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20 Jahre lang notierte Henry David Thoreau fast täglich morgens und abends Beobachtungen zur Natur, aber auch Überlegungen zu Politik und dem kulturellen Tagesgeschehen. Der durch sein Buch Walden weltberühmt gewordene Autor tritt in seinem bei Matthes & Seitz Berlin in 12 Bänden herausgegebenen Tagebuchwerk als aufmerksamer Kommentator des Zeitgeschehens auf, der für seine Überzeugungen auch öffentlich einsteht. Der von Rainer G. Schmidt herausgegebene und von Jared Sexton mit einem Nachwort versehene Band VI kreist zentral um die Übel der Sklaverei und des Imperialismus. In ihrer engen Verstrickung sah Thoreau eine maßgebliche Voraussetzung für den Übergang vom Merkantilismus zum Industriekapitalismus. Von der Einführung der Baumwollentkörnungsmaschinen zur Kreditfinanzierung lebte Thoreau in einer Zeit rasender Entwicklung, die er aufmerksam konstatierte und kritisierte, insbesondere durch sein Eintreten gegen die Sklaverei.
»Thoreaus Hauptwerk war nicht Walden, sondern sein zwei Millionen Wörter umfassendes Tagebuch.« - Andrea Wulf, THE ATLANTIC
1. November Halb sieben früh zu Hubbard's Bridge, um die Sommerfäden zu sehen.
Als ich den rückwärtigen Weg hinaufgehe (etwa zu dieser Zeit ist Sonnenaufgang), erstaunt mich die allgemeine Stille, jedenfalls was Vögel angeht. - Da sprudelt kein lauter, fröhlicher Gesang wie im Frühling. - Die meisten Vögel sind fort. - Ich höre nur einige Krähen zum Wald hin. Die Straße und die Fahrspuren sind allesamt gefroren und starr, wie auch das Gras und die Kleeblätter. Bei Swamp Bridge sehe ich sechs Fuß lange Eiszapfen, die sehr scharfen und schmalen Speeren gleichen oder großen Fensterrahmen ohne Glas dazwischen - und die auf dem Wasser treiben. Ich sehe Schafgarbe und Herbstlöwenzahn, und vermutlich ist das, was auf Hubbards Feld so frisch in Blüte steht, Steckrübe. Jetzt, da die Sonne ganz aufgegangen ist, sehe und höre ich auf Wheelers Wiese links von der Corner Road einen Trupp Lerchen, die genau wie im Frühling singen und zwitschern - doch eher leise und gedämpft, als wären ihnen die Kehlen verwachsen oder ihr Mut sei geringer. Die Samen der Weißbirke beginnen zu fallen und lassen den kahlen Butzen zurück. - Ich höre jetzt eine Wanderdrossel und höre und sehe einige laute und ruhelose Häher und eine leise piepende Singammer - und hier auf den Weiden ist ein kleiner Sänger (?) mit einem scharfen, schmalen Schnabel und einem gegabelten Schwanz, und ab und zu gibt er ein trockenes Piepen von sich - vermutlich pickt er jene kleinen Spinnen auf, die ich gestern sah - die diese Sommerfäden spinnen. - Die Sommerfäden sind nicht gut gegen die Sonne zu erkennen. Nach dieser frostigen Nacht treibt jetzt keiner von der Brücke her oder über den Damm, nur ein Faden, der gut befestigt war und vergleichsweise kurz ist, bleibt noch auf den Bäumen und Büschen. Das Geländer ist mit Reif bedeckt, und ich sehe keine Spinnen draußen. Einfach die beste Zeit zur Beobachtung jenes Phänomens ist der mittlere Nachmittag oder später - wenn die Spinnen von Tatendrang strotzen und die Sonne am günstigsten steht.
Aber gestern auf den Weidenbäumen bildeten sie ein Gewebe, das nicht knitterte - vom feinsten Stoff, den man sich denken kann, als sei er geschaffen, die Luft und das Licht zu sieben und die ganze Grobheit des sich neigenden Jahres aufzufangen - und uns die klare, gesiebte Novemberluft zurückzulassen - vom Herbst gesiebt. Ich sah keine Insekten, die sich darin verfangen hatten. Als sei jeder Vorsprung jedes Zweigs mit entsprechenden Vorsprüngen auf jedem anderen mit einer feinen Leine verbunden, die sich mit den Lichtstrahlen verwickelte - und wirklich allein das Licht einfing und abstrahlte, als seine einzige, für mich erkennbare Beute. - Nun, es ist eine vergebliche Mühe. Jetzt, da die Luft so kühl und klar und frei von Insekten ist, was erfüllt diese winzigen Wesen, dass sie sich solchermaßen mühen und spinnen?1 So liest die Natur ihre Spur auf und geht schließlich zu Ende - einen Faden von sechs Fuß - unsichtbar außer an einer einzigen Stelle; dort war er zu sehen, wie er strömte und wogte und einen Fuß weit auf und ab flatterte, während das Licht an ihm entlang aufblitzte - wie ein vom Wind gewehtes Band - man konnte es sogar an einem Ende festhalten und ruhig halten - und ihre Zahl war unvorstellbar groß.
Kein Fleiß ist vergeblich - und dies muss einen Grund haben. Nur ein vollkommener Tag erlaubt eine so zarte Darbietung. - Regen oder starker Wind - und alles, was einen unangenehmen Tag bereitet, ist ihr vermutlich hinderlich.
Bei meiner Rückkehr bemerke ich Krähen, die in einem sehr langen, zerstreuten Schwarm, dessen Ende ich wahrscheinlich auch nicht erkenne, nach Südwesten fliegen.
Ein kleiner Trupp Rotdrosseln, die wie im Frühling singen.
