2. Kapitel
Wir schickten die verbliebenen Gäste nach Hause, räumten im Café Zamis auf und weckten anschließend die beiden Dämonen aus ihrer Bewusstlosigkeit.
Der Frosch blickte mich aus seinen Basedow-Augen verwirrt an, der Vampir starrte arrogant an mir vorbei.
»Eure Namen!«, verlangte ich. »Außerdem möchte ich wissen, was ihr hier zu suchen habt - und warum ihr mein Lokal in Schutt und Asche legen wolltet.«
»Ich bin Ompawomp«, sagte der Froschdämon bereitwillig. Er hatte eine tiefe, dröhnende Stimme und einen schweren Akzent. »Ich komme aus Georgia und bin nach Wien gekommen, um in den Sumpfgebieten nahe der Stadt nach Spuren meiner Vorfahren zu suchen.«
»Und weil du nichts gefunden hast, bist du hierhergehüpft, um ein wenig Dampf abzulassen in deinem Zorn?«
»Keinesfalls!« Ompawomp blies die Backen als Zeichen der Empörung weit auf. »Ich habe in der Lobau alte Kultstätten entdeckt, die ... Aber lassen wir das.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, was in mich gefahren ist. Als ich hier saß, mein Sumpfwasser trank und die Erlebnisse des Tages Revue passieren ließ, geschah etwas mit mir.«
»Und zwar?«
Ompawomp ließ die lange Zunge aus seinem Maul fahren, schnappte geschickt nach einer Fliege und verschlang sie. »Ich hörte Musik und etwas, das wie Stimmen klang. Aber ich sah nichts und niemanden, der mit mir reden wollte. Ich blickte mich um, nach allen Seiten. Da war niemand. Die Stimmen fuhren fort, mich zu ärgern. Nach wie vor verstand ich nicht, was sie sagten. Aber ich bin mir ganz sicher, dass sie mich verhöhnten.«
»Weiter.«
»Dann kam dieser Spitzzahn bei der Tür rein und lachte mich aus. Ist es ein Wunder, dass ich explodierte?«
»Ich habe dich nicht ausgelacht, Froschmann! Du hast mit deiner Zunge in meine Richtung geschnappt, hast mich berührt, hast mich und meine Sippe entehrt. Dafür musstest du büßen.«
Der Vampir ließ die Zähne heftig aufeinander klappern und wandte sich gleich wieder ab.
»Wie habt ihr es geschafft, eure dämonischen Kräfte hier drinnen wirken zu lassen?«
»Keine Ahnung«, gab Ompawomp zur Antwort. »Als ich das Café Zamis betrat, war ich in meinen Fähigkeiten behindert. Doch als dieses Gefühl der Wut in mir hochkam, verdrängte es die Sperren in meinem Kopf. Meine Gaben waren wieder da. Sie wuchsen und wuchsen, ich schleuderte sie dem Blutsäufer entgegen ...«
Ompawomp wand sich wie unter großen Wonnen. Er genoss die Erinnerungen an das, was er getan hatte, wie sehr er sich hatte gehen lassen können.
Vindobene schlug ihm hart ins Gesicht. Der Kleine wirkte stärker als in den Tagen zuvor, er hatte auch an Gewicht zugelegt. »Du hast das Café Zamis entweiht, Froschgesicht«, sagte er harsch. »Das wirst du bereuen.«
»Lass ihn in Ruhe.«
»Aber Coco ...«
»Die beiden Kerle werden in aller Ruhe nach Hause gehen. Wo auch immer das sein mag. Davor werden sie ein dämonisches Versprechen leisten, dass sie für die Schäden aufkommen, die sie angerichtet haben. Nicht wahr?«
»Warum sollte ich?«, fragte der Vampir mürrisch.
»Soll ich dich etwa Vindobene überlassen? Möchtest du wissen, wie es in seinen Wohnbereichen unterhalb des Café Zamis aussieht? Möchtest du mit seinen Spielsachen Bekanntschaft machen, die er dort unten hortet? Mit all den spitzen, glänzenden Metalldingern, die darauf ausgelegt sind, renitente Kunden zu bestrafen?«
»Du machst mir keine Angst, kleine Hexe! Du hast der Macht unserer Sippen nichts entgegenzusetzen. Jedermann weiß, dass du nicht mehr unter dem Schutz deines Vaters stehst und vogelfrei bist. Wann immer du diese Kloake hier verlässt, werden wir auf dich warten und dich zerfetzen, zerreißen, zerbeißen, Stück für Stück an die Wölfe verfüttern ...«
»Wenn du es so siehst, hast du natürlich recht, Vampir. Eure Sippen sind bedeutend, und ich bin in der Tat dem Schutz der Zamis entzogen. Was aber nichts daran ändert, dass du dich derzeit in meiner Gewalt befindest. Was auch immer die Vampire mit mir anstellen wollen - du wirst es nicht mehr erleben. Glaube mir: Vindobene wird selbst mit einem Untoten wie dir fertig.«
Der Vampir blickte mich an, unsicher geworden.
