Schweitzer Fachinformationen
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Die Scilly Islands vor der Küste Cornwalls gehören mit ihren schneeweißen Stränden und der faszinierenden Pflanzenwelt zu den schönsten Flecken Englands.
Agneta Lindahl hat sich hier mit ihrem Lebensgefährten Mikael ein neues Zuhause aufgebaut. Sie leitet den Botanischen Garten und hat in ihrer Nachbarin Suzy und der örtlichen jungen Polizeichefin Lisa beste Freundinnen gefunden.
Eines Tages ist es jedoch vorbei mit der beschaulichen Ruhe: Nicht nur taucht Agnetas Exmann samt neuer Familie auf, auch der englische Premierminister und der englische Thronfolger haben sich angekündigt .
Es war so früh am Morgen, dass die Nacht noch in allen Winkeln saß. Agneta trank ihre erste Tasse Tee. Zu Hause hatte sie den Tag nie mit Tee begonnen, hier aber brachte das Nationalgetränk die Leute auf Trab. Tee vertrieb den Whisky, der gestern wieder reichlich geflossen war. Der Whisky löste keine Probleme, er löste nur Mikaels Zunge.
Barfuß strich Agneta durch das Haus aus dem 18. Jahrhundert, das sich an die Klippe klammerte, als ob es fürchtete, ins Meer gespült zu werden. Das Blau der Fensterläden war abgeblättert, unaufhörlich nagte der Seewind daran, kein Fenster im Haus, das dicht schloss. Draußen erwachte die Festungsruine graublau im ersten Licht. In alter Zeit, als die Insel noch ein Piratenschlupfwinkel gewesen war, hatte das Bauwerk als Wehr- und Leuchtturm gedient. Müde schlugen die Wellen gegen die Bucht, manchmal blieben sie förmlich stehen und boten dem alten Paul, der täglich hierherkam, um die See zu malen, ein träges Motiv.
Mikael hatte die Angewohnheit, sein Smartphone an den unmöglichsten Orten liegen zu lassen, versteckt hinter Tomatenstauden oder unter der Spüle, wo er etwas repariert hatte. Ein altes schwedisches Volkslied diente ihm als Klingelton. Agneta stellte die Tasse ab und machte sich auf die Suche, nicht weil sie die Hüterin von Mikaels Handy war, sondern weil es länger gedauert hätte, ihn zu wecken. Der Ton kam nicht aus dem ersten Stock, sie suchte also im Erdgeschoss weiter. Immer wieder erfreute sie sich an den Details dieses Ortes. Alles war von Hand gezimmert worden. Die Regale passten sich den Mauernischen an; man hatte die Türen schräg zugeschnitten, weil sich das Haus ein wenig nach rechts lehnen wollte. Als es gebaut wurde, kannte man noch keine Wasserwaage, und das Senkblei wurde selten angewandt, nur auf das Augenmaß des Zimmermanns war es angekommen. Auf diesen Stühlen hatte man vor dreihundert Jahren schon gesessen, der alte Tisch musste ebenso viele Kerben haben. Unermüdlich orgelte die Melodie, Mikaels Telefon war nirgends zu finden.
Agneta öffnete die Küchentür und lief barfuß zum Geräteschuppen. Dorthin hatte Mikael seine Lieblingsbücher geschafft, die gerahmte Fotografie von Agneta, einen Tisch und einen Stuhl. Täglich saß er dort im Schein seiner Lampe und versuchte, den Gedanken, die durch seinen Kopf spukten, eine Form zu geben. Und hier lag auch sein Handy.
»Hallo?« Agneta war außer Atem.
»Janice hier.«
»Hallo, Janice.« Agneta konnte sich nicht vorstellen, weshalb die Chefin der Ferienagentur um diese ungewöhnliche Zeit anrief. »Was kann ich für Sie tun?«
»Ist Michael da?«
Agneta und ihr Mann hatten sich daran gewöhnt, dass die schwedische Aussprache seines Namens für die Briten zu zungenbrecherisch war und daher akzeptiert, dass er mit der englischen Bezeichnung des Erzengels angeredet wurde.
»Ich müsste nachsehen«, antwortete sie ausweichend.
»Er schläft natürlich«, fuhr Janice überraschend aggressiv dazwischen. »Er hat vergessen, das Haus zu machen.«
»Welches Haus?«, erwiderte Agneta, obwohl sie es bereits ahnte.
»Trevalso. Die Villa ist in einem unglaublichen Zustand.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, reagierte Agneta in der gewohnten Verteidigungshaltung, wenn Mikael etwas zur Last gelegt wurde.
