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Früher einmal hatte es so viele Malavoglia gegeben wie Steine auf der alten Straße nach Trezza; es gab sogar welche in Ognina und in Aci Castello, lauter gute, rechtschaffene Fischersleute, ganz im Gegensatz zu dem, was der Spitzname hätte vermuten lassen, wie es Brauch ist. Eigentlich hießen sie Toscano, so stand es im Kirchenbuch, doch das hatte nichts zu bedeuten, denn seit Urzeiten kannte man sie, Väter wie Söhne, in Ognina, in Trezza und in Aci Castello als die Malavoglia, Leute, die immer ein Boot auf dem Meer und Dachziegel an der Sonne gehabt hatten. Jetzt lebten in Trezza nur noch die Malavoglia von Padron 'Ntoni, die vom Haus mit dem Mispelbaum, deren Boot, die Provvidenza, auf dem Kies unterhalb vom Waschhaus vertäut war, neben der Concetta von Onkel Cola und dem Boot von Padron Fortunato Cipolla.
Die Stürme, die die anderen Malavoglia überallhin zerstreut hatten, waren über das Haus mit dem Mispelbaum und das unter dem Waschhaus vertäute Boot hinweggegangen, ohne größeren Schaden anzurichten, und um dieses Wunder zu erklären, pflegte Padron 'Ntoni eine Faust zu machen - eine Faust wie aus Nussbaumholz - und zu sagen: »Beim Rudern müssen sich die fünf Finger gegenseitig helfen.«
Er sagte auch: »Die Menschen sind wie die Finger einer Hand: Der Daumen muss ein Daumen sein und der kleine Finger ein kleiner Finger.«
Und tatsächlich war es mit der kleinen Familie von Padron 'Ntoni wie mit den Fingern einer Hand. Zuerst kam er selbst, der Daumen, er bestimmte, was zu tun war; dann sein Sohn Bastiano, genannt Bastianazzo, weil er groß und stark war wie der San Cristoforo, der unter den Arkaden des Fischmarkts in der Stadt abgebildet war, und so groß und stark er auch war, gehorchte er doch aufs Wort, und er hätte sich nicht die Nase geputzt, wenn sein Vater ihm nicht gesagt hätte: »Putz dir die Nase!«, und so hatte er auch die Longa geheiratet, als man ihm gesagt hatte: »Nimm sie.« Nach ihm kam die Longa, eine kleine Frau, die webte, Sardellen einsalzte, Kinder zur Welt brachte, eben eine gute Hausfrau; schließlich die Enkel, dem Alter nach: 'Ntoni, der Älteste, ein Tagedieb von zwanzig Jahren, der sich noch immer hin und wieder eine Ohrfeige vom Großvater holte und manchmal auch einen Fußtritt etwas tiefer, damit das Gleichgewicht wiederhergestellt wurde, wenn die Ohrfeige zu heftig gewesen war; Luca, »der mehr Verstand hatte als der Ältere«, wie der Großvater oft sagte; Mena, Filomena, auch genannt Sant'Agata, weil sie immer am Webstuhl saß, und es heißt ja: »Die Frau am Webstuhl, das Huhn im Stall, die Rotbarbe im Meer«; Alessi, Alessio, eine kleine Rotznase, ganz der Großvater!, und Lia, Rosalia, noch nicht Fisch und noch nicht Fleisch. Wenn sie sonntags hintereinander in die Kirche kamen, sah es aus wie eine Prozession.
Padron 'Ntoni kannte manche Redensarten und Sprichwörter, die er von den Alten gehört hatte, »denn das Wort der Alten spricht immer wahr«: »Kein Boot fährt ohne Steuermann.« »Will man Papst werden, muss man erst Sakristan sein.« Oder: »Bleib bei dem, was du gelernt hast, wirst du auch nicht reich dabei, hast du doch zu leben.« »Sei zufrieden mit dem, was dein Vater gemacht hat, so wirst du zumindest kein Spitzbub.« Und er kannte noch mehr solcher Lebensweisheiten.
