Schweitzer Fachinformationen
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Stellen Sie sich eine Gemeinde, einen Marktflecken oder eine Stadt vor, in der Miteinander und Gemeinsinn gelebte Realität sind. Einen Ort also, in dem die Menschen aufeinander achten und füreinander da sind. Wo ein starkes Gemeinschaftsgefühl herrscht, wo nachbarschaftliche Unterstützung und Hilfe niemals weit sind. Wo die Menschen zufrieden sind, sich angenommen fühlen und wo der »Grad des Lächelns« hoch ist.
An einem solchen wohltuenden Ort sind Menschen nachweislich gesünder, fröhlicher und kreativer.
Wir spüren, dass um uns herum viele Veränderungen stattfinden und dass wir mehr Miteinander, Gemeinsinn und Gemeinschaft brauchen, um die Zukunft konstruktiv und positiv gestalten zu können. Wir bemerken immer deutlicher, dass der Weg ins Auseinander und in die Spaltung nicht zukunftsfähig ist, sondern nur Zwietracht und Misstrauen hervorbringt.
Von welcher Seite man es auch betrachten mag, es lohnt sich jede Bemühung, die Nähe und Vertrauen fördert, ein allgemeines Gefühl von Selbstwirksamkeit vermittelt und Zuversicht stärkt.
Aber wie geht das? Worauf ist zu achten? Und was braucht man, damit eine solche Entwicklung sich entfalten kann, Kraft bekommt und schließlich die Grundstimmung in der Gemeinde ausmacht?
Der Bürgermeister von Tulln an der Donau, der Stadt, in der ich lebe, wollte sich auf das Wagnis einlassen, diesen Weg zu beschreiten. In seiner Neujahrsansprache 2018 rief er eine Initiative zur Förderung von Miteinander in der Gemeinde aus.
Diese Initiative wurde von einer Journalistin als »Mission Impossible« bezeichnet. Sie hielt es für unmöglich, das Lebensgefühl und die Ausstrahlung einer ganzen Stadt positiv verändern zu können.
Mir hingegen erschien es durchaus möglich. Seit über drei Jahrzehnten beschäftige ich mich in Unternehmen jeder Größenordnung - darunter Großunternehmen, soziale Organisationen und NGOs - mit der Veränderung der Organisationskultur. Viele derartige Projekte habe ich selbst geleitet. Die Erfahrung sagte mir, dass dieses städtische Unterfangen sehr wohl Aussicht auf Erfolg hat, sofern es richtig aufgesetzt wird. So wurde ich Teil der Projektleitung und begleitete diesen Prozess sechs Jahre lang.
Dieselbe Erfahrung sagte mir aber auch, dass ein solches Projekt nicht mit Ankündigungen allein gelingen würde. Die Auffassung von politischer Arbeit und ihren Aufgaben muss dafür erweitert werden. In der Gemeinde wie im Unternehmen muss man sich für den Erfolg solcher Projekte zunächst mit dem Managementstil beschäftigen. Der Verwaltungsapparat muss dafür an manchen Ecken seine standardisierten Vorgehensweisen anders gestalten.
Projekte dieser Art spielen sich auf der Beziehungsebene ab. Verbesserungen kann man sich wünschen. Man kann Angebote machen, wo Leute einander begegnen können. Die Entscheidungshoheit, ob sie sich auf ein besseres Miteinander einlassen, liegt aber bei den Menschen selbst. Das Erfolgsgeheimnis ist, sie auf eine Reise mitzunehmen und selbst gestalten zu lassen.
Freiwilligkeit braucht Freiheit. Aber sie braucht zugleich einen Führungsstil, der Partizipation erlaubt, fördert und koordiniert, damit ein sozialer Prozess seine Richtung behält. Und sie braucht konkrete Gesichter, die für Richtung und Kontinuität stehen.
Wenn eine Gemeinde ein Klima von Gemeinsamkeit und Miteinander entwickeln oder bestehende Grundhaltungen verbessern will, dann bedeutet das, dass diese Gemeinde als Ganzes lernt. Solches »Lernen« funktioniert nicht wie im Schulunterricht, wo der Lehrer etwas erzählt und die Schüler fleißig mitschreiben. Eine soziale Gemeinschaft ist ein Organismus, in dem alle mitdenken und Ideen oder auch Widerstände entwickeln. Ein vielstimmiges Hintergrundsummen aus verschiedenen Meinungen und Haltungen durchzieht die Gemeinschaft.
