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Singapore International Airport Zwischenstopp: 2 Stunden 10 Minuten
Ohne das Handy auch nur eine Sekunde loszulassen, mache ich mich auf den Weg durchs Gate und weiter ins Flughafengebäude. Leider herrscht dort ein Riesengedränge, und da ich ein bisschen Ruhe brauche, kehre ich um und bahne mir einen Weg durch die Menge zurück zum Gate. Dort suche ich mir eine einigermaßen ungestörte Ecke, schalte das Handy an und wähle James' Nummer. Es klingelt und klingelt und klingelt .
Dann hab ich seine Voicemail dran.
Das glaub ich jetzt nicht! Dreizehn verdammte Stunden hab ich gewartet, um ihn endlich anrufen zu können. In England ist es jetzt kurz nach zehn am Vormittag. Wo zum Teufel steckt er bloß? Plötzlich bin ich gar nicht mehr sicher, ob ich das wirklich wissen will. Ich breche die Verbindung ab, versuche es aber gleich noch einmal. Dann überwältigt mich die Übelkeit in meiner Magengrube, ich sinke auf den nächstbesten Sitzplatz und vergrabe den Kopf in den Händen.
»Wenn ich doch bloß mitkommen könnte! Ich werde dich so furchtbar vermissen«, murmelt er in meine Haare und hält mich ganz fest.
»Das wünsche ich mir auch.«
»Diese Känguru-Typen sollen sich bloß fernhalten und ihre Finger von meiner wunderschönen Freundin lassen. Ich werde denen eine richterliche Verfügung aufbrummen!«
»Als könntest du das, du Spinner.«
»Ich liebe dich, Lucy. Ruf mich an, sobald du da bist. Oder noch besser gleich heute Abend, bevor du einsteigst.«
»Wird gemacht. Ich liebe dich auch.«
Zärtlich küsst er mich, dann geht er zur Tür. Auf halbem Weg hält er inne und schaut auf meinen Koffer hinunter.
»Süße, wie willst du das alleine schaffen? Bist du sicher, dass du zurechtkommst?«, fragt er besorgt.
Ich erkläre ihm, dass ich vorhabe, wie sonst auch in Soho zur Arbeit zu gehen, später am Nachmittag zurückzukommen, mir meinen Koffer zu schnappen, ein Taxi nach Paddington zu nehmen und dort in den Flughafenexpress zu steigen.
»Hör mal, ich hab eine viel bessere Idee«, sagt er, kommt wieder rein und schließt die Tür. »Warum fährst du heute nicht einfach mit dem Taxi zur Arbeit? Dann kannst du den Koffer gleich mitnehmen und später einfach mit dem Taxi weiter nach Paddington fahren. Und ich kann dir jetzt deinen Koffer wenigstens noch die Treppe runterschleppen.«
»Ach James, das Taxi ist mir zu teuer. Ehrlich, ich schaff das schon.«
»Nein, das wird nicht zu teuer, ich bezahle dir das Taxi. Mach dir keine Sorgen. Komm schon, bist du so weit?«
Ich zögere, aber er schaut mich erwartungsvoll und voller Fürsorge an. Nach meiner gestrigen Einpackpanik hab ich die Wohnung nicht wieder aufgeräumt, aber anscheinend stört ihn das nicht.
»Na gut.« Ich lächle ihn dankbar an. »Danke.«
Sein Gesicht hellt sich auf, er nimmt meinen Koffer, und wir gehen zusammen die Treppe hinunter.
Ich drücke auf die Wahlwiederholung.
»Ja, hallo?«
»James!«
»Lucy! Hey, wo bist du denn?«, fragt er zärtlich.
»Wo hast du denn gesteckt? Ich versuche schon dauernd, dich anzurufen.«
»Ich war unter der Dusche.« Es hört sich ein bisschen irritiert an, so, als würde ihn die Panik in meiner Stimme wundern.
»Mit ihr?«
»Wie bitte?«
Auf einmal packt mich die Wut.
»Warst du vielleicht mit dieser verdammten Nutte unter der Dusche, mit der du gestern geschlafen hast und die den Nerv hat, mich von deinem Handy aus davon in Kenntnis zu setzen?«
Schweigen.
»JAMES?«
»Lucy, wovon redest du?«
»Das weißt du ganz genau.«
»Nein, Lucy, ich habe wirklich keine Ahnung, was du meinst.«
»Das Mädchen, James, die Frau, mit der du letzte Nacht gevögelt hast! Sie hat mir von DEINEM HANDY eine SMS geschickt!« Aber schon verliert meine Wut an Überzeugungskraft.
James dagegen ist genervt. »Lucy, was zum . ich schwöre dir, ich habe letzte Nacht mit niemandem gevögelt. Ich war mit den Jungs von der Arbeit im Pub, und danach bin ich heimgegangen.«
»Aber . «
»Und zwar allein!«
»Wer hat dann . «
»Ich weiß immer noch nicht, wovon du da redest. Was denn für eine SMS?«
»Ich hab sie gestern Abend um neun gekriegt, direkt bevor das Flugzeug gestartet ist. Da stand: >Hi Lucy! Habe gerade mit James in deinem Bett geschlafen. Dachte, das interessiert dich vielleicht . 4mal diesen Monat . <«
»Diese Arschlöcher!«, unterbricht James mich wütend.
»Was?«
»Das müssen die Jungs gewesen sein, die dich ärgern wollten. Garantiert haben sie sich mein Handy unter den Nagel gerissen, als ich an der Bar war und Getränke geholt habe.«
Tränen schießen mir in die Augen, und ich hole tief Luft. Mir wird klar, dass er ja vielleicht doch nicht lügt.
