Schweitzer Fachinformationen
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EIN ITALIENISCHER SOMMER VOLLER KÖSTLICHER ÜBERRASCHUNGEN
Ein Abend mit der besten Freundin, einem Computer und jeder Menge Prosecco, und plötzlich ist Ruthie Besitzerin eines italienischen Bauernhauses. Doch das Haus entpuppt sich als Ruine, die neuen Nachbarn begegnen ihr mit Argwohn, und Ruthie hat keine Ahnung, was sie mit all den Olivenbäumen anfangen soll. Schnell steht fest: Sie will zurück nach Hause. Dafür muss sie zuerst das Haus verkaufen. Hilfe suchend wendet sie sich an ihren Nachbarn Marco, der sich in mehr als einer Hinsicht als wahrer Glücksgriff entpuppt und ihre Pläne gewaltig durcheinanderwirbelt ...
Während ich von meinem Platz hinter dem Steuer zusehe, wie die Ziege wie eine Wache vor dem Buckingham Palace im Hof auf und ab marschiert, frage ich mich, ob ich mir nicht zu viel vorgenommen habe.
»Die Route wird neu berechnet! Die Route wird neu berechnet!« Meine einzige Begleiterin auf der ganzen Reise schreit immer weiter - ihre Stimme ist scharf wie ein Zahnarztbohrer. Entschlossen schalte ich das Navi aus, bevor ich den Motor meines kleinen Ford Ka abstelle. Die Scheibenwischer stoßen ein erschöpftes Jammern aus, und innerhalb von Sekunden ist die Windschutzscheibe voller Wasser, wie künstlicher Regen in einem Low-Budget-Film. Allerdings ist dieser Regen nicht künstlich, sondern sehr echt - das Wasser prasselt geräuschvoll auf das Autodach.
Ich atme tief ein. Das Wetter ist so, seit ich Bari verlassen habe, die ausgedehnte Hafenstadt fast an der Ferse des italienischen Stiefels. Ich habe da einen Stopp eingelegt, um bei Ikea ein paar unverzichtbare Dinge einzukaufen und etwas zu Mittag zu essen. Abgesehen von der Ziege, sind die sintflutartigen Regenfälle in Süditalien mitten im Sommer noch etwas, womit ich nicht gerechnet habe.
Ich starre aus dem Fenster und ziehe meinen leichten Kapuzenpulli über dem T-Shirt enger um mich. Die silbernen Armreifen an meinem Handgelenk klimpern, und ich betrachte mein Rolling-Stones-T-Shirt, das ich zu einem bauchfreien Top umgestaltet habe, und die mit Farbe bespritzte, abgeschnittene Levi's. Ich bin eindeutig viel zu leicht bekleidet. Ich schnappe mir meine abgenutzte Lieblingslederjacke vom Beifahrersitz, schlüpfe hinein und schaudere. Eigentlich bräuchte ich Gummistiefel und eine Regenjacke.
Wieder hole ich tief Luft, ziehe am Türgriff und stoße die Tür auf. Ich richte mich auf, halte eine Hand über die Augen und schaudere wieder, als ich auf den Umschlag in meiner Hand blicke.
Der Regen prasselt auf das Papier und lässt die Tinte verlaufen. Wegen des Wolkenbruchs kneife ich die Augen zusammen. Als die Ziege in meine Richtung schaut, bin ich sicher, dass sie verächtlich schnaubt.
Schützend lege ich wieder eine Hand über die Augen und schaue angestrengt auf das Haus vor mir, dann mustere ich die lange Zufahrt voller Schlaglöcher, die ich gerade entlanggefahren bin. Ich kann die großen Steinsäulen und das rote Metalltor kaum erkennen. Ich schiebe den Umschlag in die Hosentasche und nehme ein ausgedrucktes Foto des Hauses in die Hand. Innerhalb von Sekunden löst sich das Papier auf und landet auf den nassen Steinen vor meinen Füßen. Wenn ich mich nicht beeile, sehen meine Canvas-Slipper gleich genauso aus. Das hier muss der richtige Ort sein; in der Nähe gibt es kein ähnliches Haus.
