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Kapitel 2 - Grundlagenwissen
Emotionen und Gefühle - unsere ständigen Begleiter
Es gibt viele Bücher und Abhandlungen über Emotionen und Gefühle, aber keine einheitliche Definition. Charles Darwin beschäftigte sich schon 1872 in seinem Buch "The Expression of Emotion in Man and Animals" mit der Frage, ob es eine Art universelle Ausdrucksweise von Gefühlen anhand der Mimik gäbe. Paul Ekmann untersuchte und forschte in den 1950er Jahren zu Darwins These und definierte sieben universelle "Grundemotionen", nämlich Angst, Wut, Ekel, Freude, Überraschung, Trauer und Verachtung. "Diese Basisemotionen werden von allen Menschen kulturübergreifend in gleicher Weise erkannt und ausgedrückt. Die von Ekman als elementar beschriebenen Gesichtsausdrücke sind nicht kulturell erlernt, sondern genetisch bedingt, so seine Erkenntnis6". Inzwischen hat sich wissenschaftlich sogar bestätigt, dass es ein eigenes Ekelzentrum im Gehirn gibt. Für andere Emotionen oder Gefühle konnte aber bislang kein eigenes Entstehungszentrum im Gehirn gefunden werden.
Als Entstehungsort in Frage kommen mehrere Regionen, über die wir noch sprechen werden. Neurowissenschaftler und Forschende der Psychologie jedenfalls sind sich relativ einig darüber, dass Emotionen und Gefühle im Gehirn entstehen. Und zwar jeweils als Reaktion auf innere oder äußere Reize. Ein innerer Reiz kann beispielsweise ein Gedanke sein. Oder eine Angst, die weitere Gefühle aufkommen lässt. Hier entstehen Kaskaden und sogenannte Feedback-Effekte, bei denen man nicht immer weiß, wo sie ihren Ursprung genommen haben. Im Gegensatz zu dem Begriff "Gefühl" wird der der Emotion als ursprünglicher, meist unbewusster, noch nicht von inneren Instanzen bewertet angesehen. Das Gefühl hingegen hat schon eine Art Interpretationsprozess hinter sich. Sowohl Emotionen als auch Gefühle können unbewusst oder bewusst wahrgenommen und erfahren werden. Das hängt von den Umständen und auch vom Bewusstseinsgrad des jeweiligen Menschen, der sie empfindet, ab.
Im Lexikon der Neurowissenschaft7 wird deutlich, wie sehr verschiedene Ansätze und Interpretationen zu jeweils anderen Definitionen geführt haben. Vom lateinischen Wortstamm her bedeutet Emotion eine "e-motio = heraus-Bewegung (e für ex = heraus, weg von ., motio von movere = Bewegung). Mir scheint das sehr plausibel: Gefühle machen etwas mit uns. Sie berühren uns, sie bewegen uns, wühlen uns auf. Sie bewegen sich durch unser Nervensystem, unsere Sinne und unsere Wahrnehmung. Vom Wortstamm her bekräftigt es auch die Ihnen vielleicht auch bekannte These, dass Gefühle Schwingungen oder Wellenbewegungen gleichen. Diese sind fühlbar, aber mit unseren bisherigen wissenschaftlichen Geräten noch nicht messbar. Dennoch sind sie, das wird jeder Mensch bestätigen, in uns vorhanden.
Von manchen Forschern wird eine Emotion als rein körperliche Reaktion angesehen. Ein neuronaler Impuls durchströmt uns, ursprünglich und unbewusst, zunächst frei von Interpretation. Verursacht sozusagen eine Welle in unserem Nervensystem. Aus diesem eigentlich körperlichen Vorgang wird dann in der Folge ein Gefühl: Ein Gefühl ist nach Ansicht mancher Forscher ein interpretierter Ausdruck einer Emotion.
Manche Ansätze wiederum klassifizieren Gefühle nach Situations- und Bedürfnisbezügen. Einfache Gefühle werden demnach von Sinnesempfindungen, wie zum Beispiel unangenehmen Gerüchen, ausgelöst, von Körperempfindungen, wie zum Beispiel Unbehagen bei Krankheit, von Tätigkeitsempfindungen, wie zum Beispiel Anspannung bei konzentrierter Arbeit, oder von Bedürfnisempfindung wie wie zum Beispiel Lust am Essen. Komplexe Gefühle hingegen beruhen auf Vorstellungen und Einstellungen wie beispielsweise freudiger Erwartung oder Angst vor Misserfolg. Dazu gehören auch Gefühle der Selbsteinschätzung (wie zum Beispiel Scham, Schuld) und der sozialen Einstellung (wie zum Beispiel Sympathie). Ich zitiere aus dem Lexikon der Neurowissenschaft7: "Doch es gibt weder eine einheitliche Theorie noch eine interdisziplinär akzeptierte Definition von Emotionen. Autor Klaus R. Scherer spricht von einem "regelrechten Wildwuchs von Theorievorschlägen"."
