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Nach Beendigung des Studiums begann für Chloe Wofford ein neuer Lebensabschnitt. Ausgebildet an zwei der besten Universitäten Amerikas, war es nun an ihr, das erworbene Wissen weiterzugeben. Sie unterrichtete zunächst an der Texas Southern University in Houston Englisch, eine Tätigkeit, der sie von Anfang an mit Freude und Erfolg nachkam. Obwohl sie weniger als zwei Jahre dort verbrachte, war diese Zeit im Süden von außerordentlicher Bedeutung, denn hier richtete sie zum ersten Mal ihren Blick auf die afroamerikanische Kultur im weiteren Sinne.
Texas Southern war eine Universität für Schwarze, die sich in vielem von der Howard University unterschied. Ursprünglich als das Houston College for Negroes bekannt, stiftete der Staat Texas 1947 die Gelder für die Gründung einer vollständigen Universität mit einer Vielfalt von Studienbereichen. Außer den traditionellen Geistes- und Naturwissenschaften gab es die Möglichkeit, sich in Pharmakologie, Zahnheilkunde, Journalismus, Pädogogik, Jura, Medizin und anderen Berufsfeldern ausbilden zu lassen. Diese Art von nicht-elitärer höherer Bildung war neu für die junge Dozentin. Neu war auch die «Negro History Week», die Tatsache, dass man sich alljährlich eine Woche lang intensiv mit der eigenen, der «Negergeschichte» befasste.
Im Süden gab es zudem eine aktive schwarze Presse, im Gegensatz zu Lorain, wo man sich mit Wochenzeitungen aus anderen Regionen begnügen musste. Dort hatte man nur die Wahl zwischen «Call and Post», dem seit 1915 bestehenden Organ der naheliegenden Stadt Cleveland, und dem elitären, vor allem an die gut situierten schwarzen Leser gerichteten «Pittsburgh Courier», der seit 1910 als landesweite Ausgabe erschien. In Houston hingegen gab es Tageszeitungen, die über lokale, nationale und internationale Ereignisse aus der Perspektive der schwarzen Amerikaner berichteten.
Schwarz sein, gab Toni Morrison viel später zu, war ihr bis dahin als nicht besonders wertvoll erschienen. Nun aber sah sie ihre Familie mit neuen Augen, als Teil eines größeren Ganzen und als Ergebnis einer gemeinsamen Geschichte. Zwar war sie schon immer stolz auf ihre Familie gewesen, hatte sie jedoch als Ausnahmefall betrachtet, als eine Versammlung besonderer Menschen, die Außergewöhnliches vollbracht hatten. Ich meine nicht öffentlich erfolgreich, sondern [.] in der Art, wie sie Krisensituationen und lebensbedrohliche Umstände bestanden, so dass, wenn ich mich später selber in einer kritischen Situation befand, ich ganz konkret an diese Menschen dachte und mir sagte: «Also wenn sie das tun konnten, kann ich es auch». [.] Jetzt aber dachte ich an alle Bücher, die meine Mutter zu Hause hatte, [.] und all die unglaublichen Gespräche meines Großvaters und die Argumente, die mir damals Kopfschmerzen bereiteten [.], nahmen plötzlich eine andere Bedeutung an. [.] 1957 oder 1958 begann ich über die schwarze Kultur als Thema, als Idee, als Disziplin nachzudenken. (Conv, S. 174)
Chloe Woffords erwachendes schwarzes Selbstbewusstsein fiel zusammen mit der seit Anfang der fünfziger Jahre immer stärker werdenden neuen Bürgerrechtsbewegung.[23] Der Zweite Weltkrieg hatte nicht nur den Frauen, sondern auch den ethnischen Minderheiten neue Arbeitsgelegenheiten geboten und somit Hoffnungen auf ein besseres Leben und eine gerechtere Behandlung geweckt. Die Nachkriegszeit erfüllte diese Erwartungen jedoch nicht. Wohl kam es zu einer Reihe von Gerichtsurteilen, die darauf abzielten, die Rassentrennung und damit die Ungleichheit abzubauen. Doch änderte sich dadurch wenig an der allgemein benachteiligten Stellung der schwarzen Bevölkerung und den Gewalttätigkeiten, denen sie vonseiten der Weißen ausgesetzt war.
Im Süden glich ihr Status dem der Leibeigenen. Dort hatte sich seit den 1870er Jahren das Jim-Crow-System ausgebreitet, das - gründend auf einer Reihe von staatlichen Gesetzen und unterstützt durch den Obersten Gerichtshof - die Unterdrückung der Schwarzen und ihren Ausschluss aus vielen Bereichen des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens zur Folge hatte. Aber auch im Norden waren ihre Möglichkeiten gering, wie das Beispiel der Familie Wofford zeigt. Dort herrschte de facto Rassendiskriminierung. Folglich verdienten die Schwarzen noch immer bedeutend weniger als die Weißen und waren weiterhin gezwungen, in Elendsquartieren ihre Unterkunft zu suchen.