Unterwegs bin ich an ein paar kleinen Gebäuden vorbeigekommen, als ich auf der schmalen Straße wie auf einem Karussell auf und ab geholpert und immer wieder um Kurven gefahren bin. Hin und wieder habe ich auch ein paar Schlaglöcher erwischt, um den Nervenkitzel zu erhöhen. Ein paar Häuser hatten geschwungene Dächer, während andere moderne Flachdächer besaßen. Gelegentlich entdeckte ich auch Ansammlungen von baufälligen trulli - kleinen, runden Steinhäusern mit Dächern, die sich nach oben hin verjüngten -, sie sahen aus wie Wiesenchampignons. Aber ich suche keinen trullo. Das Gebäude vor mir sieht aus wie eine Filmkulisse. Es ist alt und verwittert, blassrosa und groß - viel größer, als ich es mir vorgestellt habe. Da es kein vergleichbares Haus in der Straße gibt, muss es das richtige sein.
Während der Starkregen auf mich niederprasselt, frage ich mich, ob als Nächstes eine Heuschreckenplage über das Land hereinbrechen wird. Vielleicht ist es ein Zeichen . Entschlossen verdränge ich diesen albernen Gedanken, ebenso wie die Erinnerung an die verzweifelten Anrufe meiner Mutter und Eds missbilligende E-Mails.
Die Kleidung klebt mir an der Haut, und aus meinen kurzen Haaren tropft Wasser, läuft mir übers Gesicht und plätschert von meinem Nasenpiercing wie ein kleiner Wasserfall. Es hat keinen Sinn, jetzt noch im Kofferraum nach meinem Regenmantel zu suchen, also hänge ich mir den Riemen meiner lavendelblauen Tasche über die Schulter und frage mich, was ich mir da bloß eingebrockt habe. Ich könnte wieder in mein Auto steigen und so schnell wie möglich davonfahren. Dann würde ich Ed eine E-Mail schreiben, um ihm zu sagen, dass er von Anfang an recht hatte: Ich bin bescheuert, handle unüberlegt und verantwortungslos.
Aber immerhin bin ich wenigstens nicht langweilig und festgefahren. Es gibt nur eine Richtung: vorwärts! Ich senke den Kopf, fasse meine Tasche fester und renne auf die Veranda zu, an der sich eine ungebärdige, vernachlässigte Bougainvillea hochrankt.
Da ich das Kinn auf die Brust drücke, entdecke ich das große Schlagloch rechtzeitig und machte einen Schritt zur Seite. Dabei rutsche und schlittere ich über das abgetretene Pflaster. Auf einmal bin ich der grimmig aussehenden Ziege erschreckend nahe, die jetzt vor der Haustür steht. Ich bin mitten in meinem schlimmsten Albtraum gelandet.
»Mäh«, meckert die Ziege, und ich zucke zusammen. Meine Güte, war das laut! Ich starre das Tier an, und es starrt zurück. Es hat verschiedenfarbige Augen: Eins ist gruselig gelb, das andere blau. Zum ersten Mal seit Wochen habe ich keine Ahnung, was ich tun soll. Wachziegen stehen nicht auf meiner Liste zu bewältigender Probleme.
Ob »Husch!« im Italienischen wohl auch »Hau ab« heißt? Ich kann mich nicht erinnern, das Wort in meinen Abendkursen gelernt zu haben. Aber ich muss etwas unternehmen, sonst erfriere ich hier draußen.
»Husch, hau ab!«, sage ich und versuche, die Ziege mit entsprechenden Handbewegungen zu verscheuchen; gleichzeitig weiche ich ein bisschen zurück. Ich habe keine Lust, Bekanntschaft mit den spitzen Hörnern zu machen. Zu Hause in Tooting stehen keine Ziegen vor der Haustür. Gelegentlich trifft man auf Betrunkene, die in Hauseingängen schlafen, aber an denen kommt man leichter vorbei.
