VORWORT
Die Digitalisierung der Behörden ist weit mehr als der bloße Einsatz moderner Technologien - sie stellt einen grundlegenden Wandel dar, der nicht nur die Funktionsweise öffentlicher Verwaltungen, sondern auch das Selbstverständnis öffentlicher Institutionen nachhaltig verändern wird. In einer Welt, in der Effizienz, Transparenz und Bürgernähe zentrale Maßstäbe sind, wird die digitale Transformation der Verwaltung zu einer unverzichtbaren tiefgreifenden Umgestaltung, die technische, organisatorische und kulturelle Aspekte gleichermaßen berührt.
Ein treffendes Bild für diesen Prozess ist die umfassende Renovierung eines alten Gebäudes. Wie bei einer solchen Modernisierung erfordert die Digitalisierung eine detaillierte Planung, die die bestehende Struktur berücksichtigt, und gleichzeitig den Mut, Neues zu integrieren. Es braucht eine schrittweise Umsetzung, die Stabilität gewährleistet, und gleichzeitig die Flexibilität, um auf unvorhergesehene Herausforderungen angemessen zu reagieren. Doch anders als bei einem Gebäude endet der Prozess nicht mit dem Einzug: Die »Bewohner« - in unserem Fall die Bürgerinnen und Bürger sowie die Mitarbeitenden der Behörden - müssen sich in den neuen Strukturen wohlfühlen, um diese aktiv nutzen zu können.
Damit ein solcher Prozess erfolgreich gestaltet und umgesetzt werden kann, haben die Autorinnen und Autoren dieses Werkes entschieden, ihre Ansprüche, Herausforderungen und Erfahrungen so darzustellen, dass andere sich ermutigt und ertüchtigt fühlen, ebenfalls diesen Weg zu gehen. Die einzelnen Beiträge stellen den Leserinnen und Lesern verschiedene Perspektiven aus der praktischen Arbeit der Digitalisierung in dem größten Gesundheitsamt in Deutschland dar.
Generell beginnt Digitalisierung mit der Reorganisation von bestehenden Prozessen. Arbeitsabläufe, die über Jahrzehnte gewachsen sind, müssen hinterfragt und modernisiert werden. Das ist ein komplexer Schritt, der weit über technische Anpassungen hinausgeht. Es erfordert eine neue Denkweise und innovative Ansätze, um alte Gewohnheiten zu durchbrechen und gleichzeitig die nötige Akzeptanz für Veränderungen zu schaffen. Hier kommt agiles Projektmanagement ins Spiel. Diese Herangehensweise erlaubt es, die Dynamik der Digitalisierung aufzugreifen und flexibel auf sich wandelnde Anforderungen zu reagieren. Agilität in Projekten ist vergleichbar mit der fortlaufenden Anpassung eines Renovierungsplans: Was heute sinnvoll erscheint, muss morgen möglicherweise überarbeitet werden. Durch iterative Prozesse werden digitale Projekte schrittweise verbessert, bis sie den jeweiligen Bedürfnissen der Beteiligten optimal entsprechen.
Neben der internen Flexibilität spielt auch die Zusammenarbeit mit externen Partnern eine zentrale Rolle. Die Vergabe von Aufträgen für die Entwicklung und Implementierung von IT-Lösungen muss gut durchdacht sein. Ausschreibungen und die Vertragsgestaltung sind hierbei ein entscheidender Faktor. Präzise formulierte Verträge mit klaren Zielvorgaben minimieren Risiken und schaffen eine stabile Basis für eine erfolgreiche Umsetzung. Der Vergleich zur Beauftragung eines Architekten oder Handwerkers drängt sich auf: Nur durch eine sorgfältige Auswahl der Partner und eine klare Definition des Rahmens können hochwertige und nachhaltige Ergebnisse erzielt werden. In dem Projekt des Gesundheitsamts Frankfurt war darüber hinaus die Abstimmung von Lizenzen für eines der größten Open-Source-Projekte der öffentlichen Verwaltung in Deutschland eine Herausforderung, bei der - auf bestehenden Lizenzmodellen aufbauend - Standards für die zukünftige digitale Souveränität der Verwaltung gesetzt wurden.
