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Man sollte meinen, dass man irgendwann aus der Gewalt herauswächst. Irgendwann - nachdem er so viel Schmerz verursacht, so viel Blut gesehen und so viele Schmerzensschreie gehört hat - sollte ein Mensch in der Lage sein, davon Abstand zu nehmen und sich abzuwenden, weil der Drang nicht mehr existiert.
Oder?
So war es bei mir nie.
Der Drang wurde immer größer, bis ich ihn nicht mehr aushalten konnte.
Ich wollte zwar nicht mehr sterben, das war vorbei, aber ein anderer Wunsch wurde stärker. Ich wollte die Straßen rot färben. Ich wollte den Normalos Angst einjagen, in ihnen das gleiche Zittern auslösen, mit dem auch wir jeden Morgen aufwachten. Ich wollte sie spüren lassen, wie es war, Macht über sie zu haben.
Aber das konnte ich nicht.
Zumindest war die Zeit noch nicht reif dafür.
»Bren.«
Die Geräusche um mich herum drangen in meine Gedanken, und ich drehte mich zu der Stimme um, die inmitten der Schreie und des Lachens erklang, inmitten des Klirrens der Gläser, mit denen angestoßen wurde.
Genau. Ich war auf einer Poolparty.
Kein Wunder, dass in mir die Mordlust hochkochte.
Wem würde das nicht so gehen?
»Bren!«
Vieles hatte sich verändert in den zehn Wochen, seitdem ein Freund angegriffen worden war, insbesondere im Monat zuvor. Sehr viel. Eine dieser Veränderungen kam gerade auf mich zu. Tabatha Sweets. Eines der beliebtesten Mädchen an unserer Schule, eine, die immer Angst vor mir gehabt hatte, aber hey, hier war sie und kam zu mir herüber. Rief meinen Namen. Tat so, als wären wir dicke Freundinnen. Was wir tatsächlich geworden waren. Genau deswegen fürchtete sie mich auch nicht mehr.
Das war ein Fehler.
Direkt vor mir hielt sie inne. Sie stand mir nicht in der Sonne, denn ich hatte mich in einer Ecke des Gartens verkrochen, lag hinter dem Grill, denn seien wir mal ehrlich, ich war hier nicht die Partylöwin. Ich war aus einem ganz bestimmten Grund hier: Diese Poolparty fand im Haus der Shaws statt.
Cross Shaw war mein fester Freund.
Taz Shaw war meine Freundin. Sie war außerdem Cross' Schwester. Und die beiden anderen Typen aus unserer Crew wollten hier rumhängen. Zellman und Jordan.
Also waren wir hier.
Ich war hier.
Unfreiwillig.
Und hing Tagträumen über Gewalttaten nach.
Typisch.
Ich setzte mich auf, schlang die Arme um meine Knie und seufzte. »Was gibt's, Tabatha?«
»Was machst du denn hier hinten?«
Ihre Stimme klang ein wenig schnippisch, vermutlich sowohl aus Frustration als auch aus Verwirrung.
Mit dem Wort unverbindlich ließ sich unsere Beziehung am besten beschreiben - und ich benutzte dieses Wort sehr frei, um zu erklären, was genau ich mit Tabatha und ihren Untergebenen am Hut hatte. Verantwortlich dafür waren vermutlich die vielen Stunden, die ich beim Wohltätigkeitskomitee hatte verbringen müssen, das sie in Eventkomitee umbenannten, als ich meine Sozialstunden dort ableistete. Irgendwie hatte es mir zusätzlich zu Taz noch weitere weibliche Freunde eingebracht, dass ich mit dem Messer auf unseren Schulleiter losgegangen war.
Ich wusste nicht, wie das hatte passieren können.
Ein paar von den Mädels hatten auf Cross gestanden, und ich wusste, dass manche sich immer noch Hoffnungen machten. Was Tabatha anging: Sie war jetzt richtig mit Jordan zusammen.
Ja. Ich war auch überrascht, wie schnell das passiert war.
Nach einem offiziellen Date wurden sie ein Paar, und jetzt waren sie beinahe eins von diesen unerträglichen, weil total verknallten Pärchen.
Wie dem auch sei, in diesem Augenblick stand die Freundin meines Crewmitglieds, die auch mehr oder weniger eine Freundin von mir war (was ehrlich gesagt von meiner Tagesform abhing) vor mir, die Hände in die Hüften gestemmt, und starrte auf mich herab.
Aber ich sollte nicht lügen. Der Drang, mein Messer zu ziehen, nur um es in der Hand zu halten und zu genießen, wie unangenehm Tabatha das wäre, war stark. Ich tat es aber nicht. Im vorangegangenen Jahr war ich gewachsen. Seht ihr? Therapie und Sozialstunden haben uns niedere kriminelle Wesen rehabilitiert.
»Wo sind die Jungs?«, fragte ich, ohne ihre Frage zu beantworten. Sollte sie mich nicht mittlerweile kennen?
Ohne ihre Antwort abzuwarten, stand ich auf und machte mir selbst ein Bild von der Lage.
Zellman räkelte sich auf einer Liege, seine On-Off-Freundin (Sunday) auf dem Schoß. Monica (eins der Mädchen, die sich immer noch falsche Hoffnungen auf meinen Typen machten) saß neben ihnen auf dem Schoß eines anderen Typen (ein Baseballspieler, glaube ich).
Jordan kam gerade aus dem Haus.