Ein solcher Prozess braucht Zeit. Er braucht langfristiges Denken, um Erfolg generieren zu können. Deshalb wird jemand, der gewohnt ist, kurzfristig zu denken, dieses Summen als Störung empfinden, die ihn nur aufhält. Aber dieses Summen ist die Basis, auf der gearbeitet werden muss, wenn Bemühungen akzeptiert werden sollen, damit sich schließlich das notwendige Engagement herausbilden kann. In der Realität gelingender Umsetzung ist dieses Summen und Brummen der wichtigste Spielpartner.
Wenn nach einer gewissen Zeit auf Plätzen und in den Gassen mehr über die Qualitäten von anderen und weniger über deren Schwächen und Defizite gesprochen wird, ist der erste Schritt in Richtung Gemeinschaft und Miteinander getan und die Begleitphase kann beginnen.
Das klingt utopisch?
Dass das keine Utopie ist, sondern gar nicht so selten erfolgreich umgesetzt wurde, beweisen die vielen Beispiele, die in diesem Buch erläutert werden. Bei den Recherchen sprach ich mit den Bürgermeistern, Verantwortlichen und Aktiven aus einer Reihe von Städten und Gemeinden, aber auch mit privaten Initiatoren von Miteinander-Initiativen.
Sie alle folgen der Überzeugung, dass Miteinander, Gemeinsinn oder Wir-Gefühl die absolute Trumpfkarte für die Zukunftsfähigkeit ihrer Gemeinde oder ihrer Stadt sind. Ihre Geschichten werde ich in diesem Buch erzählen. Hier vorab einige ihrer Aussagen:
Sie alle haben eine starke Vorstellung davon, wohin sie wollen. Sie haben ein Gefühl dafür, was Menschen brauchen und - auch das ist ein interessantes Detail - sie stellen sich nicht selbst in den Mittelpunkt, sondern sie anerkennen die Leistungen anderer und sprechen von der gemeinsamen Arbeit.
Viele von ihnen berichten davon, dass ihnen die Arbeit manchmal wie ein Kampf gegen Windmühlen erschienen ist. Die meisten haben Phasen durchlaufen, die Mahatma Gandhi sehr treffend beschrieben haben soll: »Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.« Tatsächlich stammt der Ausspruch von einem US-Gewerkschafter, der ihn 1918 auf einem Gewerkschaftstag formulierte.
Auf der persönlichen Seite ist der Gewinn solcher Anstrengungen nicht weniger als ein erfülltes Leben. Davon spricht beispielsweise Josu Ortuondo Larrea, der Altbürgermeister der spanischen Großstadt Bilbao (von 1991-1999). Ihm ist es gelungen, einen Weg zu eröffnen, der eine wirtschaftlich und sozial darniederliegende Stadt wieder aufgerichtet hat. Dass Bilbao heute eine blühende Stadt voll pulsierendem Leben ist, ist sein Verdienst und das seiner Nachfolger.
Aber wie kommt man da hin? Oder anders ausgedrückt, worauf ist zu achten, wenn Menschen nicht nur zusammen herumsitzen sollen, sondern gute nachbarschaftliche Beziehungen entwickeln, die von wechselseitiger Unterstützung und Aufmerksamkeit getragen sind?
Auf der Suche nach dem Kern allen guten Zusammenlebens traf ich mich vor einigen Jahren mit zwei Kollegen in einem jener Kaffeehäuser, für die Wien so berühmt ist. Es war Frühling.
Auf einem runden Tisch dampfen drei frische Tassen Kaffee. Alle drei sind wir Organisationsberater. Jeder hat mehrere Jahrzehnte Berufspraxis. Das Gespräch kreist um Erfahrungen und Erlebnisse, bis es sich schließlich der Frage zuwendet, was Menschen dazu bringt, zusammenzuhalten, einander zu vertrauen und Gemeinsamkeit...
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