Deshalb gedieh das Haus mit dem Mispelbaum, und Padron 'Ntoni galt als vernünftiger Kopf, weshalb man ihn in Trezza zum Gemeinderat gewählt hätte, wenn nicht der Sekretär Don Silvestro, ein rechter Schlaumeier, herumerzählt hätte, der sei ein Ewiggestriger, ein Erzreaktionär von dem Schlag, der die Bourbonen verteidigte, und setze sich heimlich für die Rückkehr Franceschellos ein, damit er im Dorf den Herrn spielen könnte, so wie er es im eigenen Haus tat.
Dabei kannte Padron 'Ntoni Franceschello nicht einmal vom Sehen, er kümmerte sich um seine eigenen Angelegenheiten und pflegte zu sagen: »Wer für sein Haus verantwortlich ist, der kann nicht schlafen, wann er will, denn: Wer befiehlt, der muss Rechenschaft ablegen.«
Im Dezember 1863 war 'Ntoni, der älteste Enkel, zur Marine einberufen worden. Damals war Padron 'Ntoni zu den Notabeln des Dorfs gelaufen, denn sie sind diejenigen, die einem helfen können. Doch Don Giammaria, der Pfarrer, hatte gesagt, es geschehe ihm ganz recht, und das sei das Ergebnis dieser teuflischen Revolution, bei der sie die Trikolore am Kirchturm aufgehängt hatten. Hingegen lachte Don Franco, der Apotheker, in seinen langen Bart und schwor ihm händereibend, wenn sie es schafften, ein Stück Republik einzuführen, würden alle, die die Einberufung und die Erhebung der Steuern betrieben, mit Fußtritten in den Hintern davongejagt, und Berufssoldaten werde es keine mehr geben, sondern alle miteinander würden, wenn nötig, in den Krieg ziehen. Da flehte ihn Padron 'Ntoni an, er solle sich doch um der Liebe Christi willen mit der Republik beeilen, bevor sein Enkel 'Ntoni einrücken müsse, so als hätte Don Franco das in seiner Hand, bis der Apotheker wütend wurde. Beim Anhören dieser Reden lachte sich Don Silvestro, der Gemeindesekretär, schief und sagte schließlich, wenn man dieser und jener Person, die er kenne, diskret ein Sümmchen zustecken würde, könnte man schon irgendeinen Makel an seinem Enkel finden, sodass er zurückgestellt würde. Leider Gottes war der Junge solide gebaut, so wie es noch heute in Aci Trezza die Regel ist. Und als der Militärarzt dieses Prachtstück von einem jungen Mann vor sich sah, sagte er zu ihm, sein einziger Makel sei, dass er wie eine Säule auf seinen riesigen Füßen stehe, die aussahen wie die breiten Blätter des Feigenkaktus; aber Füße, die aussehen wie die Blätter eines Feigenkaktus, taugen an manchen schlimmen Tagen auf der Brücke eines Kreuzers besser als enge Stiefel; und deshalb holten sie 'Ntoni, ohne auch nur »Gestatten!« zu sagen. Als die Rekruten in die Kaserne gebracht wurden, trabte die Longa keuchend neben den großen Schritten des Söhnchens her und ermahnte ihn, stets das Amulett der Madonna auf der Brust zu tragen und ihnen jedes Mal, wenn ein Bekannter aus der Stadt zurückkam, eine Nachricht für sie mitzugeben, das Geld fürs Briefpapier würden sie ihm dann schicken.