Er sah, dass ich ihn anstarrte, und blieb stehen, ein Bier in der Hand. Fragend zog er die Augenbrauen hoch, aber ich schüttelte den Kopf.
Ich brauchte ihn nicht.
Er ging weiter und setzte sich in einen Liegestuhl neben Z. Damit wusste ich, wo das vierte Mitglied unserer Crew war.
Jordan. Zellman. Cross. Ich.
Wir waren die Wolfscrew, die kleinste Crew im Crewsystem von Roussou, aber auch die gefährlichste.
Es gab andere Crews. Größere, wie die Crew von Ryerson, oder die aus Frisco, die während des letzten Halbjahres aufgetaucht war. Frisco war unsere Nachbarstadt, und die Highschool dort war abgebrannt. Die Stadt war klein, darum bekam sie nicht genug Gelder, um rechtzeitig zum Winterhalbjahr eine neue Highschool zu bauen. Deshalb wurden die Schüler zu uns gefahren. Na ja, zumindest die Hälfte der Schüler. Ein paar besuchten die Fallen Crest Academy, und ein gutes Drittel ging zur staatlichen Schule von Fallen Crest, aber der Rest kam zu uns. Frisco, Fallen Crest und Roussou bildeten ein seltsames Dreieck im Binnenland von Kalifornien, deshalb gab es nur diese Möglichkeiten.
Wir hatten gehört, dass sich die Schüler aus Frisco, die auf die Academy gegangen waren, fast in die Hose gemacht hatten, weil da alles so schick und luxuriös war. Die meisten Leute in Frisco waren genauso arm wie wir. Die Academy war für die Reichen. Es gab Ausnahmen, aber es war eben, wie es war.
Ein paar von den neuen Mädels hatten versucht, sich an Tabatha zu hängen. Zwei hatte sie in ihre Clique aufgenommen, bei den anderen hatte sie im wahrsten Sinn des Wortes abgewunken.
Machen beliebte Mädchen das immer so? Ich habe keine Ahnung.
Was ich damit sagen will: Ich bin nicht wie sie.
Ich bin nicht wie die Mädels aus Frisco. Ich bin nicht wie die aus Fallen Crest, ich bin nicht einmal wie ein Normalo (unser Wort für diejenigen, die in keiner Crew in Roussou sind). Wie ich bin? Wie meine Crew. Wie Zellman. Jordan. Cross. Das war's.
Und es versetzte mir einen Stich, Jordan einfach so mit diesem sportlichen Typen rumalbern zu sehen.
Ich wusste nicht genau, was es war . Eifersucht, Wut . Oder hatte ich vielleicht einfach nur Hunger? Aber die Tatsache, dass ich diesen Stich spürte, reichte mir. Wenn ich es mit Gefühlen zu tun bekam, konnte die Sache nicht gut ausgehen, also würde ich jetzt abhauen.
»Oh nein. Nein, nein, nein.«
Ich wollte Tabatha ausweichen, aber sie stellte sich mir in den Weg.
Ihre Augen blitzten vor Entschlossenheit, ihr Mund war so schmal wie ein Strich. »Diesen Blick kenne ich. Du willst einfach abhauen.« Sie schüttelte den Kopf. »Du kannst hier jetzt nicht verschwinden.«
»Mir egal.« Ich versuchte erneut, an ihr vorbeizugehen.
Auch diesmal blockierte sie mich und warf dabei ihre Haare zurück. Diese Bewegung reichte, um die allgemeine Aufmerksamkeit zu erregen, und die Gespräche um uns herum verstummten.
Ich biss die Zähne zusammen.
Tabatha rückte mir auf die Pelle, und ich hasste es, wenn jemand mir zu nahe kam. Noch zwei Sekunden und ich würde .
»Sweets.« Die Tür hatte sich erneut geöffnet. Taz kam heraus, eine Hand an dem Bikinislip auf ihrer Hüfte - sie war genauso angezogen wie Tabatha. »Lass Bren in Ruhe.«
Tabatha drehte sich um und lachte.
Aber Taz meinte es ernst. Sie deutete mit dem Kopf auf mich und sagte: »Noch zwei Sekunden und sie geht auf dich los.« Sie ließ ihren Blick durch den Garten schweifen und fügte hinzu: »Nicht gerade die Situation, in der du jetzt sein willst, wenn du verstehst, was ich meine.«
Handys wurden gezückt. Seit die Leute aus Frisco hier waren, blieb nichts mehr geheim. Und es gab Gerüchte über eine Entwicklung, die viele Leute hier an Stars und an Hollywood denken ließ, aber das kann ich jetzt nicht auch noch erklären. Man hatte mich vorgewarnt, und ich wusste, dass es unglaublich nervig werden würde.
»Du bist also kurz vorm Durchdrehen?«, fragte Tabatha leise und trat einen Schritt zurück.
Das war das Gute an ihr. Manchmal war sie planlos, aber manchmal merkte sie auch, wenn ich meinen Freiraum brauchte. Den ließ sie mir jetzt und warf mir einen entschuldigenden Blick zu.
Endlich konnte ich meinen Kiefer wieder bewegen - er war doch nicht einzementiert. »Ich kann es nicht leiden, wenn man mich in die Enge treibt.«
»Mist«, sagte sie leise und machte einen Schritt zur Seite. »Sorry. Ich wollte nur, dass du dich amüsierst.«
Jetzt fühlte ich mich zwar...
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