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Im Jahr 2013 erschien, worauf schon im Vorwort und in der Einleitung hingewiesen wurde, ein Buch von Enrico Menestò mit dem Titel: Angela da Foligno, Memoriale, edizione critica (im Folgenden zitiert: MM). Wahrscheinlich wäre dieses Buch nicht verfasst worden, hätte es nicht die im vorhergehenden Kapitel beschriebene kritische Edition der Schriften Angelas von Ludger Thier und Abele Calu fetti aus dem Jahr 1985 gegeben mit dem Titel: Il Libro della beata Angela da Foligno, edizione critica (im Folgenden zitiert: EC).
Es war die wiederholt geäußerte Kritik an EC, die E. Menestò dazu brachte, seine Sicht der Dinge in einer neuen Edition zu präsentieren. Mittlerweile sind neun Jahre vergangen, seitdem das Buch (MM) erschienen ist, und manche Rezension ist schon geschrieben worden. Doch eine wirklich argumentative Auseinandersetzung mit MM hat bis heute nicht stattgefunden. Als einer der Mitherausgeber von EC sehe ich es als angemessen und notwendig an, MM kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Vorab sei jedoch gesagt, dass die Opportunität von MM grundsätzlich in Frage zu stellen ist. Denn nachdem man rund 30 Jahre lang in allen Publikationen nach EC zitiert hat, ist mit MM dieses "Monopol" gebrochen worden, was überhaupt nicht notwendig war. Denn anstelle einer neuen Edition des Memorials hätte es genügt, eine Liste mit jenen Wörtern, die in EC geändert werden sollten, zu erstellen, und die Änderungen in einem Artikel zu begründen. Die erwähnte Liste hätte man fotokopieren und in EC einlegen können. Dann wäre weiterhin einheitlich nur nach EC zitiert worden, und die jetzige Konfusion wäre allen erspart geblieben.
Um diesen unerfreulichen Zustand zu beheben, bleibt nichts anderes übrig, als nachzuweisen, dass MM in keiner Weise eine Alternative zu EC sein kann. Dazu ist eine erste Liste zu erstellen, in der jene Wörter des Memorials, die in EC und MM nicht übereinstimmen, der Reihe nach verzeichnet werden, und zwar auf die Weise, dass im Schriftbild deutlich wird, welches der jeweils miteinander verglichenen Wörter zum ursprünglichen Text gehört. Sodann ist bei jedem verglichenen Wortpaar mit einem Vermerk auf jenen Text (Endnote) hinzuweisen, der Auskunft darüber gibt, warum das eine und nicht das andere Wort als ursprünglich zu gelten hat.
Aus dieser ersten Liste ist dann eine zweite Liste zu erstellen, in der nur jene Wortpaare aus der ersten Liste übernommen werden, von denen das aus MM stammende Wort als ursprünglich zu gelten hat und somit in den Text von EC anstelle des dort stehenden Wortes zu übernehmen ist. Diese zweite Liste kann fotokopiert und so in EC eingelegt werden. Mit diesem "Update" ist dann der Text von EC nach 37 Jahren auf den neuesten Stand gebracht. Warum dieser Vorgang nicht umgekehrt möglich ist, also dass eine Liste von Wörtern aus EC als "Update" in MM eingelegt werden kann, ist nunmehr im Folgenden zu begründen. Dann wird sich zeigen, dass MM in keiner Weise eine Alternative zu EC ist.
Es war eine mühsame Arbeit, alle in EC und MM stehenden Texte des Memorials miteinander zu vergleichen und die Unterschiede entsprechend zu vermerken. Der Vergleich ergab, dass es insgesamt rund 450 Wörter bzw. kurze Wortgruppen sind, die in EC und MM nicht übereinstimmen. Wortumstellungen (Transpositionen), z. B. "amor divinus" anstelle von "divinus amor", wurden dabei grundsätzlich nicht berücksichtigt, höchstens das eine oder andere Mal bei bestimmten textkritischen Überlegungen herangezogen.
Man kann darüber streiten, ob die Anzahl von rund 450 Wörtern, die in EC und MM nicht übereinstimmen, bei dem recht umfangreichen Text des Memorials (insgesamt rund 33.000 Wörter) viel oder wenig ist. Schaut man jedoch genauer hin, dann wird klar, dass die Texte des Memorials in EC und MM sich insgesamt nur minimal voneinander unterscheiden. Denn auf die Seitenzahlen des lateinischen Textes von EC umgerechnet, ergeben die 450 Wörter rund 3 Wörter pro Seite, und von diesen sind etwa 200 nicht oder kaum relevant für den Text, so z. B. Wörter wie "ego" oder viele unbedeutende "et". Etwa 100 Wörter haben nur selten eine gewisse den Textinhalt berührende Bedeutung, so z. B. nicht übereinstimmende Konjunktive oder Indikative. Die übrigen rund 150 Wörter betreffen mal mehr, mal weniger die Aussage des Textes, doch nur ganz wenige von diesen 150 Wörtern, nicht einmal 10, fallen wirklich so ins Gewicht, dass dadurch der Text in EC und MM sich wesentlich voneinander unterscheidet.
