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Jenna Theiss lässt den letzten Vorhang fallen: Ein fein durchkomponierter österreichischer Regiokrimi aus der Sissi-Stadt Bad Ischl
Ein Toter an der Orgel der evangelischen Kirche in Bad Ischl - ausgerechnet Josi Konarek findet die Leiche, als sie nach 25 Jahren für einige Tage in ihre ungeliebte Geburtsstadt zurückkommt. Der Tote ist der designierte musikalische Leiter des Musicals "Elisabeth", das im Sommer im Rahmen des Lehár-Festivals aufgeführt werden soll. Was zunächst aussieht wie ein Herztod, stellt sich als Mord durch eine Überdosis Insulin heraus. Chefinspektor Paul Materna und sein Team ermitteln - und stoßen auf erstaunlich viele Verdächtige ...
Die Vorhänge der eleganten Villa waren zugezogen. Materna drückte die Klingel etwas länger als beim ersten Mal. Er war sich sicher, dass jemand zu Hause war.
Conni hatte gestern am späten Abend noch angerufen und berichtet, er habe Jo Aigner nicht erreicht, im Theater aber erfahren, dass er nach Ischl gefahren sei, um seine neue Flamme zu besuchen, eine Sängerin namens Elisabeth Strasser. Einer der Orchestermusiker hatte es erzählt - gewissermaßen hinter vorgehaltener Hand. Conni hatte auch schon die Adresse herausgesucht und außerdem festgestellt, dass Elisabeth Strasser die Witwe von Prof. Permanschlager war, dem verstorbenen Intendanten des Ischler Lehár-Festivals.
Diesmal läutete der Chefinspektor Sturm. Keine Reaktion.
»Da werd'n S' kein Glück haben, junger Mann, die machen net auf«, ertönte eine krächzige Stimme hinter ihm. Er wandte sich um.
Eine alte Frau in einem dicken Wintermantel und mit einem Kopftuch über dem weißen Haar stand an der Gartenpforte des Häuschens gegenüber und schaute ihn aus hellwachen Wieselaugen an. In der Hand hielt sie ein braunes Papiersackerl. Wahrscheinlich hatte sie gerade Brot oder Semmeln geholt.
»Grüß Gott«, rief der Chefinspektor über die Straße und ging zu der Frau hinüber. »Materna heiß ich. Ich bin von der Polizei und hätt ein paar Fragen an die Frau Strasser.«
»Von der Polizei, so, so . Hat s' was ang'stellt, die Frau Strasser?«
»Aber nein, ich muss sie nur was fragen. Sie sind .«
»Die Aitenbichler Kathi bin ich.« Eine knochige Hand streckte sich Materna entgegen. Ihr Händedruck war unerwartet kräftig.
»Wissen S', Herr Inspektor, die machen eine Mordsheimlichtuerei da drüben. Die glaubt, die Strasserin, das merkt keiner, dass sie schon wieder a Gspusi hat, wo doch ihr Mann erst im Sommer gestorben ist. Ihr Neuer kommt auch immer erst spät in der Nacht. Ein Ischler is' des nämlich net, sonst tät ich ihn kennen. Ich schlaf halt nimmer so gut und manchmal schau ich beim Fenster naus und da seh i schon, was los ist.«
Materna lächelte die alte Frau an. »Und heut hat die Frau Strasser auch Besuch?«
Die Aitenbichler Kathi nickte. »Ja, mitten in der Nacht is' er kemma.«
»Danke, Frau Aitenbichler. Moment .« Er zog eine Visitenkarte aus der Brusttasche seiner Jacke und reichte sie ihr. »Nur, damit Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben.«
Die alte Frau nickte und steckte die Karte ein.
Materna überquerte die Straße und läutete erneut. »Aufmachen, Polizei!«, rief er ziemlich laut. Dazu schlug er mit der Faust gegen die Haustür, die sich ein paar Augenblicke später prompt öffnete.
