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(Foto: Vogel)
Gestatten? Langohr, Hase, Karnickel, Wackelnäschen ... Das Kaninchen trägt viele Kosenamen, und seit es das Zusammenleben des Menschen als Haustier bereichert, wurde schon vieles über Haltung, Ernährung und Pflege niedergeschrieben. Besonders für neue Kaninchenhalter ist es oft schwer, aus dieser Fülle von Informationen herauszufiltern, was das Beste für diese Tierart ist. Ein Blick zu den wilden Verwandten lässt vieles leichter verstehen und macht sehr schnell deutlich, wie man das Zusammenleben mit Kaninchen möglichst tiergerecht gestalten kann. Im Übrigen sind sämtliche Hasen, ganz gleich ob Stallhase oder Hasenkaninchen, schlichtweg Hauskaninchen.
Kaninchen sind Säugetiere und gehören zur Ordnung der Hasenartigen (Lagomorpha) und nicht, wie häufig angenommen, zur Ordnung der Nagetiere (Rodentia).
Das als Haustier lebende Kaninchen (Oryctolagus cuniculus f. domestica) ist die domestizierte Form des Europäischen Wildkaninchens (Oryctolagus cuniculus). Männliche Tiere werden als Rammler bezeichnet, weibliche Tiere als Häsin. Aufgrund ihrer Größe werden insbesondere die kleinwüchsigen, bis maximal 2 Kilogramm leichten Kaninchen Zwergkaninchen genannt. Korrekter wäre jedoch der Titel Hauskaninchen, unter den alle als Haustiere lebenden Kaninchen fallen, egal wie leicht oder schwer sie sind.
Das "echte" Zwergkaninchen (Brachylagus idahoensis) ist eine wild lebende Art aus dem Nordwesten der USA, die sehr eng mit dem Baumwollschwanzkaninchen (Sylvilagus) verwandt ist.
Bei Kaninchen und Hasen handelt es sich um zwei verschiedene Tierarten, die zwar miteinander verwandt sind, sich jedoch in vielerlei Hinsicht stark unterscheiden. Die Bezeichnung eines Kaninchens als "Hase" ist somit nicht korrekt. Selbst das reinrassige Hasenkaninchen und der sogenannte Stallhase gehören zu den Kaninchen und sind keine Kreuzungen aus Kaninchen und Hase. Letzteres ist aufgrund einer unterschiedlichen Chromosomenzahl genetisch bedingt unmöglich: Hasen besitzen 48 Chromosomen, Kaninchen hingegen nur 44.
Zu den Echten Hasen (Lepus) gehören der Feldhase (Lepus europaeus) und der Schneehase (Lepus timidus). Sie sind derzeit die einzigen Vertreter dieser Gattung in Mitteleuropa.
Sowohl das Wildkaninchen als auch der Hase wird den Doppelzähnern (Duplicidendata) zugeordnet, da beide hinter den sichtbaren Nagezähnen je einen stiftförmigen zweiten Zahn besitzen.
Feldhase
Wildkaninchen
Äußeres
Groß, schlank, sehr lange Ohren (12 bis 14 Zentimeter), lange, schlanke Beine, Fellfarbe Graubraun, heller Bauch
Klein, rundlich, kürzere Ohren (7 bis 8 Zentimeter), kürzere Beine, Fellfarbe Rotbraun/Erdfarben, heller Bauch
Gewicht
3 bis 6 Kilogramm
1,5 bis 2,5 Kilogramm
Lebensraum
Lauftier, offene Wiesen, Felder (offenes Lager)
Grabetier/Höhlenbewohner, Schutz bietende Gegenden mit Hügeln und sandigen Böden (Erdbau)
Sozialverhalten
Einzelgänger (außer zur Paarungszeit)
Leben in unterschiedlich großen Kolonien
Fluchtverhalten
Langstreckenläufer (bis zu 70 Stundenkilometer schnell), kein Warnsignal
Kurzstreckenläufer, Warnsignal durch "Trommeln" mit den Hinterläufen
Fortpflanzung
48 Chromosomen, 2 bis 4 Würfe pro Jahr, 1 bis 2 Jungtiere, Nachwuchs ist behaart, die Augen sind geöffnet (Nestflüchter)
44 Chromosomen, 4 bis 6 Würfe pro Jahr, 3 bis 4 Jungtiere, Nachwuchs ist nackt, blind (Nesthocker)
Das Wildkaninchen ist klein und rundlich gebaut. Es hat relativ kurze Ohren. (Foto: fotonatur.de/Tanja Askani)
Der Feldhase ist sehr schlank und wesentlich größer als das Wildkaninchen. (Foto: fotonatur.de/Holger Duty)
Ursprünglich stammen Kaninchen aus Mitteleuropa und wurden bereits im Mittelalter auf der Iberischen Halbinsel entdeckt. Bevor sie als Hauskaninchen in den Fünfzigerjahren den Weg in die Kinderzimmer fanden, wurden sie hauptsächlich als Nutztiere gehalten. Sie dienten als Fleisch- und Pelzlieferanten. Die Handelsreisenden und Entdecker konnten die Kaninchen dank ihrer geringen Größe sehr einfach transportieren und somit rund um den Globus mitnehmen. Da sie sich sehr schnell vermehrten, hatten die Reisenden stets genügend Fleisch und Pelz bei sich. Per Schiff gelangten die Kaninchen so in ferne Länder und konnten sich auch in Gebieten ausbreiten, in denen es sie ursprünglich nicht gab.
