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Immer kam etwas dazwischen, aber nun hat es endlich geklappt: Anna und Sebastiano haben sich das Jawort gegeben! Doch als sie nach ihrer standesamtlichen Trauung gerade mit ihren Gästen eine Party feiern, geschieht das Unfassbare: Ein Zeitportal öffnet sich, und Sebastiano wird von ihrem Erzfeind Mr Fitzjohn entführt!
Anna ist außer sich vor Entsetzen. Wie soll sie Sebastiano jemals wiederfinden? Zum Glück bekommt sie aus unerwarteter Richtung den entscheidenden Hinweis, und sie schöpft Hoffnung. Doch sie weiß nur zu gut, worauf es Mr Fitzjohn eigentlich abgesehen hat - einen Schatz, den Anna um jeden Preis beschützen will: ihr ungeborenes Kind ...
Es war bei Weitem nicht so schrecklich wie nach meiner ersten Zeitreise - meine Befürchtungen, es könnte mir ähnlich übel ergehen wie damals, bewahrheiteten sich nicht. Das war die gute Nachricht. Die schlechte war, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich mich befand. Auf der roten Gondel jedenfalls nicht mehr, denn irgendwer hatte mich unter den Armen gepackt und schleifte mich rücklings durch die Gegend. Der stinkende Atem des Betreffenden streifte meinen Nacken. Vor mir sah ich undeutlich Laternenlicht auf und nieder schwanken, und in einiger Entfernung staute sich im Licht zahlreicher Fackeln eine johlende Menschenmenge.
Fackeln. Ich befand mich in der Vergangenheit, wenigstens das war auf Anhieb zu erkennen. Immer noch von dem Zeitsprung betäubt, versuchte ich weitere Einzelheiten auszumachen. Am Himmel stand die blasse runde Scheibe des Vollmonds. Sie erleuchtete den gespenstischen Umriss des Campanile. Also stimmte auch der Ort, ich befand mich in Venedig. Genauer gesagt: Auf dem Markusplatz.
Von dem ich allerdings soeben fortgezerrt wurde. Im nächsten Atemzug bemerkte ich trotz meiner Benommenheit, dass mein Nacken heftig juckte. Der Typ, der mich festhielt und in eine Seitengasse schleifte, hatte nichts Gutes im Sinn.
»Was soll das?«, rief ich. Das heißt, ich wollte es rufen, aber es klang eher wie ein dumpfes Stöhnen.
»Sie kommt zu sich«, sagte der Kerl überflüssigerweise zu jemandem, der mit ihm unterwegs war.
»Dann verpass ihr einfach eine, damit sie wieder ohnmächtig wird«, sagte ein anderer Mann außerhalb meines Gesichtsfelds.
»Ich weiß nicht. Mir gefällt es nicht, wenn die Weiber dabei ohne Besinnung sind.«
Dabei? Wobei?
»Hilfe!«, rief ich, und diesmal rief ich es wirklich. Genau genommen schrie ich aus Leibeskräften. Doch bei all dem Lärm, der von der Piazza herüberdrang, interessierte es niemanden. Keiner hörte mich. Keiner eilte zu meiner Rettung herbei.
»Wir bringen sie besser gleich um«, sagte der Typ, der mich mit sich schleifte. »Schreiende Weiber sind nicht mein Fall.«
»Was willst du eigentlich?« Ein fieses Lachen begleitete die Worte des zweiten Kerls. »Besinnungslos sollen sie nicht sein, aber schreien sollen sie auch nicht - wie soll das gehen, bei deinem hässlichen Gesicht? Hast du je eine gekannt, die sich freiwillig mit dir abgab, ohne dafür Geld zu wollen?«
Geld. Das war ein wichtiges Stichwort. Mein benebelter Verstand klammerte sich daran wie an einen Anker.
»Ich bring sie jetzt um«, kam es übel gelaunt zurück. »Mir ist die Lust vergangen.« Abrupt wurde ich losgelassen und landete auf dem Hintern. In der dunklen, engen Gasse sah ich im Schein des flackernden Windlichts, das einer der beiden mit sich führte, zwei hässliche Halunken in abgerissener, fleckiger Kleidung. Der, der mich umbringen wollte, zog gerade einen Dolch.