Der Anblick der Frau, die in einem bodenlangen, roten Hausmantel aus Samt vor ihm stand, verschlug ihm fast den Atem. Eine strahlende Schönheit - wenn diese Bezeichnung auf jemanden passte, dann auf sie. Sie war wohl gerade aufgestanden. Obwohl sie kein bisschen zurechtgemacht war, strahlte ihr Teint, wie er das nur von den Titelblättern der Boulevardpresse kannte, Bilder, die mit Photoshop bearbeitet worden waren. Das dicke, goldbraune Haar reichte bis an ihre Hüfte.
»Ja, bitte?«
Ein Blick aus riesigen, hellbraunen Augen traf ihn. Er räusperte sich. »Guten Morgen«, sagte er, stellte sich vor und wies sich aus.
Sie sah ihn mit leicht schief gelegtem Kopf an und schwieg.
Diese Frau verwirrte ihn, ihre fast überirdische Schönheit, der Duft, den sie verströmte - offenbar trug sie schon am Morgen ein edles Parfüm. Aber vor allem verwirrte ihn die Tatsache, dass sie so gelassen reagierte. Es schien sie nicht weiter zu beunruhigen, ja nicht einmal zu wundern, dass sie in aller Früh von einem Chefinspektor des Landeskriminalamts aus dem Bett geholt worden war - noch dazu auf eine recht heftige Weise. Er räusperte sich noch einmal. »Ich möchte den Herrn Aigner sprechen. Er ist doch da?«
Ihre Augen wurden ein kleines bisschen schmaler. Sie zögerte einen Moment. Dann lächelte sie ihn an, öffnete mit einer ausladenden Bewegung die Tür und bedeutete ihm, einzutreten.
»Jo?« rief sie laut, während sie Materna den Mantel abnahm und an einen Garderobenhaken hängte. »Er ist bestimmt gleich da. Kommen Sie bitte mit in die Küche. Ich brauche einen Kaffee. Sie auch?«
Er nickte und folgte ihr.
Sie stellte die Kaffeemaschine an, die gleich darauf die Bohnen zu mahlen begann.
Materna stieg der Duft des frisch gemahlenen Kaffees in die Nase. Wieder einmal überlegte er, ob er sich nicht doch endlich auch so ein teures Modell anschaffen sollte.
Wie ein heller Pfeil zischte etwas von einem der Küchenschränke herab und landete genau auf der rechten Schulter der schönen Elisabeth Strasser.
»Kira!« Zärtlich strich sie einer eleganten Siam-Katze übers Fell und setzte sie sanft auf den Boden, ehe sie Materna die erste Tasse überreichte. »Setzen Sie sich doch, bitte.«
Er nahm auf der Bank einer rustikalen Sitzecke aus gelaugtem Kiefernholz Platz.
Gerade als die dritte Tasse fertig war, erschien Jo Aigner. Er war mit einer schwarzen Hose und einem weißen Hemd bekleidet, dessen obere Knöpfe offenstanden. Irritiert schaute er den Eindringling an.
»Herr Aigner«, begann Materna ohne Umschweife, nachdem er sich vorgestellt hatte. »Ich ermittle im Mordfall Koller und .«
»Mordfall?« Jo Aigner ließ sich auf einen Sessel plumpsen. »Ich hab gedacht, er ist an Herzversagen gestorben.«
»Es besteht zumindest ein begründeter Verdacht, dass es sich um Mord handelt.«
Aigner war ziemlich weiß um die Nase. »So«, sagte er.
Elisabeth Strasser ließ den Blick zwischen den beiden Männern hin und her schweifen. Materna hätte nicht sagen können, woran er das festmachte, aber sie wirkte auf ihn, als amüsiere sie das Ganze.
»Na komm, Kira.« Sanft hob sie die Katze hoch, die es sich auf ihrem Schoß bequem gemacht hatte. Sie stand auf, holte eine silberne Schale mit Katzenfutter aus einem Wandschrank und füllte den Inhalt in einen Keramik-Fressnapf.
»Wir wissen, dass Sie sich zusammen mit Georg Koller um die musikalische Leitung des Musicals Elisabeth beworben haben«, setzte Materna sein Gespräch mit Aigner fort. »Es war Koller, der den Zuschlag bekam.«
»Ah - und deswegen glauben Sie, ich hätte ihn umgebracht? So ein Blödsinn!«, brauste Aigner auf.
