Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Stephan Trahasch, Michael Zimmer, Robert Krawatzeck
Auch in der Business Intelligence (BI) werden zunehmend erfolgreich agile Methoden und Frameworks eingesetzt. Grundlegend für alle agilen Vorgehensweisen sind agile Werte und Prinzipien. Wurden die Werte und Prinzipien des agilen Manifests [Agiles Manifest 2001] und die daraus abgeleiteten Methoden zu Beginn meist eins zu eins auf die BI übertragen, so hat sich das Verständnis von BI-Agilität als ganzheitliche Eigenschaft der BI im deutschsprachigen Raum etabliert, und agile Methoden wurden auch auf die Besonderheiten der BI adaptiert. In diesem Kapitel werden BI-Agilität und Agile BI erläutert, ein Ordnungsrahmen für Maßnahmen zur Steigerung der BI-Agilität eingeführt sowie Werte und Prinzipien für eine Agile BI definiert. Einige Prinzipien und agile Methoden werden exemplarisch erläutert und auf die jeweiligen Kapitel in diesem Buch verwiesen.
Business Intelligence (BI) als unternehmensspezifischer Ansatz zur Entscheidungsunterstützung ist mit den zugehörigen Technologien und Anwendungen eine Voraussetzung für die faktenbasierte Entscheidungsfindung und letztlich für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung. BI stellt einen Kernbestandteil der IT-Infrastruktur von Unternehmen dar, und die Weiterentwicklung der analytischen Möglichkeiten von BI-Anwendungen zählt nach wie vor zu den wichtigsten Themen für Unternehmen [Gartner 2014]. Zeitnahe Analysen aufgrund einer hohen Marktdynamik und ein besseres Verständnis für Produktion, Lieferanten, Kunden und Märkte sind Basis für die Unternehmenssteuerung und notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und auszubauen. Dies erfordert eine sehr hohe Flexibilität und Adaptionsfähigkeit der dispositiven Systeme zur Entscheidungsunterstützung. Demgegenüber steigt durch die Dynamik und zusätzliche Datenquellen die Komplexität der zu verarbeitenden Daten für die Analyse, was beispielsweise an Form (strukturiert vs. unstrukturiert), Abhängigkeit (Data Governance, Data Ownership, Historie) und Menge der Daten deutlich wird. Hohe Anpassungsfähigkeit und steigende Komplexität sind eine große Herausforderung für Business-Intelligence-Lösungen (vgl. [Kemper et al. 2010]) und für die Weiterentwicklung von Unternehmen.
Werden Softwareprodukte und insbesondere analytische Anwendungen klassisch, z. B. nach dem Wasserfall- oder V-Modell, entwickelt, besteht ein sehr hohes Risiko, dass nicht zeitnah auf Änderungen in einem dynamischen Umfeld reagiert werden kann und Geschäftsziele letztlich nicht erreicht werden. Die Lösung entspricht bei der Fertigstellung und der Auslieferung nicht mehr den veränderten Gegebenheiten und den Anforderungen der Stakeholder.
Agile Softwareentwicklung hingegen stellt einen leichtgewichtigen und flexiblen Ansatz dar, um mithilfe kontinuierlicher Rückkopplungen und kurzer Iterationszyklen einen schnellen Einsatz der entwickelten Systeme zu erreichen und so durch Transparenz Risiken im Entwicklungsprozess zu minimieren und auf Änderungen frühzeitig reagieren zu können. Agile Softwareentwicklung ist jedoch nicht nur die Anwendung von agilen Methoden und Frameworks, sondern stellt eine grundlegende Haltung und Denkweise der Mitarbeiter und der Organisation zur Realisierung von Softwareprojekten dar. Im Manifest für Agile Softwareentwicklung [Agiles Manifest 2001] wurden Werte und Prinzipien definiert, die den Bezugsrahmen für agile Softwareentwicklung festlegen. Die zu schätzenden Werte sind:
»Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung [und]
Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans«.
Aus diesen agilen Werten wurden zwölf Prinzipien für agile Softwareentwicklung, wie beispielsweise: »Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufrieden zu stellen« und »Fachexperten und Entwickler müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten« [Zwölf Prinzipien 2001] abgeleitet.
