Schweitzer Fachinformationen
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Liebe, Intrigen und der gefragteste Schmuck der Welt – der Auftakt der zweibändigen Saga über das schillernde Leben der Juweliersfamilie Cartier Paris, 1910: Nach der geplatzten Verlobung mit einem französischen Adligen versucht sich Jeanne Toussaint als Näherin im zwielichtigen Montmartre über Wasser zu halten. Bis sie in einem Nachtclub den Juwelier Louis Cartier trifft, der gemeinsam mit seinen Brüdern Geschäfte in Paris, London und New York betreibt, in denen jeder, der etwas von sich hält, ein und aus geht. Louis erkennt sofort Jeannes untrügliches Gespür für Stil und ihr Talent. Aber nicht nur das: Er kann nicht leugnen, dass es sich mehr und mehr zu der charmanten und lebhaften jungen Frau hingezogen fühlt. Doch die dunklen Wolken, die sich über Europa zusammenbrauen, bringen mehr und mehr das Geschäft der Familie Cartier in Gefahr.Raffiniert und atmosphärisch – tauchen Sie mit Sophie Villard ab ins prächtige Paris und begeben Sie sich auf die Spuren einer schillernden Familiensaga.
LOUIS CARTIER, Paris, Rue de la Paix, Anfang März 1910
Louis Cartier schlug den Mantelkragen hoch und rieb sich die kalten Hände. Es war noch ziemlich frisch heute Morgen, aber der Patron der Brasserie hatte die Bistrostühle und die runden Marmortischchen bereits so verführerisch draußen auf dem Trottoir aufgebaut, dass er sich einfach hatte setzen müssen. Die zaghafte Frühlingssonne gab ihr Bestes, um sein Gesicht zu wärmen, warum also sollte er hier nicht schnell einen Kaffee zu sich nehmen und vielleicht ein kleines Croissant, bevor er das Juweliergeschäft aufschloss? Seit der Trennung und dem Auszug von Caroline und Anne-Marie war die Wohnung so furchtbar leer und still, dass er es kaum ertragen konnte, sich dort aufzuhalten, geschweige denn, allein eine Mahlzeit einzunehmen.
Er bemühte sich, die trüben Gedanken zu verdrängen, und grüßte seine Kollegen und Nachbarn, die an ihm vorbeieilten, um ihre Geschäfte pünktlich zu eröffnen: »Bonjour«, rief er dem Parfumeur Guerlain zu, der seinen neuesten Duft ganz en vogue doch tatsächlich nach ihrer florierenden Luxuseinkaufsmeile »Rue de la Paix« benannt hatte. Kurz darauf folgten die Korsettmacherin Gringoire, der Schuhmacher Viault und der Hemdenmacher Chavet. »Bonne chance heute! Gute Verkäufe!«, schallte es zu ihm zurück.
Wie war es doch vergnüglich, Teil der dynamischen Unternehmergilde in dieser Prachtstraße sein zu dürfen, dachte er wieder einmal.
Kaum hatte er die für die Gäste bereitliegende Zeitung aufgenommen, da klopfte der silberne Entenkopf-Knauf eines Spazierstocks auf seine Tischplatte. Er gehörte César Ritz, der ihm einige schweizerische Urlauber ankündigte, die er von seinem Hotel am Place Vendôme später bei ihm vorbeischicken wollte. Louis bedankte sich, und während er anschließend auf seinen Kaffee und das luftige Gebäck wartete, las er endlich die Zeitung. Ein Bericht über das zurückgehende Seine-Hochwasser fesselte ihn sofort. Seit Januar hatte das Wasser die Stadt in Atem gehalten, hatte Keller und Geschäfte entlang des Flusses überflutet. Sogar Seuchen waren ausgebrochen. Die Abgeordneten der Stadtverwaltung hatten ihre Büros im Rathaus mit Booten aufsuchen müssen. Zum Glück war La Maison Cartier hier in der Rue de la Paix weitestgehend verschont geblieben, ebenso wie die Familie gesund geblieben war, dachte Louis.