»Ich habe Geld«, stieß ich in Todesangst hervor, während ich mich hastig hochrappelte. »Viel, viel Geld.«
»Wo?« Der andere Typ hielt den Arm seines Komplizen fest, bevor der mich massakrieren konnte.
Ich konnte mir gerade noch die Erklärung verkneifen, dass ich es in einer dicken Gürteltasche unter meinem Umhang trug.
»Mein Gatte ist ein wohlhabender Mann«, improvisierte ich. »Ihr könntet ein Lösegeld verlangen, das euch auf einen Schlag zu reichen Männern macht.« Ich holte Luft, denn ich musste Zeit schinden, bis ich Plan B umsetzen konnte. Falls der überhaupt nötig war, was ich wirklich nicht hoffte. »Verlangt für meine unbeschadete Heimkehr tausend Dukaten von meinem Mann - er würde die Summe sofort zahlen.«
»Wie heißt dein Mann?«, wollte der Typ mit dem Messer wissen. Sein Gesicht hatte einen gierigen Ausdruck angenommen.
»Foscari«, antwortete ich wahrheitsgemäß. Reiche Foscaris hatte es in Venedig in allen Jahrhunderten gegeben, auch wenn Sebastiano in Wahrheit vermutlich einer weniger betuchten Seitenlinie entstammte.
»Wie ist der Vorname?«
»Sebastiano.« Auch das war ein verbreiteter historischer Vorname, schließlich ging er auf einen Heiligen zurück, der in Venedig sehr verehrt wurde.
»Ich kenne keinen, der so heißt«, sagte der Typ mit dem Messer.
»Doch«, meldete sich der andere. »Da gibt es doch diesen Glasbläser auf Murano, dessen Name gerade in aller Munde ist. Schon mehrere Male schnappte ich auf dem Markt und auf den Plätzen auf, dass jeder, der was auf sich hält, sich von ihm schöne Fenster und Gläser machen lässt.«
»Bist du die Frau dieses Glasbläsers von Murano?«, fragte der Typ mit dem Messer argwöhnisch.
Ich nickte eifrig. »So ist es.«
Der andere Kerl schüttelte den Kopf. »Sie lügt. Er hat gar keine Frau.«
Mein Nacken juckte unvermittelt so heftig, dass ich aufschrie.
»Ich sagte doch, dass ich schreiende Weiber nicht ausstehen kann«, sagte der Typ mit dem Messer. Er holte zum tödlichen Stich aus.
Ohne groß nachzudenken, rammte ich ihm von schräg unten mein eigenes Messer in den Arm. Er brüllte auf und zuckte zurück. Die Waffe fiel ihm aus der Hand.
»Teufel auch!«, rief der andere überrascht. »Was war das denn gerade?«
»Ein Messer, du Idiot!«, kam es ächzend zurück.
Streng genommen war es mein Plan B. Ich hatte gerade noch rechtzeitig den kleinen Dolch aus dem Futteral herausgefummelt, das ich unter den beiden Umhängen neben der Geldtasche am Gürtel trug. Es hätte bestimmt nicht geschadet, vorher das Ziehen zu üben, aber ich war nicht davon ausgegangen, das Ding je zu brauchen. Hätte Fatima nicht mit aller Entschiedenheit darauf bestanden, dass ich es anlegte, wäre ich wohl in dieser Nacht gestorben. Mein Herz raste, ich schnappte nach Luft. Adrenalin peitschte durch meine Adern.
Der Typ vor mir bückte sich nach seiner herabgefallenen Waffe. »Das wirst du büßen!«
Hinter ihm war eine vertraute Männerstimme zu hören, die meinen Namen rief. »Anna? Anna!«
»Ole!«, schrie ich. »Zu Hilfe!«
Daraufhin ließ Ole seinen lautesten Kampfruf ertönen - und der war wirklich zum Fürchten.