»Lucy?«, fragt er leise. »Alles in Ordnung?«
»Nein! Natürlich nicht! Ich habe mich im Flugzeug übergeben!«
»O Gott! Lucy, das tut mir so leid.«
»Schon okay«, schniefe ich. »Ist ja nicht deine Schuld.«
Einen kurzen Augenblick herrscht Schweigen, dann sagt er: »Süße, du hättest doch wissen müssen, dass ich dich niemals betrügen würde. Als ich gestern Abend heimgekommen bin und du warst nicht da, hab ich dich so sehr vermisst. Ich kann gar nicht glauben, dass du denkst, ich könnte dir so was antun. Ehrlich gesagt macht mich das ziemlich traurig.«
»James, es tut mir leid. Ich hab's einfach nicht verstanden.
Ich wusste nicht, was los war.«
»Hey, schon okay. Alles okay. Ich liebe dich.«
Inzwischen strömen Menschen an mir vorbei zum Gate, also wische ich mir die Tränen aus den Augen und spreche ganz leise. »Ich liebe dich auch. Und es tut mir leid, dass ich an dir gezweifelt habe. Aber ich war einfach total durcheinander.«
»Keine Sorge. Wenn einer von deinen Freunden das mit mir gemacht hätte, wäre ich auch an die Decke gegangen! Aber hör zu, Lucy: Versprich mir, dass du dir davon nicht deine Ferien verderben lässt. Die werden nämlich absolut großartig!«
Als wir schließlich auflegen, bin ich so erleichtert, dass ich laut auflache. Ein paar Leute, die am Gate Schlange stehen, drehen sich um und starren mich an. Mir wird klar, dass ich womöglich wirklich etwas fertig aussehe, also mache ich mich auf den Weg zum nächsten Damenklo.
Hier in Singapur ist dieser Samstagabend heiß und feucht, und ich habe mein Handgepäck in der festen Absicht gepackt, jede warme Minute auszukosten. Dafür kann ich mir jetzt in der engen Toilettenkabine meine Jeans ausziehen, in ein smaragdgrünes Sommerkleid schlüpfen und meine Turnschuhe gegen schwarze Riemchensandalen mit Keilabsatz austauschen. Dann gehe ich wieder hinaus, binde mir vor dem Spiegel über dem Waschbecken meine knapp schulterlangen Haare zu einem hohen Pferdeschwanz und spritze mir Wasser ins Gesicht. Ich bin nicht geschminkt, aber ich trage ein bisschen Feuchtigkeitscreme und Lippenbalsam mit Kirschgeschmack auf.
Mit einem wesentlich normaleren Gefühl mache ich mich schließlich auf den Weg zum Flughafen-Swimmingpool, von dem mir Gemma, eine meiner Kolleginnen, erzählt hat. Zwar habe ich keine Lust zu schwimmen, aber es gibt da draußen auch eine Bar, und ich brauche eindeutig einen Drink. Vor dem Flug nach Sydney habe ich noch anderthalb Stunden totzuschlagen.
Sobald ich durch die elektrische Tür am Ende des Terminals trete, trifft mich die schwüle Luft wie ein Hammer. Ich suche mir einen Platz an der Bar und bestelle mir einen Cocktail, während ich mich bemühe, die entsetzliche Popmusik auszublenden, die aus der Anlage dröhnt. Auf einmal überfällt mich eine unglaubliche Aufregung. Ich bin auf dem Weg zurück nach Australien!
Als ich Molly und Sam das letzte Mal gesehen habe, waren wir alle sechzehn und noch auf der Highschool. Kaum zu glauben, dass das schon neun Jahre her ist! Damals war die Beziehung von Molly und Sam ein dauerndes Hin und Her: Mal waren sie zusammen, dann wieder nicht, und das bedeutete für mich jede Menge Herzschmerz. Ich war nämlich total in Sam verknallt, und jedes Mal, wenn er sich wieder mit Molly aussöhnte, war ich am Boden zerstört, während ich mir unweigerlich neue Hoffnung machte, wenn sich das Verhältnis zwischen ihnen abkühlte.
Ich bin froh, dass keiner von beiden je erfahren hat, was ich empfand. Das Leben geht weiter, und heute freue ich mich ehrlich und von Herzen darüber, dass meine beiden Freunde den Bund fürs Leben schließen wollen.
Jedenfalls glaube ich das. Wer weiß - womöglich wird alles anders, wenn ich Sam wiedersehe. Hoffentlich nicht. Wie ist das mit der ersten Liebe, die man angeblich nie vergisst?
Als Molly mich mit der Neuigkeit anrief, dass sie sich mit Sam verlobt hatte, wusste ich sofort, dass ich sie besuchen musste. Ich hatte Australien verlassen, als meine Mutter, die ursprünglich aus England stammte, zum zweiten Mal heiratete. Irgendwie ist die Geschichte ja ein wenig albern: Meine Mum hat meinen Vater, einen Alkoholiker, in Irland verlassen und mich nach Australien geschleppt, als ich gerade mal vier Jahre alt war, nur um dort einen Engländer kennenzulernen und zwölf Jahre später nach England zurückzukehren. Damals habe ich nur noch geheult, denn es zerriss mir fast das Herz, Australien verlassen zu müssen. Erstaunlich, wie schnell man sich anpasst: Heute liebe ich England. Ich liebe London, die Stadt, in der ich lebe und arbeite, und ich liebe es, Mum und ihren Mann Terry in ihrem Haus in Somerset zu besuchen. Ich liebe auch meine beiden Brüder - genau genommen natürlich meine Stiefbrüder: Tom ist inzwischen...
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