In freier Natur kann man Wildkaninchen in vielen Teilen Europas sowie in Nord- und Südamerika, Teilen Südafrikas, Neuseeland und Australien antreffen.
Nicht überall wurde die Einfuhr von Europäischen Wildkaninchen als etwas Positives gewertet, so zum Beispiel in Australien: Um 1788 wurde aus ungefähr zwei Dutzend eingeführten Kaninchen sehr bald eine Landplage. Sie fraßen den einheimischen Tieren das Futter weg und bedienten sich auf den Feldern der Einwohner. Da natürliche Feinde fehlten, konnten sie sich rasant vermehren. Sämtliche Versuche, die Zahl der Tiere zu verringern, sei es durch Erschießen, Aufstellen von Fallen oder Vergiften, schlugen fehl. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Bestand auf mehrere 100 Millionen Tiere geschätzt. Die Einwohner halfen sich, indem sie in den Fünfzigerjahren das Myxomatosevirus verbreiteten und so die Anzahl an Wildkaninchen drastisch reduzierten. Allerdings wuchs die Population nach Abklingen der Seuche erneut, und bis heute versuchen die Australier mit unterschiedlichen Methoden, die Kaninchenbestände unter Kontrolle zu halten.
Aus zwei mach viele - Wildkaninchen vermehren sich schnell und können zu einer regelrechten Landplage werden. (Foto: William Booth/Shutterstock.com)
Wildkaninchen leben in sozialen Verbänden unterschiedlicher Größe. Häufig sind es mehrere Rammler mit weiblichen Tieren und dem gemeinsamen Nachwuchs, die eine Sippe von etwa zehn oder sogar deutlich mehr Kaninchen bilden. Sie bewohnen meist selbst gegrabene, unterirdische Baue, die bis zu 45 Meter lang sein können und in der Regel mehrere Ausgänge ins Freie haben. Ihre Anpassungsfähigkeit und ihr Lernvermögen lassen es aber auch zu, dass sie oberirdisch leben und dann dichtes Gestrüpp und unübersichtliches Gelände als Rückzugsort wählen. Oft sind Wildkaninchen am Stadtrand in der Nähe von Feldern und Gärten heimisch, ebenso in Stadtparks und auf Friedhöfen. Sie bevorzugen trockene Gebiete.
Kaninchen haben von klein auf eine enge Bindung zueinander. (Foto: fotonatur.de/Tanja Askani)
Obwohl die anbrechende Dämmerung manchen Wildkaninchen sicherer erscheint, verlassen viele ihr geschütztes Versteck auch tagsüber, um Nahrung zu sich zu nehmen. Sie bleiben jedoch in der Nähe ihres Zufluchtsortes, um sich bei Gefahr blitzschnell in Sicherheit bringen zu können. Ihr Siedlungsplatz ist übersichtlich. Sie nutzen etwa 200 Meter um ihren Hauptbau herum und erweitern diesen Radius zur Nahrungssuche auf bis zu 600 Meter.
Wildkaninchen ernähren sich von verschiedensten Pflanzen. Dies sind von Frühjahr bis Spätherbst insbesondere diverse Gräser, Wildkräuter, Zweige mit Blattwerk, Rinde, Wurzeln, Samen sowie Feldfrüchte. Während der Wintermonate fressen sie trockene Halme und Laub sowie Rinde. Auf den jahreszeitlichen Wechsel sind sie gut eingestellt, und durch eine sehr gute Futterverwertung kommen sie selbst durch magere Zeiten, ohne Mangel leiden zu müssen.
Im Frühjahr, wenn das erste Grün sprießt, markieren die ranghohen Rammler der Sippe das Revier. Sie reiben dazu ihr Kinn an Pflanzen und Gegenständen in ihrem Lebensraum. Verstärkt werden kann diese Markierung durch Absetzen von Harn und Kot.
Im Frühjahr beginnt auch das Werben um die Häsinnen. Zwischen Frühling und Herbst wird vier-...
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