Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Die Web Content Accessibility Guidelines21, kurz WCAG, stellen den internationalen Standard für digitale Barrierefreiheit dar.
Webinhalte werden in HTML22 zur Verfügung gestellt. HTML steht für Hyper Text Markup Language und bezeichnet die Programmiersprache, mit der Webseiten erstellt werden. Wobei HTML eigentlich keine Programmiersprache, sondern eine Auszeichnungssprache ist. Sie dient der Strukturierung der Inhalte und kann auch zusätzliche, nicht sichtbare Informationen beinhalten.
Obwohl diese Regeln ursprünglich nur für Webinhalte gedacht waren, finden sie mittlerweile in vielen Bereichen des digitalen Lebens ihre Anwendung. Warum das so ist, ist leicht erklärt. Viele der Regeln beziehen sich auf Elemente, die nicht nur auf Webseiten vorkommen, sondern auch in Textverarbeitungsprogrammen, bei PDFs, in E-Mails und auch generell in Betriebssystemen wie Microsoft, Apple oder Android - unabhängig davon, ob sie in HTML oder anders ausgezeichnet sind.
Die WCAG sind in vier Grundprinzipien unterteilt: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. Während die ersten drei leicht verständlich sind, kann man sich unter Robustheit nur wenig vorstellen. Unter Robustheit versteht man die technische Umsetzung einer Website, also wie gut die technischen Standards eingehalten werden.
In der aktuellen Version der WCAG 2.2 vom 5. Oktober 2023 werden diese vier Grundprinzipien in 13 Richtlinien unterteilt und diese Richtlinien dann weiter in 86 Erfolgskriterien.
Zusätzlich hat man drei unterschiedliche Erfüllungsgrade definiert: A, AA, AAA, vergleichbar mit Bronze, Silber und Gold. Um den Goldstandard (Stufe AAA) zu erreichen, muss eine Website alle 86 Prüfkriterien erfüllen.
Die gesetzlichen Anforderungen, sowohl BaFG als auch WZG, sehen zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung die Stufe AA vor, welche 55 Erfolgskriterien umfasst.
Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung der WCAG-Richtlinien: Nach der Einführung von WCAG 2.0 im Jahr 2008 folgte 2018 die Version 2.1 mit 17 zusätzlichen Erfolgskriterien. 2023 erschien schließlich die Version 2.2, die lediglich neun neue Kriterien einführte und ein Kriterium herausnahm. Diese langen Zeit- räume verdeutlichen, wie weit Europa im Bereich der Barrierefreiheit hinterherhinkt. Während weltweit seit 2008 nahezu identische Regeln gelten, endet die Übergangsfrist in Europa erst im Juni 2030.
Das erste Prinzip der Barrierefreiheit ist die Wahrnehmbarkeit. Alle Informationen müssen so gestaltet sein, dass sie für die Benutzer in einer wahrnehmbaren Form verfügbar sind. Doch was genau bedeutet das?
Um dies zu verdeutlichen, möchte ich das erste Erfolgskriterium erläutern. Das Erfolgskriterium 1.1.1 besagt, dass man für alle nicht textlichen Inhalte eine Textalternative zur Verfügung stellen muss. Nicht textliche Inhalte sind in der Regel Bilder, und eine passende Textalternative kann der Alternativtext sein. Nun könnte man fälschlicherweise aus dieser Regel ableiten, dass man den Alternativtext zum Pflichtfeld macht und damit sicherstellt, dass das Kriterium erfüllt ist.
Dieser Alternativtext hilft in erster Linie den Nutzern von Screenreadern. Menschen, die Informationen aus anderen Gründen nicht wahrnehmen können, profitieren hiervon jedoch nicht. Ein Beispiel ist ein komplexes Bild, wie etwa ein Diagramm, das auf einem Smartphone betrachtet wird. Aufgrund der begrenzten Bildschirmgröße sind die Informationen möglicherweise nicht klar erkennbar. In solchen Fällen ist es notwendig, im Text eine zusätzliche Beschreibung des Bildes zu bieten. Wenn es im Text eine Beschreibung gibt, dann bleibt der Alternativtext des Bildes leer. Natürlich könnte man nun argumentieren, dass man den Alternativtext trotzdem befüllen könnte, aber verpflichtend ist das nicht.
Mein Ziel ist es nicht, an dieser Stelle eine endgültige Lösung für die Problematik der Alternativtexte zu präsentieren, sondern aufzuzeigen, dass die tatsächliche Wahrnehmbarkeit viele Facetten hat. Es ist alles andere als einfach, Informationen so bereitzustellen, dass sie für alle Menschen wahrnehmbar sind. In den folgenden Beispielen möchte ich näher darauf eingehen.
Ein Captcha (Completely Automated Public Turing test to tell Computers and Humans Apart) ist eine Funktion, die überprüft, ob der Zugriff auf Inhalte von einem Menschen oder einer Maschine erfolgt. In der Regel wird dabei eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen so verfälscht, dass sie für Maschinen nicht mehr lesbar ist. Es gibt jedoch auch alternative Varianten, bei denen Benutzer aus verschiedenen Bildern diejenigen auswählen müssen, die Ampeln zeigen.
