»Wer die Stewardess rumkriegt, darf sich König nennen.« Dieser irgendwann einmal aufgeschnappte Satz geisterte Sophie wie ein Bumerang durch den Kopf, während sie den Mann mit dem Namen P. Simon tief in sich spürte. Zumindest stand es so auf seinem Namensschild. Was sich wohl hinter dem P. verbarg? Pierre? Patrick? Paul? Was spielte das für eine Rolle. Wichtig war nur, dass er sie zum Höhepunkt trieb.
Quick and Dirty. Wie sie es liebte. Sie, die Königin.
Während er sie von hinten nahm, konnte sie ihn im Spiegel beobachten. Ein schöner Mann mit funkelnden Augen und dunklem Teint. Seine Uniform mit eng anliegender Weste, weißem Hemd und goldener Krawatte saß noch immer akkurat, lediglich der Hosenschlitz stand offen. Auch Sophie musste sich nicht erst ihrer Kleidung entledigen. Mühelos hatte Pierre, Paul oder Patrick ihren ohnehin schon kurzen Rock nach oben gerafft und dem aus einem Hauch von Nichts bestehenden String zur Seite geschoben.
Ready for Boarding.
Dieser Flugbegleiter wusste nicht nur den Platz der Bordtoilette effizient auszunutzen, sondern auch die Enge in ihr. Mit wuchtvollen Stößen trieb er das Bonusmeilenkonto ihrer Mile-High-Club-Card in die Höhe. Sophie krallte sich am Edelstahl-Waschbecken fest, das Gesicht gegen den Spiegel gedrückt. Ihr heißer Atem brachte das Glas zum Beschlagen.
Es klopfte an der Kabinentür. Doch das war Sophie egal. Gleich war sie fertig, kein anderes Bedürfnis zählte. Soweit es die Räumlichkeit zuließ, bot sie sich dem Mann ohne Vornamen an, streckte ihm ihren Arsch entgegen und spürte sein hartes Teil noch ein Stück weiter in sie eindringen. Groß. Dick. Pulsierend.
Das Klopfen wurde immer lauter. Tok-tok-tok.
»Ja doch«, schrie Sophie. »Bin gleich so weit.«
Das war nicht gelogen. Ihr Unterleib verkrampfte sich, zuckte unkontrolliert. Eine elektrisierende Spannung baute sich auf, die sich jeden Augenblick zu entladen drohte.
P. Simon stieß einen Lustschrei aus und presste sich ein letztes Mal ganz tief in sie hinein.
»Wuaaaah!« Sophie stieß einen entsetzten Schrei aus. Etwas Eiskaltes ließ ihren Unterleib schockgefrieren.
Eine grelle Stimme drang in ihr Bewusstsein: »Entschuldigen Sie. Das tut mir total leid. Ich bin aber auch ein Schussel.«
Die Brutalität der Gegenwart katapultierte Sophie zurück in die Reihe zwölf, Sitz drei der Economy-Class.
»Zum Glück war der Becher nur halbvoll. Ist auch nur Wasser. Gibt also keine Flecken.« Zwei nervös blinzelnde Augen, verborgen hinter viel zu großen Brillengläsern starrten sie ängstlich an.
Das Bedauern hielt allerdings nicht lange an, denn die Frau, die Sophies Schoß nass gemacht hatte, hämmerte bereits wieder mit schnellen Fingern auf der Tastatur des vor ihr aufgeklappten Notebooks ein. Tok-tok-tok.
Sophie sah an sich hinab. Ein dunkler Wasserfleck zeichnete sich deutlich auf dem schwarzen Bleistiftrock ab. Sie konnte nur hoffen, dass der Fleck trocknete, ehe sie die Maschine verließen.
Also ein Traum. Nichts weiter als ein Traum.
Wie ärgerlich.