Elisabeth Strasser ging zu ihm und legte die Hand auf seinen Arm, was ihn etwas zu beruhigen schien.
»Ich glaube gar nichts«, antwortete Materna ungerührt. »Trotzdem muss ich Sie fragen, wo Sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch waren, Herr Aigner.«
»Er war hier«, sagte seine Geliebte. Sie strich der Katze, die sich gleich über das Futter hergemacht hatte, kurz über den Rücken, was diese zu verabscheuen schien. Ihre ausweichende Bewegung wirkte, als sei ihr Körper aus Gummi.
»Sie waren also den ganzen Abend bei der Frau Strasser, Herr Aigner?«, hakte Materna nach. »Ab wann denn?«
»Ach was!« Aigner streifte den Chefinspektor mit einem wütenden Blick, dann starrte er auf seine Tasse. »Ich hatte gestern keine Vorstellung«, sagte er schließlich. »Ich war bis nach zehn zu Hause und habe gearbeitet. Ich muss eine neue Produktion vorbereiten.«
»Sie waren allein in der Wohnung?«
»Ja.«
»Haben Sie mit jemandem telefoniert?«
»Ich sage doch, ich hatte zu tun. Wenn ich arbeite, ist das Telefon abgestellt. Ich kann keine Störung brauchen.«
Die Finger an Aigners linker Hand zuckten leicht, als müssten sie sich beherrschen, um nicht auf die Tischplatte zu trommeln.
»Sie waren also bis nach zehn zu Hause«, fasste Materna zusammen. »Und dann?«
»Dann ist er zu mir gefahren.« Die Schönheit in Rot strahlte Aigner an. Der nickte.
»Wann waren Sie hier?«
»Keine Ahnung, ich hab nicht auf die Uhr geschaut.«
»Zwischen halb und dreiviertel zwölf«, sagte Elisabeth Strasser.
»Sie kommen oft so spät?«
»Ich habe abends zu arbeiten!« Aigner knallte seine Tasse, die er gerade zum Mund führen wollte, zurück auf den Unterteller, ohne getrunken zu haben. Kaffee schwappte über. Er stand auf, ging zur Spüle, um ein Wischtuch zu holen.
»Herr Aigner, ich weiß, dass sie Dirigent sind. Aber gestern haben Sie nicht dirigiert. Sie sind trotzdem nicht früher gekommen?«
Aigner schwieg. Er war mit dem verschütteten Kaffee beschäftigt.
Seine Freundin ergriff das Wort. »Jo, ich meine, Herr Aigner, kommt meistens spät. Es ist so, Herr Chefinspektor, mein Mann ist erst im Sommer gestorben. Sie wissen ja, wie die Leute sind. In so einer kleinen Stadt gibt es doch immer gleich ein Gerede.« Sie legte den Kopf leicht schief und schenkte Materna ein Lächeln. Es ließ sie wirken wie ein kleines Mädchen, ein besonders hübsches kleines Mädchen.
»Ihr Mann war der Intendant der Operetten-Festspiele. Ich habe von seinem Tod gehört.«
Sie senkte den Kopf. »Ja - es war furchtbar.«
»Aber den Herrn Aigner kannten Sie da schon?«
»Ja, schon . Wir haben uns ein paar Wochen davor kennengelernt, wie er sich für das Musical beworben hat. Aber verliebt haben wir uns erst später.« Sie sah ihn aus großen Augen an. »Das ist es ja, Herr Materna! Schaun Sie, alle, die uns zusammen sehen, würden denken, wir hätten schon etwas miteinander gehabt, wie mein Mann noch gelebt hat. Aber das stimmt nicht! Wir sind uns erst hinterher nähergekommen. Ich war völlig fertig, als mein Mann starb, und Jo war der Einzige, der für mich da war. Ich hab jemanden zum Reden gebraucht.«
»Verstehe. Familie haben Sie nicht? Eltern? Geschwister?«
Sie schüttelte den...
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