Da sich BI-Projekte in einigen Aspekten von Softwareentwicklungsprojekten unterscheiden, sind diese Werte und Prinzipien sowie die agilen Methoden und Vorgehensmodelle nicht direkt auf die Entwicklung dispositiver Systeme übertragbar (vgl. auch Kap. 2 oder 6). Unterschiede sind dabei beispielsweise eine erschwerte Anforderungsanalyse, abteilungsabhängige fachliche Begriffsdefinitionen sowie eine hohe Vernetzung der abteilungsübergreifenden beteiligten Systeme [König 2009]. Zusätzlich werden BI-Lösungen mithilfe von heterogenen und nicht integrierten BI-Werkzeugen (Datenintegration, Datenhaltung, Analyse, Informationsbereitstellung) entwickelt, deren Funktionsumfang die BI-Anwendungen reglementieren [Krawatzeck et al. 2013]. Des Weiteren ist die genaue Spezifikation von Key Performance Indicators (KPIs) und zu realisierenden Reports häufig nur möglich, wenn die Daten aus den Quellsystemen durch den Fachbereich gemeinsam mit dem BI-Entwicklungsteam in dem zur Verfügung stehenden BI-Tool vor der eigentlichen Realisierung analysiert werden können. Die Anforderungsanalyse setzt somit eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen voraus, damit die Fachanwender sinnvoll die Anforderungen definieren können und diese für das Entwicklungsteam nachvollziehbar sind. Erschwerend kommt bei BI-Projekten hinzu, dass oftmals langjährig bestehende BI-Lösungen erweitert und angepasst werden müssen, um neue analytische Fragestellungen beantworten zu können. Wobei die ursprünglichen Systeme hierfür z. T. nicht konzipiert wurden. Herausforderungen sind dabei u. a. die Beibehaltung der Historie von Daten und das erschwerte Refactoring aufgrund fehlender Funktionskapselung mit standardisierten Programmierschnittstellen. Bei der Entwicklung von BI-Anwendungen handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess zur Erfüllung eines Informationsbedarfs mit permanenten Anpassungen auch während des Betriebs.
Agile Vorgehensmodelle und Methoden aus dem Software Engineering sind daher nicht eins zu eins auf Business Intelligence übertragbar. Die agilen Werte und Prinzipien, wie zum Beispiel die Wertschätzung von »Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung« und »Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans«, sind ein guter Ausgangspunkt, um eine anpassungsfähige BI-Entwicklung unter Berücksichtigung steigender Dynamik und Komplexität zu ermöglichen [Zimmer et al. 2012].
Unter BI subsumierte Gesamtansätze zur Entscheidungsunterstützung stehen heute vor der Aufgabe, sowohl übergreifende Anforderungen nach Standardisierung als auch bereichsspezifische Agilitätsanforderungen abzubilden. Unter BI-Agilität wird in diesem Zusammenhang die Eigenschaft der BI einer Organisation verstanden, vorhersehbare und unvorhersehbare Anforderungen in Bezug auf Funktionalität oder den Inhalt einer BI-Lösung unternehmenseffizient in einem vorgegebenen Zeitrahmen in angemessener Qualität abzubilden. BI-Agilität beinhaltet einerseits eine Reaktion auf vorhersehbare Anforderungen und andererseits das proaktive Unterstützen von unvorhersehbaren Anforderungen vor dem Hintergrund einer für das Unternehmen effizienten Lösung. In diesem Zusammenhang werden unter Agile BI alle Maßnahmen zur Erhöhung [Zimmer 2015, S. 67] oder Verbesserung der BI-Agilität verstanden [Krawatzeck et al. 2013]. Dabei beschränkt sich Agile BI nicht allein auf die Auswahl und Anwendung eines agilen Vorgehensmodells zur Produktentwicklung, sondern schließt zudem Maßnahmen aus den Bereichen Prinzipien (z. B. Modularisierung, vgl. Kap. 6), Methoden (z. B. Testautomatisierung, vgl. Kap. 7) und Technologie (Data Lakes, vgl. Kap. 8 und 15) ein (vgl. Kap. 8 und 14). Grundlage für alle Methoden und Frameworks sind immer die agilen Werte und Prinzipien.
Abbildung 1-1 stellt die beiden Begriffe BI-Agilität als Eigenschaft der BI und Agile BI als konkrete Maßnahmen schematisch zueinander in Bezug.
Abb. 1-1 Definition der Begriffe BI-Agilität und Agile BI
Eine hohe BI-Agilität hat keinen Alleinvertretungsanspruch und ist immer unternehmensindividuell auszugestalten. Nicht jeder Unternehmensbereich unterliegt einer hohen Dynamik, sodass hierfür eine hohe BI-Agilität nicht zwingend notwendig ist und traditionelle Ansätze besser geeignet sein können. Die Notwendigkeit einer hohen BI-Agilität muss sich sowohl von der Unternehmensstrategie ableiten als auch durch die Anforderungen des Fachbereichs begründen lassen. Die Variationsmöglichkeiten von Agile-BI-Maßnahmen werden unmittelbar durch die BI-Architektur, die BI-Aufbauorganisation, die BI-Prozesse und letztlich die BI-Governance reglementiert [Zimmer 2015].
Innerhalb des durch die BI-Governance vorgegebenen...
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