»Schnapp ihn dir, Kleiner. Er langweilt mich. Und lass dir ruhig Zeit mit ihm.«
»Warte!«
»Ja?«
Ich wandte mich ihm zu. Diese Nachtwanderer, die sich gerne als die Krone der dämonischen Schöpfung erachteten, waren so leicht zu durchschauen.
»Ich muss nachdenken. Gib mir ein paar Minuten ...«
»Ich habe keine Zeit. Vindobene, jetzt schaff endlich diesen hässlichen Kerl weg! Hast du noch den verchromten Knochenbrecher, den ich dir letztes Jahr geschenkt habe? Willst du ihn nicht mal ausprobieren?«
»Schon gut, schon gut!«, rief der Vampir. »Also gut - ich verspreche, für die Hälfte der Schäden aufzukommen.«
»Und du wirst es unterlassen, mich und meine Familienmitglieder zu belästigen. Du wirst zu Skarabäus Toth gehen und einen entsprechenden Vertrag unterschreiben.«
»Meinetwegen«, sagte der Vampir mürrisch.
»Du wirst bei Asmodi darauf schwören. Du weißt ganz genau, dass der Herr der Schwarzen Familie es spürt, wenn man einen derartigen Schwur bricht. Man sagt, er hätte einige Vorbehalte gegen euer Geschlecht. Er würde dich mit Freuden holen und sich um dich kümmern.«
»Ich habe verstanden!«, schrie der Vampir und wand sich in seiner Fesselung. »Ich schwöre! Und jetzt befrei mich endlich!«
Ich tat ihm den Gefallen. Vindobene schob ihn und Ompawomp vor sich her auf die Tür zu und entließ die beiden ins Freie, nicht ohne ihnen zum Abschied einen deftigen Fußtritt versetzt zu haben.
»Das war sehr unhöflich von dir, Kleiner«, tadelte ich ihn, als er zu Karl und mir zurückkehrte.
»Ich habe schon genug Feinde. Da kommt es auf zwei mehr oder weniger nicht mehr an.«
Ich betrachtete ihn von oben bis unten. Vindobene war in der Tat um zwei oder drei Fingerbreit gewachsen. Ging in der Stadt etwas vor sich, das Auswirkung auf ihn hatte? Schließlich nährte er sich an den bösen Gedanken und Taten der Bewohner Wiens.
»Hast du mir etwas zu sagen?«, fragte ich ihn.
»Warum?« Vindobene setzte ein empörtes Gesicht auf. »Möchtest du mir etwa die Schuld an dem Kampf ankreiden? Wo du doch weißt, dass ich für dich und das Café Zamis alles gebe, dass ich ein treuer Freund bin ...«
»Du wirkst etwas nervös, Vindobene. So als hättest du etwas ausgefressen.«
»Aber Coco! Ich schwöre dir bei Asmodis schwarzer Seele, dass ich nichts getan habe. Wie kannst du bloß glauben, dass ...«
»Immer, wenn du dich schuldig fühlst, redest du besonders viel. So wie jetzt zum Beispiel.«
»Es wundert mich nicht, dass dich deine Familie rausgeschmissen hat! Du bist ein unmögliches Gör, Coco! Du suchst die Schuld immer bei den Schwachen und Unschuldigen, du ...«
»Aus jetzt!« Ich hieb mit der Rechten auf den Tresen der Bar, Vindobene zuckte zusammen. »Hast du mir etwas zu sagen? Du weißt, dass ich es ohnedies rausfinden werde, solltest du in irgendeiner Art und Weise schuld an dem Kampf sein. Und du weißt ebenfalls, was dir dann blüht.«
»Du ... du willst mich aus dem Café Zamis rausschmeißen?«
»Nicht nur das. Ich würde einige Telefongespräche führen. Mit Dämonen, denen du schon länger ein Dorn im Auge bist. Dominique Grabenwöger zum Beispiel, die noch immer nicht weiß, wer sie tagelang in einer Schweinesuhle eingegraben hat, bevor sie befreit werden konnte.«
»Eine lässliche Jugendsünde, Coco ...«
Oder Fred Vytlacyl, den du gezwungen hast, mit verbundenen Augen ein halbes Dutzend ungewaschener Stierhoden zu essen ...«
»Ach, der liebe Fredi! Wir beide würden gewiss darüber lachen, erzählte ich ihm von diesem kleinen, unschuldigen Schelmenstück.«
»... oder die Srb-Zwillinge, deren Männlichkeit seit Jahren nicht mehr richtig funktioniert. Sie bekommen bloß noch einen hoch, wenn sie zuvor Liebesfilme mit Meg Ryan angesehen haben. Ein überaus hässlicher Zauber für Dämonen. Findest du nicht, Vindobene?«
»Die Srbs hatten es verdient! - Ach, was soll das eigentlich, Coco?! Das sind doch Lässlichkeiten.«
»Leider wissen die wenigsten Dämonen deine Art von Humor schätzen. Was ist nun? Soll ich die Anrufe tätigen oder ...«
»Du bluffst!«
Ich griff zum Handy, wählte die Nummer eines Tonbanddienstes und ließ es läuten. Ich sah dabei zu, wie sich Vindobene krümmte und wand, wie er leichenblass wurde und zugleich Schweißausbrüche bekam.
»Coco,...