Der Großvater schwieg, weil er ein Mann war; doch auch er spürte einen Kloß in der Kehle, und er vermied es, die Schwiegertochter anzusehen, fast als sei er wütend auf sie. So kehrten sie nach Aci Trezza zurück, schweigend und mit gesenktem Kopf. Bastianazzo, der sich beeilt hatte, um die Segel der Provvidenza zu bergen, und dann am Anfang der Straße auf sie wartete, traute sich nicht, den Mund aufzumachen, als er sie so trübselig und mit den Schuhen in der Hand auftauchen sah, und ging mit ihnen nach Hause. Die Longa zog sich sofort in die Küche zurück, als hätte sie es eilig, mit den alten Töpfen und Pfannen allein zu sein, und Padron 'Ntoni sagte zu seinem Sohn: »Geh und sag was zu ihr, der Armen, sie kann nicht mehr.«
Am darauffolgenden Tag gingen alle zum Bahnhof von Aci Castello, um die Kolonne der Rekruten vorbeimarschieren zu sehen, die nach Messina fuhren, und warteten über eine Stunde lang hinter dem Zaun, eingezwängt in der Menge. Schließlich kam der Zug, und man sah all die jungen Männer, die mit den Armen fuchtelten und den Kopf zum Fenster hinausstreckten, wie die Ochsen, wenn man sie zum Markt bringt. Es wurde gesungen, gelacht und gelärmt, dass man hätte meinen können, auf dem Fest von Trecastagni zu sein, und in dem Gedränge und dem Trubel vergaß man sogar die Beklemmung des Herzens, die man zuvor gespürt hatte.
»Addio, 'Ntoni!« »Addio, Mama!« »Addio, vergiss uns nicht! Vergiss uns nicht!« Ganz in der Nähe, am Straßenrand, stand Sara, die Tochter von Comare Tudda, und schnitt Gras für das Kalb; aber Comare Venera Zuppidda ging umher und munkelte, das Mädchen sei gekommen, um von 'Ntoni, dem Enkel von Padron 'Ntoni, mit dem sie sich oft von der Mauer des Gärtchens aus unterhalten hatte, Abschied zu nehmen, mit eigenen Augen hatte sie die beiden gesehen, die Würmer sollten sie fressen, wenn das nicht stimmte. Fest stand, dass 'Ntoni Sara zuwinkte, und sie blieb mit der Sichel in der Hand stehen, bis der Zug sich in Bewegung setzte. Der Longa kam es vor, als hätte man ihr diesen Abschiedsgruß gestohlen, und noch lange danach drehte sie Sara, der Tochter von Comare Tudda, wann immer sie sie auf der Piazza oder am Waschhaus traf, den Rücken zu.
Dann war der Zug abgefahren unter Pfiffen und Getöse, und Lieder und Abschiedsrufe gingen darin unter. Und nachdem sich die Neugierigen zerstreut hatten, blieben nur noch ein paar Weiblein und einige arme Teufel zurück, die sich an den Zaunlatten festhielten, ohne zu wissen, warum. Dann verzogen auch sie sich allmählich, und Padron 'Ntoni, der ahnte, dass seiner Schwiegertochter ein bitterer Geschmack im Mund zurückgeblieben war, spendierte ihr Zitronenwasser für zwei Centesimi.
Comare Venera Zuppidda sagte als Trost zu der Longa: »Findet Euch damit ab, fünf Jahre lang müsst Ihr jetzt so tun, als wäre Euer Sohn gestorben, und Ihr dürft nicht mehr an ihn denken.«
Dennoch dachten sie ständig an ihn im Haus mit dem Mispelbaum, entweder weil der Longa tagtäglich beim Tischdecken ein bestimmter Teller in die Hände geriet oder wenn ein Knoten ins Tau geknüpft werden musste, worauf sich 'Ntoni besser als alle anderen verstand, oder wenn man ein Seil so fest wie eine Geigensaite spannen musste oder so straffen, dass man eigentlich eine Winde gebraucht hätte. Der Großvater keuchte oh und ach und rief zwischendurch: »Jetzt könnte man 'Ntoni brauchen« oder »Glaubt ihr denn, ich hätte so viel Kraft wie der...
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