4.1.1 Für die konkrete Durchführung des Textvergleichs bot sich die schon länger in Betracht gezogene Edition der Handschriften der "Bx-Gruppe" als ideale Möglichkeit an. Denn im Rahmen der Edition dieser Texte war es möglich, den erwähnten Vergleich zwischen den nicht übereinstimmenden Wörtern von EC und MM so zu handhaben, dass die Wörter nicht losgelöst vom Textganzen, sondern angebunden an den Memorial-Text, eben an den der "Bx-Gruppe", miteinander verglichen werden konnten. Dies hatte zudem den Vorteil, dass so auch der "Bx-Text" selbst direkt bei dem kritischen Vergleich der Wörter mitberücksichtigt werden konnte.
Was zu jedem in EC und MM miteinander zu vergleichenden Wort zu sagen war, ist dann in den Endnoten (abgekürzt En.) zum edierten Text von Bx niedergeschrieben worden. Weil es wegen der oft umfangreichen Erörterungen unmöglich war, beim Editionstext von Bx Fußnoten zu setzen, wurde auf das Verfahren mit Endnoten zurückgegriffen. Das hier Gesagte bezieht sich auf Band II, in dem der Text der "Bx-Gruppe" ediert wurde (Band II/1: Memorial und Endnoten, und Band II/2: Instruktionen und Endnoten). Alles Weitere dazu ist in Band II/1, En.9 nachzulesen.
4.1.2 Bei jeder kritischen Edition geht es im Grunde um die Bewertung der in Betracht kommenden Handschriften, das heißt um die Frage, in welcher Handschrift der ursprüngliche Text am besten erhalten geblieben ist. Es ist offensichtlich, dass EC und MM sich in diesem Punkt grundsätzlich unterscheiden. Dazu wird an anderer Stelle, und zwar im Zusammenhang mit der Frage nach der Entstehung des Memorials sowie nach der "ersten" und nach der "zweiten Redaktion" desselben, noch manches, dem Editionsansatz von E. Menestò deutlich widersprechend, zu sagen sein.
Was jedoch bei MM von vorneherein auffällt, ist die Beschränkung auf die Handschriften AISROx. Erstaunt reibt man sich die Augen, dass die Handschriften BBxM überhaupt keine Rolle spielen. Der Grundsatz, dass bei einer kritischen Edition alle relevanten Handschriften zu berücksichtigen sind, wurde bei MM nicht beachtet, sodass MM schon von daher als kritische Edition in Frage gestellt werden muss. Die von E. Menestò zur Genüge betonte Ablehnung der in EC vertretenen Ansicht, dass in der "Brüsseler Handschriftengruppe" B der Text einer "ersten Redaktion" vorliegt, darf kein Grund sein, die Handschriften B deswegen als Quelle für eine kritische Edition auszusortieren, sie also zu disqualifizieren.
Es kann nicht sein, dass die Handschrift Ox für die Arbeit an einer kritischen Edition so groß herauskommt, die "Brüsseler Handschriftengruppe" B demgegenüber jedoch völlig unter den Tisch fällt. Die unbedeutende Handschrift Ox kann man vergessen, nicht aber die überaus bedeutsamen Handschriften B. Dies umso mehr, als B nicht zu den Handschriften der "A-Gruppe", zu der auch Ox zählt, gehört, sondern den Handschriften der "B-Gruppe" zuzuordnen ist, die, wie im Verlauf der Darlegungen noch deutlich werden wird, einen ursprünglicheren Text wiedergeben als alle Handschriften der "A-Gruppe" zusammen. Auch und gerade wegen der Ausgrenzung von B ist MM als kritische Edition grundsätzlich in Frage zu stellen. Was hier mit "A-Gruppe" und "B-Gruppe" gemeint ist und was die im Folgenden verwendeten Abkürzungen CMF, CMF2 usw. bedeuten, dazu s. unter 4.2.2.1 und 6.
4.1.3 Wundern muss man sich auch, dass R für den Text in MM berücksichtigt wurde, Bx jedoch völlig ignoriert worden ist. Wie die im Band II/1 vorliegende Edition der Handschriften der "Bx-Gruppe" deutlich macht, enthalten diese Handschriften, wenn auch nur auf fragmentarische Weise, einen Text des Memorials, der nicht nur sehr alt ist, sondern direkt auf den ursprünglichen Text der "zweiten Redaktion" des Memorials (MF) zurückgeht. Wenn die Handschrift R, die auch fragmentarisch ist und einen stark überarbeiteten Text anbietet, so sehr berücksichtigt wurde, dann hätte es ebenso mit Bx geschehen müssen. In EC ist Bx(Köln), eine der 3 Handschriften der "Bx-Gruppe", wenigstens bei einigen wichtigen Textfragen zu Rate gezogen worden, was...
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