Die neue Bürgerrechtsbewegung nährte sich aus einem neuen Selbstbewusstsein der Afroamerikaner und aus gewandelten Vorstellungen über ihren Platz in der amerikanischen Gesellschaft. Lange hatten sie auf Gerechtigkeit gewartet, jetzt waren sie entschlossen, den Kampf abermals und endgültig aufzunehmen, hatten doch viele von ihnen unlängst in Europa unter diskriminierenden Bedingungen im Krieg gegen Hitlers Rassismus ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Eine Reihe von positiven Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs gründete auf sorgfältig vorbereiteten Fällen, die ihm vonseiten der NAACP (National Association of Colored People, gegründet 1909), der ältesten schwarzen Organisation, vorgelegt wurden. Zu diesen gehörte 1954 die maßgebliche Entscheidung, «Brown gegen die Schulbehörde», in der die Rassentrennung in den Schulen für verfassungswidrig erklärt wurde.
Im Großen und Ganzen war die Bürgerrechtsbewegung jedoch eine von der afroamerikanischen Bevökerung ausgehende, jahrelang andauernde Protestbewegung, die sich seit den fünfziger Jahren über den ganzen Süden und wenig später auch in den Norden ausdehnte. Soweit ein Anfangsdatum gesetzt werden kann, begann sie 1955 in Montgomery, der Hauptstadt Alabamas, mit einer einfachen Protesthandlung. Die Schneiderin und langjährige Kämpferin Rosa Parks setzte sich eines Abends in den für Weiße reservierten vorderen Teil des städtischen Omnibusses und weigerte sich dann, ihren Platz wieder aufzugeben. Sie fand es an der Zeit zu entscheiden, «wann und wie wir endlich unsere Rechte als Menschen bestimmen».
Diese individuelle Aktion wurde von Martin Luther King aufgenommen und führte zum berühmten und erfolgreichen Montgomery-Busboykott und von da zu weiteren organisierten Massenprotesten gegen die Diskriminierung. Schwarze nahmen die Kampagne gegen Omnibuslinien in anderen Städten auf; sie boykottierten die Geschäfte, deren Besitzer rassistischen Organisationen angehörten; sie beteiligten sich an den Registrierungskampagnen schwarzer Wähler und demonstrierten gegen die weiter bestehende Rassentrennung in den Schulen und Universitäten. 1960 begannen vier schwarze Studenten die «Sit-ins», indem sie sich Tag für Tag an die Theken der Schnellrestaurants in Warenhäusern setzten, die nur Weiße bedienten. Innerhalb von zwei Wochen breitete sich diese Art von Protest auf fünfzehn südliche Städte aus. 1961 initiierte die im Norden tätige Organisation CORE (Congress of Racial Equality = Kongress für rassische Gleichheit, gegründet 1942) die «Freedom Rides» oder Freiheitsfahrten. Schwarze und Weiße fuhren zusammen in den Süden; es ging darum, die Illegalität der Rassentrennung im interstaatlichen Verkehr in der Praxis zu prüfen.
Während die Schwarzen ihre Proteste unter der Führung Martin Luther Kings nach Gandhis Prinzipien des gewaltlosen Widerstandes führten, reagierten die Weißen, wie üblich, mit Gewalt und Terror. Tausende Aktivisten wurden verhaftet, Männer, Frauen und Kinder, Alte und Junge, Schwarze und Weiße. Sie wurden mit Polizeihunden gehetzt und mit Wasserwerfern gejagt. Sie wurden niedergeschlagen und ermordet. Der Ku-Klux-Klan trat erneut in Erscheinung, und angesehene Bürger der Mittelklasse taten sich in weißen Bürgerrechtsräten zusammen. Mobs bildeten sich, um den schwarzen Kindern den Zutritt zu den weißen Schulen und Universitäten zu verwehren. Doch die Bewegung ging weiter, und die Stimmung wurde militanter. Martin Luther King hielt zwar am Prinzip des gewaltlosen Widerstandes fest und leitete zusammen mit anderen gemäßigten Führern im August 1963 den berühmten Marsch nach Washington, an dem 250000 Menschen aus dem ganzen Land teilnahmen. Andere und insbesondere die Jüngeren kamen hingegen zu der Überzeugung, dass der Gewalt mit Gewalt begegnet werden müsse. Zu diesen gehörten die «Black Muslims» (gegründet 1930), das «Studentische Koordinationskomitee für gewaltlosen Widerstand» (SNCC = Students Non-violent Co-ordinating Committee, gegründet 1960), das jetzt «Black Power» forderte, und die «Black Panthers» (gegründet 1966).
Die zunehmende Militanz und die Bereitschaft, Gewalt auszuüben, waren Zeichen der Verbitterung der schwarzen Bevölkerung. Die Regierung hatte in diesen Jahren zwar Gesetze von historischer Bedeutung verabschiedet, einschließlich dem umfassenden Bürgerrechtsgesetz von 1964 und dem Wahlrechtsgesetz von 1965. Diese blieben jedoch hinter den Erwartungen der Schwarzen zurück, besonders im Norden. Die Gesetze hatten in erster Linie im Süden eine positive Auswirkung, indem sie rechtlich die Rassentrennung aufhoben. Die Ereignisse in Afrika, wo von 1957 bis 1965 36 Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangten, blieben den Afroamerikanern nicht verborgen und steigerten ihre Ungeduld. Sie begannen, sich dem eigenen Kulturerbe zuzuwenden und sich mit der eigenen und der Geschichte Afrikas zu befassen. Der «Afrolook» in Kleidung und Frisur kam in Mode, ebenso afrikanische Namen und Feiern wie Kwanza und demonstrative Rituale, wie etwa der Black-Power-Gruß als Ausdruck eines neuen...
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