»Husch, husch!« Ich versuche es noch einmal, diesmal begleitet von ausholenden Armbewegungen. Die Ziege zuckt zusammen, genau wie die verschreckten Schmetterlinge in meinem Bauch, doch sie rührt sich nicht von der großen, dunklen Holztür weg. Sogar die dreitägige Fahrt durch Frankreich und Italien mit Zwischenstationen auf Rastplätzen, um ein Nickerchen zu halten, und nur einem lästigen, unentschlossenen Navi als Gesellschaft, ist nichts, verglichen mit dem hier.
Die vergangenen sechs Wochen habe ich damit verbracht, mit Immobilienmaklern zu verhandeln, Interessenten die Wohnung zu zeigen und mit Anwälten zu sprechen, außerdem habe ich sämtliche Sachen gepackt und gemeinsame Habseligkeiten von Ed und mir auseinanderdividiert. Ich habe vieles aussortiert; unsere gemeinsame Sammlung nostalgischer Schallplatten und den Plattenspieler, den ich auf eBay gefunden habe, habe ich Ed überlassen. Überflüssige Möbelstücke habe ich verkauft und deren Abholung beaufsichtigt, und ich bin aus unserer Wohnung ausgezogen. Alles ist problemlos gelaufen; nichts hat mich aus der Fassung gebracht. Aber Ziegen mit Revieransprüchen? Keine Ahnung! Ich hebe hilflos die Hände und wende mich ab.
In meiner Umhängetasche suche ich nach einer Art Geheimwaffe, die mir aus der Klemme helfen könnte. Da entdecke ich sie: ein halb aufgegessener KitKat-Schokoriegel, den ich irgendwo in der Nähe von Rom an einer Tankstelle gekauft habe. Ich dachte, der Energieschub in Form von Zucker würde mir helfen, die Stadtumgehung rund um Rom zu bewältigen - zusammen mit Dolly Parton aus dem CD-Player. Irgendwie hat es auch funktioniert. Auf gut Glück habe ich es versucht, mit vibrierenden Nerven und aufgeputscht mit Energy-Drinks. Das Herz war mir in die Hose gerutscht. Viele Gesten und viel Gehupe waren erforderlich gewesen - nicht unbedingt von meiner Seite. Jetzt ziehe ich das KitKat aus der Tasche und winke der Ziege damit zu. Sie wirkt unbeeindruckt, ignoriert mich weiterhin und blickt von ihrer geschützten Position vor der Tür aus in eine andere Richtung. Schnell packe ich den Schokoriegel aus.
»Komm schon, das ist Schokolade!« Wieder wedele ich mit dem Riegel und komme mir dabei vor wie der Kinderfänger aus Tschitti Tschitti Bäng Bäng. Ich breche ein Stück Schokolade ab und werfe es dem Tier vor die Füße. Als es zurückschreckt, glaube ich schon, dass ich aufgeben und mir eine andere Übernachtungsmöglichkeit suchen muss, wenn ich den Besitzer des Tieres nicht auftreiben kann. Dann schnuppert die Ziege an der Kostprobe und verspeist sie mit genießerischen Geräuschen. Sie spaziert auf mich zu und hofft zweifellos auf mehr.
»Siehst du, das schmeckt gut!« Ich breche noch ein Stück ab und werfe es vor die Ziege, die immer zügiger auf mich zukommt. Ich gehe rückwärts und werde auch schneller. Ich fühle mich wie in einer Szene aus Upps! Die Pannenshow. Ich bin meilenweit von zu Hause entfernt, in dem heftigsten Platzregen, den ich je erlebt habe, meine weltlichen Besitztümer befinden sich in einem Ford Ka - und ich versuche, eine Ziege mit einem halben Schokoriegel von einer Haustür wegzulocken. Allmählich verstehe ich, wie Noah sich gefühlt haben muss, und ich überlege, ob wohl auf meiner Arche Platz für Ziegen wäre.
An allem ist Ed schuld!, denke ich vollkommen irrational. Und meine Mum. Als die Ziege das nächste Stück Schokolade verputzt, habe ich fast den Rand des rutschigen Hofes erreicht. Mein Fuß stößt gegen eine niedrige Steinmauer, und ich klettere schnell hinauf. Plötzlich erwacht mein Handy zum Leben. Ich nehme es...
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