gehört, ich fand sie aber auch noch plump, was ich nicht erwartet hatte, und ihre Augen, von deren Eifer und Tiefe die Herz[37] viel zu rühmen wußte, dünkten mir starr und steif zu sein, was bei dem Organ des Sehens, diesem beweglichsten aller Sinne, vielleicht nach der völligen Blindheit das bedeutendste Übel ist, wie sie denn auch wirklich sehr wenig mit ihren Augen sieht, und dies wenige wegen ihrer Kurzsichtigkeit, die größer noch ist als meine, noch sehr in der Nähe haben muß. Ich erzählte ihr mancherlei von ihren Bekannten, unter andern, daß ich von ihrer Arbeit eine feine Börse besize, die sie an Fanny und diese mir, als einem, bei dem alle und jede Schlegelsche Sachen am besten aufgehoben gewesen wären damals, geschenkt habe. Sie entgegnete, es würde mit meinem Schlegelschen Wesen doch hoffentlich noch eben so stehen, ich aber schwieg. Dann freute sie sich aber sehr der guten Fanny, und besonders daß diese ihr Geschenk so lange in Ehren gehalten, sie ließ sich viel von derselben erzählen. Diese Gespräche wurden oft unterbrochen, durch die Aufmerksamkeit, die von Zeit zu Zeit ausgezeichnetere Gemälde von uns begehrten. Ihre Urtheile waren wie ihre Augen, starr und steif, nicht ursprünglich, sondern durch eine gewisse Fremdheit und Unsicherheit verdächtig, aus fremder Quelle zu sein, die denn auch nicht schwer zu erforschen ist, Friedrich Schlegel, den man durch sie, wie durch ein geschliffenes Glas, im Hintergrunde erblicken kann. Von diesem, der selber jezt so arg fixirt ist in seinen Ideen, ist sie wiederum ganz fixirt, völlig überlassen seiner Autorität, seinem Geiste blind unterwürfig, in seine Worte auf unangenehme Weise heftig und plump verbissen, die eine Seite der Einseitigkeit. Dadurch wird ihr Umgang sehr hart, und gar nicht wünschenswerth, indem man jeden Augenblick nach ihrem Manne verlangen muß, theils um seine Gründe, die sie nicht weiß, hervorzufordern, theils um ihm gerechte Einwürfe zu machen, die sie nicht beantworten kann, und theils um ihm Milderung abzulocken, die sie nicht zu geben wagt, und ihm Derbheiten zu sagen und Kämpfe anzubieten, die sich für eine Frau nicht schicken. Wenn sie doch einige Lieblichkeit, ja nur einige eigenthümliche Wendung im Innern hätte! Aber einzig Friedrich treibt und zügelt diese sonst gutmüthige, talentreiche Frau! Er ist jezt in Wien, vielleicht um dort zu bleiben, während sie hier in Dresden bei ihrem Schwager, dem Hofsekretär Ernst[38] lebt, dessen Frau Schlegels Schwester[39] ist. Diese leztere ist eine unschöne, trockene, in Gewöhnlichkeit einheimische Natur, voller Härten, die wie Gemeinheiten aussehen, der Mann ein weichlich-hagerer närrischer, höflicher Sachse, der wie seine Frau Französisch kann, und nicht nur mit ihr, sondern auch mit seiner zehnjährigen Tochter,[40] einem mir ganz widrigen Geschöpf, in dieser Sprache bisweilen schlechte Brocken aus der Grammaire herauswürgt. Daß Friedrich seine Frau in die Nothwendigkeit sezt, mit diesen Leuten zu leben, und für den Schuz, den sie ihr gewähren, sich ängstlich und wunderfreundlich gegen sie stets unterzuordnen, wo sie selbst anderen Sinnes ist, wovon ich Zeuge war: dieses ist ein Zug in seinem Gemüthe, den ihm seine Frau selbst zwar vergiebt, oder in thörichter Ansicht noch gar als Güte hoch anrechnet, ich aber lieber wegwischen möchte. Ein Mann wie dieser, von solchen Talenten und solcher Kraft, soll seine ernsten Verhältnisse berechnen, oder keine haben, und wenn eines von beiden aufzugeben ist, das feste eingebürgerte Leben einer Hausfrau, die in ihrem Kreise selbst regiert, und das freie Studentenleben, das er führt, so soll er lieber, und nicht er allein, sondern jeder andere in diesem Falle, das Herumstreichen im Lande bleiben lassen, das ihm jezt, und wäre es auch lediglich der Kunst und deren Studium zu lieb erwählt, sehr schlecht ansteht, und den gerechten Tadel seiner alten wohlmeinenden Freunde zuzieht. - Die Schlegel erzählte mir auf meine Nachfrage nach einem Onkel von mir,[41] der in Kölln Lizenziat und dann Professor war, daß derselbe allerdings noch dort [unleserlich gemacht] sei, und daß meine zwei Kusinen,[42] seine Töchter, allerliebst sängen und tanzten. Wenn ich einmal, fügte sie nachher hinzu, meine dortige Familie besuchte, möchte ich doch auch die dasigen Gemälde[43] in Augenschein nehmen.[Unleserlich gemacht]. - Wir verabredeten beim Herausgehn aus der Galerie, getroffen von dem schönen, blauen Wetter, auf den Nachmittag einen Spaziergang, wozu sich die Ernsts und der jüngste Veit[44] auch einfanden. -
Abb. 2 Dorothea Schlegel. Anonyme Bleistiftzeichnung, 1798
Vor dem Thore verweilten wir in einem Garten um Kaffe zu trinken, nach welchem die Ernsts zurück, die Schlegel, deren Sohn und ich aber weiter gingen auf dem Wege nach Tharand. An dem lieblichen Ufer der Weiseriz,[45] die sich hier in die Elbe ergießt, und bald breit, bald schmal zwischen Gras und großen Steinen hinfließt, gingen wir sachte fort, und kamen unvermerkt zum Plauenschen Grunde, einem schönen kleinen Stromthale, das auf der einen Seite hohe steile Felswände hat, an deren Fuße sich die Weiseriz hindrängt, und gekrümmt zu einer Mühle fließt, die vor dem Anfange des Thals liegt. Auf der andern Seite aber erheben sich hohe Hügel, die man wohl Berge nennen könnte, höher als die gegenüberstehende[n] Felsen, weniger steil, und recht im Gegensaz zu den nackten, kahlen Massen, die kaum einiges Moos ernähren, mit vielem Grün, sowohl Gras, als Gesträuch und Bäumen, besonders jungen Birken, bekleidet; oben weideten ganz in der Höhe einige Ziegen; unten dringen noch viele einzelne Felsstücke nackt hervor, und verraten das Innere des Berges. Grad aus sieht man auf einen nicht minder hohen Berg, der sich an die Felsenmassen links anschließt, aber selber mit der reichsten üppigsten Vegetation prangt, daß man in...
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