Ein ebenso zentraler Bestandteil der Digitalisierung eines Gesundheitsbereiches der öffentlichen Verwaltung ist der Schutz sensibler personenbezogener Daten, insbesondere vor dem Hintergrund der Geschichte der Gesundheitsämter in der Zeit des Nationalsozialismus. Der zuverlässige Schutz der Daten ist nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern auch ein wesentlicher Faktor, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in neue digitale Angebote zu sichern. Gleichzeitig müssen höchste Standards in der IT-Sicherheit umgesetzt werden. Diese Sicherheitsmechanismen sind vergleichbar mit einer zuverlässigen Schließanlage in einem Gebäude: Sie sorgen dafür, dass sensible Bereiche geschützt bleiben, während die Struktur insgesamt für ihre Nutzer zugänglich bleibt. Moderne Sicherheitsansätze, wie das Zero-Trust-Modell, sind dabei entscheidend, um eine resiliente digitale Infrastruktur zu schaffen, die den Herausforderungen der Gegenwart gewachsen ist.
Doch die Digitalisierung endet nicht bei der technischen Infrastruktur - auch die Gestaltung der digitalen Dienstleistungen selbst spielt eine entscheidende Rolle. Bürgerinnen und Bürger sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen nicht nur Zugang zu den neuen Angeboten haben, sondern sie auch problemlos nutzen können. Nutzerzentriertes Design ist der Schlüssel, um digitale Dienste intuitiv und zugänglich zu gestalten. Die Orientierung an den Bedürfnissen der Nutzer lässt sich mit der Einrichtung eines Hauses vergleichen: Es geht nicht allein um Funktionalität, sondern darum, einen Raum zu schaffen, in dem sich alle wohlfühlen. An dieser Stelle entfaltet Künstliche Intelligenz ihr Potenzial. KI bietet schon heute die Möglichkeit, Prozesse zu automatisieren, Analysen zu beschleunigen und völlig neue Interaktionsmöglichkeiten zu schaffen. Man könnte sagen, sie ist wie eine intelligente Haustechnik, die nicht nur Komfort, sondern auch Effizienz in den Alltag bringt.
Dennoch dürfen die Versprechungen neuer Technologien nicht unkritisch übernommen werden. Wie bei neuen Bautechnologien gibt es auch bei digitalen Innovationen kurzlebige Hypes, die nicht immer die versprochenen Vorteile bieten. Der Blick muss daher stets auf den tatsächlichen Nutzen und die langfristige Tragfähigkeit gerichtet sein. Nur so lassen sich echte Innovationen von kurzlebigen Trends unterscheiden und nachhaltige Entscheidungen treffen, die den Anforderungen der Zukunft gerecht werden.
Eine der größten Hürden auf dem Weg zur Digitalisierung bleibt der Umgang mit Widerständen von Menschen in Bezug auf Veränderungen. Es ist eine natürliche menschliche Reaktion, dass neue Strukturen und Prozesse Unsicherheiten auslösen - sei es durch die Angst vor Kontrollverlust oder durch das Festhalten an vertrauten Abläufen. Hier ist ein gezieltes Change Management gefragt. Eine offene Kommunikation, die die Vorteile der Digitalisierung verdeutlicht, und die frühzeitige Einbindung aller Beteiligten sind entscheidend, um Akzeptanz und Vertrauen zu schaffen.
Genauso wichtig wie die Akzeptanz der Mitarbeitenden ist ihre kontinuierliche Qualifizierung. Neue Technologien bringen neue Anforderungen mit sich, und die Mitarbeitenden müssen befähigt werden, diese nicht nur anzuwenden, sondern aktiv zu gestalten. Regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen stellen sicher, dass Mitarbeitende kompetent und motiviert bleiben und die digitalen Werkzeuge effektiv einsetzen.
Aber nicht nur die Widerstände von Menschen stellen Herausforderungen dar, auch unterschiedliche technische Systeme und Plattformen müssen nahtlos miteinander kommunizieren können, um Daten effizient auszutauschen. Diese Interoperabilität erfordert nicht nur technische Lösungen, sondern auch nationale Standards, die eine einheitliche und verlässliche Integration ermöglichen. Diese müssen heute offen und transparent sein und allen einfach zur Verfügung stehen.
Nicht zuletzt muss bei allen Bemühungen stets auch eine wirtschaftliche Perspektive berücksichtigt werden. Jede Investition in die Digitalisierung sollte einer gründlichen Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen werden, um sicherzustellen, dass die Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden. Gleichzeitig zeigen Erfahrungen, dass digitale Lösungen durch die Effizienzsteigerung in vielen Fällen bereits kurzfristig Kostenvorteile generieren können.
Die Dringlichkeit und Relevanz der Digitalisierung wird besonders deutlich, wenn wir auf die Gesundheitsämter blicken. Diese spielen eine Schlüsselrolle im bevölkerungsmedizinischen Gesundheitsschutz und müssen zukünftig noch mehr auf die Bereiche Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention ausgerichtet werden. Die Herausforderungen, die durch Krisen wie die...