Marshall Rosenberg, der Begründer der "Gewaltfreien Kommunikation8". unterscheidet Gefühle und sogenannte Pseudogefühle. Damit ist gemeint, dass manches, was wir als "Gefühl" bezeichnen, eher komplexere Interpretationen sind, Gedanken, die sich aufgrund eines Gefühls einstellen oder individuelle Schlussfolgerungen, die wir aus dem Verhaltens des Gegenübers ziehen und die aus Gefühlen entstanden sind. Der Gedanke "ich kann eh nichts ändern" entsteht beispielsweise aus dem Gefühl der Ohnmacht.
Ein Beispiel dafür aus meinem eigenen Erleben macht es vielleicht deutlich: Als ich einmal als Teilnehmerin einer Gruppe beim Mittagessen keinen freien Stuhl mehr vorfand, stellte sich sofort der Gedanke "mich will keiner haben, niemand hat an mich gedacht" ein und ich musste schlucken, bekam einen Kloß im Hals und wurde traurig. Ich fühlte mich einsam und ausgeschlossen. Ein anderer Mensch hätte sich vielleicht einfach einen Stuhl geholt und sich dazu gesetzt. Aufgrund meiner Geschichte aber bestätigten sich umgehend meine inneren Selbstüberzeugungen und brachten diese Gedanken, Interpretationen und das Pseudogefühl von "ich bin vergessen worden und somit ausgeschlossen" in mir hervor. Halten wir fest, dass Gefühle also auch Interpretationen des Individuums aufgrund einer oder mehrerer erlebter Situationen sein können. Solche komplexen Gefühle sind demzufolge eher eine Meinung über sich selbst, über andere und das Leben (Glaubenssatz oder Selbstüberzeugung) oder ein Pseudogefühl (nach Rosenberg).
Im Übrigen wird an dieser Stelle sehr deutlich, wie subjektiv unsere Gefühlswelt doch ist. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen wir in unseren Therapieausbildungen oder "Psycho-Gruppen" immer wieder dazu aufgefordert wurden, doch unsere Gefühle zu zeigen, zu äußern und auszuleben. Auf Kissen zu schlagen oder den anderen anzuschreien, um endlich mal seine aufgestauten Aggressionen loszuwerden. Ebenso wurde uns beigebracht, man solle sie dem Partner gegenüber ausdrücken, als Zeichen der Authentizität und Ehrlichkeit. Und um zu signalisieren, was der Partner mit seinem Verhalten in einem auslöst, um darüber mit ihm in einen Dialog zu treten. Davon ist man Gott sei Dank schon länger wieder abgerückt. Gefühle sind in erster Linie extrem subjektiv und haben viel weniger damit zu tun, was der andere tut, sondern mehr damit, was in uns aufgrund unserer eigenen "Programmierung" aufgewühlt oder getriggert wird. Ein anderer Mensch oder eine Situation mag der Anlass für unsere Gefühle sein, meist aber nicht die wirkliche Ursache.
Ich finde es manches Mal hilfreich, zwischen negativen Selbstüberzeugungen (bezieht sich auf einen selbst) wie beispielsweise "ich darf nicht vorlaut sein", "ich gehöre nicht dazu", "ich bin wertlos" und Glaubenssätzen (beziehen sich auf das Leben oder auf Verallgemeinerungen) wie "Männer sind ungehobelt und saufen nur", "Frauen gehören in die Küche", "Frauen können nicht einparken" zu unterscheiden. Viele Glaubenssätze werden unreflektiert übernommen, zum Beispiel von den Eltern. Sie sind dann nicht aufgrund eines eigenen Erlebens entstanden, können aber dennoch Gefühle in uns wecken und uns über Feedback-Effekte blockieren. Berühmte und oftmals ungefiltert von den Eltern übernommene Glaubenssätze sind "das Leben ist hart", "ohne Fleiß kein Preis", wer A sagt, muss auch B sagen" und dergleichen mehr. Die meisten davon bergen sicher auch eine gewisse Lebensweisheit in sich, vielfach können solche Glaubenssätze aber auch zu Belastungen und Problemen führen. Letztlich ist es aber beim Freemotion-Coaching® nicht wirklich wichtig, explizit zwischen Gedanken, Glaubenssätzen, aus eigenem Erleben oder übernommenen Glaubenssätzen zu unterscheiden. Uns interessiert beim Coaching einfach, welche Gedanken, Gefühle oder Glaubenssätze in unseren Klienten existieren und wie sie sich anfühlen.
Die Liste der widersprüchlichen und unbewiesenen Thesen in Bezug auf Emotionen und Gefühle ließe sich endlos fortsetzen. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand gibt es in der aktuellen Emotionsforschung mehr Widersprüche als gesicherte Erkenntnis. Deshalb gibt es beim Freemotion-Coaching® auch keine grundlegende Sprachregelung in Bezug auf Emotion und Gefühl. Wir benutzen beide synonym und so, wie es situativ passend erscheint. Letztendlich geht es beim Freemotion-Coaching® um Emotionen und Gefühle, die uns aus irgendeinem Grund belasten und die wir gerne...
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