»Überzeugen Sie sich selbst. Das pure Chaos. Zuletzt waren die Chinesen da. Chinesische Familien benehmen sich in fremden Häusern wie die Schweine. Holen Sie endlich Michael.«
Im Bruchteil einer Sekunde überschlug Agneta die Lage. Es würde zu lange dauern, Mikael zu wecken und auf die nötige Betriebstemperatur zu bringen. »Wann kommen die nächsten Gäste?«
»Mit der ersten Maschine.«
»Also um neun.«
»So ist es. In drei Stunden stehen die Leute hier auf der Matte und finden ein Chaos vor. Müll liegt in den Zimmern, die Bäder sind ein Schlachtfeld, vom Zustand der Küche will ich lieber schweigen.«
Agneta traf ihre Entscheidung. »Ich verspreche Ihnen, um Punkt neun wird Trevalso wie aus dem Ei gepellt sein. Die Gäste sollen den Komfort vorfinden, für den Ihre Agentur bekannt ist.«
»Wie soll das funktionieren? Wo wollen Sie in der kurzen Zeit eine Putzkolonne herkriegen? Ich kann Ihnen niemanden schicken. Meine Ladys sind in den anderen Cottages beschäftigt.«
»Sie haben mein Wort, Janice.«
»Und was passiert, wenn Sie es nicht schaffen?«
»Ich schaffe es.«
Darauf hörte Agneta einen tiefen Atemzug. Janice Delorian, die Besitzerin der Scillonian Holiday Cottages, zögerte einen Moment. »Also schön«, sagte sie schließlich. »Viertel vor neun komme ich rüber und kontrolliere, ob Sie Wort gehalten haben.«
»Machen Sie sich keine Sorgen.«
»Die Sorgen sollte sich lieber Ihr Mann machen. Das ist das zweite Mal, dass ich wegen ihm so einen Schlamassel erlebe. Ein drittes Mal wird es nicht geben.«
Das waren keine leeren Worte, Agneta wusste es. Mikael besaß einen Traumjob, an dem ihm aber nicht das Geringste lag. Agneta verstand seine Seelenqual, aber sein snobistisches Verhalten akzeptierte sie nicht. Sie beide, zwei Einwanderer aus Schweden, durften in diesem Paradies vor der Südküste Englands leben. Kein Fleck im Königreich konnte karibischer sein. Leer und schneeweiß waren die Strände, das türkisblaue Meer blieb zwar das ganze Jahr über kalt, doch im November blühten hier die Narzissen. Agneta konnte auf der Insel ihrer Traumbeschäftigung nachgehen, und nun war sie zu all dem Überfluss schwanger. Mit zweiundvierzig Jahren würde ihr Wunsch endlich in Erfüllung gehen. Agneta, die patriotische Schwedin, die man wie einen Fisch aus dem Wasser gezogen und vor der Südküste Englands wieder hineingeworfen hatte, würde ihr Kind in dem milden alten Haus großziehen, wo ringsum Palmen wuchsen und Lavendel blühte, auf der Insel, über deren Felsen Fasane flogen, in deren Buchten Wracks aus elisabethanischer Zeit schlummerten. Hier würde ein kleines Wesen umherspringen, blond und hellhäutig wie seine nordischen Eltern. Agneta hatte es Mikael noch nicht gesagt. Das war ihre einzige Sorge an diesem verheißungsvollen Morgen. Das und die Sache mit Trevalso Cottage.
Sie rannte ins Haus, die Treppe hoch und löste den Türriegel. Die schlanke Gestalt ihres Mannes lag im Bett, ein behaartes Bein ragte unter der Decke hervor. Mikael schnarchte nicht, er röchelte. Der Versuch, ihn aus seinem Whiskydusel zu holen, würde unnötig Zeit kosten. Agneta legte sein Handy neben ihn und zog sich an. Ihr eigenes Telefon am Ohr, lief sie die Treppe hinunter und packte Kekse und Joghurt als Proviant ein. Alles, was Mikael für den Einsatz in den Ferienhäusern brauchte, hatte er im Auto verstaut. Während sie startete, meldete sich jemand.
»Suzie?«, rief Agneta.
»Wie spät ist es?«, kam es krächzend zurück.
»Zu früh, viel zu früh für dich. Aber heute musst du mein Leben retten.«
Am anderen Ende raschelte es, das Klappern von Geschirr war zu hören. Agneta war sicher, dass Suzie auf den Schreck in der Morgenstunde etwas essen musste.
»Kannst du in fünf Minuten am Boot sein?«
»Wie stellst du dir das vor? Ich muss wenigstens eine Kleinigkeit .«
»Frühstücken, ich weiß. Suzie, ich verspreche dir einen fürstlichen Brunch, wenn du mich begleitest.«
»Warum mit dem Boot?«
»Weil Trevalso nur eine Bucht von hier entfernt liegt. Mit dem Auto müsste ich einen Umweg fahren.«
»Was tun wir denn in Trevalso?«
»Erzähle ich dir unterwegs. Bitte, Suzie, kommst du?«
»Für Trevalso muss ich mich schicker anziehen.«
»Im Gegenteil. Schlüpf in deine ältesten Klamotten, es könnte dreckig werden.«
»Dann muss ich mich gar nicht umziehen«, lachte Suzie.
Agneta fuhr Mikaels Wagen die dreißig Meter zur Bucht hinunter, setzte ihn mit der Rückseite zum Landungssteg, holte die Putzausrüstung heraus und schleppte sie zu der blauen Jolle. Mit roter Farbe hatte Mikael vor drei Jahren Agneta ans Heck gepinselt. Sie hievte alles ins Boot und machte die Leinen fertig zum Ablegen. Als sie den Außenborder startete, sah sie eine entzückende Fruchtbarkeitsgöttin den Pfad herunterspringen. Niemand hätte Suzie...
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