Genauso ärgerlich wie die Anwesenheit der Person neben ihr. Was hatte sich Walter nur dabei gedacht, sie mit diesem jungen, unerfahrenen Ding auf die Reise zu schicken - und dann auch noch Economy Class. Im Verlauf des Wachwerdens fiel ihr auch wieder der Name ein. Freya, die neue Volontärin der BLITZ Online-Redaktion.
»Benötigen Sie ein Tuch?«
Als wäre er frisch aus ihrem Traum entstiegen, stand plötzlich der Flugbegleiter mit dem Namenschild P. Simon vor ihrer Sitzreihe und zeigte sein tadelloses Lächeln. Bei seinem Anblick spürte Sophie ein schmerzhaftes Ziehen zwischen ihren Beinen, was nichts mit der Kälte des Wassers zu tun hatte.
Während er ihr die Taschentuchbox reichte, berührten sich kurz ihre Hände.
Innerlich musste sie über sich selbst und ihren Traum lachen. Dieser Mann war zwar ganz nach ihrem Geschmack, aber die Zeiten, in denen ihr die Enge der Flugzeugtoiletten nichts ausgemacht hatten, gehörten längst der Vergangenheit an. Mittlerweile zog sie attraktive Sitznachbarn vor und hatte bewiesen, dass man auch in einer vollbesetzten Maschine durchaus auf seine Kosten kommen kann, ohne dass die anderen Passagiere Wind davon bekamen.
»Das wird die größte Hochzeit des Jahres«, sprach die Volontärin über die zarten Flirtavancen des Stewards hinweg. Allein der Klang ihrer Stimme veranlasste Sophie zum genervten Augenrollen.
»Dieser Fürstensohn ist ein echter Prachtkerl«, schwärmte Freya, während sie auf dem Bildschirm das Foto von Carl von Rothenberg studierte.
Sophie nickte matt und schenkte dem Foto ebenfalls halbherzige Aufmerksamkeit, als sich der Stewart zurückgezogen hatte. Sie musste ihr recht geben. Dieser Fürst war in jeder Hinsicht eine gute Partie. Und dazu haargenau ihr Typ: groß, sportlich schlank, mit breiten Schultern und dunklen Haaren.
»Wieso heiratet so ein toller Mann nur so eine Frau?« Die Volontärin scrollte sich durch eine Fotogalerie, bis sie das Gesuchte fand. »Eine Schönheit ist sie wirklich nicht.«
Sie schob sich die viel zu große Brille zurück auf die Nase. Was finden diese jungen Dinger nur an diesen gesichtsentstellenden Nerdbrillen?, fragte sich Sophie, sagte aber: »Sie ist eine Königstochter. Eine echte Prinzessin. Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass das durchaus seine Reize auf einen Mann haben kann.«
Sophie musterte die Volontärin unverhohlen von der Seite. Wenn die Bezeichnung Graue Maus auf jemanden zutraf, dann auf diese Person. Sie konnte einfach nicht verstehen, wie man nur so wenig aus seinen Haaren machen konnte. Freud- und lieblos hingen sie an der Frau herab, um sich, vereint im Spliss, auf den Schulterblättern zu verlaufen. Und dieser Kleidungsstil. Nichts gegen einen Shabby-Look. Aber dieser hier war eindeutig nicht gewollt. Außerdem sah eine Chinohose nur dann gut aus, wenn die Trägerin zumindest ansatzweise so etwas wie eine Figur hatte. Da lobte sich Sophie doch ihre weiblichen Rundungen, die sich exakt an den richtigen Stellen befanden.
»Ich bin ja so aufgeregt«, platzte es aus Freya heraus. »Mein erster richtiger Auftrag. Und dann gleich eine so große Nummer.«
Sophie musste sich eingestehen, dass sie selbst heiß war auf die Berichterstattung des wahrscheinlich wichtigsten royalen Ereignisses des Jahres. Aber das Drumherum hatte sie sich irgendwie anders vorgestellt. Denn der öffentlichkeitsscheue Fürstensohn hatte dem Interview nur zugestimmt, wenn die BLITZ im selben Atemzug über die anstehende Weltmeisterschaft im Rudern berichten würde. Rudern. Ausgerechnet!