Captchas kommen in der Regel als Schutz vor Spam zum Einsatz. Damit soll sichergestellt sein, dass nur Menschen ein Formular absenden können.
Technisch gesehen handelt es sich dabei um ein Nicht-Text-Element, weshalb eine Textalternative bereitgestellt werden muss. Würde der Alternativtext mit der richtigen Lösung gefüllt sein oder diese im Text erwähnt werden, verlöre das Captcha sofort seinen Sinn. Maschinen könnten diese Informationen auslesen und so den Formularschutz umgehen. Daher hat man sich einiges einfallen lassen, um assistierenden Technologien wie Screenreadern genügend Informationen zur Verfügung zu stellen, um den Mensch-Maschine-Test zu bestehen.
Das allein genügt natürlich nicht. Erfolgskriterium 1.1.1 verlangt im Zusammenhang mit Captchas, dass diese verschiedene Ausgabeformen für unterschiedliche Sinneswahrnehmungen anbieten müssen, um den unterschiedlichen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen gerecht zu werden.
Abbildung 3 zeigt ein Beispiel für ein Captcha, wie es derzeit bei Facebook verwendet wird, um das Log-in abzusichern. Die Erkennung der einzelnen Buchstaben ist dabei relativ schwierig, zudem wird zwischen Groß- und Kleinschreibung unterschieden.
Abb 3: Beispiel für ein Captcha beim Log-in auf Facebook23 (Screenshot)
In der Praxis stellen Captchas oft eine unüberwindbare Hürde dar. Das fehlerfreie Erkennen und Eingeben von Buchstaben und Zahlen ist, unabhängig von bestehenden Behinderungen, ebenso stark vom verwendeten Endgerät und der Umgebung abhängig. Ein typisches Beispiel dafür ist das Smartphone. Hier verkleinert sich der ohnehin schon kleine Bildschirm beim Einblenden der Tastatur zur Code-Eingabe nochmals deutlich.
Technisch gesehen gibt es ausreichend gute Alternativen zu visuellen Captchas. Es ist durchaus möglich, auf sie zu verzichten, ohne befürchten zu müssen, von Spam überflutet zu werden. Meiner Meinung nach schließen sich visuelle Captchas und Barrierefreiheit jedoch grundsätzlich aus, egal wie viele alternative Formen angeboten werden.
Das Erfolgskriterium 1.3.1 hat den wenig aussagekräftigen Titel "Informationen und Beziehungen". Gemeint ist damit, dass man Informationen und Beziehungen, die optisch deutlich erkennbar sind, auch semantisch korrekt auszeichnet. Man darf also keine Aufzählungsliste mithilfe von Sternchen und Leerzeichen erzeugen oder mit dicker Schrift und Leerzeichen eine Art von Tabelle abbilden. Dies würde zwar unweigerlich zu massiven Darstellungsproblemen auf kleineren Bildschirmen führen, aber gerade bei einem PDF fällt so etwas optisch nicht auf. Grundsätzlich handelt es sich um ein sehr technisches Erfolgskriterium, doch einige Punkte sind für unsere Selbstprüfung von Bedeutung. Der Fokus liegt hauptsächlich auf der technisch korrekten Umsetzung, daher beleuchten wir nur die vier folgenden Bereiche näher.
Tabellen haben den Ruf, nicht barrierefrei zu sein - ein Relikt aus früheren Zeiten, als Websites noch mithilfe von Tabellen erstellt wurden. Tatsächlich ist es jedoch notwendig, tabellarische Daten auch in Tabellenform darzustellen. Das Tabellenelement bietet verschiedene Eigenschaften wie beispielsweise Kopfzeilen. Diese werden in der Regel optisch hervorgehoben, sodass sie sofort als solche erkannt werden können. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass ein Screenreader die Daten in den jeweiligen Spalten stets zusammen mit dem entsprechenden Tabellenkopf vorliest. Dadurch erhalten Nutzer ohne visuelle Unterstützung einen guten Überblick über die Informationen.
Bei PDF-Dokumenten ist die Situation hingegen komplizierter bis fast unmöglich umzusetzen. In LibreOffice Writer kann der Tabellenkopf lediglich zeilenweise definiert werden, während Microsoft Word zumindest die Möglichkeit bietet, sowohl Zeilen als auch Spalten anzugeben. Bei komplexeren Tabellen ist jedoch auch hier oft eine professionelle PDF-Erstellungssoftware erforderlich.
Hilfreich kann auch die Angabe einer zusätzlichen Beschreibung sein. Besonders bei umfangreichen oder komplexen Tabellen, die bei kleinen Bildschirmbreiten oft nur schwer lesbar sind, kann man - ähnlich einer Textalternative bei Bildern - eine kurze Zusammenfassung der Daten in der Tabelle angeben.
Für detailliertere Informationen sei auf die entsprechenden Seiten der WCAG24 verwiesen, auf denen die verschiedenen Techniken näher erläutert werden.
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