Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Stimme 1: Geht es jetzt endlich los?
Stimme 2: Was heißt losgehen? Es ist Zeit, es endlich zu Ende zu bringen.
Stimme 1: Aber wie soll das gehen? Wir sind noch lange nicht so weit.
Stimme 2: Ja sag! DONE IS BETTER THAN PERFECT1 ist doch unser Motto.
Stimme 1: Das ist leichter gesagt als getan. Noch dazu: Was heißt das? Zählt die Qualität denn gar nicht mehr?
Stimme 2: Doch natürlich! Kannst du dich nicht mehr erinnern an unsere Reise ins Land 'beyond Planbarkeit'? Da war doch der Unternehmer aus der IT-Branche, dem wir begegnet sind .
Stimme 1: Ich glaube, ich weiß schon, welche Begegnung du meinst.
<FLASHBACK. BEIDE ERINNERN SICH.>
Früher war unser Bestreben wirklich das Beste zu finden, das Richtigste. Ja, das Fehlerloseste. Heute ist das nicht mehr mein Bestreben. Nicht, weil ich den Anspruch aufgegeben hätte. Aber ich meine, dass wir in so einer komplexen Welt leben, die auch noch so schnelllebig ist - das kommt als Dimension dazu - dass es unglaublich schwierig ist, im Vorhinein abzuschätzen, was das Richtige ist. Ja, in Anführungszeichen. Den Anspruch, den ich heute habe, ist, dass wir eine möglichst schnell lernende Organisation sind. Ja. Also dass wir möglichst rasch für uns erkennen, was funktioniert, was funktioniert nicht
Stimme 1: Du meinst also, wir sollten einfach mal beginnen, um durchs Tun draufzukommen, was funktioniert und was nicht.
Stimme 2: Genau. Auf Reisen ist es doch auch so: Wir können immer erst dann erkennen, was hinter der nächsten Kurve liegt, wenn wir so weit gehen oder fahren, dass wir um die Kurve blicken können. Alles andere ist Spekulation.
Stimme 1: Klingt vernünftig. Und wie fangen wir an?
Stimme 2: Lassen wir doch mal die Forscherin erzählen, wie unsere Reise ins Land 'beyond Planbarkeit' begann.
Am Arbeitsmarkt und in den Unternehmen sind unter dem Eindruck von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUCA) seit Jahren große Herausforderungen zu lösen. So zwingt die digitale Transformation Unternehmen in zunehmendem Ausmaß dazu, ihre Organisationen, Prozesse, Strukturen, aber auch Werte vom Kunden her zu denken. Es braucht neue Lösungen, um den sich in zunehmender Geschwindigkeit ändernden Anforderungen aus der unternehmerischen Umwelt begegnen zu können und antwortfähig zu bleiben (Schumacher & Wimmer 2019). Zugleich sind die Bedeutung der persönlichen Sinnerfüllung, eine individuell auszugestaltende Balance zwischen Arbeit und Privatleben sowie der Wertewandel von Menschen in der Arbeit wesentliche Treiber, die auf Organisationen wirken (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2016). Bis zum Ausbruch der Covid-19-Pandemie kamen die skizzierten Veränderungen auf Organisationen nicht laut und damit als Revolution wahrnehmbar, sondern vielmehr still und leise zu. Daraus entstand eine Diskrepanz und Spannung zwischen "der 'gefühlten' Realität einer eher evolutionären Entwicklung und der 'tatsächlichen' Realität beschleunigter und radikaler Umwälzungen" (Baltes & Freyth 2017:4). Das hat sich geändert und es ist mittlerweile sichtbar, dass die neue Realität nach Corona radikal anders ist als zuvor: So ist beispielsweise "Homeoffice [.] gekommen um zu bleiben" (B4 2020:841)3, die digitale Transformation wurde beschleunigt und Videokonferenzen haben die Meeting-Kultur, aber auch nachfolgend ganze Branchen verändert. Zusätzlich hat sich der schon vorher gezeigte Trend des Fachkräftemangels nunmehr zu einem Arbeitskräftemangel verschärft: "[H]eute ist es [.] umgekehrt, dass man sich als Unternehmen bei den Mitarbeitern bewerben muss, anstatt dass sich die Mitarbeiter beim Unternehmen bewerben"4 (B2 2019:220-222). Darüber hinaus eskalierte während der Covid-19-Pandemie der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zum Krieg, was massive Auswirkungen auf die Energiekosten und die Weltwirtschaft hatte. Im Jahr 2023 brach zudem der Israel-Palästina-Konflikt erneut aus. Es zeigt sich, dass eine einfache Rückkehr zu einer - wenn auch neuen - Normalität nicht möglich ist, da Unternehmensführung heute nicht mehr in einem Kontext der risikobehafteten Ungewissheit, sondern in einer der (absoluten) Unsicherheit - 'true uncertainty'5 (Knight 1921) - stattfindet. Der Bereich der "known unknowns" (Kerwin 1993:178) wurde und wird größer. Es gilt sich einzugestehen, dass es zunehmend mehr Dinge gibt, von denen wir wissen (sollten), dass wir sie nicht wissen. Dies ist aber nur die Spitze des Eisbergs im Vergleich zu "all the things we do not [even, EdV] know we do not know" (ebd.). Diese 'unknown unknowns' (1993:178) sind die wahren Gamechanger; denn sie bedeuten, dass "keine belastbaren Informationen über die Zukunft mehr verfügbar" (Grichnik u. a. 2017:116) sind.