Mittlerweile ging es in den Nachrichten schon um die letzten Aufräumarbeiten. Alles schien auf ruhigere Zeiten zuzusteuern. Auf Zeiten, in denen man wieder gute Geschäfte machen konnte.
Er legte die Zeitung fort und schloss für einen Moment die Augen, um die Wärme der Sonne zu genießen. Das helle Orange vor seinen Augenlidern machte ihn beinahe jauchzen, und er bemerkte, wie er gar anfing zu summen, dieses brandneue Chanson, das neulich im Maxim's gespielt worden war und das ihn sofort zu einer Tanzeinlage gezwungen hatte.
Als der Kellner mit dem Kaffee und dem Croissant kam, wechselte Louis ein paar heitere Worte mit ihm und vernahm, dass auch die Gastronomie wieder auf bessere Zeiten hoffte. Und auf ein erfolgreiches Jahr.
Wieder allein, tunkte er das Croissant in die Kaffeeschale ein und genoss sein petit déjeuner, während er die Passanten beobachtete, die an der Café-Terrasse vorbeiflanierten, unter ihnen nun keine Geschäftsleute mehr, sondern Angestellte und auch erste Kundschaft, die hoffentlich ein hübsches Vermögen hier in der Straße lassen würde. Der Verkehr nahm stetig zu. Immer mehr Automobile und Kutschen zogen vorbei, schließlich ging es auf neun Uhr zu. Auch er musste nun schleunigst aufbrechen, um La Maison zu öffnen.
Er trank den letzten Schluck Kaffee im Stehen, ließ ein paar Münzen auf dem Tisch zurück und überquerte die Straße hin zur Nummer 13. Der prächtige schwarze Marmor der Fassade glänzte ihm entgegen, die schneeweißen Markisen mit dem geschwungenen Schriftzug Cartier waren makellos wie immer. Louis wuchs vor Stolz ein paar Millimeter, als er die Tür aufschloss und dabei die goldene Plakette betrachtete, die die Fassade seit Kurzem zierte: »Cartier - offizieller Hoflieferant der englischen Krone«.
Er betrat den Empfangssalon mit seinen edlen Eichenholzvitrinen und der Kassettendecke mit dem zentralen Kronleuchter und spürte den dicken indischen Teppichboden unter seinen Füßen, der ihn jeden Tag aufs Neue begeisterte. Jetzt lag der Raum noch verlassen und ruhig da. Aber in weniger als einer halben Stunde würden die ersten Kunden und Kundinnen eintreten, und die Verkäufer in ihren feinen Anzügen mit den Fliegen und der täglich frischen Einsteckkornblume würden parat stehen, um sie in den Grünen, den Weißen, den Englischen oder den Juwelen-Salon zu führen und ihnen die funkelndsten Diamantencolliers und Smaragdringe, die edelsten Perlen und die raffiniertesten Goldgeschmeide zu präsentieren.
Mit gehörigem Zeitdruck im Nacken eilte Louis vom Empfangssalon nach links durch den Perlensalon - das so wichtige Reich ihrer Ersten Perlenknüpferin Madame Visage, die ihnen immer noch sechzig Prozent des Umsatzes bescherte - ins Hinterzimmer, um den Tresor aufzuschließen.
»Guten Morgen, Monsieur Cartier«, hörte er da auch schon die Stimme seines ältesten Mitarbeiters Viktor, der durch die Dienstbotenhintertür vom Hof her eingetreten war, stets pünktlich, stets verlässlich. »Heute erwarten wir hohen Besuch, nicht wahr?«, fuhr Viktor fort, während er seinen Mantel ablegte, denn er vergaß nie einen Termin.
»Und deshalb muss alles noch perfekter als sonst sein«, sagte Louis und spürte, dass er langsam nervös wurde. Wenn bei dieser Präsentation etwas schiefginge! Daran durfte er gar nicht denken. Durch das Hochwasser hatten sie in den vergangenen zwei Monaten erhebliche Einbußen hinzunehmen, denn selbst die reichsten Kunden hatten sich zunächst um trockene Keller bemühen müssen. Diese Verluste mussten sie nun ausgleichen.
»Wir werden uns die größte Mühe geben«, sagte Viktor.