»Was hat denn Rudern damit zu tun«, hatte sich Sophie noch immer selbst im Ohr, während sie vor Walter, ihrem Chefredakteur, stand und ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte, als er von ihrem neuen Auftrag erzählte. Die Antwort war so einfach wie banal. Carl von Rothenburg war der Teamkapitän der deutschen Rudermannschaft im Doppel-Vierer. Und so war der medienscheue Adlige auf die glorreiche Idee verfallen, die Pflicht mit seiner Leidenschaft zu verbinden. Er würde der BLITZ also nur ein Interview einräumen, wenn im Rahmen dessen auch über die bevorstehende Weltmeisterschaft berichtet würde.
Dieser raffinierte Hund. Sophie kam nicht umhin, sich in diesem Schachzug ein kleines bisschen selbst zu erkennen. So weit, so gut. Dann aber auch noch dieses unerfahrene Volontärsmäuschen aufgehalst zu bekommen, stellte Sophies Gutherzigkeit auf eine harte Probe. Und das Schlimme: Sie war tatsächlich auf dieses junge schmucklose Ding angewiesen, da sie von diesem technischen Schnickschnack überhaupt keine Ahnung hatte - geschweige denn haben wollte.
»Die Zugriffszahlen für unseren Blog werden durch die Decke gehen«, prophezeite die Maus mit ihrer passenden Piepsstimme. »Sind Sie denn nicht nervös, wenn Sie wissen, dass Ihnen theoretisch die ganze Welt live bei Ihrem Interview zusehen kann?«
»Hatten wir uns nicht auf das Du geeinigt? Und nein, Schätzchen. Bin ich nicht. Im Gegenteil. Ich mag es, wenn man mir zusieht.« Der letzte Kommentar galt jedoch nicht der Volontärin, sondern P. Simon, der soeben wieder ihre Sitzreihe streifte und sie scheinbar unauffällig musterte. Automatisch fasste sich Sophie an den Hals, um ihr Dekolleté entlangzustreichen. Eine scheinbar unauffällige Geste, die nie ihre Wirkung verfehlte. Was würde sie darum geben, jetzt seine Lippen an ihrem Hals zu spüren, die immer tiefer hinabglitten .
»Verstehst du denn etwas vom Rudern?«
»Wie bitte?« Sophie erschrak leicht, als sie Freyas Frage aus ihren Gedanken riss.
Schon war der Steward fort.
»Ich meine, als Journalistin ist es doch sicherlich wichtig, sich mit der Materie auszukennen, nicht wahr?«
»Schätzchen, meine Materie sind Menschen. Alles andere ist schmückendes Beiwerk.« Sophie lehnte sich in den Gang, um einen Blick auf die Rückseite des Stewards zu erhaschen. Sie wurde nicht enttäuscht. Die schwarze Stoffhose schmiegte sich eng an seinen Hintern. Ein echter Knackpopo.
»Weißt du denn schon, welche Fragen du Carl von Rothenburg stellen wirst?«
Als sie sich wieder zu ihrer Sitznachbarin drehte, schaute diese sie mit einem stechend-neugierigen Blick an.
»In etwa.« Das war eine glatte Lüge. Denn in Wahrheit hatte Sophie nicht den Hauch einer Ahnung, was sie dem Fürstensohn aus den Rippen leiern sollte. Sie wollte nicht nur eine 08/15-Berichterstattung über die Gefühle eines Junggesellen, der nun in die ganz großen royalen Fußstapfen treten würde. Sophie wollte nicht weniger als einen Skandal, mit dem sie Carl von Rothenburg konfrontieren konnte. Etwas, das...