Der Mann mit der Laterne rannte davon. Der andere Kerl, der gerade versucht hatte, mich zu erstechen, warf einen kurzen Blick hinter sich - und zog es vor, ebenfalls Fersengeld zu geben. Im nächsten Moment tauchte er in die nächtlichen Schatten am Ende der Gasse ein und war verschwunden.
Ole kam angerannt und blieb vor mir stehen. Er trug eine Öllampe bei sich. »Bist du verletzt?«
»Nein. Mit mir ist alles in Ordnung.« Ich lehnte mich gegen die Hauswand hinter mir und atmete tief durch. Das Jucken in meinem Nacken hatte aufgehört, ich war nicht länger in Gefahr.
Ole betrachtete den kleinen Dolch, den ich immer noch krampfhaft mit der Faust umklammerte, und dann das verlorene Messer des Angreifers, das vor mir auf dem Pflaster lag. Anschließend starrte er die Blutflecke auf dem Boden an. Behutsam nahm er mir den Dolch aus der Hand.
»Das hast du gut gemacht, Anna.«
»Ich habe ihn verletzt«, flüsterte ich, völlig fassungslos über das, was ich soeben getan hatte.
»Du hast dein Leben verteidigt. Und das deines Kindes. Du hattest keine Wahl.«
Ich nickte mühsam und versuchte, den ganzen Vorfall mit den Augen der Vernunft zu sehen. Ole hatte völlig recht. Was hätte ich tun sollen? Ich hatte es ja mit Verhandeln versucht. Der Kerl war selbst schuld. Aber meine Gefühle ließen sich nicht von rationalen Erwägungen beeinflussen. Ich blickte auf meine Hände hinunter. Sie zitterten wie verrückt. Nein, nicht nur meine Hände - mein ganzer Körper schlotterte.
Das ist der Schock, schoss es mir durch den Kopf. Ich musste mich hinlegen, ehe ich ohnmächtig wurde.
»Kannst du laufen?«, fragte Ole.
»Klar«, murmelte ich, obwohl ich ahnte, dass meine Füße mich keine drei Schritte weit tragen würden. »Wo sind die anderen?«, fragte ich, während ich mich zögernd in Bewegung setzte, wobei ich mich mit einer Hand an der Ziegelmauer neben mir abstützte.
»Keine Ahnung«, sagte Ole. »Ich saß nach dem Zeitsprung auf einmal mit diesem Halunken Chester allein in der Gondel. Alle anderen waren verschwunden.«
Um mich herum drehte sich alles. Beim nächsten Schritt gaben meine Knie nach. Ich sackte zusammen und spürte gerade noch, wie Ole mich mit einem Arm auffing, bevor die Welt in Dunkelheit versank.
Als ich zu mir kam, schwankte der Boden unter mir, und ich erkannte, dass ich wieder in der Gondel war. Ich lag auf den Holzplanken zwischen den Bänken und hatte den Sternenhimmel über mir, inklusive dem jetzt etwas tiefer stehenden Vollmond. Er würde bald untergehen und der Phase des abnehmenden Mondes weichen. Jede Nacht würde er ein Stück schmaler werden, bis er schließlich nur noch eine feine Sichel war. In zwei Wochen würde an seiner Stelle nichts als Schwärze erscheinen - unser nächstes mögliches Zeitfenster für eine Heimkehr mit der Gondel, wenn wir es diese Nacht nicht mehr zurückschafften.
Die traumgleichen Empfindungen, die mein Aufwachen begleitet hatten, zerstoben mit einem Schlag, und unvermittelt drang die Realität zu mir durch - das laute Grölen und Jauchzen einer großen Menschenmenge in unmittelbarer Nähe, der Geruch blakender Pechfackeln, der Gestank nach Fisch und Algen aus dem Brackwasser der Lagune.
Ruckartig setzte ich mich auf und kämpfte gegen die leichten Schwindelgefühle an, die mich dabei überkamen. Ich fand mich Auge in Auge mit...
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