»Ich bitte darum. Und selbstverständlich werde ich bei dem Verkaufsgespräch dabei sein.«
»Natürlich, Monsieur Cartier.«
Sie nahmen die Schachteln, Schatullen und Schubfächer und trugen sie zu den Vitrinen in die Salons. Schweigend drapierten sie die edlen Stücke auf den samtenen Auslagen, auf den gläsernen Hälsen und Händen, bis jedes Collier am richtigen Platz lag und jeder Ring in der Schaufenstervitrine glänzte. Zum Abschluss ging Louis noch einmal herum und rückte alles zurecht. Wie er die satten Farben der Steine liebte, das Granatapfelrot der Rubine, das Tiefseeblau der Saphire, das Moosgrün der Smaragde. Und erst diese Halsbänder im Girlandenstil, die colliers de chien, mit ihrer raffinierten Platinfassung und den zahlreichen Diamanten, aufgereiht wie auf einem französischen Balkongeländer und funkelnd wie ein ganzer Sternenhimmel! Welch ein Glück, dass er so talentierte Mitarbeiter wie seinen Chefdesigner Moreau hatte, auf dessen Kappe diese Kreation ging. Louis trat einen Schritt zurück und konnte nicht anders, als zu lächeln, als er die prächtige Auslage im Gesamten sah. Und er war nicht der Einzige! Auf der anderen Seite des Schaufensters blieben die ersten Passanten stehen, um die Stücke ebenfalls zu bewundern.
»Nun kann sie kommen«, sagte Louis zufrieden.
»Nun kann sie kommen«, wiederholte Viktor bestätigend und zog seine Fliege gerade, genau in dem Moment, als draußen eine Limousine vorfuhr.
»Großfürstin Wladimir, welch eine Freude!« Louis riss die Tür auf, breitete die Arme aus, ging gemessenen Schrittes auf die korpulente Dame im Nerzmantel zu, die soeben aus dem Fond des Wagens kletterte, gestützt von ihrem Chauffeur, und bot ihr den Arm.
Viktor hielt die Tür auf und verbeugte sich tief, als sie eintraten.
»Vielen Dank, die Herren!« Die Großfürstin nickte huldvoll. »Ich habe mich gleich früh auf den Weg gemacht, schließlich liebäugle ich mit diesem Einkauf schon seit Wochen. Aber das verfluchte Hochwasser hatte einen so sehr ans Haus gefesselt, welch ein Unglück für die Stadt! Die armen Leute in diesen elenden Quartieren, die es so hart erwischt hat mit dieser schrecklichen Cholera. Nun ja, aber jetzt müssen wir nach vorne schauen, nicht wahr?! Nicht zuletzt steht der Frühlingsball der Gräfin Salina vor der Tür. Ich muss meine Garderobe fertigstellen, dazu gehört natürlich Ihr außerordentlicher Schmuck, werter Monsieur Cartier, wie könnte es anders sein.«
»Natürlich, liebe Großfürstin, folgen Sie mir doch bitte in den Grünen Salon.« Louis ging voran durch den runden Empfangsraum, vorbei an dem Blumenbouquet aus gelben Calla-Lilien und weißem Rittersporn, und öffnete eine der Türen im Hintergrund. Einmal mehr klopfte er sich für seine Idee mit den separaten Verkaufsräumen innerlich auf die Schulter, konnte er so doch mehrere Geschäfte voller Diskretion gleichzeitig abschließen. Er servierte der Großfürstin ein Glas Champagner, während sie auf der seidenen Chaiselongue Platz nahm und sichtlich gespannt darauf wartete, was er ihr präsentieren würde.
Louis und Viktor hatten das Tableau bereits vorbereitet und drei Stücke ausgewählt: ein unvermeidliches Collier de Chien, ein Diamantenhalsband im Girlandenstil, das nun mal das Markenzeichen von Cartier war. Insgeheim hoffte Louis allerdings, dass sie sich nicht dafür entscheiden würde, denn diese Art Schmuck sah an schlanken, jungen Hälsen deutlich besser aus. Des Weiteren ein buntes Collier mit einer Vielzahl von Smaragden, Rubinen und Saphiren in verschiedensten Größen in...
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