Dass so wenige je zum Wald kommen, um zu sehen, wie die Kiefer wächst und sich auftürmt - ihre immergrünen Arme zum Licht hebt - um zu sehen, welch voller Erfolg sie ist - Aber die meisten begnügen sich damit, sie in der Gestalt vieler breiter Bretter zu erblicken, die auf den Markt gebracht werden - und zu meinen, dies sei ihr wahrer Erfolg. - Doch ist die Kiefer mitnichten mehr Nutzholz, als es der Mensch ist - zu Brettern und Häusern verarbeitet zu werden ist mitnichten mehr ihr wahrer und höchster Nutzen, als es der wahrste Nutzen eines Menschen ist, dass er gefällt und Dünger aus seinen Knochen gemacht wird. - Eine gefällte Kiefer - eine tote Kiefer ist mitnichten mehr eine Kiefer, als ein totes menschliches Gerippe ein Mensch ist. - Ist der Holzfäller der Freund und Liebhaber der Kiefer - und steht ihr am nächsten und begreift ihre Natur am besten? Ist es die Nachkommenschaft des Zapfers von Terpentin oder des Gerbers, die fabulieren kann, in was die Kiefer schließlich verwandelt wurde? -
Nein, nein! Es ist der Dichter - er macht den wahrsten Gebrauch von der Kiefer - er tätschelt sie nicht mit einer Axt - kitzelt sie nicht mit einer Säge - stößt sie nicht mit einem Hobel - sondern er weiß, ob ihr Mark falsch ist, ohne in sie zu sägen. - Er hat nicht den Gemeindeforst gekauft, in dem sie steht. Alle Kiefern erschaudern und stoßen Seufzer aus, wenn dieser Mensch (in ihrem Gebiet) auf den Waldboden tritt. Nein! - Es ist der Dichter, der diese Kiefern wie seinen eigenen Schatten in der Luft liebt - und sie stehen lässt. Ich war auf dem Holzplatz gewesen und in der Zimmerei - und in der Gerberei - und in den Terpentingruben und in der Lampenrußfabrik - doch wenn ich schließlich die wogenden Wipfel der Kiefern sehe, die selbst in einer gewissen Entfernung über dem Wald das Licht abstrahlen - dann erkenne ich klar, dass mitnichten jene den höchsten Gebrauch von der Kiefer machen.
Nicht ihre Knochen oder ihre Haut oder ihre destillierte Essenz liebe ich am meisten - sondern es ist der lebendige Geist der Kiefer, mit dem ich sympathisiere und der meine Schnittwunden heilt - und es sind nicht die Geister des Terpentins. Sie ist so unsterblich, wie ich es bin, und wird himmelhoch reichen - um mich dort immer noch zu überragen.
Wie ganz und gar grob sind die Bestrebungen und Neigungen von Menschen. - Auf einen, der in den Wald geht, um Skizzen mit einem Stift zu machen oder um zu singen, kommen zehntausend mit einer Axt oder einem Gewehr, um zu roden und zu schießen. Wer nur den Wert von Walbein und Walöl entdeckt hat, kann man von dem sagen, er habe den wahren Gebrauch des Wals gefunden?2 Kann man von dem, der den Elefanten seines Elfenbeins wegen getötet hat, sagen, er habe den Elefanten gesehen?3 Nein, dies sind gemeine und gelegentliche Verwendungen - gerade so, als würde uns eine fremde Völkerschaft töten, um Knöpfe und Flageoletts aus unseren Knochen zu machen - und dann von der Nützlichkeit eines Menschen zu tönen. Denn alles kann ebenso einem niedrigen wie einem höheren Gebrauch dienen.
Jedes Geschöpf ist besser lebendig als tot - und wer es richtig versteht, wird dessen Leben eher bewahren, als es zu zerstören. Weil Leben schöner ist als Tod.
(.)
Es ist ein angenehmer, aber windiger Tag - und jetzt kann ich auf den Weidenbäumen kaum einen Sommerfaden entdecken. Dieser Wind schüttelt vielleicht die Weiden und das Schilf - schüttelt und biegt ihre Masten nieder, überdehnt und zerbricht dieses zarte Tauwerk, und zudem können sich die Spinnen jetzt nicht mehr gut auf der Wasseroberfläche bewegen. Daher muss es offenbar nicht nur ein vollkommen schöner Indian-Summer-Tag sein - sondern ganz ruhig und das Wasser glatt, damit diese wunderbare Darbietung möglich wird - und vielleicht nach einer jener bemerkenswerten und denkwürdigen Morgenstunden, wenn die Luft besonders klar und klangvoll ist und jener weiße Dunst wie von Reifnebel über dem Erdboden hängt. - Nach einem klaren, kalten, ruhigen Indian-Summer-Morgen im November. - Und muss bei der geringsten Bewegung des Zweigs der Faden nicht stets dem Fall des Blatts folgen? Die Zeit, in der er hervorgebracht werden muss und für die er Bestand hat, ist bemerkenswert kurz.
Als ich unter den Geneigten Schierlingstannen4 dahinpaddele, bringt die Brise die Zweige zum Rascheln, und Schauer ihrer frischen Flügelsamen werden hinab auf das Wasser geweht und ringsum weitergetragen auf den großen Strudel dort zu.
Sammelte 5 oder 6 Quarts Walnüsse - Ferkelnüsse5 - teils, indem ich gegen die Bäume knüppelte; und war der Meinung, sie könnten an manchem Abend des kommenden Winters ein Mahl bieten. Nicht mehr als zur Hälfte sind sie aus den Hülsen, doch ist es angenehm, den Duft ihres zarten Aromas an seinen Fingern zu haben, wenn...
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