Seit Heinz von Foerster ist bekannt, dass Organisationen - genauso wie Menschen und die ganze Welt - 'nicht-triviale Maschinen' sind. Sie sind damit im Gegensatz zur trivialen Maschine unzuverlässig, da sich ihre inneren Zustände "geschichtsabhängig" ändern können und dies auch regelmäßig tun; womit sie per Definition "analytisch indeterminierbar [und, EdV] unvorhersagbar" (ebd.) sind. Dennoch konnte der Schein, Unternehmen durch Planung steuern zu können, lange aufrechterhalten werden. Dieses Weltbild wird nun aber zunehmend erschüttert. Die Erfahrungen im Kontext von Situationen 'true uncertainty' zeigen, dass Pläne "als entscheidende Komponenten der erfolgreichen Ausführung effektiver Handlungen überschätzt" (Weick 2018:22) sind, je volatiler und unvorhersehbarer die Zukunft wird. "Pläne sind ein Vorwand, unter dem mehrere wertvolle Aktivitäten in Organisationen vor sich gehen, aber Vorhersage ist keine von diesen Aktivitäten." (2018:23) Die Forschungserkenntnisse aus der Chaos- und Komplexitätstheorie zeigen, dass "Steuerung und Regelung [.] offenbar nur bei stabilem Systemverhalten sinnvolle Instrumente" (Kruse 2020:48) sind, denn ihre Wirksamkeit ist "gebunden an Stabilität, an die Vorhersagbarkeit zukünftiger Entwicklungen" (ebd.). Die Realität ist aber, dass "Wandel statt Stabilität [.] die Regel in jeder Organisation" (Weick 2018:172) ist. Komplexe Argebungen "überforder[n] hierarchische Führungspraktiken" (Schumacher & Wimmer 2019:12), "they lose their grip" (Weber 2016:213). Notwendig wäre es, den Modus "from planning to preparedness" (2016) und den Führungsfokus von "Voraussagbarkeit und damit Kontrollierbarkeit" (Simon 2020:28) in Richtung auf eine "'incognito' forsight dimension" (Weber 2016:13) zu verschieben.
Auch wenn moderne Balanced Scorecards (BSC) oder ERP-Systeme ganzheitlicher angelegt sind als traditionelle (ausschließlich kaufmännisch orientierte) Controlling-Systeme, ist das rationale Weltbild mit seinen Prinzipien der Planbarkeit und Berechenbarkeit tief in der Unternehmenssteuerung verankert (Kieser 2019:48f). Wider theoretisches Wissen über Organisationen als 'nicht-triviale Maschinen' sind die Leitsysteme in der organisationalen Praxis nach wie vor von vermeintlicher Vorhersagbarkeit geprägt. Eine Lösung aus dem mechanistischen Paradigma heraus ist in der Alltagspraxis noch nicht gelungen, denn: "[E]s suggerieren uns ein wenig diese ERP-Systeme, ja. Dass wir ja alles wissen. Aber das Extrapolieren geht nimmer. Also man tut sich da wahnsinnig schwer und damit tun sich die vielen Firmen schwer, die doch [.] allesamt aufbauen auf Planbarkeit, Einschätzbarkeit, Vorhersagbarkeit" (B3 2019:265-267). Als Resultat ergibt sich die paradoxe Situation, dass das Wissen vorhanden ist, dass komplexe Systeme in komplexen Umgebungen nicht über einfache Regelkreise steuerbar sind, die verfügbaren Instrumente aber darauf aufbauen und damit einfaches Ursache-Wirkungs-Denken fördern.
Es fällt den handelnden Personen und den durch ihre Interaktionen geschaffenen Organisationen schwer, "außerhalb mechanistischer Kausalität zu denken" (Leitner 2016:18), auch wenn sie anderen und sich selbst gegenüber vorgeben, dass das nicht so ist. Sich tiefgründig einzugestehen, dass es notwendig ist, den Organisationsmodus "from planning to preparedness" (Weber 2016) zu verändern, stellt Organisationen im wahrsten Sinne des...
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